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BAG 12.12.2018 - 5 AZR 124/18
BAG 12.12.2018 - 5 AZR 124/18 - Umkleidezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit (MTV der Chemischen Industrie)
Normen
§ 307 Abs 1 S 2 BGB, § 611a Abs 2 BGB, § 1 Abs 1 MiLoG, § 3 S 1 MiLoG, § 20 MiLoG, § 111 BetrVG, § 112 Abs 1 S 2 BetrVG, § 112 Abs 1 S 3 BetrVG
Vorinstanz
vorgehend ArbG Mönchengladbach, 17. März 2017, Az: 4 Ca 2891/16, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 10. Januar 2018, Az: 4 Sa 449/17, Urteil
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 10. Januar 2018 - 4 Sa 449/17 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die Vergütung von Umkleidezeiten.
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Der Kläger ist seit dem Jahr 2005 als Schichtführer in den Produktionsanlagen der Beklagten, die ein Chemieunternehmen betreibt, beschäftigt. Kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung findet der vom Bundesarbeitgeberverband Chemie und der Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie und Energie abgeschlossene Manteltarifvertrag (MTV) in der jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug zuletzt 5.600,00 Euro im Rahmen einer 37,5 Stundenwoche. Zusätzlich geleistete Arbeitszeiten der Schichtarbeiter führen zu Gutschriften auf einem Arbeitszeitkonto. Die Gutschriften werden vergütet, wenn am Jahresende ein positiver Saldo verbleibt.
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Die Beklagte hat mit dem Betriebsrat am 18. Dezember 2014 eine Betriebsvereinbarung über Arbeitszeit (BV Arbeitszeit) abgeschlossen, die unter Ziff. 4.2 ua. regelt, dass die Mitarbeiter während der gesamten Schichtzeit persönliche Schutzausrüstung, bestehend aus flammenhemmender Schutzkleidung (Hose/Jacke) und Sicherheitsschuhen tragen müssen. Die Kleidung ist in dunkelblau mit Lichtreflektorstreifen gehalten; die Jacke weist einen gelben Bruststreifen und das Firmenlogo der Beklagten auf. Die Beklagte stellt auf dem Betriebsgelände Umkleidekabinen zur Verfügung. Umkleidezeiten im Betrieb werden weder vergütet noch auf dem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben.
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Der MTV vom 24. Juni 1992 idF vom 2. Februar 2016 und idF vom 17. Mai 2017, die am 1. Juni 2017 in Kraft getreten ist, regelt in beiden Fassungen übereinstimmend ua.:
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„§ 2
Regelmäßige Arbeitszeit
I.
Dauer und Verteilung der Arbeitszeit
…
§ 3
…
I.
Mehrarbeit
Mehrarbeit ist die über die tarifliche wöchentliche oder über die in diesem Rahmen betrieblich festgelegte regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit ausschließlich der Pausen, soweit sie angeordnet war. …
Geleistete Mehrarbeit ist durch Freizeit auszugleichen. …
Bei notwendiger Mehrarbeit für einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen, für die ein Zeitausgleich aus betrieblichen oder arbeitsorganisatorischen Gründen nicht oder schwierig durchzuführen ist, kann der Arbeitgeber die geleisteten Mehrarbeitsstunden zuschlagspflichtig abgelten.
…
§ 6
Waschzeit und Umkleidezeit
1.
Ist infolge besonders starker Verschmutzung oder aus gesundheitlichen Gründen eine sorgfältige Reinigung erforderlich, so wird täglich eine bezahlte Waschzeit gewährt. Welche Gruppen der Arbeitnehmer darauf Anspruch haben, wie die Dauer der Waschzeit zu bemessen ist und in welche Zeit sie zu legen ist, wird durch Betriebsvereinbarung geregelt.
2.
