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BAG 18.11.2010 - 6 AZR 416/09
BAG 18.11.2010 - 6 AZR 416/09 - Versetzungszulage
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG Köln, 22. Juli 2008, Az: 17 Ca 4582/08, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Köln, 13. März 2009, Az: 10 Sa 1151/08, Urteil
Tenor
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1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. März 2009 - 10 Sa 1151/08 - wird zurückgewiesen.
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2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über eine Versetzungszulage nach § 06 Abs. 3 der Dienstvereinbarung ProDAK (DVb ProDAK).
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Die in Ko wohnende Klägerin ist seit 1991 bei der Beklagten beschäftigt, zuletzt als Teilzeitbeschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Wochenstunden. Zum 18. Februar 2008 wurde sie von D nach K versetzt. Die Entfernung zwischen ihrem Wohnort und der bisherigen Dienststelle in D betrug maximal 28 km. Die neue Arbeitsstätte der Klägerin in K liegt rund 48 km von ihrer Wohnung entfernt.
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Auf der Grundlage der tariflichen Öffnungsklausel in § 10 der Anlage 12 zum Ersatzkassen-Tarifvertrag (EKT) schlossen die Beklagte und deren Hauptpersonalrat die DVb ProDAK. Darin ist in § 06 (Mobilitätsfördernde Leistungen) geregelt:
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„(1) Mit den nachfolgend genannten Leistungen soll die Motivation der Beschäftigten geweckt bzw. gefördert werden, sich über die Zumutbarkeitsgrenzen des § 6 Absatz 6 - 8 der Anlage 12 EKT hinaus freiwillig versetzen zu lassen. Dabei sollen auftretende Nachteile für die Beschäftigten kompensiert oder abgemildert werden.
...
(3) Entscheiden sich Beschäftigte, obwohl ein Wohnortwechsel gemäß § 6 Absatz 8 der Anlage 12 EKT möglich ist, nicht für einen solchen, erhalten sie die Versetzungszulage nach dem Tarifvertrag über Versetzungszulagen. Zusätzlich wird die tägliche Arbeitszeit für 6 Monate um 30 Minuten ohne Gehaltskürzung verringert.
…
(5) Bei Teilzeitbeschäftigten, die nicht jeden Arbeitstag in der Woche tätig sind, ist zur Berechnung der Leistungen des Absatzes 2 und 4 die Anzahl der durchschnittlich pro Woche gegebenen Arbeitstage in das Verhältnis zu der Anzahl der Tage zu setzen, die bei einem Vollzeitbeschäftigten zugrunde gelegt wird. …
...“
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In § 08 (Besondere Regelungen) haben die Betriebsparteien für Teilzeitbeschäftigte bestimmt:
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„(1) Die teilzeitbeschäftigten Beschäftigten genießen den gleichen Schutz wie Vollzeitbeschäftigte. Bei einem erheblichen Missverhältnis von Arbeitszeit zur Fahrzeit besteht für die Beschäftigten die Möglichkeit, die Lage der Arbeitszeit zu verändern. Von einem erheblichen Missverhältnis zwischen vereinbarter Arbeitszeit und aufzubringender Fahrzeit ist z.B. dann auszugehen, wenn
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der Arbeitsplatz gem. § 6 Abs. 7 Anlage 12 zum EKT als unzumutbar anzusehen wäre … oder
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die Fahrtzeit 1/3 und mehr der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit (je vereinbarten Arbeitstagen) beträgt.
...“
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Bei der in § 06 Abs. 3 DVb ProDAK in Bezug genommenen Anlage 12 zum EKT handelt es sich um einen Tarifvertrag über Rationalisierungsschutz (Stand 1. Mai 1988). In § 6 ist darin unter der Überschrift „Weiterbeschäftigung“ bestimmt:
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„(1) Ist eine gleichwertige Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz nicht möglich, hat die Kasse den Angestellten bei der Besetzung eines höherwertigen Arbeitsplatzes ... bevorzugt zu berücksichtigen.
(2) Steht kein Arbeitsplatz im Sinne des Absatzes 1 zur Verfügung, hat die Kasse dem Angestellten einen gleichwertigen, geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz in nachstehender Reihenfolge
...
anzubieten.
(3) Steht kein Arbeitsplatz im Sinne der Absätze 1 und 2 zur Verfügung, hat die Kasse dem Angestellten einen niedriger bewerteten, geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz in nachstehender Reihenfolge
...
anzubieten.
