Rechtsdatenbank
Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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§ 40 SGB XI Ziff. 9.5.2. RS 2023/06
§ 40 SGB XI Ziff. 9.5.2. RS 2023/06, Definition hinreichender Grund
Das Gesetz definiert den Begriff des "hinreichenden Grundes" nicht näher. Damit die Pflegekasse ihrer Pflicht zur zügigen Leistungsentscheidung nachkommen können, sind umgekehrt pflegebedürftige Personen oder Dritte (z. B. Leistungserbringer) zur Mitwirkung angehalten. Hinreichende Gründe für eine verzögerte Leistungsentscheidung können danach insbesondere sein,
- - fehlende oder ergänzungsbedürftige Angaben von Tatsachen durch pflegebedürftige Personen oder Dritte (z. B. Leistungserbringer), die für die Leistungsentscheidung erheblich sind (z. B. in Form von fehlenden aussagekräftigen Unterlagen des Leistungserbringers),
- - die fehlende oder mangelhafte Mitwirkung der pflegebedürftigen Personen bei erforderlicher körperlicher Befunderhebung durch den Gutachter bzw. durch die Gutachterin (z. B. wenn die eingereichten Unterlagen nicht aussagekräftig sind),
- - Verzögerungen, die bei notwendiger Mitwirkung der pflegebedürftigen Personen von ihnen zu verantworten sind (z. B. angebotene frühzeitige Termine für die Begutachtung des Wohnumfeldes durch die Pflegefachkraft oder den MD können von den versicherten Personen nicht wahrgenommen werden),
- - die fehlende Zustimmung der pflegebedürftigen Personen zur Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte auf Verlangen der Pflegekasse.
Um hinreichende Gründe für eine Überschreitung der jeweils maßgeblichen Frist handelt es sich dann, wenn die für eine Leistungsentscheidung notwendigen Informationen/Tatsachen nicht so rechtzeitig vorliegen oder gewonnen werden (können), dass die Pflegekasse eine Leistungsentscheidung noch bis zum Ablauf der jeweils maßgeblichen Frist — ggf. unter Berücksichtigung der Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des MD — treffen und den leistungsberechtigten Personen zugehen lassen kann. Damit ist nicht bereits jede Anforderung von Angaben oder Unterlagen gegenüber den leistungsberechtigten Personen oder Dritten ein hinreichender Grund. Hat die Pflegekasse eine Pflegefachkraft oder den MD beauftragt, eine Stellungnahme zu dem jeweiligen Leistungsantrag zu erstellen und können die Pflegefachkraft oder der Gutachter bzw. die Gutachterin des MD aufgrund fehlender oder mangelhafter Mitwirkung der leistungsberechtigten Person oder von Dritten die Stellungnahme nicht so rechtzeitig erstellen, dass die Pflegekasse noch innerhalb der Frist von 5 Wochen eine Leistungsentscheidung treffen und den leistungsberechtigten Personen zugehen lassen kann, haben die Pflegefachkraft bzw. die Gutachterinnen bzw. der Gutachter die Pflegekasse hierüber unverzüglich (ohne schuldhaftes Zögern) zu informieren. Damit kann die Pflegekasse die leistungsberechtigten Personen rechtzeitig über den hinreichenden Grund für eine verzögerte Leistungsentscheidung schriftlich informieren.
Gründe, die hingegen in den Verantwortungsbereich der Pflegekasse fallen wie z. B. Organisationsmängel oder Arbeitsüberlastung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sind nicht hinreichend. Dies gilt gleichermaßen für Gründe, die in den Verantwortungsbereich der Pflegefachkraft oder des MD bzw. der Gutachterin oder des Gutachters fallen. Daher müssen sowohl Pflegekassen als auch die jeweilige Pflegefachkraft oder der jeweilige MD bzw. die Gutachterin oder der Gutachter alle in ihren jeweiligen Verantwortungsbereich fallenden Maßnahmen ergreifen, damit eine Leistungsentscheidung zügig, spätestens jedoch innerhalb der Frist von 3 bzw. 5 Wochen erfolgen kann. Die Pflegekassen haben daher unter Berücksichtigung der sehr engen Fristen unverzüglich
- - eingehende Leistungsanträge auf ihre Vollständigkeit zu überprüfen,
- - die Erforderlichkeit einer Beteiligung durch eine Pflegefachkraft oder den MD — ggf. gemeinsam mit der Pflegefachkraft bzw. dem MD — zu klären und ggf. eine Stellungnahme in Auftrag zu geben sowie
- - ggf. die für eine Leistungsentscheidung bzw. eine in diesem Zusammenhang notwendigen Informationen/Tatsachen abzufordern — soweit nicht die Pflegefachkraft oder der MD die Einholung von Informationen/Tatsachen übernommen hat; für diesen Fall hat die Pflegefachkraft oder der MD die Informationen/Tatsachen unverzüglich abzufordern und die eingegangenen Informationen/Tatsachen an den MD zu übermitteln.
Unvorhersehbare Ereignisse, wie z. B. das Auftreten einer Epidemie bzw. Pandemie (z. B. Coronavirus/COVID-19) können unter Umständen einen hinreichenden Grund gemäß § 40 Absatz 7 Satz 2 SGB XI darstellen, da diese nicht dem Verantwortungsbereich der Pflegekasse zugerechnet werden können. Ein hinreichender Grund kann allerdings in diesem Kontext erst dann angenommen werden, wenn die Pflegekasse alle erdenklichen organisatorischen, personellen und technischen Maßnahmen ergriffen haben, um eine zeitnahe Leistungsentscheidung über die von der Genehmigungspflicht umfassten Leistungen für die Versicherten sicherzustellen. Zu diesen Maßnahmen können neben einer Nutzung der vorhandenen Digitalisierungsverfahren, insbesondere auch innerbetriebliche organisatorische Maßnahmen wie z. B. die Arbeitsverlagerung an andere Standorte oder die Einbeziehung fachfremder Arbeitsbereiche gehören. Sollten auch die Pflegefachkraft oder der MD — trotz aller ergriffen Maßnahmen — aufgrund einer Epidemie bzw. Pandemie nicht mehr in ausreichendem Maße handlungsfähig sein, kann auch dies einen hinreichenden Grund im Sinne des § 40 Absatz 7 Satz 2 SGB XI darstellen.
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