Ist bei der Arbeit das Tragen einer bestimmten Berufskleidung und deshalb das Umkleiden im Betrieb durch den Arbeitgeber angeordnet, wird durch eine Betriebsvereinbarung unter Berücksichtigung der jeweiligen betrieblichen Üblichkeit geregelt, ob und gegebenenfalls wie ein Ausgleich für die hierfür erforderliche Zeit erfolgt.“
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Die Regelung zu Umkleidezeiten wurde von den Tarifvertragsparteien am 17. Oktober 2013 neu in den MTV eingefügt. Im Betrieb der Beklagten ist keine Betriebsvereinbarung zur Regelung eines Ausgleichs für Umkleidezeiten abgeschlossen.
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Der Kläger hat gemeint, das Umkleiden sei vergütungspflichtig und daher die hierfür aufgewandte Zeit dem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Es sei ihm unzumutbar, die Schutzkleidung mit nach Hause zu nehmen und damit den täglichen Arbeitsweg anzutreten. Die Regelung des § 6 Ziff. 2 MTV stelle das „Ob“ der Vergütungspflicht nicht in das Ermessen der Betriebsparteien.
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Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - beantragt
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ab dem Monat August 2016 die tägliche Umkleidezeit in Höhe einer Dauer von zweimal arbeitstäglich zehn Minuten, hilfsweise in Höhe der vom Gericht geschätzten Dauer, für das An- und Ablegen der Schutzausrüstung, bestehend aus flammenhemmender Schutzkleidung (Hose/Jacke) und Sicherheitsschuhen, dem Arbeitszeitkonto des Klägers als Arbeitszeit gutzuschreiben.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat gemeint, aus dem MTV folge, dass Umkleidezeiten nicht vergütungspflichtig seien. Eine Vergütung sei durch Betriebsvereinbarung zu regeln.
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Mit seiner Klage hat der Kläger zunächst Vergütung für Umkleidezeiten für die Zeit von Januar 2013 bis Oktober 2016 gefordert und zudem die Feststellung begehrt, dass diese Zeiten vergütungspflichtig sind. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat der Kläger den Zahlungsantrag zurückgenommen und - soweit für die Revision noch von Belang - die im Antrag wiedergegebene Feststellung begehrt. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Feststellungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Berufung des Klägers gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Es besteht kein Anspruch auf Zeitgutschrift für Umkleidezeiten. Zwar handelt es sich hierbei grundsätzlich um vergütungspflichtige Arbeitszeit, jedoch beinhaltet § 6 Ziff. 2 MTV eine gesonderte Vergütungsregelung. Da bei der Beklagten keine Betriebsvereinbarung besteht, die einen Ausgleich für die erforderliche Umkleidezeit regelt, hat der Kläger keinen Anspruch auf Vergütung dieser Zeiten und daher auch keinen Anspruch auf Zeitgutschrift.
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I. Die Feststellungsklage ist zulässig.
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1. Dahinstehen kann, ob im Übergang von der Leistungs- auf die Feststellungsklage eine Klageänderung in der Berufung liegt. Das Landesarbeitsgericht hat über den Streitgegenstand sachlich entschieden und damit die Voraussetzungen einer Klageänderung in der Berufungsinstanz nach § 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG stillschweigend bejaht. Die Zulässigkeit der Klageänderung ist in der Revisionsinstanz in entsprechender Anwendung von § 268 ZPO nicht mehr zu prüfen (BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 24, BAGE 152, 1). Gleiches gilt, soweit darin eine Klageerweiterung zu sehen wäre. Die Entscheidung des Berufungsgerichts, eine Klageerweiterung liege nicht vor, wird durch § 268 ZPO für unabänderlich erklärt, damit nicht der Sachentscheidung die Grundlage entzogen werden kann (Zöller/Greger ZPO 32. Aufl. § 268 Rn. 1).
