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Lebenserwartung in Deutschland erstmals unter EU-Schnitt – Ruf nach Reformen

19.11.2024 3 Min. Lesedauer

Trotz hoher Gesundheitsausgaben liegt Deutschland bei der Lebenserwartung in Europa erstmals unter dem Durchschnitt. Laut dem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD war 2023 die Lebenserwartung mit 81,2 Jahren um 0,3 Jahre niedriger als der EU-Mittelwert von 81,5 Jahren. Verglichen mit EU-Spitzenreiter Spanien sterben Menschen in Deutschland fast drei Jahre früher. Den Spitzenplatz erreicht Deutschland dagegen bei den Ausgaben. Mit 5.300 Euro pro Bürger gab es 2023 etwa 50 Prozent mehr aus als die EU-Länder im Durchschnitt. Intensivmediziner Christian Karagiannidis erklärte auf X, die Daten zeigten „viele Schwächen des Systems“ auf. Deutschland brauche eine „umfassende Gesundheitsreform“.

Laut dem OECD-Bericht „Health at a Glance: Europe 2024“ schneiden bei der Lebenserwartung innerhalb der EU nur Tschechien, Estland, Kroatien, Polen, die Slowakei, Litauen, Ungarn, Rumänien, Lettland und Bulgarien schlechter ab als Deutschland. Dagegen führt Deutschland bei den Gesundheitsausgaben. Mit 11,8 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts gab es 2023 mehr aus als alle anderen EU-Mitgliedstaaten. Ein Grund dafür ist der relativ hohe Personaleinsatz. Deutschland hat neben Irland und Finnland mit zwölf Krankenpflegekräften pro 1.000 Einwohner in der EU einen Spitzenplatz, wo im Schnitt 8,4 Pflegekräfte auf 1.000 Einwohner kommen. Auch bei der Arztdichte liegt Deutschland mit 4,5 Medizinern pro 1.000 Einwohner über dem EU-Schnitt von 4,2. Gleichzeitig hat die Bundesrepublik aber deutlich weniger Allgemeinmediziner und eine höhere Zahl an Fachärzten verglichen mit dem EU-Mittelwert. Ärzte und Pflegekräfte würden in Deutschland auf „extrem viele Krankenhausstandorte“ verteilt, schrieb Karagiannidis, der auch Mitglied der Klinikreformkommission der Bundesregierung ist.

Besser schneidet Deutschland bei der Verteilung von ausländisch und inländisch ausgebildeten Ärzten und Pflegekräften ab. Hier ist laut OECD das Verhältnis deutlich ausgewogener als in anderen EU-Ländern. Allerdings wandere eine große Anzahl von in Deutschland ausgebildeten Ärzten und Pflegekräften in die Schweiz ab, schränkte die Analyse ein. Angesichts der rasch alternden Bevölkerung in Europa fordert die OECD rasche Maßnahmen gegen den Personalmangel im Gesundheitssektor und bessere Prävention. (at)