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Pflegeversicherung: GKV-SV sieht dramatische Finanzsituation

27.01.2025 2:30 Min. Lesedauer

Die gesetzlichen Krankenkassen warnen eindrücklich vor einer existentiellen Krise der Pflegeversicherung. „Die Lage ist so ernst wie noch nie“, mahnte die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes (GKV-SV), Doris Pfeiffer, heute. Mit der Beitragserhöhung zum Jahreswechsel sei das Finanzierungsproblem nicht gelöst, sondern lediglich aufgeschoben worden. „Der höhere Beitrag wird bestenfalls ausreichen, um die Ausgabensteigerungen in diesem Jahr auszugleichen. Aber für 2026 reicht das dann keinesfalls mehr.“

Bereits im Februar könnten erstmals einzelne Pflegekassen eine Liquiditätshilfe benötigten, so Pfeiffer in einem Interview. Das Defizit 2024 beträgt laut GKV-SV voraussichtlich 1,55 Milliarden Euro. Ein endgültiges Ergebnis soll Mitte Februar vorliegen. Für dieses Jahr werde zum jetzigen Zeitpunkt „ein kleines Minus von 300 Millionen Euro erwartet“. Mit Liquiditätshilfen aus dem Pflege-Ausgleichsfonds könnte das System in diesem Jahr noch einmal stabilisiert werden. Hintergrund ist eine erneute Erhöhung des Beitrags zum 1. Januar 2025 um 0,2 Prozentpunkte, nachdem er zuletzt im Sommer 2023 angehoben worden war.

Mit über sechs Milliarden Euro seien die Leistungsausgaben im vergangenen Jahr um rund elf Prozent angestiegen – auch für das laufende Jahr sei ein Anstieg von deutlich über elf Prozent zu erwarten, prognostizierte Pfeiffer. „Damit wird die Pflegeversicherung erstmals über 70 Milliarden Euro ausgeben.“ Als Gründe nannte sie den dynamischen Anstieg der Anzahl der Leistungsbeziehenden, die Anhebung aller Leistungsbeträge zum Jahreswechsel und die höheren Ausgaben der Pflegeversicherung für die Abmilderung der Eigenanteile. Pfeiffer forderte den Bund auf, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dieser müsse zum einen die Gelder zur Finanzierung zahlreicher Corona-Maßnahmen an die Pflegeversicherung zurückzahlen und zum anderen die Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige dauerhaft übernehmen.

Auch die AOK hatte kürzlich in ihrem Positionspapier zur Gesundheitspolitik nach der Bundestagswahl neben einer stärkeren Prävention finanzielle Stabilität für die Pflegeversicherung verlangt. „Die Finanzlage ist seit Jahren defizitär, nicht zuletzt aufgrund des unzureichenden Bundeszuschusses für versicherungsfremde Leistungen.“ Dazu zählten unter anderem die Ausbildungskosten für Pflegefach- und Assistenzpersonen sowie die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige, die die Pflegekassen in die Rentenversicherung zahlen. (ts)

Illustration einer Frau im Rollstuhl, einer mit Gehstock und einem Mann mit Rollator. Daneben ist ein Icon zu sehen, das eine geöffente Hand enthält sowie darüber ein Herz mit einem medizinischen Kreuz. Im Hintergrund der gesamten Illustraiton sind drei Balken einer Grafik
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