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2. Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt. Nach dieser Bestimmung kann Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt wird. Die Feststellungsklage kann sich - wie hier - auf einzelne Bedingungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis, auf bestimmte Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken, sog. Elementenfeststellungsklage (st. Rspr., vgl. nur BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 13). Das als Sachurteilsvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen auch noch in der Revisionsinstanz zu prüfende besondere Feststellungsinteresse (BAG 25. März 2015 - 5 AZR 874/12 - Rn. 14 mwN) ist gegeben, weil durch die richterliche Entscheidung der Streit der Parteien darüber, ob Umkleidezeiten als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu bewerten sind, insgesamt beseitigt und ihr Rechtsverhältnis insoweit für die Zukunft abschließend geklärt werden kann (vgl. BAG 23. Mai 2018 - 5 AZR 303/17 - Rn. 9).
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3. Der Feststellungsantrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Antrag bezieht sich auf eine Zeitgutschrift auf dem von der Beklagten für den Kläger unstreitig geführten Arbeitszeitkonto. Unter Berücksichtigung der Darstellung des Arbeitszeitkontos in Ziff. 5.3.4 BV Arbeitszeit, die die Begriffe Zeitguthaben und Zeitschulden verwendet, verlangt der Kläger die Gutschrift von Arbeitszeit, mithin klar erkennbar in der Spalte des Arbeitszeitkontos, in der Zeitguthaben fortlaufend zu erfassen sind. Der Feststellungsantrag ist zukunftsbezogen, so dass die begehrte Gutschrift noch erfolgen kann (vgl. BAG 6. Dezember 2017 - 5 AZR 118/17 - Rn. 18, BAGE 161, 132).
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II. Der Antrag auf Feststellung der Pflicht zur Gutschrift von Umkleidezeiten auf dem Arbeitszeitkonto ist unbegründet. Zwar sind die Umkleidezeiten als Arbeitszeit grundsätzlich nach § 611 Abs. 1 BGB bzw. seit dem 1. April 2017 nach § 611a Abs. 2 BGB vergütungspflichtig, womit an sich eine Zeitgutschrift zu erfolgen hätte, jedoch besteht aufgrund der Tarifregelung des § 6 Ziff. 2 MTV im Streitfall keine Vergütungspflicht.
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1. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht von der grundsätzlich bestehenden Vergütungspflicht der Umkleidezeiten ausgegangen, denn bei den vom Kläger benötigten Zeiten zum An- und Ablegen der persönlichen Schutzausrüstung im Betrieb handelt es sich um vergütungspflichtige Arbeitszeit nach § 611 Abs. 1 BGB bzw. § 611a Abs. 2 BGB(vgl. zu den Grundsätzen der Bewertung von Umkleidezeit als vergütungspflichtige Arbeitszeit zuletzt BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 22 bis 24 mwN).
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Die für das An- und Ablegen der persönlichen Schutzausrüstung, bestehend aus flammenhemmender Schutzkleidung (Hose/Jacke) und Sicherheitsschuhen, im Betrieb benötigte Zeit ist als vergütungspflichtige Arbeitszeit zu bewerten. Die bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer sind zum Tragen der Schutzausrüstung während der gesamten Schichtzeit nach Ziff. 4.2 Satz 4 BV Arbeitszeit verpflichtet. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts handelt es sich um besonders auffällige Schutzkleidung, wobei dies auch die Sicherheitsschuhe umfasst. Diese Feststellungen sind von der Beklagten nicht mit einer Gegenrüge angegriffen worden und deshalb für den Senat bindend (§ 559 Abs. 2 ZPO). Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht auch davon aus, dass es einer ausdrücklichen Anordnung der Beklagten zum Umkleiden im Betrieb nicht bedarf, um die grundsätzliche Vergütungspflicht auszulösen. Denn eine ausschließlich fremdnützige Tätigkeit liegt auch vor, wenn - wie im Streitfall - der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber dafür eingerichteten Umkleidemöglichkeiten für das von diesem angewiesene Anlegen seiner besonders auffälligen Dienstkleidung nutzt und sich anschließend zu seinem Arbeitsplatz begibt (vgl. BAG 6. September 2017 - 5 AZR 382/16 - Rn. 21, BAGE 160, 167).