(4) Ein Arbeitsplatz ist gleichwertig, wenn ...
(5) Ein Arbeitsplatz ist geeignet, wenn ...
(6) Ein Arbeitsplatz ist zumutbar, wenn entweder die tägliche Rückkehr zum Wohnort oder ein Wohnsitzwechsel möglich ist. ...
(7) Die tägliche Rückkehr zum Wohnort im Sinne des Absatzes 6 ist möglich, wenn
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die neue Dienststelle nicht weiter von der Wohnung des Angestellten entfernt ist als die bisherige Dienststelle oder
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die neue Dienststelle nicht weiter als 25 km von der Wohnung des Angestellten entfernt ist oder
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sich die Fahrzeit für die Hin- und Rückfahrt unter Beibehaltung des bisher benutzten Beförderungsmittels nur unwesentlich erhöhen würde oder
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der zeitliche Aufwand für den Hin- und Rückweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln zweieinhalb Stunden nicht überschreitet.
(8) Ein Wohnsitzwechsel im Sinne des Absatzes 6 ist möglich, wenn nicht familiäre, gesundheitliche oder sonstige persönliche Umstände des Angestellten einen Wohnsitzwechsel unzumutbar machen.
(9) Der Angestellte hat einen ihm in der Reihenfolge der Absätze 2 und 3 angebotenen, geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz anzunehmen. Ist er hierzu nicht bereit, kann die Kasse unter Einhaltung der Fristen nach § 32 Absatz 1 EKT das Beschäftigungsverhältnis kündigen; ...
...“
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Die Klägerin begehrt nach außergerichtlicher Geltendmachung und Ablehnung durch Schreiben der Beklagten vom 29. April 2008 mit ihrer im Juni 2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage die Versetzungszulage nach § 06 Abs. 3 DVb ProDAK für die Zeit vom 18. Februar 2008 bis zum 31. Mai 2008. Diese beträgt unstreitig 153,39 Euro monatlich. Welche Fahrzeiten die Klägerin aufzuwenden hätte, sofern sie - wie bis zu ihrer Versetzung - den privaten Pkw für die Fahrt zur Arbeit benutzte, ist streitig geblieben. Bei einer ausschließlichen Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist eine Fahrzeit von 244 Minuten täglich erforderlich.
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Die Klägerin hat behauptet, ihre Fahrzeit habe sich bei ausschließlicher Benutzung des Pkw von bisher 60 bis 80 Minuten auf 100 bis 180 Minuten für Hin- und Rückfahrt erhöht. Auf ihrer Fahrstrecke komme es ständig zu Staus. Seit einiger Zeit nach ihrer Versetzung fahre sie ua. wegen des Stresses im innerstädtischen Verkehr mit dem Pkw bis zum Bahnhof G und nutze von dort aus den Zug und die U-Bahn. Daraus ergebe sich eine tatsächliche Fahrzeit für Hin- und Rückweg von 156 Minuten. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Wesentlichkeit einer Fahrzeiterhöhung beurteile sich allein anhand der Dauer der tatsächlichen Fahrzeit, die nicht anhand von Routenplanern ermittelt werden könne. Diese berücksichtigten die konkreten Verkehrsverhältnisse nicht. Selbst wenn man jedoch auf die von einem Routenplaner angegebene Fahrzeit abstelle, habe sich die Differenz für die einfache Fahrt um 11 Minuten, nämlich von 25 auf 36 Minuten und damit um 44 %, also nicht nur unwesentlich, erhöht. Diesen Angaben der Klägerin liegt der Routenplaner map 24 zugrunde.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 533,21 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
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Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, die Klägerin könne ihren neuen Arbeitsplatz gemäß § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT mit täglicher Hin- und Rückfahrt erreichen. Die tägliche Fahrzeit habe sich bei Benutzung eines Pkw für Hin- und Rückweg nur um 14 Minuten erhöht.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die zugelassene Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klageabweisung weiter. Sie vertritt nunmehr die Rechtsauffassung, der Wortlaut der tariflichen Regelung allein führe weder zu eindeutigen noch zu sachgerechten Ergebnissen. Zu unbilligen und gleichheitswidrigen Ergebnissen komme es insbesondere dann, wenn man auf die prozentuale Veränderung der Fahrzeit abstelle. Darum seien ergänzend systematische Erwägungen bei der Auslegung heranzuziehen. Die Tarifvertragsparteien hätten in der vierten Variante des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT eine eindeutige Untergrenze für den zeitlichen Aufwand für den Hin- und Rückweg festgelegt. Der Tarifzusammenhang verlange darum, bei Beibehaltung des bisher benutzten Beförderungsmittels die Wesentlichkeitsgrenze des dritten Kriteriums des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT erst dann als erreicht anzusehen sei, wenn die Fahrzeit für die Hin- und Rückfahrt 2,5 Stunden überschreite. Erst dann sei eine tägliche Rückkehr an den Wohnort nicht mehr möglich im tariflichen Sinn. Diese Auslegung führe zudem zu praktikablen Ergebnissen und trage dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung.
