Beginn und Ende der Entgeltfortzahlung
Wann genau die gesetzliche Anspruchsdauer auf Entgeltfortzahlung beginnt, ist davon abhängig, ob der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit noch gearbeitet hat oder bereits vor dem Arbeitsbeginn erkrankt ist und daher die Arbeit an diesem Tag nicht aufgenommen hat.
Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit noch gearbeitet, bleibt der angebrochene Arbeitstag bei der Berechnung der Sechs-Wochen-Frist unberücksichtigt. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt daher erst am nächsten Tag. Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin bekommt somit für die verbleibende Zeit des Arbeitstags, in dessen Verlauf er oder sie erkrankt ist, noch das volle Arbeitsentgelt ausgezahlt (= keine Entgeltfortzahlung) und anschließend bis zur Dauer von sechs Wochen das Arbeitsentgelt fortgezahlt.
Die Anspruchsdauer endet mit Ablauf der Arbeitsunfähigkeit, spätestens nach 42 Kalendertagen. Sollte die Arbeitsunfähigkeit über den 42. Kalendertag hinaus andauern, zahlt die Krankenkasse von diesem Zeitpunkt an Krankengeld.
Beispiel: Beginn Entgeltfortzahlung bei Erkrankung während eines Arbeitstags
Der Arbeitnehmer ist am 18.5.2025 (Sonntag) zur Arbeitsleistung verpflichtet. Er erkrankt an diesem Tag während seiner Arbeitsschicht.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt am 19.5.2025. Er endet spätestens nach sechs Wochen am 29.6.2025. Für die Stunden, die der Arbeitnehmer krankheitsbedingt am 18.5.2025 nicht arbeiten konnte, erhält er ebenfalls Arbeitsentgelt.
Fällt die Arbeitsleistung eines oder einer Beschäftigten am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit in vollem Umfang aus, ist der Arbeitgeber berechtigt, diesen Tag in die Sechs-Wochen-Frist einzubeziehen. Der Anspruch endet in diesem Fall mit Ablauf des 42. Tags der Arbeitsunfähigkeit.
Beispiel: Beginn Entgeltfortzahlung bei Erkrankung vor Arbeitsbeginn
Die Arbeitnehmerin ist am 18.5.2025 (Sonntag) zur Arbeitsleistung verpflichtet. Sie erkrankt an diesem Tag jedoch, bevor sie die Arbeit aufnimmt.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt am 18.5.2025. Er endet spätestens nach sechs Wochen am 28.6.2025.
Wird das Arbeitsentgelt nicht nach Stunden bemessen (zum Beispiel bei gleichbleibendem Monatslohn oder Gehalt) und erkrankt der oder die Beschäftigte an einem arbeitsfreien Tag (zum Beispiel Sonntag), ist der Arbeitgeber ebenfalls berechtigt, diesen Tag in die Sechs-Wochen-Frist einzubeziehen.
Beispiel: Beginn Entgeltfortzahlung bei Erkrankung an einem arbeitsfreien Tag
Der Arbeitnehmer hat am 18.5.2025 (Sonntag) frei und erkrankt an diesem Tag. Er erhält ein monatliches Gehalt.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung beginnt am 18.5.2025. Er endet spätestens nach sechs Wochen am 28.6.2025.
Tritt bei neuen Arbeitsverhältnissen die Arbeitsunfähigkeit während der vierwöchigen Wartezeit ein und dauert diese darüber hinaus an, beginnt die Sechs-Wochen-Frist mit Beginn der fünften Woche des Arbeitsverhältnisses.
Beispiel: Entgeltfortzahlung bei Erkrankung in der Wartezeit
Die Arbeitnehmerin hat ihr Arbeitsverhältnis am 1.7.2025 begonnen und erkrankt ab 15.7.2025.
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung startet mit Beginn der fünften Woche des Arbeitsverhältnisses am 29.7.2025. Er endet spätestens nach sechs Wochen am 8.9.2025.
Die Begrenzung des Entgeltfortzahlungsanspruchs auf sechs Wochen gilt grundsätzlich für jede Arbeitsunfähigkeit des oder der Beschäftigten. Ist eine Arbeitsunfähigkeit abgeschlossen und beginnt – deutlich getrennt – später eine erneute Arbeitsunfähigkeit mit einer anderen Ursache, beginnt mit der zweiten Arbeitsunfähigkeit ein neuer sechswöchiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung.
