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BSG 26.09.2019 - B 5 RS 1/19 R
BSG 26.09.2019 - B 5 RS 1/19 R - Rentenüberleitung - Begrenzung des berücksichtigungsfähigen Entgeltes für einen stellvertretenden Minister bei Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr 19 der Anl 1 zum AAÜG - überhöhte Arbeitsverdienste - Stimmberechtigung im Ministerrat - Verfassungsmäßigkeit
Normen
§ 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG, § 8 AAÜG, Anl 1 Nr 19 AAÜG, Anl 5 AAÜG, Art 14 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG Berlin, 5. März 2018, Az: S 23 R 2245/16, Gerichtsbescheid
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 12. Dezember 2018, Az: L 33 R 264/18, Urteil
Leitsatz
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Für die Tätigkeit als stellvertretender Minister der DDR ist eine niedrigere als die regelmäßige Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden, auch wenn keine Stimmberechtigung im Ministerrat bestand.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Dezember 2018 wird zurückgewiesen.
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Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren über eine Verpflichtung der Beklagten als Versorgungsträger, die Entgelte, die der Kläger vom 1.10.1979 bis 20.12.1989 als Stellvertreter des Ministers für Kohle und Energie in der DDR erzielt hat, ohne Anwendung einer nach § 6 Abs 2 Nr 4 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze festzustellen.
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Der Kläger ist geboren am 25.7.1931. Nach einer Tätigkeit beim VEB V. W. als Werksdirektor und seit Oktober 1975 als Generaldirektor war der Kläger in der Zeit vom 1.10.1979 bis 20.12.1989 als Stellvertreter des Ministers für Kohle und Energie der DDR tätig. Er gehörte ab dem 1.10.1979 der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates nach Nr 19 der Anl 1 zum AAÜG an (im Folgenden: ZVStA). Der Bruttojahresverdienst des Klägers betrug in der Zeit als Werksdirektor zwischen 26 621 und 33 070 Mark, in der Zeit als Generaldirektor zwischen 42 024 und 43 200 Mark und in der Zeit als Stellvertreter des Ministers zwischen 41 100 und 45 000 Mark.
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Mit Überführungsbescheid vom 29.1.1996 stellte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme Daten nach dem AAÜG fest. Als Arbeitsentgelte für den Zeitraum 1.10.1979 bis 20.12.1989 wurden gemäß § 6 Abs 2 Satz 2 AAÜG idF vom 15.12.1995 die Beträge nach der Anl 5 zum AAÜG festgestellt. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 20.3.1996). Während des Klageverfahrens vor dem SG Berlin stellte die Beklagte die Daten nach dem AAÜG idF des AAÜG-Änderungsgesetzes (AAÜG-ÄndG) vom 11.11.1996 (BGBl I 1674) für Leistungszeiträume ab dem 1.1.1997 neu fest und erweiterte die Feststellung nach dem 2. AAÜG-ÄndG vom 27.7.2001 (BGBl I 1939) auf Leistungszeiträume ab dem 1.7.1993 (Bescheid vom 23.5.1997 und Ergänzungsbescheid vom 5.12.2001). Mit Bescheid vom 14.12.2005 hob die Beklagte gemäß dem 1. AAÜG-ÄndG vom 21.5.2005 ihre Feststellungen bezüglich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze für die Zeit vom 1.10.1975 bis zum 30.9.1979 sowie vom 21.12.1989 bis zum 17.3.1990 für Leistungszeiträume ab dem 1.7.1993 auf. Für die übrigen Zeiten der Tätigkeit des Klägers als Stellvertreter des Ministers vom 1.10.1979 bis 20.12.1989 verblieb es bei den im Bescheid vom 23.5.1997 getroffenen Feststellungen. Klage und Berufung des Klägers waren ebenso erfolglos wie die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (Gerichtsbescheid vom 27.10.2010, Urteil des LSG vom 13.3.2013, Beschluss des Senats vom 3.7.2013 - B 5 RS 18/13 B).
