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BSG 06.10.2020 - B 2 U 10/19 R
BSG 06.10.2020 - B 2 U 10/19 R - (Sozialgerichtliches Verfahren - Verletzung des rechtlichen Gehörs - Versagung eines Schriftsatznachlasses nach umfangreichem Sachverständigengutachten auf psychiatrischem Fachgebiet - gesetzliche Unfallversicherung - Aufhebung einer bewilligten Unfallrente nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10 iVm § 73 Abs 3 SGB 7 - Änderung der tatsächlichen gesundheitlichen Verhältnisse - Posttraumatische Belastungsstörung - Verschiebung der Wesensgrundlage - Voraussetzungen)
Normen
§ 62 Halbs 1 SGG, Art 103 Abs 1 GG, § 65 S 1 SGG, § 106 Abs 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 202 S 1 SGG, § 227 Abs 1 S 1 ZPO, § 411 Abs 4 S 1 ZPO, § 411 Abs 4 S 2 Halbs 1 ZPO, § 48 Abs 1 S 1 SGB 10, § 73 Abs 3 SGB 7
Vorinstanz
vorgehend SG Lübeck, 6. Mai 2015, Az: S 2 U 150/11, Urteil
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, 18. Juli 2018, Az: L 8 U 74/15, Urteil
Leitsatz
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1. Wird erstmals 16 Tage vor der mündlichen Verhandlung ein umfangreiches neurologisch-psychiatrisches Sachverständigengutachten übersandt, so kann die Versagung eines Schriftsatznachlasses eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sein.
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2. Zu den Voraussetzungen des Wegfalls einer Verletztenrente nach anerkannter Posttraumatischer Belastungsstörung wegen einer "Verschiebung der Wesensgrundlage".
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Juli 2018 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Der Kläger wendet sich gegen die Aufhebung der ihm bislang bewilligten Verletztenrente.
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Der 1960 geborene Kläger stürzte als Kranführer am 28.3.2002 in eine etwa drei Meter tiefe Baugrube, wobei er sich ein Schädel-Hirn-Trauma sowie eine begleitende Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) zuzog. Die Beklagte anerkannte dieses Ereignis als Arbeitsunfall mit der Folge einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und gewährte dem Kläger eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) iHv 30 vH ab 1.1.2005 und zuletzt durch Bescheid vom 6.11.2008 ab 1.3.2007 nach einer MdE iHv 70 vH. Als Folge des Arbeitsunfalls erkannte die Beklagte weiterhin eine PTBS an. Der Kläger beantragte sodann die Gewährung eines persönlichen Budgets unter Bestellung seiner Ehefrau als Budgetverantwortliche. Die Beklagte hat dies abgelehnt. Im Rahmen des deswegen geführten Klageverfahrens veranlasste die Beklagte eine Begutachtung durch T zur Frage, ob beim Kläger noch Unfallfolgen vorlägen. In seinem Verwaltungsgutachten kam T zu dem Ergebnis, dass eine wesentliche Änderung in den Unfallfolgen iS einer Verschiebung der Wesensgrundlage eingetreten sei. Die PTBS oder eine andere, unfallabhängige Störung von Krankheitswert sei zum Zeitpunkt der Begutachtung nicht mehr dominant, die psychische Situation des Klägers werde vielmehr durch die unfallunabhängige persönlichkeitsbedingte Krankheitsfehlverarbeitung geprägt. Daraufhin "entzog" die Beklagte dem Kläger die Verletztenrente mit Wirkung ab 1.6.2013, weil für den Fortbestand der psychischen Störungen unfallunabhängige Faktoren maßgebend seien (Bescheid vom 23.5.2013; Widerspruchsbescheid vom 8.10.2013).
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Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6.5.2015). Hiergegen hat der Kläger im November 2015 Berufung zum LSG eingelegt. Das LSG hat am 5.4.2018 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 18.7.2018 bestimmt und in seiner Ladungsverfügung vom selben Tage erstmals Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Arztes für Neurologie und Psychiatrie/Psychotherapie F. Das 76 Seiten umfassende Gutachten hat das LSG am 2.7.2018 erhalten und per Fax den Beteiligten zugeleitet. Die Berichterstatterin hat am 3.7.2018 den Kläger um Stellungnahme bis zum 10.7.2018 gebeten und angefragt, ob die Berufung angesichts des Ergebnisses der Begutachtung zurückgenommen werde. Den Antrag des Klägers, den Termin zur mündlichen Verhandlung aufzuheben und die Stellungnahmefrist bis zum 31.8.2018 zu verlängern, weil die Aufarbeitung des Gutachtens bis zum angesetzten Termin ebenso wenig möglich sei, wie die Konsultation eines geeigneten Arztes, hat die Senatsvorsitzende mit der Begründung abgelehnt, dass hierfür kein hinreichender Grund benannt worden sei. Zum einen bestehe die Möglichkeit, den Sachverständigen in der Sitzung vertiefend zu befragen, zum anderen habe seit der Übersendung des Gutachtens hinreichend Zeit zur Prüfung bestanden. Das LSG hat sodann in der mündlichen Verhandlung vom 18.7.2018 den Sachverständigen F als medizinischen Sachverständigen angehört und in der Sitzungsniederschrift protokolliert: "Der Sachverständige trägt seinen bereits zu den Gerichtsakten eingereichten Gutachtenentwurf zusammenfassend vor. Er erläutert und ergänzt diesen auf Befragen". Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung hilfsweise beantragt, ihm einen dreiwöchigen Schriftsatznachlass auf das Ergebnis der Beweisaufnahme von diesem Tag zu gewähren. Das LSG ist dem nicht nachgekommen und hat die Berufung durch Urteil vom 18.7.2018, dem Tag der mündlichen Verhandlung, zurückgewiesen. Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe ab 1.6.2013 keinen Anspruch mehr auf Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls aus dem Jahre 2002. Es sei eine wesentliche Änderung eingetreten. Nach den Befunden, die für die letzte bindend gewordene Feststellung maßgebend gewesen seien, hätte beim Kläger eine PTBS vorgelegen, die die Beklagte im Bescheid vom 6.11.2008 als Folge des Arbeitsunfalls auch anerkannt habe. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheids am 23.5.2013 habe beim Kläger hingegen keine PTBS mehr bestanden. Eine solche sei unter Berücksichtigung sämtlicher Erkenntnisse, insbesondere des Gutachtens des Arztes F vom 29.6.2018, nicht festzustellen. Die übrigen beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen seien sämtlich unfallunabhängig; dies gelte auch für die rezidivierende depressive Störung schweren Grades als Hauptgesundheitsstörung. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem anerkannten Arbeitsunfall und der beim Kläger bestehenden schweren psychischen Gesundheitsstörung sei nicht hinreichend wahrscheinlich.
