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BAG 22.02.2018 - 6 AZR 50/17
BAG 22.02.2018 - 6 AZR 50/17 - Berufswechselkündigung - Kündigung mit längerer Frist
Normen
§ 22 Abs 2 Nr 2 BBiG 2005, § 22 Abs 2 Nr 1 BBiG 2005
Vorinstanz
vorgehend ArbG Lüneburg, 16. Juni 2016, Az: 4 Ca 52/16, Teilurteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen, 15. Dezember 2016, Az: 6 Sa 808/16, Urteil
Leitsatz
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§ 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG legt keine zwingende Kündigungsfrist fest, die vom Auszubildenden nicht überschritten werden darf. Deshalb darf der Auszubildende bei einer Berufswechselkündigung das Ausbildungsverhältnis zu dem von ihm beabsichtigten Zeitpunkt der Aufgabe der Berufsausbildung auch mit einer längeren als der gesetzlich normierten Frist von vier Wochen kündigen.
Tenor
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1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 15. Dezember 2016 - 6 Sa 808/16 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten noch über den Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nach der Kündigung durch den Auszubildenden.
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Der am 1. Juni 1998 geborene Kläger begann am 1. August 2015 eine Ausbildung zum Elektroniker bei der Beklagten, die am 31. Januar 2019 enden sollte. Der Kläger kündigte das Ausbildungsverhältnis mit Schreiben vom 4. Januar 2016 zum 29. Februar 2016. Zur Begründung gab er an, er habe sich für einen anderen Berufsweg entschieden und wolle die derzeitige Ausbildung aufgeben. Seine neue Berufsausbildung beginne am 1. März 2016. Das Kündigungsschreiben war von den Eltern des Klägers mitunterzeichnet. Die Beklagte informierte den Kläger mit Schreiben vom 13. Januar 2016 darüber, dass das Ausbildungsverhältnis vier Wochen nach Zugang der Kündigung und damit bereits am 2. Februar 2016 ende. Dementsprechend informierte sie die zuständige Industrie- und Handelskammer, die den Ausbildungsvertrag noch im Januar 2016 zum 2. Februar 2016 aus dem Verzeichnis der Ausbildungsverträge löschte. Mit Schreiben vom 26. Januar 2016 beantragte der Kläger die Einleitung des Verfahrens vor dem Schlichtungsausschuss der zuständigen Industrie- und Handelskammer. Diese wies den Antrag mit Schreiben vom 2. Februar 2016 zurück. Der Ausschuss sei nur für bestehende Ausbildungsverhältnisse zuständig. Der nächste Termin für eine Verhandlung, zu dem ordnungsgemäß geladen werden könne, sei der 1. März 2016. Zu diesem Zeitpunkt bestehe das Ausbildungsverhältnis unstreitig nicht mehr.
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Mit der von seinen Eltern mitunterzeichneten Klage vom 4. Februar 2016, beim Arbeitsgericht eingegangen am 9. Februar 2016, begehrt der Kläger ua. die Feststellung des Fortbestands des Ausbildungsverhältnisses bis zum 29. Februar 2016. Er hat die Auffassung vertreten, die gesetzliche Kündigungsfrist in § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG sei wie alle nach Wochen und Monaten bestimmten Kündigungsfristen eine Mindestkündigungsfrist. Anderenfalls hänge das konkrete Ende des Ausbildungsverhältnisses von der Dauer der Postlaufzeit ab. Die Anknüpfung an solche Zufälligkeiten sei nicht sinnvoll.
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Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - zuletzt sinngemäß beantragt
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festzustellen, dass das Ausbildungsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung des Klägers vom 4. Januar 2016 erst am 29. Februar 2016 geendet hat und nicht bereits mit Wirkung zum 2. Februar 2016.
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Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags vorgetragen, die gesetzliche Kündigungsfrist in § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG sei zwingend. Das Ausbildungsverhältnis könne nach Ablauf der Probezeit „nur“ unter Einhaltung der vorgegebenen Kündigungsfrist von vier Wochen gekündigt werden. Diese Frist sei Ausdruck dessen, was der Gesetzgeber als erforderlich, aber auch als ausreichend angesehen habe, um dem beiderseitigen Dispositionsinteresse Rechnung zu tragen. Sie gewährleiste die ordnungsgemäße Abwicklung des Ausbildungsverhältnisses und einen gewissen Übereilungsschutz für den Auszubildenden, schütze aber auch den Ausbildenden. Diesem sei es nicht zuzumuten, einen Auszubildenden, der seine Berufsausbildung aufgeben wolle, über die gesetzlich vorgesehene Kündigungsfrist hinaus zu beschäftigen, weil der damit verbundene Ausbildungsaufwand ins Leere gehe. Anders als § 622 BGB treffe das Berufsbildungsgesetz keine Regelung zum Beendigungszeitpunkt. Der Auszubildende trage wie jeder, der eine empfangsbedürftige Willenserklärung abgebe, das Risiko ihres rechtzeitigen Zugangs.
