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EuGH 12.09.2024 - C-17/22
EuGH 12.09.2024 - C-17/22 - URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer) - 12. September 2024 ( *1) - „Vorlage zur Vorabentscheidung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verordnung (EU) 2016/679 – Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b, c und f – Rechtmäßigkeit der Verarbeitung – Erforderlichkeit der Verarbeitung für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist – Erforderlichkeit der Verarbeitung für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, der der Verantwortliche unterliegt – Erforderlichkeit der Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten – Als Publikumskommanditgesellschaft organisierter Investmentfonds – Anfrage eines Gesellschafters auf Erhalt der Kontaktdaten der anderen Gesellschafter, die über eine Treuhandgesellschaft mittelbar an einem Investmentfonds beteiligt sind“
Leitsatz
In den verbundenen Rechtssachen C-17/22 und C-18/22
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Amtsgericht München (Deutschland) mit Entscheidungen vom 21. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Januar 2022, in den Verfahren
HTB Neunte Immobilien Portfolio geschlossene Investment UG & Co. KG
gegen
Müller Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (C-17/22)
und
Ökorenta Neue Energien Ökostabil IV geschlossene Investment GmbH & Co. KG
gegen
WealthCap Photovoltaik 1 GmbH Co. KG,
WealthCap PEIA Komplementär GmbH,
WealthCap Investorenbetreuung GmbH (C-18/22)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. Lycourgos, der Richterin O. Spineanu-Matei, der Richter J.-C. Bonichot und S. Rodin sowie der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin),
Generalanwalt: J. Richard de la Tour,
Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. Februar 2024,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der HTB Neunte Immobilien Portfolio geschlossene Investment UG & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwälte M. Handlos und R. Veil,
der Ökorenta Neue Energien Ökostabil IV geschlossene Investment GmbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt U. Brinkmöller,
der WealthCap Photovoltaik 1 GmbH Co. KG, der WealthCap PEIA Komplementär GmbH und der WealthCap Investorenbetreuung GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte N. Bartmann, U. Baumgartner und A. Höder,
der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, M. Heller und H. Kranenborg als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Entscheidungsgründe
Urteil
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und f der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1, berichtigt u. a. in ABl. 2018, L 127, S. 2) (im Folgenden: DSGVO).
Sie ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen zum einen der HTB Neunte Immobilien Portfolio geschlossene Investment UG & Co. KG (im Folgenden: HTB) und der Müller Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (Rechtssache C-17/22) sowie zum anderen der Ökorenta Neue Energien Ökostabil IV geschlossene Investment GmbH & Co. KG (im Folgenden: Ökorenta) und der WealthCap Photovoltaik 1 GmbH Co. KG, der WealthCap PEIA Komplementär GmbH und der WealthCap Investorenbetreuung GmbH (Rechtssache C-18/22).
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
In den Erwägungsgründen 1, 10, 39, 41, 47 und 48 DSGVO heißt es:
Der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Grundrecht. Gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden ‚Charta‘) sowie Artikel 16 Absatz 1 [AEUV] hat jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten.
…
Um ein gleichmäßiges und hohes Datenschutzniveau für natürliche Personen zu gewährleisten und die Hemmnisse für den Verkehr personenbezogener Daten in der [Europäischen] Union zu beseitigen, sollte das Schutzniveau für die Rechte und Freiheiten von natürlichen Personen bei der Verarbeitung dieser Daten in allen Mitgliedstaaten gleichwertig sein. Die Vorschriften zum Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten von natürlichen Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sollten unionsweit gleichmäßig und einheitlich angewandt werden. …
…
Jede Verarbeitung personenbezogener Daten sollte rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgen. Für natürliche Personen sollte Transparenz dahingehend bestehen, dass sie betreffende personenbezogene Daten erhoben, verwendet, eingesehen oder anderweitig verarbeitet werden und in welchem Umfang die personenbezogenen Daten verarbeitet werden und künftig noch verarbeitet werden. …
…
Wenn in dieser Verordnung auf eine Rechtsgrundlage oder eine Gesetzgebungsmaßnahme Bezug genommen wird, erfordert dies nicht notwendigerweise einen von einem Parlament angenommenen Gesetzgebungsakt; davon unberührt bleiben Anforderungen gemäß der Verfassungsordnung des betreffenden Mitgliedstaats. Die entsprechende Rechtsgrundlage oder Gesetzgebungsmaßnahme sollte jedoch klar und präzise sein und ihre Anwendung sollte für die Rechtsunterworfenen gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union … und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorhersehbar sein.
…
Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung kann durch die berechtigten Interessen eines Verantwortlichen, auch eines Verantwortlichen, dem die personenbezogenen Daten offengelegt werden dürfen, oder eines Dritten begründet sein, sofern die Interessen oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht überwiegen; dabei sind die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Personen, die auf ihrer Beziehung zu dem Verantwortlichen beruhen, zu berücksichtigen. Ein berechtigtes Interesse könnte beispielsweise vorliegen, wenn eine maßgebliche und angemessene Beziehung zwischen der betroffenen Person und dem Verantwortlichen besteht, z. B. wenn die betroffene Person ein Kunde des Verantwortlichen ist oder in seinen Diensten steht. Auf jeden Fall wäre das Bestehen eines berechtigten Interesses besonders sorgfältig abzuwägen, wobei auch zu prüfen ist, ob eine betroffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und angesichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen kann, dass möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird. Insbesondere dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung rechnen muss, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen überwiegen. … Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke der Direktwerbung kann als eine einem berechtigten Interesse dienende Verarbeitung betrachtet werden.