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Der Kläger rügt mit seiner Revision Verletzungen seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art 103 GG iVm § 62 SGG. Die beantragte Terminverlegung bzw der Schriftsatznachlass hätten gewährt werden müssen. Das LSG lege seiner Entscheidung im Wesentlichen das Gutachten des Neurologen und Psychiaters F zugrunde. Dieses beruhe aber auf im Einzelnen dargelegten erheblichen wissenschaftlichen Mängeln, die aufgrund des prozessualen Vorgehens des LSG nicht hätten aufgezeigt werden können.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Juli 2018 und das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 6. Mai 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2013 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGB VII) begründet. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG konnte der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob bei dem Kläger die Voraussetzungen für die Aufhebung der Bewilligung der Verletztenrente ab dem 1.6.2013 vorlagen. Das LSG hat den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, weil es ihm nicht ausreichend Gelegenheit gegeben hat, auf das Gutachten des Sachverständigen F zu antworten. Das LSG hat in seinen Entscheidungsgründen tragend auf dieses Gutachten abgestellt. Diese Ausführungen binden den erkennenden Senat jedoch nicht gemäß § 163 SGG (hierzu unter I.). Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG zudem die Grundsätze der Aufhebung von bewilligten Renten aufgrund einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 73 Abs 3 SGB VII und die dabei geltenden Beweisanforderungen zu beachten haben (hierzu unter II.).
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I. Voraussetzung für eine Aufhebung der Bewilligung einer Verletztenrente ist nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des die Verletztenrente bewilligenden Verwaltungsaktes vorgelegen haben (BSG Urteil vom 22.6.2004 - B 2 U 14/03 R - BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr 1, RdNr 10 f). Diese Vorschrift wird für Renten der gesetzlichen Unfallversicherung durch § 73 SGB VII ergänzt. Nach § 73 Abs 3 SGB VII ist eine Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X hinsichtlich der Höhe der MdE nur wesentlich, wenn sie mehr als 5 vH beträgt. Für eine vollständige Aufhebung der Bewilligung einer Verletztenrente muss die verbliebene MdE schließlich weniger als 20 vH betragen.
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Eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist jede Änderung des für die getroffene Regelung relevanten Sachverhalts. In Betracht kommen für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung insbesondere Änderungen im Gesundheitszustand des Betroffenen, wobei es auf die zum Zeitpunkt der letzten bindend gewordenen Feststellung tatsächlich bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse ankommt, die ursächlich auf dem Unfall beruhen. Diese durch Bescheid vom 6.11.2008 mit Wirkung ab 1.3.2007 festgestellten tatsächlichen Umstände sind mit den unfallbedingten Gesundheitsverhältnissen zu vergleichen, die zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides der Beklagten am 23.5.2013 (mit Wirkung ab 1.6.2013) vorgelegen haben (vgl BSG Urteile vom 13.2.2013 - B 2 U 25/11 R - NZS 2013, 464 mwN und vom 22.6.2004 - B 2 U 14/03 R - BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr 1). Nach dem Bewilligungsbescheid vom 6.11.2008 lag beim Kläger als Folge des Arbeitsunfalls vom 28.3.2002 eine PTBS vor, die zu einer MdE iHv 30 vH seit 1.1.2005 und iHv 70 vH ab 1.3.2007 führte. Aufgrund der Feststellungen des LSG kann der Senat nicht beurteilen, ob seit dem 23.5.2013 eine wesentliche Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse gegenüber dem Zustand am 1.3.2007 iS der § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 73 Abs 3 SGB VII eingetreten ist, die es rechtfertigt, die gewährte Verletztenrente zum 1.6.2013 aufzuheben.
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Das LSG stützt sein Urteil vom 18.7.2018 im Wesentlichen auf das Gutachten des Sachverständigen F. Die auf diesem Gutachten beruhenden tatsächlichen Feststellungen des LSG binden den Senat jedoch nicht, weil in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind (§ 163 Halbsatz 2 SGG). Der Kläger hat in seiner Revisionsbegründung hinreichende Umstände aufgezeigt, aus denen zu schließen ist, dass diese Feststellungen unter Verletzung seines Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs getroffen wurden. Eine solche Gehörsverletzung liegt auch vor. Gemäß § 62 Halbsatz 1 SGG, der einfachrechtlich das durch Art 103 Abs 1 GG garantierte prozessuale Grundrecht wiederholt, ist den Beteiligten vor jeder Entscheidung des Gerichts rechtliches Gehör zu gewähren. Dies gilt insbesondere für eine Instanz abschließende Entscheidung. Demgemäß darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 128 Abs 2 iVm § 153 Abs 1 SGG; BSG Beschluss vom 31.8.2017 - B 2 U 74/17 B - SozR 4-1500 § 62 Nr 19). Dies setzt voraus, dass sie ausreichend Gelegenheit zur Abgabe sachgemäßer Erklärungen hatten und ihnen dazu angemessene Zeit eingeräumt wurde (stRspr; vgl BSG Beschlüsse vom 23.10.2003 - B 4 RA 37/03 B - SozR 4-1500 § 62 Nr 1 RdNr 6 mwN; vom 22.9.2009 - B 2 U 182/09 B - juris RdNr 4 und vom 21.1.2020 - B 13 R 190/19 B - juris RdNr 10).
