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BSG 10.12.2019 - B 11 AL 16/18 R
BSG 10.12.2019 - B 11 AL 16/18 R - Sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler im Berufungsverfahren - Zurückweisung durch Beschluss - vorherige Anhörung der Beteiligten - Änderung der Prozesslage - Erfordernis der erneuten Anhörung - objektive Betrachtung - formelle Rechtmäßigkeit eines Aufhebungsbescheides - absoluter Revisionsgrund
Normen
§ 153 Abs 4 S 1 SGG, § 153 Abs 4 S 2 SGG, Art 103 Abs 1 GG, § 24 Abs 1 SGB 10, § 41 Abs 1 Nr 3 SGB 10, § 41 Abs 2 SGB 10, § 42 S 2 SGB 10
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 26. September 2017, Az: S 54 AL 348/15, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 16. Januar 2018, Az: L 18 AL 190/17, Beschluss
Leitsatz
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Ob eine Änderung der Prozesslage eingetreten ist, die eine erneute Anhörung der Beteiligten zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung durch Beschluss erforderlich macht, beurteilt sich aus der objektiven Sicht eines Beteiligten.
Tenor
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Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2018 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Alg wegen der Teilnahme an einem berufsbezogenen Sprachkurs.
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Der Kläger ist aus Russland nach Deutschland übergesiedelt und war zuletzt als Bauhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Bewilligung von Alg ab 1.2.2014 für 360 Kalendertage (Bescheid vom 4.3.2014) durch die Beklagte lehnte er die Teilnahme an einer Gruppenveranstaltung der Arbeitsverwaltung im November 2014 ab. Als Begründung hierfür gab er an, dass er an einem berufsbezogenen Sprachkurs "Bürokompetenz für kaufmännische Berufe - Neustart in den Beruf 9" (im Folgenden: Maßnahme) teilnehme. Die Maßnahme dauerte vom 1.8.2014 bis 28.2.2015; sie war mit Unterrichtszeiten von montags bis freitags jeweils von 9.00 Uhr bis 14.15 Uhr verbunden. Die Beklagte hob die Bewilligung von Alg rückwirkend ab August 2014 auf (Bescheid vom 26.11.2014; Widerspruchsbescheid vom 16.12.2014).
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Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 26.9.2017). Im Berufungsverfahren hat die Beklagte an den Kläger und seinen Bevollmächtigten mehrere Schreiben gesandt, nach deren Inhalt das zu Unrecht unterlassene Verfahren der Anhörung zur Aufhebung der Alg-Bewilligung nachgeholt werden solle (Schreiben vom 29.11.2017; Abschlussmitteilung vom 3.1.2018). Hierzu hat der Kläger vorgetragen (Schreiben vom 17.1.2018). Zeitgleich hat ihn das LSG mit dem die Bewilligung von PKH ablehnenden Beschluss vom 29.11.2017 dazu angehört, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen. Sodann hat es die Berufung durch Beschluss der Berufsrichter ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen (Beschluss vom 16.1.2018). Das BSG habe bereits entschieden, dass die Teilnahme an einer ganztägigen beruflichen Weiterbildung in der Regel eine gleichzeitige Verfügbarkeit ausschließe (§ 139 Abs 3 SGB III). Auch habe die Beklagte einer Teilnahme an der Maßnahme, deren fehlende Eignung für den Kläger sie plausibel in Abrede gestellt habe, nicht zugestimmt. Unter Berücksichtigung seiner intellektuellen Möglichkeiten habe er wegen des Erhalts des Merkblatts 1 für Arbeitslose wissen oder bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erkennen können, dass sein Anspruch auf Alg entfallen sei. Der Aufhebungsbescheid leide nicht an formalen Mängeln, weil die erforderliche Anhörung durch ein förmliches Verfahren jedenfalls im Berufungsverfahren nachgeholt worden sei.
