Vorläufig kein Ende bei Lieferengpässen von HIV-Arzneien
Keine kurzfristige Entspannung bei der Mangellage von Medikamenten zur HIV-Prävention: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Bfarm) prognostiziert, dass das Gros der Lieferengpässe bis März oder April anhalten könnte, wie die Behörde heute G+G mitteilte. Aktuell bemühten sich einzelne Firmen, ihre Warenkontingente zu vergrößern oder früher als ursprünglich geplant auf den Markt zu bringen. „Demnach wird sich die Verfügbarkeit dieser Arzneimittel Anfang Februar leicht stabilisieren“, erklärte das Bfarm. Verbände fordern mehr Einsatz der Politik.
„Wir werden Importe erlauben und Krankenkassen auffordern, Mehrkosten zu übernehmen“, schrieb Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf X. Zudem würden die Hersteller ihre Produktion hochschrauben. „In wenigen Wochen wird sich Lage bessern. Bis dahin bitte vorsichtig sein“, mahnte der SPD-Politiker. Derzeit schützen sich in Deutschland laut Robert-Koch-Institut (RKI) rund 32.000 Menschen mit Medikamenten vor einer HIV-Infektion, 99 Prozent von ihnen sind Männer. Die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt seit September 2019 die Kosten für die Präexpositionsprophylaxe (PrEP).
Laut einer Umfrage der Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger HIV-Mediziner und Medizinerinnen (Dagnä) melden knapp 90 Prozent der HIV-Schwerpunktpraxen, dass sie von den Lieferengpässen bei den Vorbeuge-Medikamenten betroffen sind. Rund 56 Prozent der Praxen geben an, daher nur noch reduzierte Packungsgrößen herauszugeben, und 36 Prozent melden, dass PrEP-Nutzer die regelmäßige Einnahme der Mittel bereits unterbrechen mussten.
Nachdem die Warnungen der Dagnä wochenlang nicht gehört worden seien, habe das Bundesgesundheitsministerium nun endlich angekündigt, offiziell einen Versorgungsmangel erklären zu wollen, sagte Vorstandsmitglied Stefan Mauss zu G+G. Dann könnten zum Beispiel Mittel aus dem Ausland importiert werden, auch wenn sie in Deutschland nicht zugelassen seien. Gefordert seien jetzt kurzfristige Maßnahmen, um die Engpässe zumindest überbrücken zu können. Einige Hersteller hätten angekündigt, dass sie die Produktion jetzt hochschraubten. Ob sich die Lage in wenigen Wochen bessern werde, wie von Lauterbach vorausgesagt, "darauf können wir nur hoffen, aber nicht wirklich vertrauen", so Mauss. Schon im Dezember hätten Hersteller Besserung bis Januar versprochen, tatsächlich habe sich die Lage in dem Zeitraum deutlich verschärft.
„Die PrEP ist ein wesentlicher Bestandteil der HIV-Prävention – wenn dieser Schutz vor HIV weiter ausfällt, wird das fatale Auswirkungen haben“, warnte Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe vergangene Woche. Die Politik dürfe die Menschen, die dieses Medikament dringend brauchten, nicht im Stich lassen. Die Arbeitsgemeinschaft HIV-kompetenter Apotheken (DAHKA) hält es für unwahrscheinlich, dass die Lieferengpässe in Deutschland durch Importe aus dem europäischen Ausland ausgeglichen werden können. Die Lage sei nirgendwo so dramatisch wie in Deutschland, aber in den Nachbarländern könnten meist auch nur die Heimatmärkte bedient werden. So hätten auch Schweden, Belgien und Spanien Lieferschwierigkeiten gemeldet. (at/imo)
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