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2. Die Vergütung der Umkleidezeiten ist im Streitfall jedoch aufgrund tarifvertraglicher Regelung ausgeschlossen.
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a) Mit der Einordnung der Umkleidezeiten als Teil der iSv. § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Dienste“ bzw. der nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB zu leistenden Arbeit ist noch nicht geklärt, wie diese Zeiten zu vergüten sind. Durch Arbeits- oder Tarifvertrag kann eine gesonderte Vergütungsregelung für eine andere als die eigentliche Tätigkeit und damit auch für Umkleidezeiten getroffen werden (BAG 25. April 2018 - 5 AZR 245/17 - Rn. 31 mwN).
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b) Der Arbeitsvertrag schließt die Vergütung der Umkleidezeiten nicht aus. Die Vergütungspflicht für Umkleidezeiten ist aber aufgrund der Regelung des § 6 Ziff. 2 MTV ausgeschlossen.
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aa) Der MTV findet auf das Arbeitsverhältnis des Klägers kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Die in § 12 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags enthaltene dynamische Verweisung auf die Bestimmungen des MTV in der jeweils geltenden Fassung ist wirksam. Die Bezugnahmeklausel ist ausreichend transparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, weil die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung einbezogenen Regelungen bestimmbar sind (vgl. BAG 14. November 2012 - 5 AZR 107/11 - Rn. 23).
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bb) Nach § 6 Ziff. 2 MTV besteht nur dann die Pflicht des Arbeitgebers zur Vergütung der Umkleidezeiten, wenn eine Betriebsvereinbarung eine Entgeltzahlungspflicht vorsieht. Der MTV schließt damit grundsätzlich eine Pflicht zur Vergütung von Umkleidezeiten aus, eröffnet jedoch den Betriebsparteien die Möglichkeit, eine solche zu regeln. Das folgt aus der Auslegung des Tarifvertrags (zu den nach st. Rspr. anzuwendenden allgemeinen Auslegungsgrundsätzen, vgl. BAG 26. Oktober 2016 - 5 AZR 226/16 - Rn. 25 mwN). Eine Betriebsvereinbarung, die einen Ausgleich der für das Umkleiden erforderlichen Zeiten regelt, besteht im Betrieb der Beklagten indes nicht.
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(1) Der Wortlaut der Tarifregelung eröffnet einen Gestaltungsspielraum für die Betriebsparteien hinsichtlich des „Ob“ und des „Wie“ eines Ausgleichs für die Zeit des Umkleidens im Betrieb. Der den Betriebsparteien überlassene Regelungsspielraum erstreckt sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht nur auf die Ausgestaltung, sondern auch auf die vorgelagerte Entscheidung darüber, einen Ausgleich überhaupt zu regeln. Hierauf deutet zunächst die Konjunktion „ob“ hin, mit der im Textzusammenhang des § 6 Ziff. 2 MTV etwas Positives, also die Möglichkeit einer Entscheidung, „ob überhaupt“ etwas zu vergüten ist, verbunden ist. Nach der Entscheidung der Betriebsparteien, „ob“ es einen Ausgleich gibt, können diese gemäß § 6 Ziff. 2 MTV weiterhin regeln, „wie“ ein solcher „gegebenenfalls“ inhaltlich ausgestaltet wird. Die Verwendung des Begriffs „Ausgleich“ spricht dabei nicht gegen eine Bewertung der Umkleidezeiten als Arbeitszeit, denn der Ausgleich geleisteter Arbeitszeit muss nicht notwendig durch Zahlung einer Vergütung, sondern kann auch durch Freizeitgewährung erfolgen (vgl. § 3 Abs. I MTV).
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(2) Die Systematik des MTV bestätigt das Ergebnis der Wortlautauslegung.