Verantwortliche, die Teil einer Unternehmensgruppe oder einer Gruppe von Einrichtungen sind, die einer zentralen Stelle zugeordnet sind[,] können ein berechtigtes Interesse haben, personenbezogene Daten innerhalb der Unternehmensgruppe für interne Verwaltungszwecke, einschließlich der Verarbeitung personenbezogener Daten von Kunden und Beschäftigten, zu übermitteln. Die Grundprinzipien für die Übermittlung personenbezogener Daten innerhalb von Unternehmensgruppen an ein Unternehmen in einem Drittland bleiben unberührt.“
Art. 1 („Gegenstand und Ziele“) Abs. 2 DSGVO lautet:
„Diese Verordnung schützt die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten.“
In Art. 4 DSGVO heißt es:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
‚personenbezogene Daten‘ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden ‚betroffene Person‘) beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann;
‚Verarbeitung‘ jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung;
…
‚Verantwortlicher‘ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; sind die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten vorgegeben, so kann der Verantwortliche beziehungsweise können die bestimmten Kriterien seiner Benennung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen werden;
…
‚Einwilligung‘ der betroffenen Person jede freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich abgegebene Willensbekundung in Form einer Erklärung oder einer sonstigen eindeutigen bestätigenden Handlung, mit der die betroffene Person zu verstehen gibt, dass sie mit der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten einverstanden ist;
…“
Art. 5 („Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten“) DSGVO bestimmt:
„(1) Personenbezogene Daten müssen
auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden (‚Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz‘);
für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden …
dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein (‚Datenminimierung‘);
…
(2) Der Verantwortliche ist für die Einhaltung des Absatzes 1 verantwortlich und muss dessen Einhaltung nachweisen können (‚Rechenschaftspflicht‘).“
In Art. 6 („Rechtmäßigkeit der Verarbeitung“) DSGVO heißt es:
„(1) Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn mindestens eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
Die betroffene Person hat ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben;
die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich, die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen;
die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der Verantwortliche unterliegt;
…
die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.
Unterabsatz 1 Buchstabe f gilt nicht für die von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitung.
(2) Die Mitgliedstaaten können spezifischere Bestimmungen zur Anpassung der Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung in Bezug auf die Verarbeitung zur Erfüllung von Absatz 1 Buchstaben c und e beibehalten oder einführen, indem sie spezifische Anforderungen für die Verarbeitung sowie sonstige Maßnahmen präziser bestimmen, um eine rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgende Verarbeitung zu gewährleisten, einschließlich für andere besondere Verarbeitungssituationen gemäß Kapitel IX.
(3) Die Rechtsgrundlage für die Verarbeitungen gemäß Absatz 1 Buchstaben c und e wird festgelegt durch
Unionsrecht oder
das Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt.
… Das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten müssen ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten legitimen Zweck stehen.“
Art. 13 Abs. 1 DSGVO sieht vor:
„Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten Folgendes mit:
…
die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung;
wenn die Verarbeitung auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f beruht, die berechtigten Interessen, die von dem Verantwortlichen oder einem Dritten verfolgt werden;
…“
Deutsches Recht
Art. 161 des Handelsgesetzbuchs in seiner auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung lautet:
„(1) Eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes unter gemeinschaftlicher Firma gerichtet ist, ist eine Kommanditgesellschaft, wenn bei einem oder bei einigen von den Gesellschaftern die Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern auf den Betrag einer bestimmten Vermögenseinlage beschränkt ist (Kommanditisten), während bei dem anderen Teil der Gesellschafter eine Beschränkung der Haftung nicht stattfindet (persönlich haftende Gesellschafter).
(2) Soweit nicht in diesem Abschnitt ein anderes vorgeschrieben ist, finden auf die Kommanditgesellschaft die für die offene Handelsgesellschaft geltenden Vorschriften Anwendung.“
In Art. 162 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs heißt es:
„Die Anmeldung der Gesellschaft hat außer den in § 106 Abs. 2 vorgesehenen Angaben [(u. a. Name, Vorname, Geburtsdatum und Wohnort jedes Gesellschafters)] die Bezeichnung der Kommanditisten und den Betrag der Einlage eines jeden von ihnen zu enthalten. …“
§ 127a Abs. 1 und 3 des Aktiengesetzes in seiner auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung lautet:
„(1) Aktionäre oder Aktionärsvereinigungen können im Aktionärsforum des Bundesanzeigers andere Aktionäre auffordern, gemeinsam oder in Vertretung einen Antrag oder ein Verlangen nach diesem Gesetz zu stellen oder in einer Hauptversammlung das Stimmrecht auszuüben.
…
(3) Die Aufforderung kann auf eine Begründung auf der Internetseite des Auffordernden und dessen elektronische Adresse hinweisen. …“
§ 33 Abs. 1 Satz 1 des Wertpapierhandelsgesetzes in seiner auf die Ausgangsrechtsstreitigkeiten anwendbaren Fassung lautet:
„Wer durch Erwerb, Veräußerung oder auf sonstige Weise 3 Prozent, 5 Prozent, 10 Prozent, 15 Prozent, 20 Prozent, 25 Prozent, 30 Prozent, 50 Prozent oder 75 Prozent der Stimmrechte aus ihm gehörenden Aktien an einem Emittenten, für den die Bundesrepublik Deutschland der Herkunftsstaat ist, erreicht, überschreitet oder unterschreitet (Meldepflichtiger), hat dies unverzüglich dem Emittenten und gleichzeitig der Bundesanstalt, spätestens innerhalb von vier Handelstagen unter Beachtung von § 34 Absatz 1 und 2 mitzuteilen. …“
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Aus den Vorlageentscheidungen geht hervor, dass HTB und Ökorenta Investmentgesellschaften sind, die jeweils über eine Treuhandgesellschaft mittelbar an Investmentfonds beteiligt sind. Diese Investmentfonds sind als Publikumskommanditgesellschaften und damit als Personengesellschaften organisiert. Die Beteiligung an diesen Kommanditgesellschaften ist als wirtschaftliche Geldanlage konzipiert. Bei einer indirekten Beteiligung üben die Gesellschafter ihre Rechte über treuhänderische Beteiligungsgesellschaften aus.
Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren fordern von den Beklagten der Ausgangsverfahren, bei denen es sich um treuhänderische Beteiligungsgesellschaften handelt, die Preisgabe der Namen und Adressen aller ihrer mittelbar über treuhänderische Beteiligungsgesellschaften beteiligten Mitgesellschafter der betreffenden Investmentfonds.
Die Beklagten der Ausgangsverfahren widersetzen sich einer solchen Preisgabe, da ihrer Ansicht nach mit den angeforderten Daten wirtschaftliche Eigeninteressen der Klägerinnen der Ausgangsverfahren verfolgt werden sollen, nämlich durch ihre Verwendung zur Werbung für ihre eigenen Investmentprodukte oder um Investoren zu beunruhigen und um diesen ihre Anteile unter Wert abzukaufen und über einen Weiterverkauf Gewinn zu erwirtschaften. In den Beteiligungs- und Treuhandverträgen, auf deren Grundlage die Gesellschafter der Beklagten der Ausgangsverfahren mittelbare Beteiligungen an den betreffenden Investmentfonds erworben hätten, seien Regelungen enthalten, wonach die Weitergabe dieser Daten an andere Beteiligte verboten sei.
Die Klägerinnen der Ausgangsverfahren stellen solche Absichten in Abrede. Sie hätten das Recht, Kontakt zu den anderen Kommanditisten, die Beteiligungen an den betreffenden Investmentfonds hielten, aufzunehmen, um insbesondere über den Ankauf von deren Anteilen zu verhandeln.
Das vorlegende Gericht weist im Wesentlichen darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Deutschland) und des Oberlandesgerichts München (Deutschland) eine Pflicht zur Weitergabe der von den Klägerinnen der Ausgangsverfahren angeforderten personenbezogenen Daten bestehen könnte. Da diese Rechtsprechung jedoch zum Teil vor dem Inkrafttreten der DSGVO ergangen sei, könnte unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und f DSGVO, dessen Auslegung für die Entscheidung der Ausgangsrechtsstreitigkeiten maßgeblich sei, im vorliegenden Fall möglicherweise eine andere Beurteilung geboten sein.
Insbesondere sei nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs (Deutschland) vom 19. November 2019 (II ZR 263/18) in einer Personengesellschaft wie einer Kommanditgesellschaft das Recht eines Gesellschafters, Namen und Anschrift seiner Mitgesellschafter zu erfahren, ein „unverzichtbarer Kernbereich der Gesellschafterrechte“. Dieses Recht gelte auch für nur mittelbar beteiligte Kommanditisten. Die Kenntnis aller Mitgesellschafter, einschließlich der mittelbar beteiligten, sei nämlich zur effektiven Nutzung der Rechte eines jeden Gesellschafters einer Publikumsgesellschaft erforderlich. Die Weitergabe dieser personenbezogenen Daten an Mitgesellschafter entspreche so den Verpflichtungen der Gesellschaft aus dem Gesellschaftsvertrag, mit dem sie errichtet worden sei. Nach deutschem Recht bestehe die einzige Ausnahme vom Anspruch auf solche Daten in dem Verbot des Rechtsmissbrauchs, wonach für die Ausübung dieses Auskunftsrechts das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung und das Schikaneverbot gälten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs scheide ein Rechtsmissbrauch jedenfalls dann aus, wenn ein Anleger Kontakt zu anderen Anlegern suche, um sich mit diesen über die Gesellschaft betreffende Fragen auszutauschen und um gegebenenfalls eine Interessengemeinschaft unter den Anlegern zu organisieren. Des Weiteren bestehe kein Anlass, wegen einer bloß abstrakten Gefahr des Missbrauchs der betreffenden personenbezogenen Daten die Auskunft über einen Gesellschafter zu verweigern. Außerdem müsse ein Gesellschafter unmittelbar auf die Daten der Mitgesellschafter zugreifen können, ohne auf die Leitungsorgane der Gesellschaft angewiesen zu sein.
Aus dieser Rechtsprechung ergebe sich auch, dass ein solches Auskunftsrecht nicht durch Vertrag abdingbar sei, da sonst faktisch ein wesentliches Gesellschafterrecht beseitigt würde, nämlich dasjenige, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen, da hierfür notwendige Quoren von einem gering beteiligten Gesellschafter nur zu erlangen seien, wenn er sich mit anderen Mitgesellschaftern zusammenschließe, was zwingend voraussetze, dass er deren Namen und Anschriften kenne (Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 21. September 2009, II ZR 264/08). Nach dieser Rechtsprechung rechtfertige es der 48. Erwägungsgrund der DSGVO auch, dass innerhalb einer Unternehmensgruppe personenbezogene Daten aller Gesellschafter an einen von ihnen zu internen Verwaltungszwecken weitergeleitet werden könnten.
Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts verankert somit die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich einen Auskunftsanspruch der Gesellschafter, der nur durch Rechtsmissbrauch beschränkt sei.
Das vorlegende Gericht bezieht sich auch auf das Urteil des Oberlandesgerichts München (Deutschland) vom 16. Januar 2019 (7 U 342/18), wonach wesentlicher Vertragszweck des Gesellschaftsvertrags die Ausübung der Gesellschafterrechte sei, einschließlich der Stärkung der Gesellschafterstellung. Der Ankauf von Gesellschaftsanteilen stelle somit eine rechtmäßige Ausübung dieser Rechte dar, und die Weitergabe von Informationen über die anderen Gesellschafter zu diesem Zweck entspreche einem angemessenen Interesse. Eine solche Weitergabe dürfe indessen nur verweigert werden, wenn an ihr kein vernünftiges Interesse bestehe.
Das vorlegende Gericht hegt Zweifel an der Vereinbarkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts München mit dem Unionsrecht, soweit sie eine umfassende Offenlegung der personenbezogenen Daten von mittelbar an einem Investmentfonds beteiligten Gesellschaftern auf der Grundlage eines rein formal behaupteten Interesses der Mitgesellschafter am Erhalt dieser Daten, beispielsweise im Hinblick auf einen Erwerb von Anteilen, erlaube.
