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WHO: Industrie verantwortlich für Millionen vermeidbarer Todesfälle

12.06.2024 2 Min. Lesedauer

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) macht vier große Industriezweige für den frühzeitigen Tod von fast 7.500 Menschen in Europa pro Tag verantwortlich. Einem heute in Brüssel vorgestellten WHO-Bericht zufolge fördern die Lobbyorganisationen von Tabak-, Alkohol- und Lebensmittelindustrien sowie im Bereich fossiler Brennstoffe das Entstehen chronischer Krankheiten wie Krebs, Diabetes und Herzleiden. Gleichzeitig erschwerten sie die Gesundheitsprävention, sagte WHO-Europadirektor Hans Kluge. Die Unternehmen blockierten den Schutz vor gesundheitsschädlichen Produkten und die Begrenzung des Industrieeinflusses auf die Gesundheitspolitik. Zur Taktik gehöre auch die Irreführung von Verbrauchern und das gezielte Ansprechen gefährdeter Menschen.

Laut WHO-Bericht sind die vier Industriezweige – Tabak, hochverarbeitete Lebensmittel, fossile Brennstoffe und Alkohol – allein in Europa ganz oder teilweise für 2,7 Millionen frühzeitige Todesfälle pro Jahr verantwortlich. Weltweit seien es 19 Millionen vermeidbare Todesfälle pro Jahr. Die WHO werde mit politischen Entscheidungsträgern zusammenarbeiten, um den Schutz der Konsumenten vor dem schädlichen Einfluss dieser Industrien zu stärken. „Der Mensch muss Vorrang vor dem Profit haben, immer“, betonte Kluge.

Der Bericht thematisiert auch die Einflussnahme von Unternehmen auf die Politik. Die Industrien arbeiten laut WHO mit offenen und verdeckten Methoden, um etwa Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums oder die Gesundheits- und Nährwertkennzeichnung für Lebensmittel und Alkoholprodukte zu verhindern. Zu den gängigen Strategien gehörten auch die Verbreitung von Fehl- und Desinformationen in den Medien und gezielte Marketingstrategien, die sich an Kinder und Jugendliche richteten.

„Wir müssen wirklich umdenken“, sagte Belgiens Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke, der den Bericht heute gemeinsam mit der WHO in Brüssel vorstellte. Zu lange habe man gesundheitliche Risikofaktoren als etwas betrachtet, was auf individuellen Entscheidungen beruhe. Die derzeitigen Bemühungen reichten nicht aus, um die gesundheitsschädlichen Praktiken der Industrien einzudämmen. Vandenbroucke forderte alle neu gewählten EU-Parlamentarier und politischen Entscheidungsträger auf, das Ausmaß des Problems anzuerkennen.

Das Zurückdrängen von Alkohol- und Tabakkonsum ist auch Bestandteil des EU-Programms zur Krebsbekämpfung. Entsprechende Vorschläge, etwa höhere Alkohol- und Tabaksteuern, hatte das Europaparlament in der vergangenen Legislaturperiode nicht mehr abschließend beraten können – nicht zuletzt wegen Widerstands in einigen Mitgliedsländern, darunter auch Deutschland. Unklar ist, ob solche Maßnahmen im neuen Europaparlament noch politisch mehrheitsfähig sind. (at)

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