Ruf nach Sonderfonds-Mitteln für das Gesundheitswesen
Die von Union und SPD erwogenen Sondervermögen müssen nach Ansicht von Gesundheitspolitikern und Krankenkassen auch der gesetzlichen Krankenversicherung zugutekommen. Der SPD-Gesundheitsexperte Christos Pantazis sagte G+G, der Gesundheitssektor stehe unter massivem finanziellen Druck. „Ein Sondervermögen Infrastruktur kann gezielt für Entlastung sorgen und die dringend notwendigen Investitionen ermöglichen.“ Der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Tino Sorge, sagte den „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“, sollte die künftige Regierung den Weg von Sondervermögen gehen, müsse dabei auch „der akute Handlungsbedarf im Gesundheitswesen berücksichtigt werden“. Von den Kassen kam Unterstützung für die Forderung.
Es sei wichtig, etwa Krankenhäuser als Teil existenzieller Daseinsvorsorge in die Sondertöpfe einzubeziehen, unterstrich der CDU-Politiker Sorge. Sondervermögen allein seien aber kein Allheilmittel. Notwendig seien auch Strukturreformen und ein kritischer Blick auf die Ausgaben. SPD-Parlamentarier Pantazis sagte: „Der Gesundheitssektor ist das Rückgrat unserer öffentlichen Infrastruktur.“ Wer hier spare, nehme bewusst Risiken für Millionen von Menschen in Kauf. Besonders im Fokus stehe die Kliniklandschaft. Systemrelevante Krankenhäuser etwa bräuchten sofort eine Brückenfinanzierung. Auch Pantazis forderte insgesamt „tiefgreifende Reformen“.
Der Vizechef des AOK-Bundesverbandes, Jens Martin Hoyer, sagte: „Wir unterstützen den Vorschlag, die Kosten für die Finanzierung einer zukunftsfähigen und resilienten Krankenhausstruktur im Sondervermögen Infrastruktur zu berücksichtigen.“ Die geplanten Investitionen in die Krankenhausstrukturen seien eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und sollten aus Steuermitteln bezahlt werden. „Insofern wäre die Berücksichtigung dieser Kosten im steuerfinanzierten Sondervermögen nur folgerichtig.“
Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen, Janosch Dahmen, erklärte auf G+G-Anfrage, seine Partei lehne ein weiteres Sondervermögen ab, da es sich um eine „kurzfristige, unsystematische Symptombekämpfung“ handele, die keine nachhaltige Lösung für die strukturellen Herausforderungen biete. Wie Pantazis forderte er eine Reform der Schuldenbremse. Linken-Vorsitzender Jan van Aken stimmte zu, dass mehr Mittel für die Gesundheitsversorgung bereitgestellt werden müssten. Die Einführung von Schattenhaushalten über Sondervermögen seien jedoch der falsche Weg, sagte er auf Anfrage.
Im vergangenen Jahr fuhr die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ein Rekorddefizit von mehr als sechs Milliarden Euro ein. Zum Jahreswechsel waren die Beitragssätze massiv gestiegen. Kassenexperten gehen davon aus, dass es ohne ein Eingreifen der Politik spätestens Anfang 2026 eine erneute Erhöhungswelle geben wird. GKV-Verbandschefin Doris Pfeiffer hat daher ein Ausgabenmoratorium ins Spiel gebracht.
Bei Ärzte-, Pharma-, und Krankenhausverbänden stieß Pfeiffers Vorschlag auf Kritik. „Anstatt wieder nur über Kostendämpfung und Budgetierung zu sprechen, sollten wir offen und ehrlich Prioritäten definieren“, sagte die Vorsitzende des Klinikärzteverbandes Marburger Bund, Susanne Johna. Sie sprach sich wie auch Sorge und Pantazis dafür aus, versicherungsfremde Leistungen der GKV durch den Bund zu finanzieren. (sev)