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Mit Antrag vom 28.12.2015 begehrte der Kläger die Überprüfung der für die Zeit seiner Zugehörigkeit zur ZVStA im Zeitraum vom 1.10.1979 bis zum 20.12.1989 festgestellten Arbeitsentgelte. Er trug dazu insbesondere vor, er sei zwar Stellvertreter des Ministers, jedoch lediglich "Bereichs-Stellvertreter" gewesen. Er habe nie als erster Stellvertreter des Ministers fungiert und auch nicht an den Sitzungen des Ministerrats teilgenommen. Überhöhte Einkünfte habe er nicht erzielt. Er habe im streitbefangenen Zeitraum weniger verdient als zuvor als Generaldirektor und lediglich das 1,5fache eines Brigadiers im Bauwesen. Mit Bescheid vom 3.5.2016 lehnte die Beklagte eine Änderung des Bescheides vom 14.12.2005 ab. Der Kläger habe eine Beschäftigung als stellvertretender Minister ausgeübt und damit die Voraussetzungen für einen Sondertatbestand iS von § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG idF des 1. AAÜG-ÄndG erfüllt. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 17.8.2016).
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Mit Gerichtsbescheid vom 5.3.2018 hat das SG die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG beantragt, zum Nachweis der Tatsache, dass er nicht zum Kreis der an der Spitze der staatlichen Verwaltung stehenden und durch das Politbüro berufenen Personen gehörte, vom Bundesarchiv die Funktionspläne für den Minister, ersten Stellvertreter und Bereichsstellvertreter/Abteilungsleiter sowie die Arbeitsordnung für das Ministerium für Kohle und Energie der DDR einzuholen. Auch hat der Kläger beantragt, eine Auskunft des Bundesarchivs zum Berufungsprozedere des Bereichsstellvertreters/Abteilungsleiters einzuholen zu den Fragen: "Wer wurde durch das Politbüro der SED berufen?" und "Stand in der Hierarchie der Leitungsebene der Staatssekretär über dem Bereichsstellvertreter/Abteilungsleiter?" Das LSG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Wortlaut des § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG sei eindeutig. Es bestehe kein Grund für eine einschränkende Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass nur im Ministerrat stimmberechtigte stellvertretende Minister, die ein individuell "überhöhtes" Arbeitsentgelt bezogen, von der Begrenzung erfasst würden. Maßgeblich sei, dass der Kläger als stellvertretender Minister tätig gewesen sei. Die vom Kläger mit seinen Beweisanträgen zur näheren Aufklärung gestellten Tatsachen seien nicht entscheidungserheblich. Das LSG hat die Revision zugelassen (Urteil vom 12.12.2018).
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Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG idF des 1. AAÜG-ÄndG vom 21.6.2005 (BGBl I 1672). Die in § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG enthaltene Aufzählung "Minister, stellvertretender Minister oder stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat oder als ihre jeweiligen Stellvertreter" lasse erkennen, dass eine Stimmberechtigung erforderlich sei. Gemeint sei "Minister oder (andere) stimmberechtigte Mitglieder". Nur der Stellvertreter des Ministers, der zugleich Staatssekretär war, sei stimmberechtigt im Ministerrat gewesen. Dementsprechend verwende der Gesetzestext "stellvertretender Minister" im Singular. Die nicht stimmberechtigten Stellvertreter, die "faktisch" nur als Leiter einer Abteilung tätig gewesen seien, würden dagegen nicht erfasst. Da Staatssekretäre, die gegenüber den (Bereichs-)Stellvertretern weisungsbefugt gewesen seien, nicht in § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG erwähnt würden, könnten auch die nachgeordneten (Bereichs-)Stellvertreter nicht unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fallen. Er habe auch keinen leistungsfremden, politisch motivierten Arbeitsverdienst erhalten. Dies lasse bereits ein Vergleich mit dem Einkommen eines Bauarbeiters erkennen. Er habe lediglich etwa das doppelte Nettoeinkommen eines Vorarbeiters im Bauwesen verdient. Sein zuvor erzieltes Gehalt eines Generaldirektors sei höher gewesen. Er sei berufen worden durch den Minister für Kohle und Energie und habe nicht zu der höchsten Kadernomenklatur der DDR gehört. Aufgrund seiner Spezialkenntnisse sei er Bereichsstellvertreter des Ministers für Kohle und Energie geworden, nicht "auf einer politischen Schiene". Das LSG habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und ihn in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Dezember 2018 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 5. März 2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. Mai 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 14. Dezember 2005 zu ändern und die Entgelte, die der Kläger vom 1. Oktober 1979 bis 20. Dezember 1989 erzielt hat, ohne die Anwendung des § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG festzustellen.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, das angefochtene Urteil entspreche der Sach- und Rechtslage. Eine teleologische Reduktion des § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG sei nicht möglich. Das BVerfG habe bereits entschieden, dass bei generalisierender bzw typisierender Betrachtungsweise davon ausgegangen werden dürfe, dass die in § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG genannten Personen leistungsfremde, politisch begründete und damit überhöhte Arbeitsverdienste bezogen hätten. Deshalb sei eine individuelle Einzelfallprüfung nicht erforderlich.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen.