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(a) § 2 MTV enthält Regelungen zu Dauer und Verteilung der tariflichen Arbeitszeit. Diese Tarifbestimmung ist allerdings für die Beantwortung der Frage, ob der MTV den Anspruch auf Vergütung der Umkleidezeiten grundsätzlich ausschließt und nur den Abschluss entsprechender Betriebsvereinbarungen zulässt, nicht ergiebig. § 2 MTV lässt sich weder eine Bewertung von Umkleidezeiten als tarifliche Arbeitszeit und eine damit einhergehende Vergütungspflicht noch ein Ausschluss der Einordnung von Umkleidezeiten als tarifliche Arbeitszeit entnehmen.
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(b) Der systematische Zusammenhang der tariflich geregelten Vergütung der Waschzeiten in § 6 Ziff. 1 MTV mit der in § 6 Ziff. 2 MTV behandelten Umkleidezeit macht jedoch hinreichend deutlich, dass die Tarifvertragsparteien in § 6 Ziff. 2 MTV einen Anspruch auf Vergütung dieser Zeiten nur dann gewähren wollen, wenn die Betriebsparteien das in einer Betriebsvereinbarung vorsehen. In § 6 Ziff. 1 MTV haben die Tarifvertragsparteien das „Ob“ des Ausgleichs für Waschzeiten verbindlich bestimmt und vorgesehen, dass diese zu bezahlen sind. Durch Betriebsvereinbarung kann nach § 6 Ziff. 1 Satz 2 MTV nur noch geregelt werden, welche Gruppen der Arbeitnehmer Anspruch auf eine bezahlte Waschzeit haben, wie die Dauer der Waschzeit zu bemessen ist und in welche Zeit sie zu legen ist. In Ziff. 2 des § 6 MTV fehlt demgegenüber eine ausdrückliche Regelung zur Vergütungspflicht der Umkleidezeit. Stattdessen ist dort bestimmt, dass durch eine Betriebsvereinbarung unter Berücksichtigung der jeweiligen betrieblichen Üblichkeit geregelt wird, ob und ggf. wie ein Ausgleich für die hierfür erforderliche Zeit erfolgt. Wenn ein Tarifvertrag in derselben Tarifnorm in zwei Absätzen vergleichbar regelungsbedürftige Angelegenheiten so normiert, dass er in der einen Angelegenheit selbst eine Vergütungspflicht ausdrücklich vorsieht und nur die nähere Ausgestaltung den Betriebsparteien überlässt, in der anderen Angelegenheit hingegen ausdrücklich auch das „Ob“ des Anspruchs der Regelungsmacht der Betriebsparteien überantwortet, spricht dies mit hinreichender Klarheit dafür, dass die Tarifvertragsparteien damit zugleich bestimmt haben, dass es nur unter dieser weiteren Voraussetzung einen Vergütungsanspruch geben soll. Andernfalls soll diese Angelegenheit nicht vergütungspflichtig sein. Nur bei diesem Verständnis haben die Tarifvertragsparteien diese Angelegenheit abschließend geregelt.
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(3) Dem entsprechen die Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck des § 6 Ziff. 2 MTV. Anlass für die Aufnahme der Regelung in den Tarifvertrag war offenkundig das Urteil des Senats vom 19. September 2012 (- 5 AZR 678/11 - BAGE 143, 107), mit dem - in Abkehr von der bis dahin geltenden Rechtsprechung - eine Vergütungspflicht für Umkleidezeiten als fremdnützige Tätigkeit angenommen wurde. In § 6 MTV idF vom 16. April 2008 fand sich lediglich die Regelung zur „Waschzeit“. Mit Tarifvertrag vom 17. Oktober 2013 haben die Tarifvertragsparteien diese Tarifnorm um die in Ziff. 2 aufgenommene Bestimmung zur Umkleidezeit ergänzt. Vor diesem entstehungsgeschichtlichen Hintergrund macht die Regelung des § 6 Ziff. 2 MTV nur Sinn, wenn damit - entgegen der neueren Rechtsprechung - der sonst aus § 611 Abs. 1 BGB bzw. nunmehr aus § 611a Abs. 2 BGB folgende Vergütungsanspruch grundsätzlich abbedungen und das „Ob“ des Anspruchs in die Hände der Betriebsparteien gelegt worden ist. Andernfalls hätte es genügt, wie in Ziff. 1 des § 6 MTV, nur die nähere Ausgestaltung des Anspruchs, also das „Wie“, der Regelungsmacht der Betriebsparteien zu übertragen.