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Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Die Schreiben der Beklagten zur nachgeholten Anhörung seien erst am 10.1.2018 bei seinem Bevollmächtigten eingegangen. Er habe auf eine angemessene Stellungnahmefrist vertrauen dürfen. Das LSG sei verpflichtet gewesen, bei der gerichtlichen Entscheidung den Inhalt seines Schriftsatzes vom 17.1.2018 zu beachten, der dort am gleichen Tag eingegangen sei. Unter Berücksichtigung des hierin enthaltenen Beweisantrags habe es noch Zeugen vernehmen müssen. Es bestehe die Möglichkeit, dass er bei einer Sachentscheidung obsiege. Während des Besuchs der berufsbezogenen Sprachförderung sei er verfügbar gewesen.
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Der Kläger beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 16. Januar 2018 sowie das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2017 und den Bescheid vom 26. November 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2014 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hat sich der Begründung des LSG angeschlossen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liege nicht vor.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), denn das LSG hätte nicht durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG entscheiden dürfen.
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Gegenstand des Revisionsverfahrens ist - neben den Entscheidungen der Vorinstanzen - der Bescheid vom 26.11.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.12.2014, mit dem die Beklagte die Bewilligung von Alg ab 1.8.2014 aufgehoben hat. Der Kläger greift die Bescheide zu Recht mit der isolierten Anfechtungsklage an (§ 54 Abs 1 SGG). Wegen der bindenden Bewilligung von Alg für den hier streitbefangenen Zeitraum ab 1.8.2014 mit Bescheid vom 4.3.2014 bedurfte es keiner damit verbundenen Leistungsklage (vgl nur BSG vom 3.5.2018 - B 11 AL 2/17 R - BSGE 126, 25 = SozR 4-4300 § 159 Nr 6, RdNr 10).
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Es liegt eine Verletzung des § 153 Abs 4 SGG vor. Nach § 153 Abs 4 Satz 1 SGG kann das LSG die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG sind die Beteiligten vorher zu hören. Die Anhörungspflicht ist Ausdruck des verfassungsrechtlichen Gebots des rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG), das bei Anwendung des vereinfachten Verfahrens im Berufungsrechtszug nicht verkürzt werden darf (vgl BSG vom 17.9.1997 - 6 RKa 97/96 - SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 11 f mwN; BSG vom 21.6.2000 - B 4 RA 71/99 R - SozR 3-1500 § 153 Nr 11 S 32; BSG vom 29.8.2006 - B 13 R 37/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 5), bevor das LSG eine Berufung durch Beschluss zurückweist. Gegen diese Verpflichtung zur Anhörung der Beteiligten hat das LSG verstoßen. Zwar hat es die Beteiligten in seinem die Bewilligung von PKH an den Kläger ablehnenden Beschluss vom 29.11.2017 mit Gelegenheit zur Äußerung binnen eines Monats darauf hingewiesen, dass es erwäge, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen, weil es sie "gegenwärtig einstimmig aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich" halte. Zeitlich nachfolgend ist jedoch eine Änderung der Prozesssituation eingetreten, die eine Wiederholung der Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG erfordert hätte.
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Ob eine erneute Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG erforderlich ist, orientiert sich am Zweck der Anhörungsmitteilung (vgl Burkiczak in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, § 153 RdNr 115 ff, Stand November 2019), den Beteiligten die Gelegenheit zu geben, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht alles vorbringen zu können, was aus ihrer Sicht für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung ist und gegen eine Entscheidung durch Beschluss und für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der ehrenamtlichen Richter spricht. Das Anhörungserfordernis nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG ist aus verfassungsrechtlichen Gründen weit auszulegen, weil die Anhörungsmitteilung