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Jedenfalls sei eine Steigerung der Gesamtfahrzeit von 14 bis 22 Minuten nicht wesentlich im Sinne der tariflichen Regelung. Eine solche Steigerung bleibe unterhalb der Grenze von 30 Minuten, um die gemäß § 06 Abs. 3 Satz 2 DVb ProDAK die Arbeitszeit für die ersten sechs Monate verkürzt werde. Dies sei erkennbar als Kompensation für die Verlängerung der Fahrzeit gedacht.
Entscheidungsgründe
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Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf die Versetzungszulage gemäß § 06 Abs. 3 DVb ProDAK iVm. § 6 Abs. 7 und Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT und iVm. I Nr. 2 Buchst. a TV Versetzungszulage von monatlich 153,39 Euro für den Klagezeitraum vom 18. Februar 2008 bis zum 31. Mai 2008.
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I. Ungeachtet des scheinbar unmissverständlichen Wortlauts des § 06 Abs. 3 DVb ProDAK muss für den Anspruch auf eine Versetzungszulage nicht nur ein Wohnsitzwechsel nach § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT möglich sein, sondern darüber hinaus darf auch eine tägliche Rückkehr zum Wohnort iSd. § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT nicht mehr möglich sein. Dies folgt aus dem Regelungszusammenhang der Abs. 6 bis 8 des § 6 der Anlage 12 zum EKT. Danach ist die Zumutbarkeit eines Wohnsitzwechsels nach § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT erst dann zu prüfen, wenn zuvor die Möglichkeit einer täglichen Rückkehr zum Wohnort nach den in § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT genannten Kriterien verneint worden ist.
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1. § 6 der Anlage 12 zum EKT regelt, welche Arbeitsplätze Arbeitnehmern bei Rationalisierungsmaßnahmen zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung anzubieten sind. Steht kein höherwertiger Arbeitsplatz zur Verfügung, sind ihnen gleichwertige bzw. niedriger bewertete geeignete und zumutbare Arbeitsplätze anzubieten. § 6 Abs. 4 und Abs. 5 der Anlage 12 zum EKT definieren, welche Arbeitsplätze gleichwertig und geeignet sind. § 6 Abs. 6 Satz 1 der Anlage 12 zum EKT umschreibt die Zumutbarkeit von Arbeitsplätzen mit zwei unterschiedlichen Ansätzen. Zumutbar ist der Arbeitsplatz, wenn entweder die tägliche Rückkehr zum Wohnort oder ein Wohnsitzwechsel möglich ist. § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT legt sodann fest, in welchen Fällen noch eine tägliche Rückkehr zum Wohnort möglich ist, § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT umschreibt mit unbestimmten Rechtsbegriffen die Zumutbarkeit eines Wohnsitzwechsels.
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2. Die Regelung in § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT ist nicht als völlig eigenständige tarifliche Definition der zweiten Alternative der Zumutbarkeit eines Arbeitsplatzes iSd. § 6 Abs. 6 der Anlage 12 zum EKT zu verstehen. Ausgehend vom Zweck des § 6 der Anlage 12 zum EKT, der durch das Angebot von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten betriebsbedingte Kündigungen vermeiden soll, ist der Arbeitgeber vielmehr zunächst verpflichtet, Arbeitsplätze anzubieten, bei denen noch eine tägliche Rückkehr zum Wohnort nach den in § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT geregelten Kriterien möglich ist. Ein solcher Arbeitsplatz stellt nach der tariflichen Systematik einen weniger gravierenden Eingriff in das Arbeitsverhältnis dar und muss daher vorrangig angeboten werden. Erst wenn dies nicht möglich ist, können Arbeitsplätze angeboten werden, bei denen ein Wohnsitzwechsel nach § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT zu prüfen ist. Die Prüfung der Zumutbarkeit des Wohnsitzwechsels nach § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT setzt also überhaupt erst dann ein, wenn die tägliche Rückkehr zum Wohnort unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT nicht möglich ist. Darum führt die Rechtsgrundverweisung in § 06 Abs. 3 DVb ProDAK auf § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT nicht zur isolierten Prüfung der Voraussetzungen dieser Norm, sondern verlangt zuvor eine negative Prüfung des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT.
