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Gesundes-Herz-Gesetz: Ärztepräsident sieht Eingriff in die Selbstverwaltung

28.06.2024 2:30 Min. Lesedauer

Die Kritik am Referentenentwurf zum „Gesundes-Herz-Gesetz“ (GHG) nimmt zu. Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sieht einen Eingriff in die Kompetenzen der Selbstverwaltung. Prävention und Therapie müssten „auf wissenschaftlicher Evidenz basieren, nicht auf Vorgaben von Politik und Behörden“, kritisierte der Ärztepräsident. Das Vorhaben des Gesundheitsministeriums sei ein Versuch, die Entwicklung der Herz-Vorsorge per Rechtsverordnung an sich zu ziehen und die Vorsorge dafür von der Beachtung der medizinischen Evidenz zu befreien. „Damit würde der Gesetzgeber von dem bewährten Grundsatz abrücken, dass die Politik einen rechtlichen Rahmen vorgibt, den die Selbstverwaltung evidenzbasiert ausgestaltet“, betonte der Ärztepräsident. Dies gefährde die Qualität und Akzeptanz von Vorsorgeuntersuchungen und führe zu „ordnungspolitischem Chaos“.

Reinhardt zeigte sich besorgt wegen der beabsichtigten Prävention mit cholesterinsenkenden Statinen. Laut Referentenentwurf sollen künftig zwei Millionen Menschen zusätzlich einen Anspruch auf eine Versorgung mit diesen Präparaten erhalten. Dies hatte direkt nach Bekanntwerden des Referentenentwurfs auch die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, kritisiert: „Statine sind keine Smarties.“ Das Problem „des grassierenden Bewegungsmangels oder der falschen Ernährung“ sei nicht mit Medikamenten zu lösen.
 
Für Ärztepräsident Reinhardt greift damit der Bund „in die etablierten und gesetzlich geregelten Verfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses ein, der auf Grundlage evidenzbasierter Daten und Studien bewertet, wann ein Leistungsanspruch auf eine medikamentöse Therapie gegeben ist und wann nicht“. Auch der frühere Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen, Jürgen Windeler, kritisierte in der „Ärzte-Zeitung“ das geplante Vorgehen. „Die ganze Struktur wird gerade in Frage gestellt.“ Der ehemalige Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), Klaus Jacobs, sieht mit dem Gesetzentwurf „zentrale Merkmale der gesetzlichen Krankensicherung“ in Frage gestellt: den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und das Wirtschaftlichkeitsgebot. „Über so etwas darf ein Minister nicht einmal nachdenken“, so Jacobs in G+G. (sg)

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