Beispiel: zweite Arbeitsunfähigkeit
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 4.8.¹ bis 23.9. | 51 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit B | 29.9.¹ bis 17.11. | 50 Tage |
Entgeltfortzahlung wegen Krankheit A | 4.8.¹ bis 14.9. | 42 Tage |
Entgeltfortzahlung wegen Krankheit B | 29.9.¹ bis 9.11. | 42 Tage |
¹ Der Arbeitnehmer hat am 3.8. bzw. am 29.9. nicht gearbeitet.
Passend zum Thema
Fristenrechner
Hier können Sie alle Fristen für Mutterschutz, Elternzeit, Entgeltfortzahlung, Krankengeld oder Melderecht ermitteln.
Hinzutritt einer anderen Erkrankung
Die Dauer des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung verlängert sich nicht dadurch, dass eine neue Arbeitsunfähigkeit hinzutritt.
Beispiel: Hinzutritt einer neuen Erkrankung
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 22.6.¹ bis 14.7. | 23 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A und B | 15.7. bis 21.7. | 7 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit B | 22.7. bis 12.8. | 22 Tage |
¹ Der Arbeitnehmer hat am 22.6. nicht gearbeitet.
Es besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung vom 22.6. bis 2.8. (= insgesamt 42 Kalendertage).
Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Erkrankung
Wird der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin erneut wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig, für die er oder sie bereits vorher Entgeltfortzahlung erhalten hat, kommt innerhalb eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses möglicherweise eine Anrechnung der früheren Bezugszeit(en) in Betracht.
Die Frage, ob Ursache der wiederholten Arbeitsunfähigkeit dieselbe Krankheit ist, ist aus medizinischer Sicht zu beurteilen. Dieselbe Krankheit muss nicht ununterbrochen bestanden haben, sie muss auf derselben Krankheitsursache beruhen oder zumindest in einem inneren Zusammenhang mit ihr stehen.
Auch wenn eine Arbeitsunfähigkeit nicht zusammenhängend verläuft, besteht der Anspruch für insgesamt 42 Kalendertage.
Beispiel: Anspruch bei derselben Erkrankung
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 21.6.¹ bis 12.7. | 22 Tage |
Erneute Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 15.7. bis 15.8. | 32 Tage |
¹ Der Arbeitnehmer hat am 21.6.und 15.7. nicht gearbeitet.
Es besteht Anspruch auf Entgeltfortzahlung vom 21.6. bis 12.7. und vom 15.7. bis 3.8. (22 + 20 = insgesamt 42 Kalendertage).
Sechs-Monats-Frist
Wird der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin wegen derselben Krankheit wiederholt arbeitsunfähig, erhält er oder sie während der erneuten Arbeitsunfähigkeit – ohne Anrechnung der früheren Bezugszeit – das Arbeitsentgelt möglicherweise für weitere sechs Wochen. Dies setzt voraus, dass er oder sie vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht wegen derselben Krankheit arbeitsunfähig war. Zwischenzeitliche Zeiten von Arbeitsunfähigkeit wegen anderer Krankheiten sind ohne Bedeutung und verändern die Sechs-Monats-Frist nicht.
Die Sechs-Monats-Frist ist eine rückwärtslaufende Frist. Sie beginnt mit dem Tag vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit. Sie endet sechs Monate vorher.
Beispiel: Anwendung der 6-Monats-Frist
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 19.8.¹ bis 13.10. des Vorjahrs | 56 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 5.5.¹ bis 19.5. im aktuellen Jahr | 15 Tage |
¹ Die Arbeitnehmerin hat am 19.8. und am 5.5. nicht gearbeitet.
Zwischen dem Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit (5.5.) und dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit (13.10. im Vorjahr) wegen derselben Krankheit liegt ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten (6-Monats-Frist: 4.5. aktuelles Jahr bis 5.11. Vorjahr). Der Arbeitgeber hat für die erste Arbeitsunfähigkeit vom 19.8. bis 29.9. (42 Kalendertage) und für die erneute Arbeitsunfähigkeit vom 5.5. bis 19.5. (15 Kalendertage) Entgeltfortzahlung zu leisten.
Beispiel: 6-Monats-Frist nicht erfüllt
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 19.8.¹ bis 3.10. Vorjahr | 46 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 30.3.¹ bis 13.4. aktuelles Jahr | 15 Tage |
¹ Der Arbeitnehmer hat am 19.8. und am 30.3. nicht gearbeitet.