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Hat das Gericht - wie hier - eine schriftliche Begutachtung angeordnet, kann es den Beteiligten gemäß § 118 Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 411 Abs 4 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO eine richterliche Frist (§ 65 Satz 1 SGG) setzen, innerhalb derer die Beteiligten ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen haben (§ 411 Abs 4 Satz 1 ZPO iVm § 118 Abs 1 Satz 1 SGG; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 118 RdNr 12b). Weder die siebentägige Stellungnahmefrist bis zum 10.7.2018 noch der 16tägige Zeitraum zwischen der Zusendung des Gutachtens F am 2.7.2018 und der Durchführung der mündlichen Verhandlung am 18.7.2018 waren angemessen lang (dazu unter 1.). Hinzu kommt als weitere Gehörsverletzung die fehlende Gewährung eines Schriftsatznachlasses, wie ihn der Kläger in der mündlichen Verhandlung beantragt hat (dazu unter 2.).
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1. Sind die Beteiligten somit verpflichtet, "innerhalb eines angemessenen Zeitraums" zu dem schriftlichen "Gutachten" Stellung zu nehmen (§ 411 Abs 4 Satz 1 ZPO), hat ihnen das Gericht "hierfür" einen entsprechenden Zeitraum zur Verfügung zu stellen (§ 411 Abs 4 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO). Dagegen hat das Berufungsgericht verstoßen, indem es nach Übersendung des Gerichtsgutachtens am 3.7.2018 eine richterliche Stellungnahmefrist bis zum 10.7.2018 setzte, die Anträge des Klägers vom 10.7.2018 auf Terminverlegung (§ 227 Abs 1 Satz 1 ZPO iVm § 202 Satz 1 SGG) und Fristverlängerung (§ 65 Satz 1 SGG) bis zum 31.8.2018 ablehnte und die Berufung auf die mündliche Verhandlung vom 18.7.2018 zurückwies. Dies obwohl der Kläger mehrfach auf die Komplexität der sich aus dem Gutachten ergebenden medizinischen Fragestellungen und das Erfordernis einer ärztlichen Beratung hingewiesen und damit alles getan hatte, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Ein Zeitraum von 16 Tagen zwischen der Übersendung des 76 Seiten umfassenden Gutachtens zu psychiatrischen Fragestellungen und der mündlichen Verhandlung war hier aufgrund der Gesamtumstände des Falles zu kurz, so dass er nicht mehr angemessen war iS des § 411 Abs 4 Satz 1 ZPO (Gehle in Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle, ZPO, 78. Aufl 2020, § 411 RdNr 13).
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Das Grundrecht auf Gewährung rechtlichen Gehörs hat Vorrang vor der in § 106 Abs 2 SGG verankerten Beschleunigungspflicht, den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen (so BSG Beschluss vom 31.8.2017 - B 2 U 74/17 B - SozR 4-1500 § 62 Nr 19 RdNr 8; BSG Urteile vom 23.8.1960 - 9 RV 1042/57 - SozR Nr 13 zu § 106 SGG, juris RdNr 7; vom 19.3.1991 - 2 RU 28/90 - SozR 3-1500 § 62 Nr 5 S 9; vom 22.8.2000 - B 2 U 15/00 R - SozR 3-1500 § 128 Nr 14 S 28 und vom 11.12.2002 - B 6 KA 8/02 R - SGb 2003, 152). Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass das Verfahren vor dem Berufungsgericht bereits über zwei Jahre anhängig gewesen ist, ohne dass eine Beweisaufnahme oder erkennbare verfahrensfördernde Maßnahmen erfolgt wären. Auch deshalb bestand Anlass, dem Kläger Gelegenheit zu geben, den erst mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung erfolgten Gutachtensauftrag kritisch zu überprüfen, zumal die Berichterstatterin aufgrund des Ergebnisses des Gutachtens sogar eine Rücknahme der Berufung angeregt hat.
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2. Ein weiterer Verstoß gegen den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör liegt deshalb vor, weil das LSG den in der mündlichen Verhandlung beantragten "Schriftsatznachlass" nicht gewährt hat (zu dieser Möglichkeit vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, aaO, § 129 RdNr 2). Nimmt der Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung dadurch eine unerwartete Wendung, dass bisher nicht erörterte, eventuell entscheidungserhebliche Gesichtspunkte auftauchen oder das Gericht den Beteiligten mit einer geänderten Rechtsauffassung gegenübertritt, so muss vom Gericht, um Überraschungsentscheidungen zu verhindern, sichergestellt werden, dass sich die Beteiligten sachgemäß zum Prozessstoff äußern können. Gibt ein Beteiligter zu erkennen, dass er außer Stande ist, sich in der mündlichen Verhandlung ohne weiteren Rat sachgemäß zu erstmals eingeführten Tatsachen, Erfahrungssätzen oder rechtlichen Gesichtspunkten, die möglicherweise für die Sachentscheidung erheblich sind, zu äußern, so ist ihm auf Antrag eine angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen, falls nicht offensichtlich ist, dass er den Antrag missbräuchlich stellt (BSG Beschluss vom 22.9.2009 - B 2 U 182/09 B - juris RdNr 5).
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Der Begründung der Revision ist zwar nicht zu entnehmen, ob und ggf welche im Vergleich zum schriftlichen Gutachten neuen Gesichtspunkte der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung genannt hat. Diese Darlegung war hier ausnahmsweise entbehrlich. Denn das LSG hat gegen § 122 SGG iVm § 160 Abs 3 Nr 4 ZPO verstoßen, wonach die Aussage des Sachverständigen im Protokoll festzustellen ist, und die Voraussetzungen, unter denen gemäß § 161 Abs 1 Nr 1 ZPO Feststellungen nach § 160 Abs 3 Nr 4 ZPO nicht in das Protokoll aufgenommen werden müssen, lagen nicht vor. Denn das Urteil des Berufungsgerichts unterlag der Nichtzulassungsbeschwerde und deshalb kam die Revision (im Fall ihrer Zulassung) in Betracht (BGH Beschluss vom 24.6.2003 - VI ZR 309/02 - juris RdNr 5). Das LSG hat die Erläuterungen des Sachverständigen auch weder in einem Aktenvermerk oder im Tatbestand des Urteils festgehalten, noch hat es den Inhalt der Erläuterungen des Sachverständigen in den Entscheidungsgründen hinreichend deutlich erkennen lassen, was ausnahmsweise genügen kann (BGH Urteile vom 11.7.2001 - VIII ZR 215/00 - NJW 2001, 3269, 3270 und vom 24.2.1987 - VI ZR 295/85 - NJW-RR 1987, 1197). War der Kläger somit nicht in der Lage, anhand des schriftlichen Gutachtens und der Sitzungsniederschrift schlüssig darzulegen, welche neuen Aspekte in der mündlichen Verhandlung thematisiert bzw erörtert wurden, wird sein Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) in unzumutbarer Weise verkürzt, wenn man ihm im Nachhinein abverlangen wollte, die Defizite der Sitzungsniederschrift zu kompensieren und detailliert zu schildern, was der Sachverständige ausgesagt hat und inwiefern sich daraus Abweichungen zu seinem schriftlichen Gutachten ergeben.