Nach dem Unionsrecht sei nämlich der Schutz personenbezogener Daten die Regel, so dass die insbesondere in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und f DSGVO vorgesehene Ausnahme von diesem Grundsatz, die die Offenlegung dieser Daten erlaube, „ausreichend Berechtigung“ erkennen lasse müsse. Außerdem bestehe nach deutschem Recht keine gesetzliche Verpflichtung, die Daten von an einer Treuhandgesellschaft beteiligten Personen zu veröffentlichen. Somit fragt sich das vorlegende Gericht, ob ein Recht auf Zugang zu den Daten der Gesellschafter nicht zum einen davon abhängen sollte, dass eine bestimmte Beteiligungsschwelle vorliege, entsprechend den Regelungen im deutschen Recht zu börsennotierten Aktiengesellschaften, und zum anderen vom Vorliegen eines konkreten und genauen Grundes im Zusammenhang mit der Gesellschaft, über deren Gesellschafter solche Informationen angefordert würden.
Unter diesen Umständen hat das Amtsgericht München (Deutschland) beschlossen, das Verfahren in den beiden Ausgangsrechtssachen auszusetzen und dem Gerichtshof folgende identische Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
-
Ergibt sich bei Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und f DSGVO, dass bei einer Publikumspersonengesellschaft schon die Beteiligung an der Gesellschaft als nicht persönlich und nur gering haftender und nicht geschäftsführender Gesellschafter genügt, um „berechtigtes Interesse“ an Auskunft über alle mittelbar über einen Treuhänder beteiligten Gesellschafter, deren Erreichbarkeit und deren Beteiligung an der Publikumspersonengesellschaft zu bejahen und dem Gesellschaftsvertrag eine entsprechende vertragliche Verpflichtung zu entnehmen,
oder beschränkt sich unter solchen Bedingungen das berechtigte Interesse darauf, von der Gesellschaft Auskunft über diejenigen mittelbar Beteiligten zu erhalten, die nicht gering haften, sondern eine Mindestquote innehaben, die einen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft zumindest in Betracht kommen lässt?
-
Genügt, um bei einem solchen unbeschränkten Anspruch (Frage 1a) dessen immanente Grenze eines Rechtsmissbrauchs nicht zu überschreiten oder von der Beschränkung eines beschränkten Auskunftsanspruchs (Frage 1b) eine Ausnahme zu machen, eine Absicht der Kontaktaufnahme zu einem Kennenlernen, einem Meinungsaustausch oder Verhandlungen über den Abkauf von Gesellschaftsanteilen,
oder kommt ein Interesse an Auskunft erst als relevant in Betracht, wenn eine Weitergabe unter der ausdrücklichen Absicht gefordert wird, um Kontakt zu anderen Gesellschaftern aufzunehmen, um von diesen wegen konkret benannter Anlässe, die eine Willensbildung im Rahmen von Beschlüssen der Gesellschafter erforderlich machen, Koordinierung einzufordern?
-
Verfahren vor dem Gerichtshof
Mit Entscheidung vom 23. September 2022 hat der Präsident des Gerichtshofs das vorliegende Verfahren bis zur Endentscheidung in der Rechtssache C-252/21 ausgesetzt.
Gemäß der Entscheidung des Präsidenten des Gerichtshofs vom 7. Juli 2023 hat die Kanzlei dem vorlegenden Gericht das Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. (Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks) (C-252/21, EU:C:2023:537), zugestellt und es gebeten, ihm mitzuteilen, ob es unter Berücksichtigung dieses Urteils seine Vorabentscheidungsersuchen ganz oder teilweise aufrechterhalten wolle.
Mit Schreiben vom 4. August 2023, das am selben Tag bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat dieses Gericht mitgeteilt, dass es seine Vorabentscheidungsersuchen aufrechterhalte.
Zu den Vorlagefragen
Mit seinen Vorlagefragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und f DSGVO dahin auszulegen ist, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die darin besteht, auf Anfrage eines Gesellschafters eines als Publikumspersonengesellschaft organisierten Investmentfonds Informationen über alle Gesellschafter, die durch Treuhandgesellschaften mittelbar an diesem Investmentfonds beteiligt sind, unabhängig vom Umfang ihrer Beteiligung am Kapital dieses Fonds weiterzugeben, damit mit ihnen Kontakt aufgenommen werden kann, um mit ihnen über den Abkauf ihrer Gesellschaftsanteile zu verhandeln oder um sich mit ihnen zur gemeinsamen Willensbildung im Rahmen von Gesellschafterbeschlüssen abzustimmen, im Sinne von Buchst. b als für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffenen Personen sind, oder im Sinne von Buchst. f zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten als erforderlich angesehen werden kann.
Die Vorabentscheidungsersuchen lassen erkennen, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob die Pflicht zur Weitergabe solcher Daten, die sich im deutschen Recht aus der Rechtsprechung der nationalen Gerichte ergibt, mit der DSGVO vereinbar ist. Daher sind die Vorlagefragen so umzuformulieren, dass sie sich auf die Auslegung von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c DSGVO erstrecken, und es ist davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht mit seinen Fragen auch wissen möchte, ob eine solche Weitergabe als zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, der der Verantwortliche unterliegt, erforderlich angesehen werden kann.
Zur Beantwortung dieser Fragen ist einleitend darauf hinzuweisen, dass das Ziel der DSGVO, wie aus ihrem Art. 1 sowie aus ihren Erwägungsgründen 1 und 10 hervorgeht, insbesondere darin besteht, ein hohes Niveau des Schutzes der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen – insbesondere ihres in Art. 8 Abs. 1 der Charta und in Art. 16 Abs. 1 AEUV verankerten Rechts auf Privatleben bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – zu gewährleisten (Urteil vom 7. März 2024, IAB Europe,C-604/22, EU:C:2024:214, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Im Einklang mit diesem Ziel muss jede Verarbeitung personenbezogener Daten u. a. mit den in Art. 5 DSGVO aufgestellten Grundsätzen der Verarbeitung solcher Daten im Einklang stehen und die in Art. 6 DSGVO aufgezählten Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen erfüllen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 2020, La Quadrature du Net u. a.,C-511/18, C-512/18 und C-520/18, EU:C:2020:791, Rn. 208, sowie vom 11. Juli 2024, Meta Platforms Ireland [Verbandsklage], C-757/22, EU:C:2024:598, Rn. 49).
Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO müssen personenbezogene Daten auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden.
Was insbesondere die Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung angeht, enthält, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DSGVO eine erschöpfende und abschließende Liste der Fälle, in denen eine Verarbeitung personenbezogener Daten als rechtmäßig angesehen werden kann. Daher muss eine Verarbeitung unter einen der in dieser Bestimmung vorgesehenen Fälle subsumierbar sein, um als rechtmäßig angesehen werden zu können (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 90).
In Anbetracht der Besonderheiten der Ausgangsverfahren ist außerdem festzustellen, dass Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 DSGVO an sich keine Verpflichtung aufstellt, sondern lediglich ausdrückt, dass in den dort aufgeführten Fällen eine Verarbeitung personenbezogener Daten vorgenommen werden darf (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Mai 2017, Rīgas satiksme,C-13/16, EU:C:2017:336, Rn. 26).
Nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a DSGVO ist die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn und soweit die betroffene Person ihre Einwilligung dazu für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben hat. Liegt keine solche Einwilligung vor oder wurde die Einwilligung nicht freiwillig für den bestimmten Fall, in informierter Weise und unmissverständlich im Sinne von Art. 4 Nr. 11 DSGVO gegeben, ist eine solche Verarbeitung gleichwohl gerechtfertigt, wenn sie aus einem der in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b bis f DSGVO genannten Gründe erforderlich ist.
In diesem Zusammenhang sind die in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b bis f DSGVO vorgesehenen Rechtfertigungsgründe eng auszulegen, da sie dazu führen können, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten trotz fehlender Einwilligung der betroffenen Person rechtmäßig ist (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 93 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Außerdem braucht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wenn festgestellt werden kann, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten aus einem der in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b bis f DSGVO vorgesehenen Gründe erforderlich ist, nicht geprüft zu werden, ob diese Verarbeitung auch unter einen anderen dieser Gründe fällt (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass nach Art. 5 DSGVO der Verantwortliche die Beweislast dafür trägt, dass die Daten u. a. für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben und auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben und in einer für die betroffene Person nachvollziehbaren Weise verarbeitet werden. Außerdem obliegt es nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung, wenn personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben werden, dem Verantwortlichen, diese Person über die Zwecke, für die diese Daten verarbeitet werden sollen, sowie über die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung zu informieren (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 95).
Vorliegend geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass die Gesellschafter, die über Treuhandgesellschaften mittelbar an den betreffenden Investmentfonds beteiligt sind, keine Einwilligung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. a DSGVO dazu gegeben haben, dass die Beklagten der Ausgangsverfahren die sie betreffenden personenbezogenen Daten an Dritte, insbesondere an HTB und an Ökorenta, weitergeben.
Unter diesen Umständen ist zur Beantwortung der gestellten Fragen zu prüfen, ob die Bestimmungen von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b und f DSGVO, auf die sich die Vorabentscheidungsersuchen speziell beziehen, herangezogen werden können, um die etwaige Weitergabe solcher Daten an diese Dritten zu rechtfertigen.
Als Erstes ist zu Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DSGVO festzustellen, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten danach rechtmäßig ist, wenn sie „für die Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich [ist], die auf Anfrage der betroffenen Person erfolgen“.
Damit eine Verarbeitung personenbezogener Daten als für die Erfüllung eines Vertrags erforderlich im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, muss sie, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, objektiv unerlässlich sein, um einen Zweck zu verwirklichen, der notwendiger Bestandteil der für die betroffene Person bestimmten Vertragsleistung ist. Der Verantwortliche muss somit nachweisen können, inwiefern der Hauptgegenstand des Vertrags ohne die betreffende Verarbeitung nicht erfüllt werden könnte (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 98).
Entscheidend für die Anwendung des in Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DSGVO genannten Rechtfertigungsgrundes ist nämlich, wie der Gerichtshof ebenfalls entschieden hat, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Verantwortlichen für die ordnungsgemäße Erfüllung des zwischen ihm und der betroffenen Person geschlossenen Vertrags wesentlich ist und dass daher keine praktikablen und weniger einschneidenden Alternativen bestehen (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 99).
Vorliegend geht aus den Vorlageentscheidungen hervor, dass die in den Ausgangsverfahren fraglichen Beteiligungs- und Treuhandverträge, auf deren Grundlage mittelbare Beteiligungen an den betreffenden Investmentfonds erworben wurden, es ausdrücklich verbieten, die Daten betreffend die mittelbaren Anleger anderen Anteilseignern mitzuteilen.
Das wesentliche Merkmal des Erwerbs einer mittelbaren Beteiligung an einer Publikumsfondsgesellschaft über eine Treuhandgesellschaft besteht gerade in der Anonymität der Gesellschafter, auch im Verhältnis der Gesellschafter untereinander. Mit anderen Worten entscheiden sich die betreffenden Personen unter Berücksichtigung der vertraulichen Behandlung ihrer Daten durch den Investmentfonds für eine Kapitalanlage in einen solchen Fonds in Form einer Beteiligung, die über eine treuhänderische Beteiligungsgesellschaft gehalten wird.
Vorbehaltlich einer Überprüfung durch das vorlegende Gericht ist daher eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die in der Weitergabe von Informationen in Bezug auf Gesellschafter besteht, die über eine Treuhandgesellschaft mittelbar an einer Publikumsfondsgesellschaft beteiligt sind, nicht als im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DSGVO „für die Erfüllung eines Vertrags … erforderlich“ anzusehen, wenn der Vertrag, der dem Erwerb einer solchen Beteiligung zugrunde liegt, die Weitergabe dieser Daten an Mitanteilseigner ausdrücklich ausschließt.
