Reimann fordert Modernisierung der Schuldenbremse
Die Chefin des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, warnt angesichts großer Belastungen der Sozialversicherungen vor schädlichen Auswirkungen der Schuldenbremse und fordert eine Modernisierung. Die Schuldenbremse sei inzwischen auch nach Meinung internationaler Experten kontraproduktiv und werde zum Investitions- und Nachfragehemmnis, schrieb sie heute in einem Gastbeitrag für die „Augsburger Allgemeine“. „Auch deutsche Ökonomen erkennen langsam, dass dieses Instrument möglicherweise zu starr ist. Dennoch verteidigt Finanzminister Lindner sie wie den heiligen Gral. So ist aus der Spartugend längst eine Obsession geworden.“ Die Folge sei ein gigantischer Investitionsstau im Bereich der Daseinsvorsorge, zum Beispiel auch bei Krankenhäusern.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) habe die Probleme für seinen Bereich erkannt, so Reimann weiter. Er sei aber auf einem Irrweg, indem er die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) den Transformationsfonds zum Umbau der Kliniken zur Hälfte bezahlen lassen wolle. „Dabei ist die Finanzierung der Klinik-Infrastruktur ganz klar Aufgabe von Bund und Ländern“, bekräftigte die Vorstandsvorsitzende. „Und es geht um 50 Milliarden Euro – also eine beitragssatzrelevante Größenordnung. Auch die auskömmliche Finanzierung der Beitragspauschalen für die Gesundheitsversorgung von Bürgergeld-Beziehenden gehört ins Pflichtenheft des Staates. Auch hier stehen die Beitragszahler schon seit Jahren für eine staatliche Aufgabe gerade.“
Während Bund und Länder ihrer Finanzierungsverantwortung nicht nachkämen, würden Versicherte und Arbeitgeber gezwungen, die Einhaltung der Schuldenbremse mit höheren Beiträgen zu finanzieren. „Das Ergebnis dieser Politik sind riesige Verschiebungen zulasten der Sozialversicherung.“ Das zeige, dass ordnungspolitische Grundsätze und makroökonomische Orientierung verloren gegangen seien. Als Beispiel führte Reimann die aktuelle Schätzerkreis-Prognose an, nach der 2025 rund 70 Milliarden Euro mehr an Beitragsgeldern ins Gesundheitssystem gepumpt werden als zu Beginn der Legislatur 2021 – ohne große Verbesserungen für Versicherte.
Die Verbandschefin warnte vor den Folgen für die Gesellschaft: „Viele Menschen erfahren in ihrem täglichen Leben zunehmend Unzulänglichkeiten der öffentlichen Infrastruktur und eine nachlassende Leistungsfähigkeit des Gemeinwesens.“ Das empfänden sie als Bedrohung ihres Wohlstands, und das werde von demokratiezersetzenden Akteuren ausgeschlachtet. „Wenn wir dem nicht entgegensteuern, gefährden wir auf Dauer den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Vertrauen in unsere demokratische Grundordnung.“ (ter)
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