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Das Urteil des LSG kann auch auf diesen Gehörsverletzungen beruhen, weil es die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Aufhebung der Bewilligung der Verletztenrente keine PTBS mehr vorgelegen habe, tragend insbesondere auf das kurz vor der Verhandlung eingeholte Gutachten des Psychiaters F stützt. Das LSG wird dem Kläger vor einer erneuten Verhandlung und Entscheidung in ausreichendem zeitlichen und sachlichen Umfang rechtliches Gehör zu den Ausführungen des Gutachters F gewähren müssen. Dabei wird es insbesondere auch die folgenden rechtlichen Gesichtspunkte (§ 170 Abs 5 SGG) berücksichtigen müssen (sogleich unter II.).
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II. Bei seiner erneuten Entscheidung wird das LSG die Grundsätze der Aufhebung bewilligter Renten aufgrund einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse gemäß § 48 Abs 1 SGB X iVm § 73 Abs 3 SGB VII und die mit einer solchen Aufhebungsentscheidung verbundenen Beweisanforderungen beachten müssen. Dabei wird das LSG zu berücksichtigen haben, dass bei einer Aufhebungsentscheidung gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X das Vorliegen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nur beurteilt werden kann, wenn die zum Zeitpunkt der letzten bindend gewordenen Bewilligung konkret bestehenden gesundheitlichen Verhältnisse am 1.3.2007 mit denen zum Zeitpunkt des Erlasses des Aufhebungsbescheides zum 1.6.2013 verglichen werden. In dem Bescheid vom 6.11.2008 hat die Beklagte beim Kläger als Folge des Arbeitsunfalls vom 28.3.2002 eine PTBS, die zur Zahlung eine Verletztenrente nach einer MdE iHv 70 vH ab 1.3.2007 berechtigte, anerkannt. Das LSG wird folglich zunächst anhand der damals zugrunde gelegten medizinischen Gutachten und Befunde zu prüfen haben, nach welchen Kriterien und ggf unter Verwendung welchen Diagnosesystems die Anerkennung durch die Beklagte im Jahre 2008 erfolgt ist und welche dadurch verursachten Funktionsbeeinträchtigungen zu einer Verletztenrentengewährung nach einer MdE iHv 70 vH geführt haben. Danach und darauf aufbauend wird das LSG festzustellen haben, ob und welche Änderungen zeitlich nachfolgend gegenüber diesem Zustand eingetreten sind. Eine solche wesentliche Änderung der tatsächlichen Verhältnisse iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X iVm § 73 Abs 3 SGB VII kann zunächst in einer Verbesserung der durch die anerkannte PTBS bedingten und zum 1.3.2007 anerkannten Funktionsbeeinträchtigungen bestehen (dazu unter 1.). Eine wesentliche Änderung kann aber bei gleichgebliebenen Funktionsbeeinträchtigungen auch dadurch eintreten, dass diese Funktionsbeeinträchtigungen durch eine andere - bereits bestehende oder später hinzugekommene - Erkrankung bewirkt werden (dazu unter 2.), die alleinwesentlich durch unfallfremde Einwirkungen oder innere Ursachen entstanden ist (dazu unter 3.).
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1. Das LSG wird daher festzustellen haben, welche konkreten Funktionsbeeinträchtigungen zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten über die Aufhebung der Verletztenrentenbewilligung zum 1.6.2013 in welcher Intensität noch vorlagen. Sodann wird es diese, (noch) vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen mit den bei der letzten maßgeblichen Rentenbewilligung durch Bescheid vom 6.11.2008 ab 1.3.2007 zugrunde gelegten Funktionsbeeinträchtigungen vergleichen müssen (s kritisch zur bisherigen Praxis zu Funktionsbeeinträchtigungen bei psychischen Unfallfolgen und MdE-Bewertung Drechsel-Schlund, MedSach 2020, 125). Weder das Urteil des LSG noch die Bescheide der Beklagten enthalten bislang konkrete Feststellungen zu den Funktionsstörungen, die beim Kläger durch die anerkannte PTBS (zunächst) bewirkt wurden und zu einer MdE iHv 70 vH führten und die - nach Auffassung des LSG - im Jahre 2013 nun nur noch unfallunabhängig bestehen.
