Kritik an Koalitionsvertrag: Lösungen für GKV-Finanzen fehlen
Krankenkassen und Gewerkschaften halten die schwarz-roten Beschlüsse zur Sanierung von GKV-Finanzen und Pflegeversicherung für nicht ausreichend. „Für stabile Finanzen ist es wichtig, jetzt rasch zu handeln“, sagte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, Doris Pfeiffer, zum Koalitionsvertrag. Die darin geplante Kommission zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) solle jedoch erst 2027 Ergebnisse vorlegen. „Da stellt sich die Frage, ob die Politik den Ernst der finanziellen Situation wirklich erkannt hat“, monierte Pfeiffer und verwies auf schrumpfende Kassenrücklagen und Rekordbeiträge. Der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge, der laut Medienberichten neuer Gesundheitsminister werden soll, versprach, Union und SPD würden das Gesundheitswesen „auf Vordermann“ bringen.
Nach Ansicht der Vorsitzenden des Ersatzkassenverbandes Vdek, Ulrike Elsner, enthält der am Mittwoch präsentierte Koalitionsvertrag viele gute Absichten, aber zu wenig Handfestes zur finanziellen Entlastung der Beitragszahlenden. „Wir erwarten durch die Ankündigungen eine weitere Verteuerung der Versorgung“, sagte Elsner. Angesichts der dramatischen Finanzsituation von GKV und sozialer Pflegeversicherung (SPV) seien „deutlich mehr Tempo und klare Entscheidungen“ notwendig.
Bereits kurz nach Bekanntwerden des Papiers hatte sich die Chefin des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, ernüchtert gezeigt, dass von den Vorschlägen der Koalitionsarbeitsgruppe zur Entlastung der Kranken- und Pflegeversicherung so gut wie nichts übriggeblieben ist. „Statt Antworten auf die drängenden Finanzprobleme bei GKV und SPV zu geben, werden Kommissionen gegründet“, beklagte Reimann.
Im Papier der Fachpolitiker waren ursprünglich milliardenschwere Entlastungen für Kranken- und Pflegekassen vorgesehen, etwa die Übernahme der GKV-Kosten für Bürgergeldbeziehende aus Steuermitteln. Außerdem sollte der Bundeszuschuss dynamisiert werden. Geblieben ist aber die Festlegung, wonach die gesetzlichen Kassen nun doch nicht die Hälfte des Transformationsfonds zur Finanzierung der Klinikreform im Volumen von 25 Milliarden Euro tragen sollen. Der Betrag soll jetzt aus dem Sondervermögen Infrastruktur fließen. Trotzdem fehlten die notwendigen Bundesmittel, um die GKV-Finanzen zu stabilisieren und Beitragssteigerungen zu stoppen, kristisierte Verdi-Chef Frank Werneke.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion und mögliche neue Ressortchef Sorge versuchte die Kritiker zu besänftigen. „Bis in die Spitzen unserer Parteien ist klar, dass ein funktionierendes und solide finanziertes Gesundheitswesen unverzichtbar ist“, sagte er. „In diesem gemeinsamen Geist sind wir bereit, loszulegen.“ Der CDU-Parlamentarier versprach: „Wir sorgen rasch, aber mit der nötigen Expertise, für eine solide Finanzierung des Systems.“ Im Vertrag ist von „tiefgreifenden strukturellen Reformen“ die Rede.
CDU/CSU und SPD haben sich darüber hinaus auf ein „verbindliches Primärarztsystem“ verständigt, um eine zielgerichtete Versorgung von Patienten zu erreichen. Der Deutsche Hausärzteverband bezeichnete dies als „absolut richtigen Schritt“. Pharmaverbände wiederum begrüßten es als wichtiges Signal, dass die neue Regierung die Pharmastrategie und den Pharmadialog fortsetzen will. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft bewertete den Koalitionsvertrag als Chance für einen Neustart in der Gesundheitspolitik. (sev)
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