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Dieses Verständnis des § 06 Abs. 3 DVb ProDAK liegt auch dem gesamten Prozessvortrag der Parteien zugrunde, die lediglich über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT streiten.
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II. Die Klägerin hat Anspruch auf die Versetzungszulage nach § 06 Abs. 3 DVb ProDAK, weil ihr die tägliche Rückkehr zum Wohnort nicht möglich, aber ein Wohnsitzwechsel zumutbar war.
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1. Der Klägerin war keine tägliche Rückkehr zum Wohnort iSd. § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT möglich. Dies setzt voraus, dass keines der vier in dieser Bestimmung angeführten Kriterien erfüllt ist. Streit besteht nur darüber, ob sich die Fahrzeit der Klägerin unter Beibehaltung des bisher benutzten Beförderungsmittels mehr als nur unwesentlich erhöht hat. Dies ist entgegen der Auffassung der Beklagten der Fall.
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a) Nach dem dritten Kriterium des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT ist eine tägliche Rückkehr zum Wohnort nur dann möglich, wenn sich die Fahrzeit für die Hin- und Rückfahrt unter Beibehaltung des bisher benutzten Beförderungsmittels „nur unwesentlich“ erhöhen würde.
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aa) Unwesentlich ist eine Fahrzeiterhöhung, wenn die Fahrzeit nicht sehr merklich, nicht sehr spürbar, nicht bedeutend bzw. nur wenig länger ist als zuvor (zu diesem Sinn des Begriffs „unwesentlich“ Umkehrschluss aus Wahrig Deutsches Wörterbuch 8. Aufl. zum Begriff „wesentlich“; Duden Das Große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl.), sie der durchschnittliche Arbeitnehmer der Beklagten also praktisch kaum noch als Verlängerung empfindet (zu dieser Definition der Unwesentlichkeitsschwelle des § 906 Abs. 1 BGB für Geräusch- und Geruchsbelästigungen durch Halten und Parken von Zulieferfahrzeugen mit laufendem Motor vor einem Nachbargrundstück BGH 30. Oktober 1981 - V ZR 191/80 - zu IV der Gründe, NJW 1982, 440). Eine Fahrzeitverlängerung von 10 % und mehr ist bereits merklich länger als die früher aufzuwendende Zeit und daher nicht mehr unwesentlich iSd. dritten Kriteriums des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT. Ob sich die Fahrzeit um mindestens 10 % verlängert hat, ist in Zweifelsfällen nicht nach den Angaben eines Routenplaners, sondern nach der tatsächlichen Fahrzeit unter Zugrundelegung typischer Verkehrsverhältnisse zu beurteilen.
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Die Auffassung der Beklagten, die Wesentlichkeitsgrenze des dritten Kriteriums des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT sei erst dann erreicht, wenn die Fahrzeit für die Hin- und Rückfahrt bei Beibehaltung des bisherigen Beförderungsmittels 2,5 Stunden überschreite, findet im Wortlaut dieser Regelung keine Stütze. Ob eine Fahrzeiterhöhung noch unwesentlich ist, kann nur im Verhältnis zur bisherigen Fahrzeit, nicht aber anhand einer starren Untergrenze festgestellt werden.
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bb) Diesem Verständnis steht entgegen der Auffassung der Beklagten § 06 Abs. 3 Satz 2 DVb ProDAK nicht entgegen. Die Arbeitszeitverkürzung von 30 Minuten ohne Gehaltsreduzierung für die Dauer von sechs Monaten ist keine Untergrenze der Arbeitszeitverlängerung. Das ergibt sich bereits daraus, dass diese Zeitverkürzung auf sechs Monate begrenzt ist, während die Versetzungszulage für die Dauer von 30 Monaten gezahlt wird. Darüber hinaus ist auch eine solch starre Untergrenze, wie ausgeführt, mit dem Wortlaut der Regelung nicht zu vereinbaren.