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Entscheidend für die Bewertung der MdE als Grundlage der Bemessung der Verletztenrente sind weniger medizinische Diagnosen oder die Feststellung bestimmter Krankheitsbilder, wenn diese auch deren Ausgangspunkt sind, sondern welche Funktionseinschränkungen sich daraus im entscheidungserheblichen Zeitraum ergeben. Festzustellen sind daher zunächst die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu jedem der beiden Vergleichszeitpunkte (1.3.2007 und 1.6.2013). In einem zweiten Schritt ist festzustellen, welche körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigungen bei dem konkreten Versicherten dadurch bedingt sind (Scholz in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl, Stand 15.3.2014, § 56, RdNr 47). Die Bemessung des Grades der MdE ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG eine tatsächliche Feststellung, die das Tatsachengericht unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen richterlichen Überzeugung trifft (BSG Urteile vom 20.12.2016 - B 2 U 11/15 R - BSGE 122, 232 = SozR 4-2700 § 56 Nr 4, RdNr 15; vom 18.1.2011 - B 2 U 5/10 R - SozR 4-2700 § 200 Nr 3; vom 2.5.2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr 8; vom 19.12.2000 - B 2 U 49/99 R - HVBG-INFO 2001, 499; vom 27.6.2000 - B 2 U 14/99 R - SozR 3-2200 § 581 Nr 7; vom 23.4.1987 - 2 RU 42/86 - HV-INFO 1988, 1200 und vom 24.5.1984 - 2 RU 12/83 - HV-INFO 1984, Nr 13, 18). Hierzu gehört auch die Überprüfung der Authentizität der von einem Probanden geklagten Beschwerden, die eine Kernaufgabe jeder psychiatrischen Begutachtung ist, um Simulation und Aggravation auszuschließen (s bereits BSG Urteil vom 31.7.1958 - 9 RV 536/57 - BSGE 8, 72, juris RdNr 33). Nur wenn sich bei der exakten Feststellung der Funktionsbeeinträchtigungen und der hieraus jeweils resultierenden MdE seit dem 1.3.2007 eine Verbesserung von mehr als 5 vH bis hin zu einer verbliebenen MdE von weniger als 20 vH ergibt, lägen unter diesem Gesichtspunkt die Voraussetzungen einer Komplettaufhebung der Rentenbewilligung vor (§ 56 SGB VII). Das LSG wird diese Feststellungen noch nachzuholen haben, weil nur dann eine Prüfung möglich ist, ob sich in den Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung iS des § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X eingetreten ist.
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2. Sofern das LSG hierbei zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass verglichen mit dem Zustand, der zur Anerkennung der PTBS und einer MdE iHv 70 vH im Jahre 2008 geführt hat, zum Zeitpunkt der Aufhebungsentscheidung im Jahre 2013 nach Art und Intensität identische Funktionsbeeinträchtigungen beim Kläger vorlagen, was in dem angefochtenen Urteil zumindest anklingt, so wird das LSG dann weiter zu prüfen haben, ob die bereits anerkannte PTBS durch eine andere - entweder bereits vor dem Unfallereignis bestehende oder zeitlich nachfolgend hinzugetretene - Erkrankung vollständig ersetzt wurde oder so weit in den Hintergrund getreten ist, dass letztere alleine rechtlich wesentlich die vorhandenen Funktionsbeeinträchtigungen bewirkt (sog "Verschiebung der Wesensgrundlage").
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Insbesondere im Bereich psychischer Störungen sind dabei die Gesundheitsschäden genau zu definieren (Spellbrink, SozSich 2019, 18, 20), was nach der Senatsrechtsprechung zwingend voraussetzt, dass die Störung durch Einordnung in eines der gängigen Diagnosesysteme (zB ICD-10, DSM-5) unter Verwendung der dortigen Schlüssel und Bezeichnungen exakt beschrieben wird (s zu diesem Erfordernis zuletzt BSG Urteile vom 26.11.2019 - B 2 U 8/18 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 71 RdNr 19; vom 15.5.2012 - B 2 U 31/11 R - NZS 2012, 909, RdNr 18 sowie vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 22 und - B 2 U 26/04 R - juris RdNr 26). Denn je genauer und klarer die Gesundheitsstörungen bestimmt sind, umso einfacher sind ihre Ursachen zu erkennen und zu beurteilen. Dies schließt begründete Abweichungen von diesen Diagnosesystemen, zB aufgrund ihres Alters und des zwischenzeitlichen wissenschaftlichen Fortschritts, nicht aus (BSG Urteil vom 26.11.2019 - B 2 U 8/18 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 71 RdNr 19).
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Dieses Erfordernis gilt sowohl für die im Jahre 2008 wie auch für die im Jahre 2013 vorliegenden Störungsbilder. Sofern das LSG als nun bestehende Hauptgesundheitsstörung eine "rezidivierende depressive Störung schweren Grades" annehmen sollte, was aufgrund seiner bisherigen Feststellungen unklar bleibt, benennt es ohnehin bereits keinen der ICD-10 bzw DSM-5 entsprechenden Diagnoseschlüssel für diese Krankheitsbeschreibung. Selbst wenn man eine Bezeichnung ohne Benennung des Diagnoseschlüssels ausreichen lassen würde, wäre damit keine tatrichterliche Feststellung iS des § 163 SGG verbunden, weil das LSG zugleich in der Urteilsbegründung alternative Erkrankungsbilder wie die "posttraumatische Verbitterungsstörung" und auch die Möglichkeit eines "sekundären Krankheitsgewinns" als in den Sachverständigengutachten "diskutiert" wiedergibt, ohne klar zu erkennen zu geben, welches dieser Krankheitsbilder iS des § 163 SGG als festgestellt gelten soll.
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3. Das LSG wird sodann ggf weiter feststellen bzw prüfen müssen, ob die zum Zeitpunkt der Aufhebung der Verletztenrente noch bestehende Erkrankung allein wesentlich durch unfallfremde Einwirkungen oder innere Ursachen entstanden ist. Es wird hierbei zu beachten haben, dass für die Aufhebung einer bewilligten Verletztenrente nach § 48 SGB X iVm § 73 SGB VII bei einer bereits durch bindenden Verwaltungsakt anerkannten unfallbedingten PTBS bei gleichbleibender Symptomatik der Unfallversicherungsträger die objektive Feststellungslast dafür trägt, dass die bereits festgestellte versicherte Einwirkung und der dadurch rechtlich wesentlich verursachte Gesundheitsschaden nun nicht mehr für die psychische Symptomatik und damit verbundenen Funktionseinschränkungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich ursächlich ist (vgl Schütze in ders, SGB X, 9. Aufl 2020, § 48 RdNr 12; Steinwedel in KassKomm, Stand 9/2020, § 48 SGB X RdNr 22). Wenn daher behauptet wird, eine andere Ursache und eine andere Gesundheitsstörung sei an die Stelle der früher festgestellten getreten, dh wenn eine "Verschiebung der Wesensgrundlage" iS eines Wechsels der Ursache für nach wie vor bestehende Funktionsbeeinträchtigungen aufgrund eines neuen oder vorbestehenden Gesundheitsschadens der unverändert gebliebenen Krankheitserscheinungen eingetreten sein soll, dann muss dieser Wechsel der Ursache exakt festgestellt werden. Dies erfordert einerseits den Nachweis, dass die alte, früher bestehende Ursache für die PTBS als wesentlicher Faktor weggefallen ist, und andererseits, dass eine andere Ursache später an deren Stelle getreten ist (s bereits BSG Urteil vom 23.5.1969 - 10 RV 273/66 - juris RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 29.11.1963 - 2 RU 46/58 - juris RdNr 33). Eine dem § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V vergleichbare Norm, die das Schicksal eines entstandenen Anspruchs auf Krankengeld bei Hinzutreten einer weiteren Krankheit regelt, besteht im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung für Verletztenrenten, für die keine gesetzliche Höchstbezugsdauer gilt, nicht (vgl zum Begriff der "hinzugetretenen Krankheit" in § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V, die auch schon bestanden haben kann, Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, 3/2020, § 48 RdNr 27).
