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BAG 18.03.2010 - 2 AZN 889/09
BAG 18.03.2010 - 2 AZN 889/09 - Nichtzulassungsbeschwerde - Alternativbegründung in Berufungsurteil
Normen
Vorinstanz
vorgehend ArbG Bochum, 5. November 2008, Az: 5 Ca 1365/08, Urteil
vorgehend Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), 8. Juni 2009, Az: 11 Sa 1768/08, Urteil
Tenor
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1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 8. Juni 2009 - 11 Sa 1768/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
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2. Der Wert des Beschwerdegegenstands wird auf 14.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet.
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1. Der Zulassungsgrund einer entscheidungserheblichen Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 72 Abs. 2 Nr. 3 ArbGG) liegt nicht vor.
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a) Das Landesarbeitsgericht hat den Vortrag der Beklagten zum Vorliegen eines Gesellschafterbeschlusses vom 17. März 2008 im streitigen Urteilstatbestand (S. 7 des Berufungsurteils) aufgeführt. Das spricht gegen ein Übergehen des unter I 1 der Beschwerdebegründung (S. 2, 3) angeführten Bestreitens des Klägers. Soweit das Landesarbeitsgericht hierauf in den Entscheidungsgründen nicht nochmals eingegangen ist, lag dies erkennbar daran, dass es diesen Gesichtspunkt wegen der für erwiesen erachteten Durchführung der im „Teil-Interessenausgleich“ vom 13. März 2008 vorgesehenen Maßnahmen nicht für entscheidungserheblich erachtet hat.
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b) Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, der Massenentlassungsanzeige sei die „Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt gewesen“, lässt keinen Gehörsverstoß erkennen. Dafür, dass diese Feststellung auf einem Übergehen des Vorbringens des Klägers beruht, es sei „unstreitig“, dass die Beklagte „der Anzeige keine Stellungnahme des Betriebsrats beigefügt habe“ (vgl. I 2 a der Beschwerdebegründung), fehlt es an genügenden Anhaltspunkten. Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts kann durchaus darauf beruhen, dass es das - einfache - klägerische Bestreiten des Vortrags der Beklagten zur ordnungsgemäßen Erstattung der Massenentlassungsanzeige für unbeachtlich gehalten hat, nachdem die zuständige Arbeitsagentur mit dem Bescheid vom 29. April 2008 eine Unvollständigkeit der Anzeige nicht beanstandet hatte.
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c) Der Beschwerdebegründung lässt sich nicht entnehmen, dass das Berufungsgericht das unter I 2 b und I 2 c der Beschwerdebegründung dargestellte Vorbringen übergangen hätte. Ob außer den angezeigten 20 Entlassungen im maßgebenden Zeitraum weitere - anzeigepflichtige - Entlassungen vorlagen, war für das Landesarbeitsgericht im Hinblick auf die Kündigung des Klägers ersichtlich nicht entscheidungserheblich. Aus seiner Sicht genügte es, dass der Kläger in der der Massenentlassungsanzeige beigefügten Liste zu kündigender Arbeitnehmer individualisierbar aufgeführt war.
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d) Unter I 3 der Beschwerdebegründung beanstandet der Kläger, das Landesarbeitsgericht habe das Ergebnis einer durchgeführten Beweisaufnahme unzureichend gewürdigt und deshalb zu Unrecht die Sozialauswahl für ordnungsgemäß erachtet. Damit rügt der Kläger keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern eine unzureichende Rechtsanwendung durch das Landesarbeitsgericht. Darin liegt kein iSv. § 72 Abs. 2 ArbGG beachtlicher Zulassungsgrund (vgl. BAG 23. September 2008 - 6 AZN 84/08 - Rn. 19 ff., AP ArbGG 1979 § 78a Nr. 5).
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e) Einen unbeachtlichen Rechtsanwendungsfehler rügt der Kläger auch insoweit, wie er sich gegen eine unzureichende Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Einschränkungen im Rahmen der Sozialauswahl wendet.
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f) Es kann offenbleiben, ob das Landesarbeitsgericht Vorbringen des Klägers übergangen hat, soweit es nicht näher auf das Bestehen eines Gemeinschaftsbetriebs zwischen der Beklagten und der „EFA“ eingegangen ist. Zu einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG kann nur die Nichtbeachtung schlüssigen Vorbringens führen (BVerfG 30. Juni 1994 - 1 BvR 2112/93 - zu III 2 b der Gründe, NJW 1994, 2683). Daran fehlt es. Dem Vortrag des insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägers lassen sich keine äußeren Umstände dafür entnehmen, dass sich die Beklagte und die „EFA“ über die Führung eines gemeinsamen Betriebs geeinigt hätten und dementsprechend arbeitstechnische Zwecke innerhalb der organisatorischen Einheit unter einem einheitlichen Leitungsapparat fortgesetzt verfolgten (zu diesen Voraussetzungen Senat 13. Juni 2002 - 2 AZR 327/01 - zu II 3 b der Gründe, BAGE 101, 321; 7. November 1996 - 2 AZR 648/95 - zu II 2 der Gründe) . Insbesondere ergeben sich aus seinem Vorbringen keine Anhaltspunkte für einen gemeinsam verfolgten Betriebszweck. Dass die Beklagte im Rahmen einer unternehmerischen Zusammenarbeit Aufgaben für die „EFA“ ausführt, reicht dafür nicht aus. Ebenso wenig ist es ein hinreichendes Indiz, dass die „EFA“ die „Vliesanlage 2“ der Beklagten „übernehmen“ soll. Das spricht nicht für, sondern gegen die gemeinsame Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke.
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2. Die Revision ist auch nicht, wie geltend gemacht, wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 72 Abs. 2 Nr. 1, § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG) zuzulassen.