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cc) Die Fahrzeit der Klägerin hat sich bei weiterer Nutzung des privaten Pkw auch nach dem Vortrag der Beklagten um mindestens 25 %, nämlich unter Berücksichtigung der Angaben im Routenplaner ViaMichelin von 28 Minuten auf 35 Minuten für die einfache Wegstrecke erhöht. Eine tägliche Rückkehr zum Wohnort war der Klägerin damit nicht mehr möglich.
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b) Die Klägerin müsste bei ausschließlicher Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel unstreitig 244 Minuten und damit mehr als 2,5 Stunden für den Hin- und Rückweg aufwenden, so dass auch nach dem vierten Kriterium des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT der Klägerin seit ihrer Versetzung eine tägliche Rückkehr zum Wohnort nicht möglich war.
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aa) Das vierte Kriterium des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT setzt eine objektive Untergrenze für die Möglichkeit der täglichen Rückkehr zum Wohnort und führt überhaupt erst zur Handhabbarkeit der Regelung und zu einem im Einklang mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz stehenden Norminhalt. Es ist das Korrektiv für die ansonsten in den meisten Versetzungsfällen anzunehmende Unzumutbarkeit des neuen Arbeitsplatzes. Dieses Korrektiv wirkt aber entgegen der Auffassung der Beklagten nicht über ein „Hineinlesen“ der 2,5-Stunden-Grenze in das dritte Kriterium des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT. Vielmehr haben die Tarifvertragsparteien festgelegt, dass - unabhängig vom tatsächlich vor und nach der Versetzung benutzten Beförderungsmittel - eine tägliche Rückkehr zum Wohnort nur dann nicht mehr möglich ist, wenn mit öffentlichen Verkehrsmitteln ein Zeitaufwand von mehr als 2,5 Stunden für den Hin- und Rückweg anfällt. Etwas anderes gilt - im Wege der Rückausnahme - lediglich, wenn dieser Zeitaufwand bereits vorher größer war und sich die Fahrzeiten bei Beibehaltung des bisherigen Beförderungsmittels nur unwesentlich, also um weniger als 10 %, erhöhen.
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bb) Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die niedrige, prozentual ausgedrückte Schwelle des dritten Kriteriums des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT die Arbeitnehmer bevorzugt, die bisher kurze Fahrzeiten und gute Verkehrsverbindungen hatten, und die Arbeitnehmer benachteiligt, die - etwa wegen schlechter Strecken - schon bisher erhebliche Fahrzeiten aufzuwenden hatten. Dies haben die Tarifvertragsparteien gesehen und mit dem vierten Kriterium des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT eine objektive und die dargestellten Verwerfungen einschränkende Untergrenze geschaffen: Erst dann, wenn unter Einsatz öffentlicher Verkehrsmittel mehr als 2,5 Stunden für Hin- und Rückweg aufgewendet werden müssen, ist die tägliche Rückkehr nicht mehr möglich iSd. § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer nach seiner Versetzung tatsächlich (weiter) zumindest teilweise seinen privaten Pkw einsetzt und dadurch kürzere Fahrzeiten als 2,5 Stunden täglich hat. Damit erhalten auch die Arbeitnehmer, die bisher kurze Fahrzeiten hatten, die sich zwar mehr als unwesentlich, aber nicht wirklich belastend erhöht haben, in aller Regel keine Versetzungszulage.
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Angesichts dieser objektiven Untergrenze besteht das von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat angesprochene Erfordernis einer Synchronisierung des Maßstabs von „Wesentlichkeitsgrenze“ und „Zumutbarkeit“ zur Vermeidung eines Widerspruchs zum Kündigungsrecht in § 6 Abs. 9 der Anlage 12 zum EKT nicht. Die Beklagte ist keineswegs bereits dann zur Kündigung berechtigt, wenn sich die Fahrzeit mehr als unwesentlich, also um mindestens 10 %, erhöht. Auch dann ist zum einen wegen der im vierten Kriterium des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT geregelten Untergrenze eine (fiktive) Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln von mehr als 2,5 Stunden erforderlich, um überhaupt eine Unmöglichkeit der täglichen Rückkehr an den Wohnort zu bejahen. Zum anderen ist vor einer Kündigung nach § 6 Abs. 9 der Anlage 12 zum EKT auch noch die Möglichkeit eines Wohnsitzwechsels nach § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT zu prüfen.