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(4) Ein solches Tarifverständnis ist praktikabel und wird der Rechtsstellung der Betriebsparteien gerecht, weil diese nur dann sinnvoll ausfüllungsfähige Regelungsspielräume erhalten. Die Auffassung der Revision, wonach im Anwendungsbereich des MTV auch ohne Betriebsvereinbarung eine Vergütung für Umkleidezeiten geschuldet ist, führte demgegenüber zu dem eigentümlichen Ergebnis, dass der Fokus der Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat auf einer Deckelung oder gar einem Ausschluss des Vergütungsanspruchs liegen würde. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien dem Betriebsrat eine solche Rolle zuteilwerden lassen wollten.
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(5) Eine sachwidrige Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern in betriebsratslosen Betrieben gegenüber Arbeitnehmern in Betrieben, in denen ein Betriebsrat gewählt ist, liegt nicht vor. Es ist jeder tariflichen und gesetzlichen, insbesondere betriebsverfassungsrechtlichen Regelung, die den Abschluss einer Betriebsvereinbarung vorsieht, immanent, dass Arbeitnehmer in betriebsratslosen Betrieben an den jeweils sich ergebenden Vorteilen nicht teilhaben können. Es handelt sich um ein Strukturmerkmal, dass betriebsratslose Betriebe insoweit Nachteile haben. So kann in diesen zB bei einer Betriebsänderung iSv. § 111 BetrVG kein Sozialplan nach § 112 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BetrVG abgeschlossen werden, so dass die dort beschäftigten Arbeitnehmer auch im Falle einer Betriebsschließung keine Abfindung erhalten.
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3. Ein Verstoß gegen § 3 Satz 1 MiLoG liegt nicht vor. Zu Unrecht meint die Revision, dass unabhängig vom Kontext des gesamten Berechnungsmonats jede Stunde geleisteter Arbeit mit dem Mindestlohn zu vergüten sei und daher § 3 Satz 1 MiLoG dem Ausschluss der Vergütungspflicht durch § 6 Ziff. 2 MTV mangels Betriebsvereinbarung entgegenstehe. Ein Anspruch auf Differenzvergütung nach § 1 Abs. 2 iVm. §§ 20, 1 Abs. 1 MiLoG wird jedoch nur dann begründet, wenn der Arbeitnehmer in der Abrechnungsperiode für die geleisteten Arbeitsstunden im Ergebnis nicht mindestens den in § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoG vorgesehenen Bruttolohn erhält (BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 24, BAGE 155, 202). Der Arbeitgeber hat den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn damit erfüllt, wenn die für einen Kalendermonat gezahlte Bruttovergütung den Betrag erreicht, der sich aus der Multiplikation der Anzahl der im betreffenden Monat tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden mit dem Betrag des jeweiligen gesetzlichen Mindestlohns ergibt (vgl. BAG 25. Mai 2016 - 5 AZR 135/16 - Rn. 26, aaO). Dieser belief sich, bezogen auf den Streitfall ab August 2016 auf 8,50 Euro brutto, ab 1. Januar 2017 auf 8,84 Euro brutto und beträgt ab 1. Januar 2019 9,19 Euro brutto. Angesichts der Höhe der tariflichen Monatsvergütung des Klägers scheidet ein Differenzvergütungsanspruch aus.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Linck
Biebl
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