Zeitraubend und teuer: Kliniken fordern Bürokratieabbau
Ärzte und Pflegekräfte in deutschen Kliniken verbringen täglich durchschnittlich drei Stunden mit Bürokratie. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) im Auftrag der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Deren Chef Gerald Gaß nannte die Belastung heute „beispiellos“ im internationalen Vergleich. „Das ist eigentlich schon skandalös.“ Die Dokumentationsarbeit sei kostenintensiv und belaste die Versorgung oft ohne Nutzen für Patienten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gehe das Problem nicht an, sondern schaffe noch mehr Bürokratie, etwa mit der geplanten Klinikreform.
Laut DKI-Analyse könnten mit einer Stunde weniger Bürokratiearbeit pro Tag in den Kliniken rechnerisch rund 21.600 Vollzeitstellen für Ärzte und 47.000 für Pflegekräfte freigesetzt werden. „Diese Form der Bürokratie können wir uns nicht mehr leisten“, erklärte der Präsident der Berliner Ärztekammer, Peter Bobbert. „Wir suchen Ärzte und Ärztinnen; dort finden wir sie.“ Die von Lauterbach angekündigte Entbürokratisierung finde „de facto nicht statt“. Der Minister müsse „sein Wort halten“ und das Problem konsequent angehen. Entbürokratisierung „kostet kein Geld, sie schafft mehr Geld“, sagte der Kardiologe.
„Wir werden die Politik drängen“, erklärte Gaß. Er verwies darauf, dass das Bundesjustizministerium bereits mehrere Entbürokratisierungsgesetze auf den Weg gebracht habe. Lauterbach wolle jedoch sein eigenes Gesetz zur Entbürokratisierung im Gesundheitswesen machen. Allerdings lägen dafür noch nicht einmal Eckpunkte vor. Daher sei es fraglich, ob Lauterbach in dieser Legislaturperiode noch etwas vorlegen werde. Grundsätzlich sei das politische Verständnis der Ampelregierung schwer mit einer Entbürokratisierung in Einklang zu bringen. Die Ampel gebe den Akteuren genau vor, was sie zu tun hätten, anstatt Ziele festzulegen. „Das schlägt sich wirklich in jedem Gesetz nieder“, kommentierte Gaß.
DKG-Vizechefin Henriette Neumeyer übte Kritik an den Prüfungen des Medizinischen Dienstes. Oft würden dafür umfangreiche Unterlagen ohne Mehrwert für die Versorgung benötigt, und in verschiedenen Verfahren müssten ähnliche Fragen beantwortet werden. „Die Nachweispflichten müssen grundlegend reduziert werden“, betonte Neumeyer. Die DKG habe dafür dem Ministerium 55 konkrete Vorschläge zum Abbau von Bürokratie unterbreitet. Die Vorgaben seien oft „kleinteilig“ und erweckten den Eindruck des Misstrauens, erklärte Denny Götze, der als pflegerischer Bereichsleiter in einem Berliner Krankenhaus arbeitet. (at)