Behandlungsfehler: MD mahnt systematische Strategie an
Der Medizinische Dienst Bund (MD) vermisst in Deutschland eine systematische Strategie zur Vermeidung von Behandlungsfehlern. Obwohl es nicht an Konzepten mangele, sei die Politik hier „bisher leider weitgehend untätig geblieben“, beklagte heute der MD-Vorstandsvorsitzende Stefan Gronemeyer bei der Vorstellung der Jahresstatistik 2023 zur Behandlungsfehlerbegutachtung.
Bundesweit haben die 15 Medizinischen Dienste im vorigen Jahr 12.438 Gutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt – 2022 waren es 13.059. In jedem vierten Fall (3.160) wurde ein Fehler mit Schaden bestätigt, in jedem fünften Fall war der Fehler Ursache für den erlittenen Schaden. Zudem wurden 151 Fälle als „Never Events“ eingestuft, also Schadensereignisse, die eigentlich nie passieren dürften. „Unsere Begutachtungszahlen zeigen nur einen sehr kleinen Ausschnitt des tatsächlichen Geschehens“, erläuterte Gronemeyer. Aus wissenschaftlichen Untersuchungen sei bekannt, dass die Dunkelziffer deutlich höher liege. „Fachleute gehen davon aus, dass es in etwa einem Prozent aller stationären Behandlungen zu Fehlern und vermeidbaren Schäden kommt. Demnach sind jedes Jahr 168.000 davon betroffen“, so der MD-Chef. Zudem gingen Experten von etwa 17.000 fehlerbedingten, vermeidbaren Todesfällen aus.
Zwei Drittel aller erhobenen Behandlungsfehlervorwürfe bezogen sich laut MD auf die stationäre Versorgung, meist in Krankenhäusern (8.177 Fälle), ein Drittel auf den ambulanten Bereich (4.233 Fälle). Nach Fachbereichen gegliedert betrafen 29,5 Prozent der Vorwürfe die Orthopädie und Unfallchirurgie (3.665 Fälle), 11,5 Prozent die Innere Medizin und Allgemeinmedizin (1.426 Fälle), 9,3 Prozent die Zahnmedizin (1.156 Fälle) und jeweils neun Prozent die Frauenheilkunde und Geburtshilfe (1.119 Fälle) sowie die Allgemein- und Viszeralchirurgie (1.118 Fälle). Auf den Pflegebereich entfielen 5,8 Prozent der Vorwürfe (726 Fälle).
Zur Vermeidung von „Never Events“ forderte Gronemeyer eine Meldepflicht für diese Vorkommnisse, zu denen schwerwiegende Medikationsfehler, unbeabsichtigt zurückgebliebene Fremdkörper nach Operationen oder eventuell folgenschwere Verwechslungen von Patientinnen und Patienten gehören. „Wenn solche Fehler passieren, dann bestehen Risiken im Versorgungsprozess, denen systematisch nachgegangen werden muss, um sie in Zukunft zu vermeiden und Schaden an Patienten zu verhindern.“ In vielen anderen Ländern würden sie bereits für die Prävention erfolgreich genutzt, erläuterte er. (ter)
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