die ansonsten durch die mündliche Verhandlung ermöglichte umfassende Anhörung der Beteiligten adäquat kompensieren soll (vgl BSG vom 30.10.2019 - B 14 AS 329/18 B und B 14 AS 330/18 B - juris RdNr 3). In gleicher Weise wie die erstmalige Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG dient deren erneute Durchführung der Verwirklichung des grundrechtsgleichen Rechts auf Gewährleistung des rechtlichen Gehörs. Die Beteiligten müssen daher durchgehend und unmissverständlich darüber informiert sein, dass (weiterhin) durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden werden soll, weil das LSG die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Nur wenn sie sichere Kenntnis hiervon vor Erlass des Beschlusses haben, werden sie in die Lage versetzt, aktiv zu werden und zeitnah auf das Berufungsgericht (erneut) einzuwirken und dieses ggf veranlassen zu können, ihrem Berufungsvortrag nachzugehen bzw zumindest eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
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Ob eine Änderung der Prozesslage als Ausgangssituation für eine erneute Anhörungsverpflichtung des LSG gegeben ist, ist daher aus der objektiven Sicht eines Beteiligten zu bewerten. Entscheidend ist, ob Beteiligte bei objektiver Betrachtung - etwa aufgrund des (weiteren) Vortrags eines Beteiligten oder anderer Umstände im Prozessverlauf - annehmen können, dass das Berufungsgericht bei seiner ersten Anhörungsmitteilung entscheidungserhebliche Gesichtspunkte außer Betracht gelassen hat. Insofern ist in der Rechtsprechung des BSG von dem Erfordernis einer erneuten Anhörung wegen einer entscheidungserheblichen Änderung der Prozesssituation ausgegangen worden, wenn ein Beteiligter im Berufungsverfahren nach einer ersten Anhörungsmitteilung in qualifizierter Weise erstmals zu einem rechtlich relevanten Gesichtspunkt vorträgt (BSG vom 30.10.2019 - B 14 AS 329/18 B und B 14 AS 330/18 B - juris RdNr 3), substantiiert neue Tatsachen vorbringt, die eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen erfordern (BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 37/17 B - juris RdNr 9), mit der Berufungsbegründung nach Anhörungsmitteilung formelle Beweisanträge stellt (BSG vom 17.9.1997 - 6 RKa 97/96 - SozR 3-1500 § 153 Nr 4 S 11 f) oder das LSG seine gegenüber den Beteiligten zuvor in einem entscheidungserheblichen Punkt geäußerte Rechtsauffassung oder Verfahrensweise ändert (BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 63/10 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 14). In Abgrenzung hierzu wird eine erneute Anhörung nicht für erforderlich gehalten, wenn ein Beteiligter auf eine erste Anhörungsmitteilung lediglich altes Vorbringen wiederholt oder bloß Entscheidungsunerhebliches oder Substanzloses vorträgt (BSG vom 30.10.2019 - B 14 AS 330/18 B - juris RdNr 3) oder nur seine eigene rechtliche Bewertung eines aus seiner Sicht vorliegenden Sachverhalts wiedergibt (BSG vom 14.2.2019 - B 9 SB 49/18 B - juris RdNr 30).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war eine Änderung der Prozesslage gegenüber dem Zeitpunkt der erstmaligen Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG gegeben, weil die Beklagte den Kläger zeitgleich mit der (ersten) Anhörung der Beteiligten durch das LSG zur mangelnden Erfolgsaussicht der Berufung und zur beabsichtigten Entscheidung nach § 153 Abs 4 SGG (vgl PKH-Beschluss vom 29.11.2017) angeschrieben hat. Mit Schreiben vom 29.11.2017 hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass ihr der Verfahrensfehler einer fehlenden Anhörung vor Erlass des streitigen Aufhebungsbescheids unterlaufen sei und dieser Verfahrensfehler durch Nachholung erst im Gerichtsverfahren geheilt werden müsse. Damit wurde ausgehend von einer objektiven Betrachtung des Prozessverlaufs die das erstinstanzliche Urteil tragende Erwägung einer formellen Rechtmäßigkeit der angegriffenen Bescheide und damit auch die Aussage des LSG zur Unbegründetheit der Berufung "aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung" infrage gestellt. Es lagen sich widersprechende Aussagen des LSG und der Beklagten zur formellen Rechtmäßigkeit des streitigen Aufhebungsbescheids vor.