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Das LSG wird hierbei zu beachten haben, dass die Kausalität bei psychischen Gesundheitsschäden wie bei jeder anderen Gesundheitsstörung geprüft wird (dazu unter a). Dabei ist stets der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde zu legen (dazu unter b), wobei eine hypothetische Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung nicht anerkannt wird (dazu unter c). Das LSG wird auch zu berücksichtigen haben, dass der Gesichtspunkt der "Verschiebung der Wesensgrundlage" nicht dazu führen darf, Fehleinschätzungen bei der ursprünglichen Anerkennung der PTBS nachträglich zu korrigieren (dazu unter d). Schließlich könnte auch die Möglichkeit einer nur teilweisen Verursachung der psychischen Symptomatik durch unfallfremde Faktoren und die damit verbundene Frage der Abgrenzbarkeit eines Teilschadens zu prüfen sein (dazu unter e).
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a) Das LSG wird zu beachten haben, dass nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats bei der Anerkennung psychischer Erkrankungen als Gesundheitsschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII (zuletzt BSG Urteile vom 26.11.2019 - B 2 U 8/18 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 71 RdNr 19; vom 15.5.2012 - B 2 U 31/11 R - NZS 2012, 909, RdNr 18 sowie vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 22 und - B 2 U 26/04 R - juris RdNr 26) die Kausalität wie bei jeder anderen Gesundheitsstörung zu prüfen ist (Spellbrink, MedSach 2020, 114, 117 f). Die haftungsbegründende Kausalität verlangt, dass neben der Unfallkausalität zwischen versicherter Verrichtung und Unfallereignis das versicherte Unfallereignis den Gesundheitsschaden objektiv sowie rechtlich wesentlich verursacht hat (vgl BSG Urteile vom 7.5.2019 - B 2 U 34/17 R - BSGE 128, 104 = SozR 4-2700 § 2 Nr 50, RdNr 33; vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55; vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R - BSGE 118, 18 = SozR 4-2700 § 101 Nr 2, RdNr 16; vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 RdNr 11 und - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 53 RdNr 11 sowie vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 32 ff mwN). Bei der haftungsausfüllenden Kausalität, die nicht Bestandteil des Begriffs Arbeitsunfall ist, wird sodann geprüft, ob aus dem Arbeitsunfall weitere, psychische Folgeschäden resultieren, für die ein unmittelbarer und rechtlich wesentlicher Ursachenzusammenhang mit dem festgestellten Unfallereignis besteht (vgl BSG Beschlüsse vom 26.11.2019 - B 2 U 122/19 B - juris RdNr 7 und vom 30.3.2017 - B 2 U 181/16 B - juris RdNr 8; BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 31/11 R - juris RdNr 22).
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Das LSG wird ggf feststellen müssen, welche konkreten - in dem angefochtenen Urteil angedeuteten - nach dem Unfallereignis eingetretenen "externen, schädigungsunabhängigen psychischen Belastungsfaktoren" hinzugekommen sind, die den Kausalzusammenhang zwischen dem anerkannten Unfallereignis und der festgestellten PTBS haben entfallen lassen, oder ob es sich um die Verschlimmerung eines Grundleidens basierend auf - ebenfalls im Urteil genannten - "narzisstischen Persönlichkeitszügen" handelt. In letzterem Fall wäre bei Annahme eines prozesshaften Fortschreitens einer unfallfremden Grunderkrankung eine Verlaufsanalyse für die Zeit vor dem Unfall vorzunehmen, um im Abgleich mit der späteren Entwicklung eine Verschiebung der Wesensgrundlage begründen zu können (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Aufl 2017, S 141; s zur Verschlimmerung P. Becker, MedSach 2016, 6). In jedem Fall erfordert die Ermittlung von unfallunabhängigen Faktoren eine umfangreiche biografische Anamnese (Ullmann/Drechsel-Schlund, MedSach 2020, 120, 123).
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b) Bei der Beurteilung von Kausalzusammenhängen zwischen äußeren Einwirkungen und der Entstehung von Gesundheitsschäden iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII sowie ggf von später hinzutretenden weiteren Gesundheitsfolgeschäden ist stets der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand zugrunde zu legen. Als aktueller Erkenntnisstand sind solche durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnenen Erkenntnisse anzusehen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also, von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (vgl zuletzt BSG Urteile vom 6.9.2018 - B 2 U 10/17 R - BSGE 126, 244 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 9, RdNr 28; vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 7 RdNr 22; vom 17.12.2015 - B 2 U 11/14 R - BSGE 120, 230 = SozR 4-2700 § 9 Nr 26, RdNr 17 und vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 20). Dem Tatsachengericht ist es bei fehlender Sachkunde verwehrt, medizinische Beurteilungen selbst vorzunehmen, sondern es muss sich regelmäßig sachverständiger Hilfe bedienen, um den medizinischen Sachverhalt zu ermitteln (BSG Urteil vom 17.4.2013 - B 9 V 1/12 R - BSGE 113, 205 = SozR 4-3800 § 1 Nr 20, RdNr 45; Müller in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 103 RdNr 24; Bieresborn in Francke/Gagel/Bieresborn, Der Sachverständigenbeweis im Sozialrecht, 2. Aufl 2017, § 2 RdNr 11).