Als Zweites ist zu Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO festzustellen, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten danach rechtmäßig ist, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz dieser Daten erfordern, überwiegen.
Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nach dieser Bestimmung unter drei kumulativen Voraussetzungen rechtmäßig: Erstens muss von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von einem Dritten ein berechtigtes Interesse wahrgenommen werden, zweitens muss die Verarbeitung der personenbezogenen Daten zur Verwirklichung des berechtigten Interesses erforderlich sein und drittens dürfen die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der Person, deren Daten geschützt werden sollen, nicht überwiegen (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 106 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Was erstens die Voraussetzung der Wahrnehmung eines „berechtigten Interesses“ betrifft, ist in Ermangelung einer Definition dieses Begriffs durch die DSGVO festzustellen, dass, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, ein breites Spektrum von Interessen grundsätzlich als berechtigt gelten kann (Urteil vom 7. Dezember 2023, SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C-26/22 und C-64/22, EU:C:2023:958, Rn. 76).
Was zweitens die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten zur Verwirklichung des wahrgenommenen berechtigten Interesses angeht, so verlangt diese vom vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob das berechtigte Interesse an der Verarbeitung der Daten nicht in zumutbarer Weise ebenso wirksam mit anderen Mitteln erreicht werden kann, die weniger stark in die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen, insbesondere die durch die Art. 7 und 8 der Charta garantierten Rechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten, eingreifen (Urteil vom 7. Dezember 2023, SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C-26/22 und C-64/22, EU:C:2023:958, Rn. 77 und die dort angeführte Rechtsprechung).
In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Datenverarbeitung gemeinsam mit dem sogenannten Grundsatz der „Datenminimierung“ zu prüfen ist, der in Art. 5 Abs. 1 Buchst. c DSGVO verankert ist und verlangt, dass personenbezogene Daten „dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt“ sind (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Was schließlich drittens die Voraussetzung betrifft, dass die Interessen oder Grundfreiheiten und Grundrechte der Person, deren Daten geschützt werden sollen, gegenüber dem berechtigten Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten nicht überwiegen, so hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass diese Voraussetzung eine Abwägung der jeweiligen einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen gebietet, die grundsätzlich von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt, und dass es daher Sache des vorlegenden Gerichts ist, diese Abwägung unter Berücksichtigung dieser spezifischen Umstände vorzunehmen (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Außerdem können nach dem 47. Erwägungsgrund der DSGVO die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das Interesse des Verantwortlichen insbesondere dann überwiegen, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer solchen Verarbeitung rechnet (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 112).
Letztlich ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten, um die es in den Ausgangsverfahren geht, die drei in Rn. 49 des vorliegenden Urteils genannten Voraussetzungen erfüllt sind; der Gerichtshof kann dem nationalen Gericht auf dessen Vorabentscheidungsersuchen hin jedoch sachdienliche Hinweise für diese Prüfung geben (Urteile vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 96, und vom 7. Dezember 2023, SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C-26/22 und C-64/22, EU:C:2023:958, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Was vorliegend erstens die Voraussetzung angeht, dass der Verantwortliche oder ein Dritter ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO wahrnimmt, verweist das vorlegende Gericht auf das Interesse eines Dritten, nämlich das Interesse eines Gesellschafters, der an einem als Publikums-Kommanditgesellschaft organisierten Investmentfonds mittelbar beteiligt ist, personenbezogene Daten über andere mittelbare Gesellschafter dieser Gesellschaft zu erhalten, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen, um mit ihnen über den Abkauf ihrer Gesellschaftsanteile zu verhandeln oder um sich mit ihnen zur gemeinsamen Willensbildung im Rahmen von Gesellschafterbeschlüssen abzustimmen.
Es ist festzustellen, dass ein solches Interesse grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an der Offenlegung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO darstellen kann, insbesondere unter Berücksichtigung des Status einer solchen Gesellschaft, wie er sich aus dem nationalen Recht des betreffenden Mitgliedstaats ergibt, und unabhängig von der Höhe der Beteiligung an der und der Befugnisse innerhalb der Gesellschaft, über die der Gesellschafter, der um die Offenlegung ersucht hat, verfügt. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, das Bestehen eines solchen Interesses im Einzelfall unter Berücksichtigung des anwendbaren Rechtsrahmens und aller Umstände der Rechtssache zu beurteilen.
Sollte ein solches berechtigtes Interesse bestehen, müsste der Verantwortliche zudem allen anderen ihm obliegenden Pflichten aus der DSGVO nachkommen, damit die Wahrnehmung dieses Interesses eine Verarbeitung personenbezogener Daten gemäß Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO gestatten kann.
Was zweitens die Voraussetzung der Erforderlichkeit dieser Verarbeitung zur Verwirklichung des betreffenden Interesses angeht und insbesondere das Vorliegen von Mitteln, die ebenso geeignet sind und weniger stark in die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen eingreifen, ist festzustellen, dass es dem Gesellschafter eines Investmentfonds, der Informationen über einen anderen, an diesem Fonds über eine Treuhandgesellschaft mittelbar beteiligten Anteilseigner erhalten möchte, insbesondere möglich wäre, diesen Fonds oder diese Gesellschaft unmittelbar aufzufordern, seine Anfrage an den betreffenden Gesellschafter weiterzuleiten, um ihn kennenzulernen oder sich mit ihm auszutauschen. Dieser könnte dann frei entscheiden, ob er mit dem Gesellschafter, der die Anfrage gestellt hat, Kontakt aufnehmen möchte oder ob er es vorzieht, einer solchen Anfrage nicht nachzukommen und anonym zu bleiben. Eine solche Lösung könnte auch in dem Fall angewandt werden, in dem der anfragende Gesellschafter mit einem anderen Gesellschafter Verhandlungen über den Kauf von dessen Anteilen aufnehmen oder sich mit ihm zur gemeinsamen Willensbildung im Rahmen von Gesellschafterbeschlüssen abstimmen möchte.
