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Zeitfenster für Corona-Aufarbeitung schließt sich

16.09.2024 3 Min. Lesedauer

Das Zeitfenster für eine Aufarbeitung der Corona-Pandemie noch vor der Bundestagswahl schließt sich. „Es muss in den nächsten zwei Wochen entschieden sein, sonst bringen wir das nicht mehr auf den Weg, um damit auch ganze Kommissionen oder Bürgerräte zu befassen“, sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, gestern Abend in der ARD. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) forderte, dies noch in dieser Legislaturperiode anzugehen. „Das muss kommen“, sagte er ebenfalls in der ARD. „Wenn wir es nicht machen, dann entsteht einfach der Eindruck, als wenn wir etwas zu verbergen hätten.“ Sein Vorgänger Jens Spahn verteidigte unterdessen sein Handeln in der Pandemie. Der CDU-Politiker steht wegen milliardenschwerer Maskendeals in der Kritik.

Alle drei Regierungsparteien befürworten eine Aufarbeitung. Bisher konnten sie sich aber nicht auf ein Format, also etwa Bürgerrat oder Enquete-Kommission, einigen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sympathisiert mit der Einberufung eines Bürgerrats. „Das finde ich nicht schlecht“. Lauterbach bezog keine Stellung. Als betroffener Minister halte er sich zurück, sagte er. Es gehe auch um „die Aufarbeitung dessen, was wir gemacht haben, also was mein Vorgänger gemacht, was ich selbst gemacht habe“. Zugleich lobte er im Grundsatz die deutsche Corona-Politik. Deutschland habe weniger Tote als Spanien, Portugal oder Frankreich verzeichnet. „Trotzdem hat es auch Fehler gegeben. Die müssen aufgearbeitet werden.“

Lauterbachs Vorgänger Spahn plädierte für eine „Enquete-Kommission aus Politikern und Experten“. Zugleich verteidigte er seinen Kurs in den Anfangszeiten der Pandemie. Er würde „mit dem Wissen von heute einige Entscheidungen, auch in der Maskenbeschaffung, anders treffen“, sagte er der „Rheinischen Post“ von heute. Aber „mit dem Wissen von damals würde ich in der akuten Notlage wahrscheinlich die gleichen Entscheidungen erneut treffen“. Dazu stehe er. „Im Frühjahr 2020 hat es an allem gefehlt: Masken, Desinfektionsmittel, Beatmungsgeräte, Medikamente, Impfstoffe“, so Spahn. Er räumte ein, zu viel bestellt zu haben. „Aber zu wenig zu haben, das hätte Menschenleben gefährdet.“

Die Soziologin Jutta Allmendinger warnte davor, die Aufarbeitung versanden zu lassen. „Wir müssen uns dringend fragen: Was hat gewirkt? Wo haben wir überzogen? Was würden wir nachträglich anders machen?“, sagte sie. Dies sollte nicht im Sinne einer Schuldzuweisung geschehen, sondern „um besser für die nächste Pandemie aufgestellt zu sein“. (cm)