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cc) Auch nach dem Regelungszusammenhang des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT ist allein dieses Verständnis praktikabel. Abs. 6 bis 8 des § 6 der Anlage 12 zum EKT legen fest, welche Arbeitsplätze der Arbeitgeber in welcher Reihenfolge zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung anbieten muss. Ob ein Arbeitnehmer nach der Versetzung öffentliche Verkehrsmittel benutzen wird, kann der Arbeitgeber bei der zur Beurteilung der Zumutbarkeit des Angebots eines anderen Arbeitsplatzes erforderlichen Ex-Ante-Betrachtung noch nicht wissen und darum nicht berücksichtigen. Er kann lediglich fiktiv anhand von Fahrplänen die Fahrzeit bei Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ermitteln. Nur darauf stellt das vierte Kriterium des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT ab.
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dd) Im hier interessierenden Zusammenhang führt darüber hinaus allein dieses Verständnis des § 06 Abs. 3 DVb ProDAK iVm. § 6 Abs. 7, Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT dazu, dass aufwändige Feststellungen der Beklagten dazu, ob und ab wann Arbeitnehmer auf öffentliche Verkehrsmittel gewechselt sind, entfallen. Ebenso wenig stellt sich bei dieser Auslegung das Problem, ob Arbeitnehmer, die etwa nur in den Wintermonaten öffentliche Verkehrsmittel benutzen, die Versetzungszulage jedenfalls für diese Monate erhalten, und ob bei einer Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in einigen Monaten des Jahres, die dazu führt, dass im Jahresschnitt eine Fahrzeit von mehr als 2,5 Stunden täglich aufzuwenden ist, Anspruch auf die Versetzungszulage besteht.
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ee) Die durch die objektive Untergrenze des vierten Kriteriums des § 6 Abs. 7 der Anlage 12 zum EKT für Teilzeitbeschäftigte auftretenden Härten haben die Betriebsparteien durch die Regelung in § 08 DVb ProDAK kompensiert. Darin haben sie bei einem Anteil der Fahrzeit von mehr als einem Drittel der täglichen Arbeitszeit Teilzeitbeschäftigten einen Anspruch auf Veränderung der zeitlichen Lage der Arbeitszeit, also auf Konzentration der täglichen Arbeitszeit auf weniger Tage, eingeräumt.
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2. Das Landesarbeitsgericht hat zur Möglichkeit eines Wohnsitzwechsels der Klägerin nach Maßgabe des § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Es hat stillschweigend angenommen, dass der Klägerin ein Wohnsitzwechsel möglich ist. Die Tarifvertragsparteien des EKT sind in § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT davon ausgegangen, dass dem Beschäftigten ein Wohnsitzwechsel grundsätzlich möglich ist, wenn die in der Vorschrift genannten Umstände einen solchen nicht ausnahmsweise unzumutbar machen. Die Beklagte hat weder das Vorliegen eines solchen Umstandes behauptet noch greift sie die stillschweigende Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Voraussetzungen des § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT lägen vor, mit der Revision an.
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3. Dass die Klägerin nicht freiwillig versetzt worden ist und sich auch nicht über die Zumutbarkeitsgrenzen des § 6 Abs. 6 bis 8 der Anlage 12 zum EKT hat versetzen lassen, also der Regelungszweck des § 06 Abs. 1 DVb ProDAK verfehlt worden ist, ist für den Anspruch auf die Versetzungszulage unschädlich. Die gesamte Bestimmung des § 06 Abs. 3 DVb ProDAK widerspricht dem in § 06 Abs. 1 DVb ProDAK definierten Regelungszweck. Sie gewährt nämlich zusätzliche Leistungen auch dann, wenn ein Wohnsitzwechsel nach § 6 Abs. 8 der Anlage 12 zum EKT möglich, der neue Arbeitsplatz also zumutbar war, die Beschäftigten gleichwohl aber nicht umzogen. Bereits in diesem Fall sollte mit der zeitlich begrenzten Versetzungszulage die durch die Versetzung eingetretene Erschwernis abgemildert werden.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Brühler
Spelge
Schäferkord
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