Zwischen dem Beginn der erneuten Arbeitsunfähigkeit (30.3.) und dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit (3.10.) wegen derselben Krankheit liegen weniger als sechs Monate (6-Monats-Frist: 29.3. aktuelles Jahr bis 30.9. Vorjahr). Der Arbeitgeber hat für die erste Arbeitsunfähigkeit vom 19.8. bis 29.9. (42 Kalendertage) Entgeltfortzahlung zu leisten. Für die erneute Arbeitsunfähigkeit vom 30.3. bis 13.4. muss er kein Entgelt fortzahlen. In diesem Fall springt die Krankenkasse mit der Zahlung von Krankengeld ein.
Zwölf-Monats-Frist
Ergibt sich nach Prüfung der Sechs-Monats-Frist, dass kein erneuter Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, bleibt zusätzlich zu prüfen, ob möglicherweise doch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch die Zwölf-Monats-Frist begründet wird. Es besteht nämlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen, wenn seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
Die Zwölf-Monats-Frist ist eine vorwärtslaufende Frist. Sie startet mit dem Tag des Beginns der ersten Arbeitsunfähigkeit, wenn an diesem Tag keine Arbeitsleistung erbracht wurde, ansonsten mit dem Tag danach. Eine neue Zwölf-Monats-Frist beginnt mit der ersten Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit nach Ablauf der alten Zwölf-Monats-Frist.
Beispiel: 12-Monats-Frist
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 4.1.¹ bis 30.1. Vorjahr | 27 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 28.6.¹ bis 27.7. Vorjahr | 30 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 20.12. Vorjahr¹ bis 11.01. aktuelles Jahr | 23 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 1.6.¹ bis 8.7. aktuelles Jahr | 38 Tage |
¹ Die Arbeitnehmerin hat am 4.1., 28.6., 20.12. und am 1.6. nicht gearbeitet.
Die 12-Monats-Frist wegen Krankheit A verläuft vom 4.1. Vorjahr bis 3.1. aktuelles Jahr.
Zwischen dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit vom 1.6. und dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit (11.1.) wegen derselben Krankheit liegen weniger als sechs Monate. Der Arbeitgeber hat aber dennoch vom 1.6. bis 8.7. Entgeltfortzahlung zu leisten, da seit dem Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit (4.1.) wegen derselben Krankheit die Frist von 12 Monaten abgelaufen ist. Mit dem 1.6. beginnt nunmehr eine neue 12-Monats-Frist wegen Krankheit A.
Wird allerdings ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch die Sechs-Monats-Frist für die volle Dauer von sechs Wochen begründet, beginnt mit dieser Arbeitsunfähigkeit ebenfalls eine neue Zwölf-Monats-Frist. Dies gilt selbst dann, wenn die letzte Zwölf-Monats-Frist noch nicht abgelaufen ist.
Es ist immer zweckmäßig, zunächst die Sechs-Monats-Frist zu prüfen. Dann beginnt nämlich gegebenenfalls ein neuer Anspruch auf Entgeltfortzahlung und auch eine neue Zwölf-Monats-Frist. Es findet in diesem Fall keine Rückschau auf weiter zurückliegende Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit statt.
Beispiel: Neue 12-Monats-Frist
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 24.6.¹ bis 23.7. Vorjahr | 30 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 17.11.¹ bis 27.11. Vorjahr | 11 Tage |
Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit A | 1.6.¹ bis 8.7. aktuelles Jahr | 38 Tage |
¹ Der Arbeitnehmer hat am 24.6., 17.11. und am 1.6. nicht gearbeitet.
Zwischen dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit (1.6.) und dem Ende der vorherigen Arbeitsunfähigkeit (27.11.) wegen Krankheit A liegt ein Zeitraum von mindestens 6 Monaten (6-Monats-Frist: 31.5. aktuelles Jahr bis 1.12. Vorjahr). Der Arbeitgeber hat somit vom 1.6. bis 8.7. Entgeltfortzahlung zu leisten.
Mit dem 1.6. beginnt eine neue 12-Monats-Frist wegen Krankheit A (1.6. aktuelles Jahr bis 31.5. Folgejahr), obwohl die alte 12-Monats-Frist (ab 24.6.) noch nicht beendet ist.
Hinzutritt einer früheren Erkrankung
Eine hinzugetretene Erkrankung beeinflusst die Entgeltfortzahlung nicht, solange die Arbeitsunfähigkeit wegen der Krankheit fortbesteht, durch die sie begonnen hat. Endet aber die Arbeitsunfähigkeit wegen der ersten Krankheit und bildet nun die hinzugetretene Krankheit den Verhinderungsgrund, sind die früheren Bezugszeiten wegen dieser Krankheit anzurechnen.