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Das Arbeitsgericht hat mit Teilurteil der Feststellungsklage stattgegeben. Die dagegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen und gegen seine Entscheidung die Revision zugelassen. Mit dieser verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung unter Vertiefung ihrer rechtlichen Argumentation weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Die Kündigung des Klägers vom 4. Januar 2016 hat das Ausbildungsverhältnis der Parteien erst zu dem im Kündigungsschreiben genannten Kündigungsdatum, dh. dem 29. Februar 2016, beendet. Das hat das Landesarbeitsgericht mit Recht erkannt.
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I. Die Klage ist zulässig.
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1. Bei Einreichung der Klageschrift vom 4. Februar 2016 am 9. Februar 2016 war der am 1. Juni 1998 geborene Kläger noch minderjährig, damit nach §§ 106 ff. BGB beschränkt geschäftsfähig und deshalb prozessunfähig (Zöller/Althammer ZPO 32. Aufl. § 52 Rn. 8). Es kann dahinstehen, ob eine Ermächtigung iSd. § 113 BGB, ein Dienstverhältnis einzugehen, vorlag und ob sie bejahendenfalls die Teilrechtsfähigkeit des Klägers hinsichtlich seines Berufsausbildungsverhältnisses zur Folge gehabt hätte (zum Streitstand BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 354/10 - Rn. 18, BAGE 140, 64). Der Kläger wurde bei Klageerhebung von seinen Eltern als gesetzlichen Vertretern gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB gemeinschaftlich wirksam vertreten. Sie haben die Klage mitunterzeichnet. Nachdem er während des Rechtsstreits volljährig und damit prozessfähig geworden ist, wurde das Verfahren ohne Unterbrechung fortgesetzt (BAG 8. Dezember 2011 - 6 AZR 354/10 - Rn. 14, aaO).
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2. Die unverzichtbare Prozessvoraussetzung des § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG steht der Zulässigkeit der Klage ebenfalls nicht entgegen. Bei Klageerhebung war zwar das Ausbildungsverhältnis noch nicht beendet, so dass grundsätzlich die Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss Prozessvoraussetzung war. Der fristgerecht gestellte Antrag des Klägers auf Schlichtung wurde jedoch zurückgewiesen, weil vor der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses keine Sitzung des Ausschusses mehr möglich sei. Verweigert der Ausschuss die Durchführung des Verfahrens, kann das dem Antragsteller nicht angelastet werden. In einem solchen Fall kann er deshalb unmittelbar Klage erheben (vgl. BAG 12. Februar 2015 - 6 AZR 845/13 - Rn. 25, BAGE 151, 1; 17. September 1987 - 2 AZR 654/86 - zu II 1 der Gründe, BAGE 57, 179).
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II. Die Klage ist auch begründet. Die wirksam erklärte vorzeitige Kündigung des Klägers vom 4. Januar 2016 hat das Ausbildungsverhältnis erst mit Ablauf des im Kündigungsschreiben genannten Datums beendet. Das Ausbildungsverhältnis hat bis zum 29. Februar 2016 fortbestanden.
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1. Die Kündigung war formell wirksam.
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a) Das Kündigungsschreiben war von den gesetzlichen Vertretern des Klägers mitunterzeichnet. Damit lag die nach § 111 Satz 1 BGB erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vor (vgl. Däubler/Deinert/Zwanziger/Wroblewski KSchR 10. Aufl. § 22 BBiG Rn. 42; Schaub ArbR-Hdb/Vogelsang 17. Aufl. § 174 Rn. 89).
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b) Das Kündigungsschreiben wahrte auch den Schriftformzwang des § 22 Abs. 3 BBiG. Dafür genügte die Angabe des Klägers, er wolle die Berufsausbildung aufgeben (Schaub ArbR-Hdb/Vogelsang 17. Aufl. § 174 Rn. 90).