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Für eine Aufhebung der Bewilligung der Verletztenrente wegen einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse bei bestandskräftig anerkannter PTBS und unveränderter Minderung der Erwerbsfähigkeit genügt der bloße routinemäßige Hinweis auf den Zeitablauf nicht. Für die Annahme einer Auswechslung der Verursachungsfaktoren reicht nicht die Behauptung, dass sich die Folgen einer PTBS mit zunehmendem Zeitablauf regelmäßig zurückentwickeln und daher automatisch nach Ablauf einer bestimmten Zeit eine Verschiebung der Wesensgrundlage stattgefunden habe, so dass andere, unfallfremde Faktoren nunmehr allein wesentlich für die Aufrechterhaltung der psychischen Symptomatik und der daraus resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen seien (vgl BSG Urteile vom 18.10.1960 - 11 RV 52/60 - BSGE 13, 89, 90 f = SozR Nr 9 zu § 62 BVG; vom 23.5.1969 - 10 RV 273/66 - juris RdNr 20 f und vom 27.1.1966 - 10 RV 731/63 - juris RdNr 15).
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Der Senat hat bereits in anderem Zusammenhang klargestellt, dass die Grundsätze der Heilungsbewährung des sozialen Entschädigungsrechts nur sehr eingeschränkt auf die gesetzliche Unfallversicherung übertragbar sind (BSG Urteil vom 22.6.2004 - B 2 U 14/03 R - BSGE 93, 63 = SozR 4-2700 § 56 Nr 1, RdNr 14). Eine Verschiebung der Wesensgrundlage kann vielmehr nur dann bejaht werden, wenn im gesundheitlichen Sachverhalt tatsächliche Änderungen eingetreten und eindeutig festgestellt sind. Werden aber dieselben Erscheinungen und Beschwerden - dh dieselben Zustände einer Normabweichung - festgestellt, dann spricht zunächst die Identität der Zustände dafür, dass sich auch an der Ursache dieser Krankheitserscheinungen nichts geändert hat. Hat der Unfallversicherungsträger eine bestimmte Tatsache (schädigendes Ereignis) als Ursache für einen Zustand festgestellt und zur Grundlage für seine Entscheidung (Anerkennung des Gesundheitsschadens iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII) gemacht, dann kann er diese Feststellung, die zu einem den Verletzten begünstigenden Bescheid geführt hat, nicht allein durch die Behauptung, diese Ursache bestehe jetzt nicht mehr, ersetzen. Solange nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine solche automatische Zurückentwicklung der Krankheit nicht anzunehmen ist, kann eine Aufhebungsentscheidung nicht allein auf die bloße Behauptung eines solchen wissenschaftlichen Erfahrungssatzes gestützt werden. Ebenso wenig ist es deshalb zulässig, ohne weitere wissenschaftliche Erfahrungssätze zu nennen, den Umstand, dass der Kläger bereits vor dem Unfallereignis unter Schwindelattacken gelitten habe, als Beleg dafür zu werten, dass seit 2012 und spätestens seit dem Zeitpunkt der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung eine PTBS nicht mehr bestehe. Sofern die Rechtsprechung vereinzelt davon ausgegangen ist, dass bei länger anhaltenden psychoreaktiven Gesundheitsstörungen ergänzend zu prüfen sei, ob und inwieweit auch der weitere Verlauf der Erkrankung noch rechtlich wesentlich auf die ursprünglichen Reaktionen zurückzuführen ist und nicht Begehrungsvorstellungen oder sonstige aus der Psyche wirkende Kräfte so weit in den Vordergrund treten, dass sie für den weiteren Verlauf die rechtlich allein wesentliche Ursache bilden (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 11.7.2018 - L 3 U 3108/17 - juris RdNr 67; s auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, aaO, S 165; insbesondere zur PTBS, S 154) entbindet dies die Gerichte nicht davon, die wissenschaftliche Basis solcher "Alltagstheorien" zu benennen.
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Mithin wird das LSG darzulegen haben, auf welcher wissenschaftlichen Erkenntnisquelle seine Annahme eines typischen degressiven Verlaufs einer PTBS beruht, zumal nach F43.1 des ICD-10 zwar in der Mehrzahl der Fälle eine Heilung erwartet werden könne, in wenigen Fällen aber die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf nehme und dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F62.0) übergehe. Gerade im vorliegenden Falle bedurfte es der näheren Prüfung und Begründung, warum der Kläger nicht einen dieser Fälle abbildet (s zur Bedeutung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstands zuletzt BSG Urteile vom 6.9.2018 - B 2 U 10/17 R - BSGE 126, 244 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 9, RdNr 28; vom 17.12.2015 - B 2 U 11/14 R - BSGE 120, 230 = SozR 4-2700 § 9 Nr 26, RdNr 17; vom 23.4.2015 - B 2 U 6/13 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 2108 Nr 7 RdNr 20 und vom 27.6.2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr 7, RdNr 20).
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c) Das LSG wird auch zu berücksichtigen haben, dass im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung eine "hypothetische" Kausalität nicht anerkannt wird (Krasney in Krasney/Becker/Heinz/ Bieresborn, Gesetzliche Unfallversicherung-SGB VII, § 8, Stand 2/2020, RdNr 685 mit zahlreichen Nachweisen). Es berührt die Leistungspflicht eines Versicherungsträgers nicht, wenn der durch einen Arbeitsunfall verursachte Schaden durch ein anderes Ereignis in gleicher oder sogar noch erschwerender Weise entstanden wäre. Ein Gesundheitsschaden ist nach der sozialrechtlichen Theorie der wesentlichen Bedingung nicht anders zu beurteilen, wenn sich nachträglich feststellen lässt, dass der unfallbedingte Erfolg zu einem späteren Zeitpunkt auch durch eine andere Bedingung und einen anderen Kausalablauf ausgelöst worden wäre (BSG Urteile vom 28.6.1988 - 2/9b RU 28/87 - BSGE 63, 277 = SozR 2200 § 548 Nr 91, juris RdNr 19; vom 25.4.1961 - 11 RV 1340/60 - BSGE 14, 172 = SozR Nr 11 zu § 62 BVG = SozR Nr 10 zu § 30 BVG und vom 19.6.1962 - 11 RV 1188/60 - BSGE 17, 114 = SozR Nr 15 zu § 30 BVG).
