Zeitgrenzen bei kurzfristiger Beschäftigung
Eine kurzfristige Beschäftigung liegt vor, wenn die Beschäftigung im Lauf eines Kalenderjahres von vornherein
- auf nicht mehr als drei Monate oder 70 Arbeitstage im Kalenderjahr befristet ist und
- die Beschäftigung nicht berufsmäßig ausgeübt wird.
Die Höhe des Verdiensts ist dabei unerheblich. Die Geringfügigkeitsgrenze gilt bei einer kurzfristigen Beschäftigung nicht. Eine kurzfristige Beschäftigung ist sozialversicherungsfrei. Für Arbeitgeber fallen auch keine Pauschalbeiträge an.
Die beiden Alternativen der nach Monaten oder nach Arbeitstagen berechneten zeitlichen Begrenzung stehen ohne weitere Einschränkung gleichwertig nebeneinander. Aufgrund der Verknüpfung durch das Wort "oder" liegt Zeitgeringfügigkeit immer dann vor, wenn eine der beiden Optionen erfüllt ist. Eine Abgrenzung durch zusätzliche Anknüpfung an die Verteilung der Arbeitstage im Kalenderjahr oder die Anzahl der Wochenarbeitstage sieht der Wortlaut nicht vor BSG-Urteil vom 24.11.2020, Az.: B 12 KR 34/19 R.
Sollte eine kurzfristige Beschäftigung entgegen den Erwartungen die Zeitgrenzen überschreiten, tritt vom Tag, an dem das Überschreiten erkennbar wird, Versicherungspflicht ein. Weitere Informationen dazu bieten die aktuellen Geringfügigkeits-Richtlinien.
Dauerhafte oder wiederkehrende Arbeitsverhältnisse
Besonderheiten gelten für Beschäftigungen
- die im Rahmen eines Dauerarbeitsverhältnisses ausgeübt werden und
- für regelmäßig wiederkehrende Arbeitsverhältnisse, die im Lauf eines Kalenderjahres eine der Zeitgrenzen nicht überschreiten (sogenannte Ultimoaushilfen).
Beide Arten der Beschäftigung gelten nicht als kurzfristige Beschäftigung und können nur versicherungsfrei bleiben, wenn sie geringfügig entlohnt werden.
Beispiel: Dauerarbeitsverhältnis
Laura Müller arbeitet als Bankkauffrau unbefristet bei einem Geldinstitut jeweils an den letzten fünf Arbeitstagen im Kalendermonat. Monatliches Arbeitsentgelt: | 800 € |
Die Tatsache, dass aufgrund der vorhersehbaren Einsätze über einen längeren Zeitraum eine regelmäßige Beschäftigung ausgeübt wird, schließt das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung aus. Dabei ist unerheblich, dass die für die Kurzfristigkeit einer Beschäftigung maßgebende Zeitdauer von 70 Arbeitstagen im Laufe eines Jahres nicht überschritten wird. Die Beschäftigung ist sozialversicherungspflichtig.
Zeitgrenzen und Rahmenvereinbarung
Wird eine Rahmenvereinbarung geschlossen, muss sie grundsätzlich auf ein Jahr (oder weniger) begrenzt sein. Die Voraussetzungen für eine kurzfristige Beschäftigung sind erfüllt, wenn eine Rahmenvereinbarung geschlossen wird, die einen Arbeitseinsatz von maximal 70 Arbeitstagen oder drei Monaten im Kalenderjahr vorsieht.
Bei Verlängerung einer Vereinbarung besteht in aller Regel ab diesem Zeitpunkt keine Kurzfristigkeit mehr. Kurzfristigkeit wäre nur dann noch gegeben, wenn die einzelnen Arbeitseinsätze:
- ohne Bestehen einer Abrufbereitschaft,
- unvorhergesehen zu unterschiedlichen Anlässen und
- ohne erkennbaren Rhythmus
eine der Zeitgrenzen im Kalenderjahr nicht übersteigen und der Betrieb nicht strukturell auf den Einsatz solcher Arbeitskräfte ausgerichtet ist.
Die Kurzfristigkeit gilt auch, wenn eine neue Rahmenvereinbarung nach dem Ende der letzten Vereinbarung geschlossen wird und in dem neuen Vertrag erneut eine entsprechende Begrenzung vorgenommen wird. Zwischen dem Ende der ersten und dem Beginn der zweiten Rahmenvereinbarung muss ein Zeitraum von mindestens zwei Monaten liegen.
Zusammenrechnung mehrerer kurzfristiger Beschäftigungen
Bei der Prüfung, ob die Zeitgrenzen innerhalb eines Kalenderjahres überschritten werden, sind die Zeiten mehrerer aufeinanderfolgender kurzfristiger Beschäftigungen zusammenzurechnen. Beschäftigungen, die im Vorjahr begonnen haben, werden nur ab 1. Januar des laufenden Kalenderjahres berücksichtigt.