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2. Der Kläger hat das Ausbildungsverhältnis wirksam vorzeitig gekündigt. § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG steht dem nicht entgegen. Entgegen der Annahme der Revision legt § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG keine zwingende Kündigungsfrist fest, die vom Auszubildenden nicht überschritten werden darf. Eine solche Rechtsfigur ist dem Ausbildungsrecht in seiner aktuellen Ausgestaltung fremd. Die vierwöchige Kündigungsfrist des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG ist zwar gemäß § 25 BBiG unabdingbar, darf also nicht durch Vereinbarungen zwischen den Parteien des Ausbildungsverhältnisses zulasten des Auszubildenden verlängert werden. Diese Frist ist aber als Höchstkündigungsfrist nur einseitig zwingend. Deshalb darf der Auszubildende bei einer Berufswechselkündigung das Ausbildungsverhältnis zu dem von ihm beabsichtigten Zeitpunkt der Aufgabe der Berufsausbildung auch mit einer längeren als der gesetzlich normierten Frist von vier Wochen kündigen. Von dieser ihm rechtlich eröffneten Möglichkeit zu einer vorzeitigen Kündigung hat der Kläger Gebrauch gemacht.
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a) Im arbeitsrechtlichen Schrifttum ist die Frage, ob § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG eine zweiseitig zwingende Kündigungsfrist enthält, bis zur Veröffentlichung der Entscheidung des Berufungsgerichts im vorliegenden Rechtsstreit - soweit ersichtlich - nicht erörtert worden. Die Entscheidung der Vorinstanz hat zwischenzeitlich im Schrifttum Zustimmung gefunden (Schulien in Baumstümmler/Schulien Berufsbildungsrecht Stand August 2017 § 22 BBiG Rn. 165; Herkert/Töltl BBiG Stand Mai 2017 § 22 Rn. 123).
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b) Der Kündigende muss mit der Kündigung grundsätzlich nicht bis zum letzten Tag vor dem Beginn der von ihm einzuhaltenden Kündigungsfrist warten, um das Rechtsverhältnis zu dem von ihm beabsichtigten Zeitpunkt zu beenden. Er kann auch mit einer längeren Frist und damit vorzeitig kündigen. Allerdings muss er deutlich machen, dass die Kündigung endgültig erklärt sein soll. Die Kündigung darf nicht unter dem Vorbehalt stehen, dass der Kündigende erst noch entscheiden will, ob und zu welchem Termin sie wirksam sein soll (RAG 20. Mai 1933 - RAG 46/33 - RAG 18, 166; 28. März 1931 - RAG 510/30 - RAG 11, 533; KR/Spilger 11. Aufl. § 622 BGB Rn. 158; ErfK/Müller-Glöge 18. Aufl. § 622 BGB Rn. 13; Staudinger/Preis (2016) BGB § 622 Rn. 26; APS/Linck 5. Aufl. BGB § 622 Rn. 47; Hueck/Nipperdey Lehrbuch des Arbeitsrechts 7. Aufl. Bd. I S. 554 Fn. 47, S. 565). Das Recht zur vorzeitigen Kündigung ist nur durch § 162 BGB begrenzt. Es darf insbesondere nicht zu dem Zweck ausgeübt werden, einen später eintretenden Bestandsschutz zu vereiteln (Schaub ArbR-Hdb/Linck 17. Aufl. § 126 Rn. 14; KR/Spilger aaO Rn. 159).
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c) Das Recht zur vorzeitigen Kündigung hängt nicht davon ab, dass der Gesetzgeber in einer Kündigungsregelung deutlich macht, dass die Kündigung „spätestens“ zu einem bestimmten Termin erfolgen muss, wie es zum Beispiel in § 621 Nr. 2 und Nr. 3 BGB für Dienstverhältnisse oder in § 573c Abs. 1 Satz 1, § 576 Abs. 1 und § 580a Abs. 1 BGB für Mietverhältnisse geschehen ist (vgl. Molitor Die Kündigung 2. Aufl. [künftig Molitor] S. 161). Dieses Recht folgt unabhängig von einer solchen Klarstellung bereits daraus, dass der Kündigende grundsätzlich frei entscheiden kann, ob und wann er von seinem Kündigungsrecht Gebrauch macht (Molitor S. 160, 166). Damit bestimmt letztlich allein der Kündigungsberechtigte, zu welchem Termin das Rechtsverhältnis endet. Deshalb ist entgegen der Annahme der Beklagten unerheblich, dass § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG nur die Einhaltung einer Frist verlangt, ohne einen Kündigungstermin festzulegen. Das Erklären einer vorzeitigen Kündigung ist im Ergebnis nichts anderes als der Verzicht auf eine ordentliche Kündigung zu einem früheren Datum (Hueck/Nipperdey Lehrbuch des Arbeitsrechts 7. Aufl. Bd. I S. 565).