Diese Lösung würde es im Übrigen dem von dem Auskunftsersuchen betroffenen Gesellschafter ermöglichen, im Einklang mit dem in Rn. 52 des vorliegenden Urteils genannten Grundsatz der Datenminimierung die Kontrolle über die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten zu behalten und so ihre Weitergabe an einen anderen Gesellschafter auf das zu beschränken, was für die Zwecke, zu denen diese Daten angefordert und verarbeitet werden, tatsächlich erforderlich und relevant ist.
Es ist daher nicht auszuschließen, dass ein Verfahren wie das in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils beschriebene als Maßnahme angesehen werden kann, die einen geringeren Eingriff in das Recht der betroffenen Person auf Schutz der Vertraulichkeit ihrer personenbezogenen Daten darstellt und es dem Verantwortlichen dabei erlaubt, das berechtigte Interesse des betroffenen Dritten ebenso wirksam wahrzunehmen; dies zu prüfen ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts.
Drittens muss das vorlegende Gericht bei der Abwägung der Interessen, die es im Hinblick auf die besonderen Umstände des Einzelfalls vorzunehmen hat, insbesondere die vernünftigen Erwartungen der betroffenen Person sowie den Umfang der fraglichen Verarbeitung und deren Auswirkungen auf diese Person berücksichtigen (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 116).
Daraus folgt, dass im Rahmen einer solchen Abwägung zum einen grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Weitergabe der personenbezogenen Daten der – auch mittelbaren – Gesellschafter einer Personengesellschaft an Mitgesellschafter gegebenenfalls den wirtschaftlichen Interessen jedes einzelnen von ihnen und damit auch den Interessen der mittelbaren Gesellschafter, zu deren persönlichen Daten ein anderer Gesellschafter Zugang begehrt, dienen kann.
Zum anderen kann aber auch nicht ausgeschlossen werden, dass das Interesse der mittelbar an einem Investmentfonds beteiligten Gesellschafter daran, dass ihre personenbezogenen Daten vertraulich bleiben, Vorrang vor dem Interesse der Mitgesellschafter, die ihre Kontaktdaten erhalten möchten, haben kann. Unter diesem Aspekt ist dem Umstand besondere Bedeutung beizumessen, dass es insbesondere in Anbetracht der in Rn. 45 des vorliegenden Urteils genannten Vertragsbestimmungen wahrscheinlich ist, dass die mittelbaren Gesellschafter eines solchen Investmentfonds zum Zeitpunkt der Erhebung ihrer personenbezogenen Daten vernünftigerweise nicht erwarten konnten, dass diese an Dritte, vorliegend an andere mittelbare Gesellschafter dieses Investmentfonds, weitergegeben werden.
Nach den gesamten vorstehenden Erwägungen und vorbehaltlich der Beurteilung durch das vorlegende Gericht erscheint es zweifelhaft, ob eine Verarbeitung personenbezogener Daten wie die Weitergabe der von den Klägerinnen der Ausgangsverfahren begehrten Informationen mit einem berechtigten Interesse im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO gerechtfertigt werden kann.
Was als Drittes Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c DSGVO betrifft, so ist nach dieser Bestimmung die Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche unterliegt.
Art. 6 Abs. 3 DSGVO bestimmt insoweit u. a., dass die Verarbeitung auf dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt, beruhen muss und dass die betreffende Rechtsgrundlage ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten legitimen Zweck stehen muss (Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 128).
Wenn, wie im 41. Erwägungsgrund der DSGVO ausgeführt wird, in dieser Verordnung auf eine Rechtsgrundlage oder eine Gesetzgebungsmaßnahme Bezug genommen wird, erfordert dies im Übrigen nicht notwendigerweise einen von einem Parlament angenommenen Gesetzgebungsakt; davon unberührt bleiben Anforderungen gemäß der Verfassungsordnung des betreffenden Mitgliedstaats. Die entsprechende Rechtsgrundlage oder Gesetzgebungsmaßnahme sollte jedoch klar und präzise sein und ihre Anwendung sollte für die Rechtsunterworfenen gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorhersehbar sein.
Vorliegend sieht zum einen das Unionsrecht keine Verpflichtung für Investmentfonds oder Treuhandgesellschaften wie die in den Ausgangsverfahren vor, personenbezogene Daten der Gesellschafter, die mittelbar an diesen Fonds beteiligt sind, offenzulegen.
Zum anderen ergibt sich aus den Vorabentscheidungsersuchen, dass eine solche Verpflichtung vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht insoweit vorzunehmenden Prüfungen gleichwohl der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Oberlandesgerichts München entnommen werden könnte. Nach dieser Rechtsprechung seien Vertragsbestimmungen, die die Vertraulichkeit der Kontaktdaten der mittelbaren Gesellschafter einer Publikumspersonengesellschaft gewährleisteten, wie die im Ausgangsverfahren fraglichen, als nichtig anzusehen, so dass die personenbezogenen Daten der Gesellschafter, die an einem als Publikums-Kommanditgesellschaft organisierten Investmentfonds mittelbar beteiligt seien, offengelegt werden müssten.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach den Ausführungen in Rn. 68 des vorliegenden Urteils nicht ausgeschlossen werden kann, dass „das Recht der Mitgliedstaaten, dem der Verantwortliche unterliegt“, im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Buchst. b DSGVO auch die nationale Rechtsprechung umfasst.
Wie sich aus dem 41. Erwägungsgrund der DSGVO ergibt, muss eine solche Rechtsprechung jedoch klar und präzise und ihre Anwendung für die Rechtsunterworfenen gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs vorhersehbar sein.
Des Weiteren muss diese Rechtsprechung gemäß der in Rn. 67 des vorliegenden Urteils wiedergegebenen Rechtsprechung zudem eine Rechtsgrundlage darstellen, die ein im öffentlichen Interesses liegendes Ziel verfolgt und zu diesem in einem angemessenen Verhältnis steht, und die betreffende Verarbeitung muss in den Grenzen des absolut Notwendigen erfolgen; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2023, Meta Platforms u. a. [Allgemeine Nutzungsbedingungen eines sozialen Netzwerks], C-252/21, EU:C:2023:537, Rn. 134 und 138).
