Stiko steht vor personellem Umbruch – Kritik an Plänen
Die Ständige Impfkommission (Stiko) steht vor einem personellen Umbruch. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will das Gremium modernisieren und dafür die Berufungszeiten begrenzen. Als Folge müssten zwölf der 17 Stiko-Experten gehen, sagte der Vorsitzende Thomas Mertens der „Welt“ von heute. Mertens selbst hatte bereits angekündigt, nicht für eine weitere Amtszeit antreten zu wollen. Der aktuelle Berufungszeitraum endet turnusmäßig im Februar. Die Neuberufung werde derzeit vorbereitet, erklärte das Bundesgesundheitsministerium.
Der „Welt“ zufolge sollen die Mitglieder künftig für maximal drei Perioden ernannt werden. Nach derzeitigem Stand sind das insgesamt neun Jahre. Bisher waren die Zeiten unbegrenzt. Den betroffenen Mitgliedern sei bereits mitgeteilt worden, dass sie ausscheiden, sagte Stiko-Mitglied Martin Terhardt der „Ärzte-Zeitung“. Die Stiko ist am Robert-Koch-Institut (RKI) angesiedelt. Ihre ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder entwickeln Impfempfehlungen für die Bevölkerung. In der Pandemie war die Stiko wegen ihres Arbeitstempos wiederholt in die Kritik geraten.
Terhardt zeigte sich überrascht über das Ausmaß des Wechsels. Einen ähnlich starken Umbruch habe die Kommission zuletzt 2011 gesehen. Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullman warnte davor, die Arbeitsfähigkeit des Gremiums zu gefährden. Rotationen seien sinnvoll, aber ein umfassender Personalwechsel sei nicht „ohne Schwierigkeiten möglich“, sagte er der „Welt“. Auch CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge fürchtet um die Kontinuität der Arbeit. „Lauterbachs Pläne kommen einer Zerschlagung des Gremiums gleich.“
Der Personalwechsel reiht sich in weitere Umbaupläne Lauterbachs ein. Danach soll die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in einer neuen Bundesbehörde mit dem Namen „Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin“ (Bipam) aufgehen. Das Bipam soll sich künftig um sogenannte nicht-übertragbare Krankheiten kümmern. Das RKI soll sich hingegen auf Infektionskrankheiten beschränken.
Die Pläne stoßen allerdings auf breite Kritik. Medizinische Fachgesellschaften monieren, dass eine Trennung in „übertragbare“ und „nichtübertragbare“ Krankheiten problematisch sei. Gerade die Coronakrise habe deutlich gemacht, dass beide Bereiche „interagieren“, heißt es in einem offenen Brief. Dem Protest schlossen sich Sozial- und Gesundheitsverbände an. Bereits durch den Namen „Bundesinstitut für Aufklärung und Prävention in der Medizin“ werde ein nicht mehr zeitgemäßes Verständnis von Public Health zementiert, kritisieren sie in einem eigenen offenen Brief. (cm)
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