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a) Die unter II 1 der Beschwerdebegründung benannten Rechtsfragen:
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„Kann bei einer richtlinienkonformen Auslegung die Erhaltung einer bestimmten Altersstruktur im Betrieb ein legitimes, die Altersdiskriminierung rechtfertigendes sozialpolitisches Ziel sein?“
und
„Kann ein Rechtfertigungsgrund im Sinne von Art. 6 I der Richtlinie 2000/78/EG dafür, dass der Arbeitgeber bei Betriebsänderungen durch eine Altersgruppenbildung bei der Sozialauswahl ältere Arbeitnehmer benachteiligt, die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes sein?“
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sind höchstrichterlich geklärt. Die Bildung von Altersgruppen kann, wie der Senat auch für den hier vorliegenden Fall einer nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes erklärten Kündigung bereits entschieden hat (6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 182 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 82), nach § 10 Satz 1, 2 AGG durch legitime Ziele gerechtfertigt sein. Davon ist regelmäßig auszugehen, wenn die Altersgruppenbildung bei Massenkündigungen aufgrund einer Betriebsänderung erfolgt (Senat 6. November 2008 - 2 AZR 523/07 - Rn. 54, aaO).
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b) Die unter II 2 der Beschwerdebegründung angeführte Frage,
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ob die generelle Herausnahme von Schwerbehinderten/Gleichgestellten und Langzeiterkrankten aus der Sozialauswahl gerechtfertigt sein kann,
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ist nicht entscheidungserheblich. Das Landesarbeitsgericht hat sich mit ihr weder auseinandergesetzt, noch hätte es sich mit ihr auseinandersetzen müssen. Es hat sie ausdrücklich dahinstehen lassen, weil der Kläger auch bei Einbeziehung der insoweit in Betracht zu ziehenden Arbeitnehmer in die Sozialauswahl aufgrund der erreichten Punktzahl zu kündigen gewesen wäre. Für eine Zulassung der Revision genügt es nicht, dass sich das Landesarbeitsgericht nach Auffassung des Beschwerdeführers sich mit Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung hätte befassen müssen, die sich nach der vom Gericht gegebenen Begründung nicht stellen (BAG 13. Juni 2006 - 9 AZN 226/06 - Rn. 11, BAGE 118, 247).
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c) Der Kläger meint, das Urteil des Landesarbeitsgerichts werfe die Rechtsfrage auf:
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„Ist dem Arbeitgeber auch dann, wenn er sich nicht auf den korrekten Vollzug eines zulässigen Punkteschemas beschränkt, z.B. die Auswahlentscheidung nach einem rechtsfehlerhaften Altersgruppenmodell getroffen hat, der Einwand gestattet, dass ein Auswahlfehler sich auf die Kündigungsentscheidung nicht ausgewirkt hat?“
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Die Frage hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dabei kann dahinstehen, ob sie nicht schon durch die Entscheidung des Senats vom 9. November 2006 (- 2 AZR 812/05 - Rn. 19, BAGE 120, 137) hinreichend beantwortet ist. Sie ist jedenfalls nicht entscheidungserheblich.
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aa) Das Landesarbeitsgericht hat bei seiner Entscheidung dahinstehen lassen, ob die Beklagte die Sozialauswahl nach Altersgruppen vornehmen durfte. Es hat die soziale Rechtfertigung der Kündigung im Hinblick auf die Sozialauswahl (§ 1 Abs. 3 KSchG) sowohl unter der Voraussetzung einer zulässigen Bildung von Altersgruppen als auch einer Unwirksamkeit des angewandten Auswahlschemas überprüft. Für beide Alternativen hat es angenommen, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt, da die Beklagte in jedem Fall soziale Gesichtspunkte ausreichend berücksichtigt habe (§ 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG). Eine solche Alternativbegründung steht hinsichtlich der Beurteilung, ob Zulassungsgründe iSv. § 72 Abs. 2 ArbGG vorliegen, einer Mehrfachbegründung gleich. In einem solchen Fall ist die Revision nur zuzulassen, wenn mit der Nichtzulassungsbeschwerde jeder der Gründe angegriffen wird und die entsprechenden Rügen hinsichtlich eines jeden von ihnen durchgreifen (zur Doppelbegründung vgl. BAG 10. März 1999 - 4 AZN 857/98 - zu B II 2.1.2 der Gründe, BAGE 91, 93). Für eine Alternativbegründung gilt nichts anderes. Die Nichtzulassungsbeschwerde muss bezüglich beider Alternativen zulässig und begründet sein. Die Beschwerde soll dazu führen, dass das Bundesarbeitsgericht die aufgezeigte Frage von grundsätzlicher Bedeutung iSd. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG beantworten muss, auf die sie gestützt wird. Dieses Ziel wird nicht erreicht, wenn das anzufechtende Urteil - auch - auf einer selbständig tragenden Begründung beruht, die nicht erfolgreich Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde war. Das Bundesarbeitsgericht kann sich dann möglicherweise darauf beschränken, die nicht zum Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde gewordene Begründung zu bestätigen, ohne zu der anderen Stellung zu nehmen (Senat 6. März 2003 - 2 AZN 446/02 - zu II 2 a der Gründe; BAG 10. März 1999 - 4 AZN 857/98 - aaO) .
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bb) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Selbst wenn der vom Kläger bezeichneten Frage bei einer unzulässigen Altersgruppenbildung grundsätzliche Bedeutung zukommen sollte, hat er hinsichtlich der Alternativbegründung des Landesarbeitsgerichts, derzufolge die Sozialauswahl (erst recht) bei Zulässigkeit der Altersgruppenbildung nicht zu beanstanden ist, keine Zulassungsgründe dargelegt.
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3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 72a Abs. 5 Satz 5 ArbGG abgesehen.
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