Frauen-Belange bei Koalitionsgesprächen berücksichtigen
Der AOK-Bundesverband befürchtet, dass angesichts des geschrumpften Frauenanteils im neuen Bundestag spezielle Belange von Gesundheit und Pflege zu kurz kommen könnten. Im Parlament seien Frauen jetzt mit einem Anteil von 32,4 Prozent deutlich unterrepräsentiert. „Das hat Auswirkungen auf die Gestaltung der Politik“, sagte die Vorstandsvorsitzende Carola Reimann mit Blick auf den morgigen Weltfrauentag.
Reimann appellierte an Union und SPD, bei den Sondierungs- und Koalitionsgesprächen „Gesundheit und Pflege zu priorisieren und die Bedarfe der Frauen mitzudenken“. Die Themen Gesundheit und Pflege seien besonders für Frauen relevant, betonte Reimann. In einer Forsa-Umfrage für die AOK zur Bundestagswahl hatten 56 Prozent der Frauen diese Bereiche als wichtigste Handlungsfelder für die nächste Regierung genannt. Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel in der Pflege, Zugang zur ärztlichen Versorgung auch in benachteiligten Regionen und bessere Arbeitsbedingungen im Krankenhaus stuften Frauen bei der Befragung durchweg wichtiger ein als Männer. Die Verbandschefin forderte unter anderem ein Wiederaufgreifen des nicht mehr umgesetzten Pflegekompetenzgesetzes, um die Attraktivität der Pflegeberufe zu verbessern.
Die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW) warnte anlässlich des Weltfrauentages vor den Folgen des Ausstiegs der USA aus der internationalen Gesundheitszusammenarbeit. Bereits jetzt hätten „über vier Millionen Mädchen und Frauen keinen Zugang mehr zu Gesundheitsdiensten und Verhütungsmitteln“. Bis Ende April drohe diese Zahl auf 11,7 Millionen anzusteigen. Besonders dramatisch sei der Ausfall der HIV-/Aids-Behandlungen, sagte DSW-Vorständin Angela Bähr.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO forderte höhere Ausgaben für Frauengesundheit. Nach wie vor gebe es Ungleichheiten bei Erforschung und Behandlung frauenspezifischer Erkrankungen. Nötig sei zudem mehr berufliche Gleichberechtigung: „Obwohl Frauen 78 Prozent des Gesundheitspersonals ausmachen, nehmen sie nur 25 Prozent der leitenden Positionen ein.“
Der Verband der medizinischen Fachberufe (VMF) kritisierte zum heutigen „Equal Pay Day“, dass selbst in überwiegend von Frauen ausgeübten Gesundheitsberufen Männer besser bezahlt würden. Laut Statistischem Bundesamt (Destatis) ist die Verdienstlücke insgesamt weiter geschrumpft. 2024 verdienten Frauen pro Stunde 16 Prozent weniger als Männer. 2023 waren es 18 Prozent. Unter Einbezug aller Faktoren der Erwerbsbeteiligung liegen Frauen und Männer laut Destatis allerdings noch 37 Prozent auseinander (2023: 39 Prozent). (toro)