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Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass diese den Bescheid vom 14.12.2005 teilweise ändert und die Entgelte, die der Kläger vom 1.10.1979 bis zum 20.12.1989 erzielt hat, ohne das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze nach § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG feststellt.
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A. Die erstrebte Rücknahme richtet sich nach § 44 SGB X, der auch im Rahmen des AAÜG anwendbar ist (§ 8 Abs 3 Satz 2 AAÜG; stRspr vgl zuletzt Senatsurteil vom 7.12.2017 - B 5 RS 1/16 R - BSGE 125, 1 = SozR 4-8570 § 1 Nr 21, RdNr 11 mwN). Da sich § 44 Abs 1 SGB X nur auf solche bindenden Verwaltungsakte bezieht, die - anders als im Bescheid vom 14.12.2005 - unmittelbar Ansprüche auf nachträglich erbringbare "Sozialleistungen" (§ 11 Satz 1 SGB I) iS der §§ 3 ff und 18 ff SGB I betreffen (BSGE 69, 14, 16 = SozR 3-1300 § 44 Nr 3), kann sich der Rücknahmeanspruch des Klägers nur aus Abs 2 aaO ergeben. Nach dieser Vorschrift ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar (und damit zugleich bindend) geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen (Satz 1). Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden (Satz 2). Die Feststellung der tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anwendung einer niedrigeren als der regelmäßigen Beitragsbemessungsgrenze nach § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG begründet oder bestätigt keinen rechtlich erheblichen Vorteil (nicht begünstigender Verwaltungsakt iS von § 45 Abs 1 SGB X). Sie war im Zeitpunkt des Erlasses (Bekanntgabe iS von § 37 SGB X) des Bescheides vom 14.12.2005 rechtmäßig.
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B. Anspruchsgrundlage für die vom Kläger begehrte Feststellung ist § 8 Abs 2, Abs 3 Satz 1 und Abs 4 Nr 1 AAÜG. Nach § 8 Abs 3 Satz 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anl 1 bis 27 (§ 8 Abs 4 Nr 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs 2 aaO bekanntzugeben. Diese Mitteilung hat folgende Daten zu enthalten: Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die Arbeitsausfalltage oder die Daten, die sich nach Anwendung von §§ 6 Abs 2 und 3 sowie 7 ergeben.
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Die Beklagte hat die streitigen Daten rechtmäßig festgestellt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG liegen vor.
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§ 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG idF vom 21.6.2005 (BGBl I 1672) lautet:
Für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem nach Anlage 1 oder Anlage 2 Nr. 1 bis 3 bis zum 17. März 1990, in denen eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt wurde als
[…]
4. Minister, stellvertretender Minister oder stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat oder als ihre jeweiligen Stellvertreter,
[…]
ist den Pflichtbeitragszeiten als Verdienst höchstens der jeweilige Betrag der Anlage 5 zugrunde zu legen.
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I. Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG ist Tatbestandsvoraussetzung die Ausübung einer Beschäftigung oder Tätigkeit als "Minister, stellvertretender Minister oder stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat oder als ihre jeweiligen Stellvertreter". Der Kläger war in der streitbefangenen Zeit als Stellvertreter des Ministers für Kohle und Energie tätig. Eine Stimmberechtigung im Ministerrat ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht erforderlich. Während der Gesetzestext die Tätigkeit als "Minister" und "stellvertretender Minister" ohne Hinzufügung eines Adjektivs anführt, wird die Tätigkeit als "Mitglied von Staats- oder Ministerrat" nur erfasst, wenn es sich um ein "stimmberechtigtes Mitglied" handelt. Die Tätigkeiten "Minister, stellvertretender Minister" und "stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat" werden alternativ angeführt ("oder"). Die Auslegung des Klägers, gemeint sei "Minister oder (andere) stimmberechtigte Mitglieder", findet im Wortlaut keinerlei Stütze. Dafür hätte die Formulierung lauten können "oder anderes stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat". Alternativ wäre als Wortlaut auch denkbar gewesen "oder sonst stimmberechtigtes Mitglied von Staats- oder Ministerrat". Keine dieser oder ähnlicher Formulierungen findet sich im Gesetzestext. Auch überzeugt das Argument des Klägers nicht, der Gesetzestext verwende "stellvertretender Minister" in der Einzahl, weil nur der Stellvertreter des Ministers, der zugleich Staatssekretär war, stimmberechtigt im Ministerrat gewesen sei. Wie die Formulierung "oder stimmberechtigtes Mitglied" verdeutlicht, benennt der Gesetzestext die jeweilige Funktionsbezeichnung und damit auch "Minister" und "stellvertretender Minister" im Singular.