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Vielmehr ist zu prüfen, ob ein tatsächlich durch einen Versicherungsfall verursachter Gesundheitsschaden auch in der Folgezeit (noch) von diesem verursacht wird oder ob eine andere - vorbestehende oder zeitlich nachfolgende - Gesundheitsbeeinträchtigung verursacht durch andere Faktoren als allein rechtlich wesentlich an dessen Stelle getreten ist. Welche Ursache im Einzelfall rechtlich wesentlich ist und welche nicht, muss nach der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs vom Rechtsanwender (Juristen) wertend entschieden werden (zuletzt für das BK-Recht: BSG Urteil vom 30.3.2017 - B 2 U 6/15 R - BSGE 123, 24 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1, RdNr 23; grundlegend BSG Urteile vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17 und vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31 RdNr 12). Die Wesentlichkeit einer (Mit-)Ursache ist eine reine Rechtsfrage, die sich nach dem Schutzzweck der Norm beantwortet (grundlegend Spellbrink, MedSach 2017, 51, 55; P. Becker, MedSach 2007, 92).
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Die rechtliche Wesentlichkeit ist zusätzlich und eigenständig zu prüfen und zu bejahen, wenn die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller festgestellten mitwirkenden unversicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr ist (BSG Urteile vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 37 und vom 30.1.2007 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2 RdNr 23). Dabei kann auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere Ursache keine überragende Bedeutung hat (BSG Urteile vom 30.3.2017 - B 2 U 6/15 R - BSGE 123, 24 = SozR 4-5671 Anl 1 Nr 1103 Nr 1, RdNr 23 und vom 30.1.2007 - B 2 U 15/05 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4104 Nr 2 RdNr 22; vgl P. Becker, MedSach 2005, 115 und ders, ZblArbeitsmed 2015, 301; Spellbrink, BPUVZ 2012, 360, 365).
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d) Das LSG wird ferner zu beachten haben, dass der Aspekt einer Verschiebung der Wesensgrundlage nicht dazu dienen kann, Fehleinschätzungen, die der Beklagten bei der Erstbewilligung ggf unterlaufen sind, zu korrigieren. Wenn die Beklagte bzw das LSG zu der Überzeugung gelangen, dass die PTBS gar nicht erst als unfallbedingt oder allenfalls als vorübergehende Verschlimmerung eines bestehenden Grundleidens hätte anerkannt werden dürfen (Vießmann, SGb 2013, 68, 74), so wäre Ermächtigungsgrundlage für eine Aufhebung der Bewilligung in diesem Fall § 45 Abs 1 SGB X, der die ursprüngliche Rechtswidrigkeit des bewilligenden Verwaltungsakts im Zeitpunkt seines Erlasses voraussetzt.
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e) Das LSG wird schließlich die Möglichkeit einer zum Zeitpunkt der Aufhebung der Bewilligung (nur) teilweisen Verursachung der psychischen Symptomatik durch unfallfremde Faktoren und die damit verbundene Frage der Abgrenzbarkeit eines Teilschadens zu prüfen haben. Der unter dem Begriff "Verschiebung der Wesensgrundlage" erörterte nachträgliche Wechsel der Ursache bei unverändert gebliebenem Krankheitsbild ist nach der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausalitätslehre unter zwei Aspekten denkbar. Entweder ist ab einem bestimmten Zeitpunkt das Unfallereignis nicht einmal mehr iS einer Conditio-sine-qua-non ursächlich, oder dem Unfallereignis ist ab einem bestimmten Zeitpunkt nur die rechtliche Wesentlichkeit für den fortbestehenden Gesundheitsschaden abzusprechen (Bayerisches LSG Urteil vom 9.12.2015 - L 2 U 496/12 - juris RdNr 71; vgl Bayerisches LSG Urteil vom 18.2.2014 - L 15 VG 2/09 - RdNr 156; Schütze in ders, SGB X, aaO, § 48 RdNr 8 und Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, aaO, S 112). Schließlich muss insgesamt das Leidensbild des Klägers darauf überprüft werden, ob nicht anstelle einer Verschiebung der Wesensgrundlage eine sekundäre Verschlimmerung der anerkannten PTBS eingetreten ist (Ullmann/Drechsel-Schlund, MedSach 2020, 120, 123; Wallesch ua Neurotraumatologie, 2005, S 232).
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Das LSG wird in diesem Zusammenhang also zu prüfen haben, ob die zunächst anerkannte PTBS tatsächlich vollständig abgeklungen ist oder ob die anerkannte PTBS zumindest eine teilweise wesentliche Ursache der fortbestehenden Funktionsbeeinträchtigungen ist. In der Gesetzlichen Unfallversicherung können grundsätzlich nur abgrenzbare Gesundheitsschäden, die durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurden, entschädigt werden (BSG Urteil vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 44 RdNr 39). Bei bereits bestandskräftig anerkannten Gesundheitsschäden, wie im vorliegenden Fall, kehrt sich das in der Gesetzlichen Unfallversicherung geltende Alles-oder-Nichts-Prinzip, demzufolge die Aufteilung eines Schadens nach Verursachungsanteilen fremd ist und die Kausalität für den gesamten Schaden jeweils einheitlich bewertet werden muss (G. Wagner in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl, Stand 26.5.2020, § 8, RdNr 163), insoweit um, als bei einer nichtabgrenzbaren Beteiligung eines unfallfremden Gesundheitsschadens es bei der Entschädigung des anerkannten versicherten Unfallereignisses verbleiben muss.
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In diesem Zusammenhang wird das LSG auch zu beachten haben, dass die von ihm erwogene "Aggravationstendenz" des Klägers nicht zwingend ein Abklingen der festgestellten unfallbedingten Gesundheitsbeschwerden belegt, sondern allenfalls ein "Aggravationsanteil" abzuziehen sein könnte. Im Übrigen wird das LSG in diesem Zusammenhang zu würdigen haben, ob feststellbare Aggravationstendenzen das objektive Bestehen einer Gesundheitsstörung gänzlich oder teilweise in Frage stellen oder ob diese nur einer Erhöhung der bereits bewilligten Rente - die hier nicht streitgegenständlich ist - entgegenstehen.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden haben.
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