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Bei der formellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide handelt es sich um einen entscheidungserheblichen Gesichtspunkt. Dies ergibt sich aus der Bedeutung der Anhörung für die Rechtmäßigkeit einer Aufhebungsentscheidung. Nach § 42 Satz 1 und 2 SGB X kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts allein deshalb beansprucht werden, weil die erforderliche Anhörung unterblieben oder nicht wirksam nachgeholt worden ist. § 24 Abs 1 SGB X bestimmt, dass, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben ist, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Nach § 41 Abs 1 Nr 3, Abs 2 SGB X idF des 4. Euro-Einführungsgesetzes vom 21.12.2000 (BGBl I 1983) ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die den Verwaltungsakt nicht nach § 40 SGB X nichtig macht, unbeachtlich, wenn ua die erforderliche Anhörung eines Beteiligten bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt wird. Dies setzt voraus, dass die Behörde dem Betroffenen in einem mehr oder minder förmlichen Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme zu den entscheidungserheblichen Tatsachen sowie im Anschluss daran zu erkennen gibt, ob sie nach erneuter Prüfung dieser Tatsachen am bisher erlassenen Verwaltungsakt festhält. Dieses formalisierte Verfahren erfordert regelmäßig ein gesondertes Anhörungsschreiben, eine angemessene Äußerungsfrist, die Kenntnisnahme des Vorbringens durch die Behörde und deren abschließende Stellungnahme zu dem Ergebnis der Überprüfung (vgl zuletzt BSG vom 26.7.2016 - B 4 AS 47/15 R - BSGE 122, 25 = SozR 4-1500 § 114 Nr 2, RdNr 19 mwN). Diese Vorgaben hat die Beklagte mit ihrem Schreiben an den Kläger vom 29.11.2017 berücksichtigt und ihn erstmals zu den subjektiven Voraussetzungen für die Aufhebung der Alg-Bewilligung, also zu den Umständen angehört, aus denen sich aus ihrer Sicht eine grob fahrlässige Verletzung seiner Mitteilungspflichten bzw eine grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung ergab. Die Nachholung der unterlassenen Anhörung in einem formalisierten Verfahren war erst mit der Abschlussmitteilung der Beklagten vom 3.1.2018 beendet.
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Das LSG, das mit dem Eingang der Unterlagen zur nachgeholten Anhörung beim Berufungsgericht am 3.1.2018 Kenntnis hiervon erlangt hatte, hätte dies zum Anlass nehmen müssen, die Beteiligten erneut zu der weiterhin beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG anzuhören. Bei objektiver Betrachtung war für die Beteiligten schon aufgrund der von der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Anforderungen zur Nachholung einer vor Erlass eines Aufhebungsbescheids geforderten Anhörung und deren objektiver Bedeutung für die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungsbescheids nicht vorhersehbar, dass das LSG bereits am 16.1.2018 durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG entscheiden werde. Vielmehr konnten sie erwarten, dass das LSG auf die in der ersten Anhörungsmitteilung nicht thematisierte Frage einer möglichen formellen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide mangels vorheriger Anhörung sowie einer (aus Sicht der Beklagten) wirksam nachgeholten Anhörung reagiert. Das LSG hätte daher klarstellen müssen, dass weiterhin eine Entscheidung durch Beschluss nach § 153 Abs 4 SGG beabsichtigt war und den Beteiligten hierzu Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer angemessenen Frist geben müssen (vgl zu deren Dauer BSG vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 8). Eine solche erneute Anhörung mit Hinweis auf eine weiterhin beabsichtigte Entscheidungsform durch Beschluss wegen unverändert anzunehmender mangelnder Erfolgsaussicht hat das LSG unterlassen. Soweit es dem Kläger die am 3.1.2018 beim Berufungsgericht eingereichten Unterlagen ohne weiteres Anschreiben zur Frage der beabsichtigten Form der Entscheidung des Gerichts und zudem erst am 8.1.2018 mit der gleichzeitigen Bitte um Stellungnahme übersandt hat, ersetzt dies nicht die Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 SGG.
