Protest gegen geheime Arzneimittelpreise hält an
Gegen die im geplanten Medizinforschungsgesetz (MFG) vorgesehene Einführung vertraulicher Erstattungspreise für neue Medikamente gibt es weiter breiten Widerstand. Neben den Dachverbänden der gesetzlichen Krankenkassen kritisieren auch der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) und das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) das Vorhaben.
In einem Schreiben an die Mitglieder des Bundestagsausschusses für Gesundheit und die Bundestagsfraktionen, das G+G vorliegt, warnen GBA und Iqwig gemeinsam mit den Kassen: „Es drohen erhebliche Mehrausgaben durch den Wegfall bewährter Instrumente der Preisregulierung und ein massiver Bürokratieaufbau.“
Der am 27. März vom Bundeskabinett gebilligte Gesetzentwurf soll die Bedingungen für Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten in Deutschland verbessern. Die Unterzeichner des Schreibens halten viele Inhalte für richtig, nicht jedoch vertrauliche Erstattungspreise. Deutschland habe bereits jetzt die höchsten Arzneimittelpreise in der EU. Ohne Vergleichsmöglichkeiten drohten „überhöhte Schaufensterpreise als Anker für den Markteinstieg von Nachfolgeprodukten“.
GBA und Iqwig sorgen sich besonders um das Verfahren zur Nutzenbewertung neuer Medikamente. Dafür und für die anschließenden Verhandlungen zwischen Hersteller und Kassen über den endgültigen Erstattungspreis sei es wichtig, Vergleichspreise zu kennen. Anderenfalls werde auch das neue EU-Verfahren zur gemeinsamen Bewertung neuer Medikamente beeinträchtigt und Schaden für Gesundheitssysteme anderer EU-Länder entsteht.
Es sei „nicht hinnehmbar“, dass die Beitragszahler in Deutschland „die Möglichkeit der pharmazeutischen Industrie für Umsatzzuwächse bei neuen, patentgeschützten Arzneimitteln im Ausland finanzieren sollen – ohne jedweden qualitativen Versorgungsmehrwert“, schreibt die Vorstandschefin des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, im Namen der Unterzeichner. Einen Zusammenhang mit Versorgungsproblemen gebe es nicht. Bei der „Schnelligkeit zur Marktverfügbarkeit von neuen Arzneimitteln“ liege Deutschland ebenfalls auf EU-Rang eins.
Die Kritiker warnen außerdem vor einem Aushebeln der Wirtschaftlichkeitsorientierung bei der Arzneimittelauswahl und Verordnung durch Ärzte und Apotheker. Zudem werde das Verfahren zur nachträglichen Erstattung der Differenz zwischen Markteinführungs- und später verhandeltem Erstattungspreis „massiven bürokratischen Mehraufwand“, „erhebliche Transaktionskosten bei allen Kostenträgern“ und „erhebliche Liquiditätsverschiebungen“ verursachen. (toro)
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