Bei einer Zusammenrechnung von mehreren Beschäftigungszeiten tritt an die Stelle des Monats-Zeitraums eine Zeitgrenze von 90 Kalendertagen. Das gilt nicht, wenn es sich bei den einzelnen Beschäftigungen jeweils um volle Kalendermonate handelt.
Eine Besonderheit ist bei sogenannten Zeitmonaten zu berücksichtigen: Umfasst ein Beschäftigungszeitraum zwar keinen Kalendermonat, aber einen Zeitmonat, ist dieser ebenfalls mit 30 Kalendertagen zu berücksichtigen. Es gelten folgende Regelungen für die korrekte Bestimmung der anzurechnenden Kalendertage:
- Volle Kalendermonate sind vorrangig vor Teilmonaten.
- Liegt kein voller Kalendermonat vor, ist die Bildung eines Zeitmonats wiederum vorrangig vor zwei Teilmonaten.
Beispiel: Zeitmonate
Vorbeschäftigung | vom 2.3. - 28.4.2024 | 49 Arbeitstage |
Zu beurteilende Beschäftigung | vom 3.6. – 31.7.2024 | 50 Arbeitstage |
Anzurechnende Zeiten aus der Beschäftigung vom 2.3. – 28.4.2024:
Zeitmonat 2.3. – 1.4. | = 30 Kalendertage |
Teilmonat 2.4. – 28.4. | = 27 Kalendertage |
57 Kalendertage |
Hier gilt die Regel: Die Bildung eines Zeitmonats ist vorrangig gegenüber zwei Teilmonaten.
Anzurechnende Zeiten aus der Beschäftigung vom 3.6. – 31.7.2024:
Teilmonat 3.6. – 30.6. | = 28 Kalendertage |
Kalendermonat Juli 2024 | = 30 Kalendertage |
58 Kalendertage |
Hier gilt die Regel: ein Kalendermonat ist vorrangig vor einem Zeitmonat.
Beide optionalen Zeitgrenzen (90 Kalendertage oder 70 Arbeitstage) sind in Summe überschritten; die Beschäftigung vom 3.6. – 31.7.2024 ist nicht als kurzfristige Beschäftigung zu werten.
Was ist Berufsmäßigkeit bei kurzfristiger Beschäftigung?
Berufsmäßig wird eine Beschäftigung dann ausgeübt, wenn sie für die Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist. Wird eine kurzfristige Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt, ist sie sozialversicherungspflichtig.
Die Berufsmäßigkeit der Beschäftigung ist nicht zu prüfen, wenn die Beschäftigung bereits infolge Überschreitens der Zeitgrenzen als nicht geringfügig anzusehen ist.
Bei der Prüfung der Berufsmäßigkeit werden nur Beschäftigungen mit einem monatlichen Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze berücksichtigt.
Beispiel: Prüfung der Berufsmäßigkeit einer Beschäftigung
Beschäftigung A:
- befristetet vom 1.2. bis 15.5.
- 5 Tage/Woche (40 Stunden)
- 1.400 € monatliches Arbeitsentgelt
- 105 Tage
Beschäftigung A ist weder geringfügig entlohnt noch kurzfristig, sondern sozialversicherungspflichtig.
Beschäftigung B:
- befristet vom 16.6. bis 31.7.
- 5 Tage/Woche (40 Stunden)
- 1.400 € monatliches Arbeitsentgelt
- 45 Tage
Beschäftigung B ist nicht als kurzfristig zu bewerten, denn die Beschäftigung wird berufsmäßig ausgeübt und ist sozialversicherungspflichtig.
Berufsmäßigkeit und Arbeitsentgelt
Bei der Prüfung der Berufsmäßigkeit wird das Arbeitsentgelt aus einer zuvor beendeten Beschäftigung nicht berücksichtigt. Wenn aber mehrere – für sich gesehen kurzfristige – Beschäftigungen (auch bei verschiedenen Arbeitgebern) aufeinanderfolgen, die jeweils in demselben Kalendermonat beginnen und enden, und das Arbeitsentgelt insgesamt die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet, ist für die später aufgenommene Beschäftigung Berufsmäßigkeit zu prüfen.
Berufsmäßige Personengruppen
Bestimmte Personengruppen können von vornherein nicht als kurzfristig Beschäftigte angestellt werden, weil sie als berufsmäßig gelten. Dazu zählen:
- Personen, die Leistungen von der Arbeitsagentur erhalten oder die dort als arbeitsuchend gemeldet sind
- Mütter und Väter, die während ihrer Elternzeit befristet arbeiten
- Personen, die während eines unbezahlten Urlaubs befristet tätig sind
- Personen zwischen Schulende und Berufsausbildung oder Beschäftigungsaufnahme
- Personen zwischen Schulende und Bundesfreiwilligendienst/freiwilligem Wehrdienst
Bitte beachten Sie: Möchten von der Schule abgehende Personen nach dem Schulabschluss ein Studium aufnehmen, können Arbeitgeber diese als kurzfristig Beschäftigte einstellen. Sie gelten nicht als berufsmäßig.