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Aufgrund dieser Verletzung der Anhörungsverpflichtung des Gerichts lagen im Zeitpunkt der Entscheidung im vereinfachten Beschlussverfahren die Voraussetzungen des § 153 Abs 4 SGG (noch) nicht vor. Es handelt sich um einen absoluten Revisionsgrund, denn die Verletzung des § 153 Abs 4 SGG führt gleichzeitig zur nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts ohne ehrenamtliche Richter (vgl BSG vom 8.11.2001 - B 11 AL 37/01 R - juris RdNr 15; BSG vom 29.8.2006 - B 13 R 37/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 5 RdNr 10; BSG vom 20.10.2010 - B 13 R 63/10 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 11 RdNr 17; BSG vom 24.5.2012 - B 9 SB 14/11 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 14 RdNr 15; BSG vom 17.11.2015 - B 1 KR 65/15 B - juris RdNr 8; BSG vom 10.10.2017 - B 12 KR 37/17 B; BSG vom 30.10.2019 - B 14 AS 329/18 B und B 14 AS 330/18 B - juris RdNr 5 mwN; vgl BSG vom 18.7.2019 - B 13 R 259/17 B - juris RdNr 13 zur Konstellation einer unzulänglich erfolgten Anhörung als Gehörsverletzung).
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Liegt demnach ein absoluter Revisionsgrund vor, ist bereits deshalb eine abschließende Entscheidung nicht möglich. Nur ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Verfahrensweise des Berufungsgerichts gleichzeitig den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (§ 62 SGG; Art 103 GG). Wie der Kläger zu Recht rügt, konnte er aufgrund der Bitte um Stellungnahme zu den am 8.1.2018 übersandten Unterlagen der Beklagten zur nachgeholten Anhörung auch unabhängig von dem formalisierten Verfahren nach § 153 Abs 4 SGG damit rechnen, dass ihm jedenfalls eine angemessene Zeitspanne zur Reaktion auf deren Inhalte eingeräumt wird (vgl zur "Regelanhörungszeit" von zwei Wochen: BSG vom 23.8.2005 - B 4 RA 29/04 R - SozR 4-2600 § 313 Nr 4 RdNr 18). Auch hätte das LSG den Schriftsatz des Klägers vom 17.1.2018, der beim Berufungsgericht per Fax am selben Tag um 15.04 Uhr eingegangen war, bei seiner Beschlussfassung berücksichtigen müssen. Dies war erforderlich, weil der Beschluss des LSG vom 16.1.2018 erst am 18.1.2018 von der Geschäftsstelle dieses Gerichts abgesandt worden ist. Da Beschlüsse, die ohne mündliche Verhandlung ergehen, erst mit der Zustellung wirksam werden (§ 142 Abs 1 SGG iVm § 133 SGG), hätte das Berufungsgericht den Vorgang der Ausfertigung und Absendung des - bisher noch intern gebliebenen und erst durch Zustellung wirksam werdenden - Beschlusses abbrechen, die Sache wieder an sich ziehen und das Vorbringen des Klägers noch berücksichtigen müssen (BSG vom 31.3.2004 - B 4 RA 203/03 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 6 RdNr 8; BSG vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 9; vgl auch BGH vom 1.4.2004 - IX ZR 117/03 - juris RdNr 8).
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In materieller Hinsicht weist der Senat für eine erneute Entscheidung des LSG zur Rechtmäßigkeit der (rückwirkenden) Aufhebungsentscheidung auf die in seinem Urteil vom 27.6.2019 (B 11 AL 8/18 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 27) entwickelten Grundsätze hin. Ob der Kläger weiterhin einen Anspruch auf Alg hatte, ist danach unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen zu prüfen, weil es sich bei dem Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit und auf Alg bei beruflicher Weiterbildung um einen einheitlichen Anspruch handelt (vgl BSG vom 3.5.2018 - B 11 AL 6/17 R - BSGE 126,32 = SozR 4-4300 § 144 Nr 26, RdNr 11 mwN). Trotz der Teilnahme an einer Vollzeit-Bildungsmaßnahme kann im Einzelfall eine Teilverfügbarkeit verbleiben, wenn der Teilnehmer ungeachtet der Belastungen, die mit der Maßnahme - unter Berücksichtigung von Wegezeiten und ggf erforderlichen Zeiten zur Vor- und Nachbereitung - verbunden sind, gleichwohl noch in der Lage bleibt und auch bereit ist, daneben eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes auszuüben (vgl im Einzelnen BSG vom 27.6.2019 - B 11 AL 8/18 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 27 RdNr 25 mwN). Der Sachverhalt gibt ferner Veranlassung auch zu einer Prüfung der subjektiven Voraussetzungen der Aufhebungsentscheidung.
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Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
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