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Organspende: An der Widerspruchslösung scheiden sich die Geister

29.01.2025 2:30 Min. Lesedauer

Mehr als 8.000 Menschen in Deutschland warten auf ein Spenderorgan. Doch darüber, auf welchem Weg die Zahl der Organspenden erhöht werden kann, scheiden sich die Geister. Während etwa die Bundesärztekammer (BÄK) oder der Verband „Pro Transplant“ eine Widerspruchslösung befürworten, sehen das christliche Kirchen oder der Bundesverband Lebenshilfe eher kritisch. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz mahnt Zurückhaltung an. „Am Ende der Legislaturperiode darf es keinen ethischen Ausverkauf geben“, sagte deren Vorstand Eugen Brysch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ anlässlich der heutigen Expertenanhörung im Bundestag.

Im Gesundheitsausschuss standen für den Abend zwei Anträge zur Änderung des Transplantationsgesetzes und die Einführung der Widerspruchslösung auf der Tagesordnung. Die Widerspruchslösung würde im Kern bedeuten, dass eine Organentnahme an einem hirntoten Menschen zulässig ist, wenn dieser einer Organentnahme zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat. Die geltende Rechtslage (Zustimmungs- oder Entscheidungslösung) sieht vor, dass eine Organspende nur dann möglich, wenn der mögliche Spender zu Lebzeiten eingewilligt hat.

Die BÄK unterstützt in ihrer Stellungnahme die Einführung einer Widerspruchslösung. Trotz langjähriger Aufklärungs- und Informationskampagnen stagniere die Zahl der Spenden auf niedrigem Niveau, erläutert die Ärzteorganisation. Die Widerspruchslösung könne „zu einem echten Mentalitätswandel in der Bevölkerung beitragen und so die Diskrepanz zwischen der hohen grundsätzlichen Spendebereitschaft und den tatsächlich niedrigen Spenderzahlen verringern“. Das Bündnis „Pro Transplant“, dem Patienten- und Selbsthilfeorganisationen angehören, verweist in seiner Stellungnahme auf Erfahrungen in anderen Ländern. Eine Widerspruchslösung gelte bereits in 28 Ländern Europas. In all diesen Ländern sei die Zahl der Organspenden deutlich höher als in Deutschland.

Die katholische und die evangelische Kirche machten deutlich, dass sie an der Zustimmungsregelung festhalten wollen. Die vorgeschlagene Widerspruchsregelung „enthält in der medizinischen Praxis teils unklare und schwer umsetzbare Bestimmungen, etwa zum gebotenen Schutz vulnerabler Gruppen oder zum Nachweis von Widersprüchen“. Diese Unsicherheiten erhöhten das Risiko von Konflikten und Missbrauch, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme. „Eine Organspende muss eine freiwillige Spende sein“, ergänzte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing.

Patientenschützer Brysch erwartet durch die Widerspruchslösung nicht zwingend eine Zunahme der Spenden. „Es ist ein Irrglaube, dass allein die Widerspruchslösung zu signifikant mehr Organspenden führt“, sagte er mit Blick auf die Zahl der Hirntoten. Statt einer Neuregelung forderte Brysch, die 2020 beschlossenen Maßnahmen zur geltenden Entscheidungslösung umzusetzen. (ter)

Foto: Eine Person im weißen Kittel schreibt etwas auf ein Klemmbrett, daneben steht das Organmodell einer Niere.
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