„RKI-Files“ erhitzen Gemüter
Nach der unautorisierten Veröffentlichung der angeblichen Corona-Protokolle des Robert-Koch-Instituts (RKI) für die Jahre 2020 bis 2023 flammt die Debatte um die Pandemiepolitik neu auf. Kritiker sehen sich durch einzelne Passagen in ihrer Ansicht bestätigt, dass die Politik ohne ausreichende wissenschaftliche Grundlage Druck auf Ungeimpfte ausübte. Eine freie Journalistin hatte die mehrere tausend Seiten starken „RKI-Files“ gestern ungeschwärzt ins Netz gestellt. Angeblich wurden sie ihr von einem Insider zugespielt. Das RKI bestätigte die Echtheit nicht, missbilligte aber, sollten mit der Veröffentlichung Rechte Dritter verletzt werden. Ähnlich äußerte sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). „Zu verbergen gibt es trotzdem nichts.“
Für hitzige Diskussionen sorgt etwa eine Protokollnotiz zum Begriff „Pandemie der Ungeimpften“ von Anfang November 2021. Diesen Ausdruck hatten der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Medien verwendet. Der Corona-Krisenstab des RKI schrieb damals in den Protokollen, der Begriff sei „aus fachlicher Sicht nicht korrekt“. Vielmehr trage die Gesamtbevölkerung zu den Infektionen bei. Allerdings würde der Minister den Begriff bei jeder Pressekonferenz sagen, das könne daher „eher nicht korrigiert werden“, hielt das RKI fest. Das RKI ist dem Bundesgesundheitsministerium unterstellt.
Der Virologe Martin Stürmer wies in der ARD auf das Dilemma der Politik hin. Die Formulierung „Pandemie der Ungeimpften“ sei zwar „etwas überspitzt“, aber: „Diejenigen, die sich angesteckt haben und vor allem auch schwer krank geworden sind, waren zu der Zeit überwiegend ungeimpft.“
Die RKI-Mitarbeiter seien mit ihren Erkenntnissen teilweise „nicht durchgedrungen“, meinte der Medizinjournalist und Arzt Christoph Specht in „Servus TV“. Die Politiker hätten „zum Teil wirklich 180 Grad das Gegenteil von dem gemacht, was die Mitarbeiter des RKI empfohlen haben". Heftige Kritik entzündete sich auch an der „2G-Regel“, wonach nur Geimpfte oder Genesene Zutritt etwa zu Lokalen hatten.
Andere umstrittene Maßnahmen erwiesen sich im Rückblick als wirkungsvoll, wie eine in „Nature“ veröffentlichte Studie aus Deutschland zeigt. Danach dämmten kostenlose Tests sowie Masken in Bahnen, Bussen und Läden die Ausbreitung des Virus mit am stärksten ein. Masken und Gratis-Tests spielten eine Schlüsselrolle bei der Vorbereitung auf Pandemien, so die Autoren. Die Corona-Maßnahmen hatten stark polarisiert. Laut offiziellen Zahlen starben mehr als 180.00 Menschen an oder mit Corona. Keine gesicherten Zahlen gibt es zu den Long-Covid-Betroffenen. (cm)
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3 Kommentare
Annika Höfer
Schöner, ehrlicher Artikel. Toll!
Ehrliche Berichterstattung ist ja ein seltenes Gut, im Gesundheitswesen, geworden.
Michael Schaal
Masken und Test waren eben nicht wirkungsvoll. Dies ist eine Verdrehung der Aussagen der RKI files
Hauke Weinberg
An der Debatte erkennt man vor allem, wie wichtig eine vorbehaltlose, vollständige Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen ist.