Geene: Bipam-Pläne werfen Public Health um Jahrzehnte zurück
Scharfe Kritik an den Plänen des Bundesgesundheitsministeriums zur Gründung eines neuen Präventionsinstituts hat der stellvertretende Direktor des Berliner Instituts für Gesundheits- und Sozialwissenschaften, Raimund Geene, geäußert. In der aktuellen Ausgabe der G+G Wissenschaft (GGW) moniert Geene eine „fachlich inakzeptable Namensgebung und eine nicht haltbare Unterscheidung zwischen erworbenen und nicht übertragbaren Erkrankungen“. Zu befürchten sei zudem eine Schwächung der Gesundheitsberichterstattung und des Robert-Koch-Instituts (RKI).
Das neue Institut soll Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (Bipam) heißen und 2025 die Arbeit aufnehmen. Der Begriff Aufklärung stelle ein überholtes paternalistisches Verständnis der Gesundheitskommunikation der 1960er-Jahre dar, schreibt Geene in der GGW. Der Begriff habe schon der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), die im Bipam aufgehen soll, wie ein Mühlstein am Hals gehangen. „Diese Bezeichnung aufzugreifen und sie zudem auf Medizin zu fokussieren, wirft Public Health um Jahrzehnte zurück“, so der Wissenschaftler.
Der Grenzziehung von übertragbaren und nicht übertragbaren Krankheiten fehle es an Trennschärfe. Sie sei auch international beispiellos. Beim Thema Gesundheitsmonitoring verweist Geene auf den Personalrat des RKI. Dieser habe die Herauslösung des Gesundheitsmonitorings als „Zerschlagung des RKI“ und als schweren fachlichen Fehler mit der Folge eines jahrelangen Stillstands kritisiert.
Der Gesundheitswissenschaftler erkennt an, dass im Referentenentwurf des Errichtungsgesetzes zentrale Public-Health-Herausforderungen benannt würden. Unklar bleibe jedoch, welche Instrumente, Strukturen und Governance-Methoden vorgesehen seien. Dem neuen Institut würden ressortübergreifende Tätigkeiten zugestanden. „Aber ob dies mit Verbindlichkeit organisierbar ist, muss eher angezweifelt werden, wenn es nicht einmal gelingt, den Gesetzentwurf vorab mit anderen Ministerien abzustimmen.“
Kritisch sieht Geene, dass das Bundesgesundheitsministerium die Dienst-, Fach- und Rechtsaufsicht über das neue Institut haben soll. Dies bedeute, dass jede fachliche Ausrichtung einer Zustimmung bedürfe. „Dass in der Pandemie das RKI zu täglichen Pressekonferenzen, oft mit ministerieller Beteiligung, einlud, der BZgA hingegen die Zuständigkeit für die Kommunikation entzogen wurde, ist dafür ein bedenkenswertes Beispiel.“ (ink)
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