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d) Der Gesetzgeber ist bei der vom Auszubildenden bei einer Berufsaufgabekündigung nach § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG einzuhaltenden Kündigungsfrist von diesem allgemeinen Grundsatz nicht abgewichen. Dafür, dass er festlegen wollte, dass der Auszubildende nicht länger als vier Wochen vor dem von ihm beabsichtigten Zeitpunkt der Aufgabe der Berufsausbildung kündigen darf, also „punktgenau“ zu diesem Zeitpunkt kündigen muss, wie die Revision annimmt, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
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aa) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus der „vor die Klammer gezogenen“ Formulierung, das Berufsausbildungsverhältnis könne nach Ablauf der Probezeit „nur“ aus den anschließend in § 22 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BBiG genannten Gründen gekündigt werden, nicht, dass die Kündigung nach Nr. 2 „nur“ mit einer vierwöchigen Kündigungsfrist erklärt werden kann. Das Landesarbeitsgericht hat überzeugend herausgearbeitet, dass sich das Wort „nur“ lediglich auf die abschließend aufgeführten Kündigungsmöglichkeiten für das Berufsausbildungsverhältnis nach Ablauf der Probezeit bezieht, nicht aber auch auf die in § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG angeführte vierwöchige Kündigungsfrist. Entsprechend diesem Wortlautverständnis wird im Schrifttum angenommen, nach der Probezeit könne das Berufsausbildungsverhältnis, von der Berufsaufgabekündigung abgesehen, von beiden Seiten nur aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden (APS/Biebl 5. Aufl. BBiG § 22 Rn. 13; Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 28).
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bb) Soweit das Bundesarbeitsgericht angenommen hat, die Kündigungsregelungen im Berufsbildungsgesetz seien zwingend (BAG 10. November 1989 - 2 AZR 26/88 - zu II 2 a und c der Gründe), bezieht sich das ausschließlich auf die Unabdingbarkeit der Bestimmungen dieses Gesetzes, die gemäß § 25 BBiG nicht durch Vereinbarungen zwischen dem Auszubildenden und dem Ausbildenden zuungunsten des Auszubildenden abgeändert werden können. Dadurch wird lediglich eine vertragliche Vereinbarung untersagt, die vom Auszubildenden verlangt, bei der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses eine längere Kündigungsfrist als die gesetzliche Vier-Wochen-Frist einzuhalten (vgl. Herkert/Töltl BBiG Stand Mai 2017 § 22 BBiG Rn. 123; Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 22 Rn. 74). § 25 BBiG steht der Kündigung durch den Auszubildenden mit einer von ihm freiwillig gewählten längeren Kündigungsfrist als der gesetzlichen Frist nicht entgegen.
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cc) Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich auch nicht aus Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte des § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG, dass die in dieser Bestimmung normierte vierwöchige Kündigungsfrist zweiseitig zwingend ist und vom Auszubildenden „punktgenau“ gewahrt werden muss. Im Gegenteil folgt daraus, dass die Kündigungsfrist in § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG als nur einseitig zwingende Höchstkündigungsfrist ausgestaltet ist, dass sie vom Auszubildenden als Kündigungsberechtigtem grundsätzlich überschritten werden darf. Dieser darf deshalb vorzeitig unter Verlängerung dieser Frist kündigen.
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(1) Höchstkündigungsfristen sollen dem Kündigungsberechtigten die Möglichkeit sichern, sich unter Wahrung dieser Frist vom Rechtsverhältnis lösen zu können. Regelmäßig soll dadurch seine übermäßig lange Bindung an das Rechtsverhältnis verhindert werden (Molitor S. 159, 166). Höchstkündigungsfristen finden sich zum Beispiel in § 544 BGB für Mietverträge, die über mehr als 30 Jahre geschlossen sind (vgl. für die Vorgängerbestimmung in § 567 BGB idF vom 1. Januar 1964 Molitor S. 166). Im Arbeitsrecht ist die Frist des § 624 Satz 2 BGB, mit der der für mehr als fünf Jahre Verpflichtete nach Ablauf von fünf Jahren kündigen kann, eine Höchstkündigungsfrist (BAG 22. Oktober 2002 - 3 AZR 468/01 - zu II 3 der Gründe). Gleiches gilt für die Frist in § 113 Satz 2 InsO, die die gesetzlich und vertraglich geltenden Kündigungsfristen für beide Arbeitsvertragsparteien durchbricht und verkürzt (BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 301/12 - Rn. 10, BAGE 147, 267).