Es wird daher Aufgabe dieses Gerichts sein, insbesondere festzustellen, ob es nicht Maßnahmen gibt, die es ermöglichen, die Transparenz unter den Gesellschaftern von Personengesellschaften, wie sie sich entsprechend den Ausführungen in den Rn. 18 bis 22 des vorliegenden Urteils aus dem deutschen Recht zu ergeben scheint, zu gewährleisten, und dabei den Schutz der vertraulichen personenbezogenen Daten der mittelbaren Gesellschafter von Publikumspersonengesellschaften weniger beeinträchtigen als die Pflicht, diese Daten an jeden anderen Gesellschafter weiterzugeben, der darum ersucht.
Nach alledem ist auf die gestellten Fragen zu antworten, dass Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b DSGVO dahin auszulegen ist, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die darin besteht, auf Anfrage eines Gesellschafters eines als Publikumspersonengesellschaft organisierten Investmentfonds Informationen über alle Gesellschafter, die durch Treuhandgesellschaften an diesem Investmentfonds mittelbar beteiligt sind, unabhängig vom Umfang ihrer Beteiligung am Kapital dieses Fonds weiterzugeben, damit mit ihnen Kontakt aufgenommen werden kann, um mit ihnen über den Abkauf ihrer Gesellschaftsanteile zu verhandeln oder um sich mit ihnen zur gemeinsamen Willensbildung im Rahmen von Gesellschafterbeschlüssen abzustimmen, nur dann im Sinne dieser Bestimmung als für die Erfüllung des Vertrags, auf dessen Grundlage diese Gesellschafter solche Beteiligungen erworben haben, erforderlich angesehen werden kann, wenn diese Verarbeitung objektiv unerlässlich ist, um einen Zweck zu verwirklichen, der notwendiger Bestandteil der für dieselben Gesellschafter bestimmten Vertragsleistung ist, so dass der Hauptgegenstand des Vertrags ohne diese Verarbeitung nicht erfüllt werden könnte. Dies ist nicht der Fall, wenn dieser Vertrag die Weitergabe dieser personenbezogenen Daten an andere Anteilseigner ausdrücklich ausschließt.
Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO ist dahin auszulegen, dass eine solche Verarbeitung nur dann als zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, wenn sie zur Verwirklichung eines solchen berechtigten Interesses absolut notwendig ist und unter Würdigung aller relevanten Umstände die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betreffenden Gesellschafter gegenüber diesem berechtigten Interesse nicht überwiegen.
Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c DSGVO ist dahin auszulegen, dass die betreffende Verarbeitung personenbezogener Daten nach dieser Bestimmung gerechtfertigt ist, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche gemäß dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats unterliegt, wie es durch die Rechtsprechung dieses Mitgliedstaats präzisiert wurde, sofern diese Rechtsprechung klar und präzise ist, ihre Anwendung für die Rechtsunterworfenen vorhersehbar ist und sie ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt, zu dem sie in einem angemessenen Verhältnis steht.
Kosten
Für die Beteiligten der Ausgangsverfahren ist das Verfahren Teil der beim vorlegenden Gericht anhängigen Verfahren; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Gründe
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)
ist dahin auszulegen, dass
eine Verarbeitung personenbezogener Daten, die darin besteht, auf Anfrage eines Gesellschafters eines als Publikumspersonengesellschaft organisierten Investmentfonds Informationen über alle Gesellschafter, die durch Treuhandgesellschaften an diesem Investmentfonds mittelbar beteiligt sind, unabhängig vom Umfang ihrer Beteiligung am Kapital dieses Fonds weiterzugeben, damit mit ihnen Kontakt aufgenommen werden kann, um mit ihnen über den Abkauf ihrer Gesellschaftsanteile zu verhandeln oder um sich mit ihnen zur gemeinsamen Willensbildung im Rahmen von Gesellschafterbeschlüssen abzustimmen, nur dann im Sinne dieser Bestimmung als für die Erfüllung des Vertrags, auf dessen Grundlage diese Gesellschafter solche Beteiligungen erworben haben, erforderlich angesehen werden kann, wenn diese Verarbeitung objektiv unerlässlich ist, um einen Zweck zu verwirklichen, der notwendiger Bestandteil der für dieselben Gesellschafter bestimmten Vertragsleistung ist, so dass der Hauptgegenstand des Vertrags ohne diese Verarbeitung nicht erfüllt werden könnte. Dies ist nicht der Fall, wenn dieser Vertrag die Weitergabe dieser personenbezogenen Daten an andere Anteilseigner ausdrücklich ausschließt.
Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f der Verordnung 2016/679
ist dahin auszulegen, dass
eine solche Verarbeitung nur dann als zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, wenn sie zur Verwirklichung eines solchen berechtigten Interesses absolut notwendig ist und unter Würdigung aller relevanten Umstände die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betreffenden Gesellschafter gegenüber diesem berechtigten Interesse nicht überwiegen.
Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. c der Verordnung 2016/679
ist dahin auszulegen, dass
die betreffende Verarbeitung personenbezogener Daten nach dieser Bestimmung gerechtfertigt ist, wenn sie zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich ist, der der Verantwortliche gemäß dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats unterliegt, wie es durch die Rechtsprechung dieses Mitgliedstaats präzisiert wurde, sofern diese Rechtsprechung klar und präzise ist, ihre Anwendung für die Rechtsunterworfenen vorhersehbar ist und sie ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt, zu dem sie in einem angemessenen Verhältnis steht.
Lycourgos
Spineanu-Matei
Bonichot
Rodin
Rossi
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 12. September 2024.
Der Kanzler
A. Calot Escobar
Der Kammerpräsident
C. Lycourgos
( *1)Verfahrenssprache: Deutsch.
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