Ärzte leiden unter Überlastung und zunehmender Gewalt
In Krankenhäusern angestellte Ärztinnen und Ärzte bewerten ihre Arbeitsbedingungen so schlecht, dass jede vierte Kraft einen Berufswechsel erwägt. Als Grund nannten sie bei einer repräsentativen Online-Umfrage im Auftrag des Marburger Bundes (MB) eine zu hohe Belastung, Personalmangel und überbordende Bürokratie.
Hinzu kommt demnach vermehrt Gewalt vor allem durch Patienten und Angehörige. „Das darf nicht sein und darf auch so nicht bleiben“, sagte MB-Vorsitzende Susanne Johna heute bei der Vorstellung der Ergebnisse des aktuellen MB-Monitors. 41 Prozent der Befragten berichteten von einer Gewaltzunahme in den vergangenen fünf Jahren. Zwölf Prozent hätten „häufig“ verbale Gewalt wie Beleidigungen und Bedrohungen erlebt und 33 Prozent „manchmal“. Körperliche Attacken wie Schläge oder Tritte gab es nach Angaben der rund 10.000 Befragten deutlich weniger. 42 Prozent hätten diese „selten“, aber mit 46 Prozent nur knapp weniger als die Hälfte „nie“ erlebt.
Auch wenn Aggressionen bei einigen Patienten zum Krankheitsbild gehörten, seien diese von der gestiegenen Zahl an Angriffen „deutlich zu unterscheiden“, erläuterte Johna und nannte die erstmals erhobenen Daten ein „Alarmsignal“. Die Träger dürften die Angestellten nicht allein lassen. Es brauche Anlaufstellen wie die Psychosoziale Unterstützung (PSU) München, Notfallknöpfe, Schulungen, Gefahrenanalysen und mehr Personal.
Zu der ohnehin schon hohen Belastung dürfe nicht noch mehr hinzukommen, betonte die MB-Vorsitzende. Denn 49 Prozent fühlten sich „häufig überlastet“ und elf Prozent gingen „ständig“ über ihre Grenzen. Wesentliche Ursache hierfür scheint nach Ansicht des Verbandes die Personalausstattung zu sein, die von 43 Prozent als „eher schlecht“ bewertet wurde. Mit Folgen: „Eine zunehmende Anzahl von angestellten Ärztinnen und Ärzten in den Kliniken sieht keine dauerhafte Perspektive in der kurativen Medizin. Das muss uns sehr zu denken geben“, warnte Johna auch angesichts des wachsenden Bedarfs an Fachkräften durch die in den Ruhestand gehenden Babyboomer.
Als zusätzliche Bürde gaben die Befragten zu viel Bürokratie an. Im Schnitt gingen etwa drei Stunden Arbeitszeit am Tag dadurch verloren. Eine Halbierung bringe rund 32.000 zusätzliche Fachkräfte. „Das ist ein Riesenpotenzial“, unterstrich Johna. Ein Abbau sei aber trotz konkreter Vorschläge an das Gesundheitsministerium nicht in Sicht. Auch die Krankenhausreform führe zu mehr statt weniger Bürokratie, monierte sie. Die laut MB größte Ärzte-Befragung in Deutschland, durchgeführt vom Institut für Qualitätsmessung und Evaluation (IQME), ergab, dass sich für die Bewältigung solcher Aufgaben 63 Prozent Arbeiten im Homeoffice vorstellen könnte. (imo)
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