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(2) Höchstkündigungsfristen liegen regelmäßig im Interesse des Kündigenden und sind darum nur einseitig zwingend. Das Kündigungsrecht darf also nicht durch die Vereinbarung längerer Kündigungsfristen beschränkt werden (Molitor S. 164). Auch bei Höchstkündigungsfristen entscheidet aber allein der Kündigungsberechtigte, ob und wann er von dem zu seinem Schutz eingeräumten Kündigungsrecht Gebrauch machen will. Darum kann er bei solchen Fristen darauf verzichten, die ordentliche Kündigung zu einem früheren Termin zu erklären. Er kann deshalb auch vorzeitig kündigen (Molitor S. 160, 164, 166; vgl. für § 113 Satz 2 InsO BAG 27. Februar 2014 - 6 AZR 301/12 - Rn. 16, BAGE 147, 267).
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(3) § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG ist eine einseitig zwingende Höchstkündigungsfrist. Unerheblich ist dabei, dass die Frist für die Berufswechselkündigung ursprünglich nur zwei Wochen betragen sollte (BT-Drs. V/1009 S. 7). Diese Bestimmung durchbricht auch in ihrer Gesetz gewordenen Ausgestaltung im Interesse des Auszubildenden den Grundsatz, dass nach Ablauf der Probezeit keine ordentliche Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses mehr möglich ist. Mit Rücksicht auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit der Berufswahl soll der Auszubildende nicht gezwungen werden, eine einmal begonnene Ausbildung zu beenden, obwohl er sich für einen anderen Beruf oder Lebensweg entschieden hat (Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 22 Rn. 121; KR/Weigand 11. Aufl. §§ 21 - 23 BBiG Rn. 83; Benecke in Benecke/Hergenröder BBiG § 22 Rn. 67). Er soll sich darum unter Einhaltung der nunmehr in § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG normierten Frist von vier Wochen vorzeitig aus diesem Rechtsverhältnis lösen können. Das bedingt die Einordnung dieser Frist als einseitig zwingende Höchstkündigungsfrist (vgl. zur Kündigungsfrist für den Übergang des Lehrlings zu einem anderen Gewerbe oder Beruf nach § 78 HGB in der bis 31. August 1969 geltenden Fassung und § 127e GewO in der bis September 1953 geltenden Fassung Molitor S. 177 f.).
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e) Die Revision berücksichtigt bei ihrer Argumentation, § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG solle den Ausbildenden vor einer unnötig langen Vertragsbindung schützen, nicht, dass allein der Auszubildende bestimmt, ob und wann er seinen gewählten Berufswunsch ändert und deswegen das Ausbildungsverhältnis kündigt. Hätte der Kläger punktgenau vier Wochen vor dem beabsichtigten Abbruch des gewählten Berufswegs zum 29. Februar 2016 gekündigt, wäre der Beklagten dadurch kein geringerer Ausbildungsaufwand entstanden als durch die tatsächlich bereits mit Schreiben vom 4. Januar 2016 erklärte Kündigung. Umgekehrt kann es für den Ausbildenden von Vorteil sein, wenn er sich durch die frühere Kündigung rechtzeitig auf den Abbruch der Ausbildung einstellen kann. Insbesondere gibt ihm dies die Möglichkeit, sich rechtzeitig um den Abschluss eines neuen Ausbildungsverhältnisses mit einem anderen Auszubildenden zu bemühen (vgl. für den umgekehrten Fall der Kündigung des Ausbildenden vor Beginn der Probezeit BAG 17. September 1987 - 2 AZR 654/86 - zu II 2 b ee der Gründe, BAGE 57, 179). Genau dieses Interesse der Beklagten war im Übrigen nach dem Widerspruchsschreiben vom 19. Januar 2016 der Grund für die vorzeitige Kündigung des Klägers.
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3. Das Landesarbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen angenommen, dass der Kläger sein Recht auf eine vorzeitige ordentliche Kündigung des Ausbildungsverhältnisses wegen Berufsaufgabe nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt hat. Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.
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4. Die Löschung des Ausbildungsvertrags aus dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse durch die zuständige Industrie- und Handelskammer noch im Januar 2016 mit Wirkung zum 2. Februar 2016 hatte keine Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses. Zwar ist gemäß § 35 Abs. 2 BBiG der eingetragene Vertrag zu löschen, wenn das Ausbildungsverhältnis vorzeitig aufgrund einer Berufsaufgabekündigung beendet wird (Leinemann/Taubert BBiG 2. Aufl. § 35 Rn. 32; Hergenröder in Benecke/Hergenröder BBiG § 35 Rn. 20). Diese Löschung wirkt sich jedoch auf die Wirksamkeit des Ausbildungsvertrags nicht aus (Leinemann/Taubert aaO Rn. 33 mwN; Hergenröder aaO Rn. 23).
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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