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Die Gesetzesformulierung "stellvertretender Minister" impliziert nicht, dass der Stellvertreter des Ministers zugleich dessen Stellvertreter im Ministerrat und damit stimmberechtigt gewesen sein muss. Der Senat versteht "stellvertretender Minister" und "Stellvertreter des Ministers" als synonyme Bezeichnungen gleicher Funktionen und folgt in diesem Verständnis dem BVerfG (vgl BVerfG Beschluss vom 6.7.2010 - 1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08 - BVerfGE 126, 233 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5). Dass diese Begriffe in der DDR unterschiedliche Tätigkeiten beschrieben haben, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen macht dies selbst der Kläger nicht geltend. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass er in seinem ersten Antrag auf Feststellung seiner Daten nach dem AAÜG die Tätigkeit im streitbefangenen Zeitraum ebenfalls als "stellvertretender Minister" angegeben hat.
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II. Nichts anderes ergibt sich aus der Gesetzeshistorie. § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG wurde durch das 1. AAÜG-ÄndG vom 21.6.2005 (BGBl I 1672) neu gefasst, nachdem die früheren Fassungen der Vorschrift jeweils nicht mit dem GG vereinbar waren (vgl Urteil des BVerfG vom 28.4.1999 - 1 BvL 22/95 und 1 BvL 34/95 - BVerfGE 100, 59 sowie den Beschluss vom 23.6.2004 - 1 BvL 3/98, 1 BvL 9/02, 1 BvL 2/03 - BVerfGE 111, 115 = SozR 4-8570 § 6 Nr 3). Der geänderte § 6 Abs 2 wurde rückwirkend zum 1.6.1993 in Kraft gesetzt (Art 2 Abs 3 1. AAÜG-ÄndG). Anders als die früheren Fassungen, die die Begrenzung der Entgelte von bestimmten Entgelthöhen abhängig machten, benennt § 6 Abs 2 AAÜG nunmehr als Tatbestandsvoraussetzung einzelne Beschäftigungen oder Tätigkeiten. Der Gesetzentwurf sah die Fortgeltung der begrenzten rentenrelevanten Verdienste "im Rahmen einer pauschalierenden Regelung" vor und knüpfte allein daran an, dass "ein führendes Partei- und Staatsamt […] bekleidet wurde" (Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks 15/5314, S 4). Danach genügte es, dass "eine der in § 6 Abs 2 genannten Funktionen ausgeübt" wurde, um für die Berechnung der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung höchstens den Verdienst in Höhe des Durchschnittsentgelts nach Anl 5 des AAÜG zugrunde zu legen (Gesetzentwurf aaO, S 4). Der Gesetzgeber stellte damit typisierend auf die nunmehr explizit aufgeführten Funktionen ab. Eine Stimmberechtigung im Ministerrat für stellvertretende Minister fordern die Gesetzesmaterialien nicht.
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Der Anwendung des § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG steht auch nicht entgegen, dass nach der Begründung zum Gesetzentwurf die Entgeltbegrenzung auf diejenigen Zeiten beschränkt werden sollte, in denen insbesondere solche Funktionen im Parteiapparat der SED, in der Regierung oder im Staatsapparat ausgeübt wurden, die auch eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) sowie dem Amt für Nationale Sicherheit (AfNS) umfassten (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks 15/5314, S 1). Das BVerfG hat diesen Gesichtspunkt als ungeeignet angesehen, eine Kürzung des berücksichtigungsfähigen Entgelts nach § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG zu rechtfertigen, weil die Mitglieder des Ministerrats der DDR - abgesehen von dem Minister für Staatssicherheit - keine Weisungsbefugnis gegenüber der Staatssicherheit hatten (vgl BVerfG Beschluss vom 6.7.2010 - 1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08 - BVerfGE 126, 233 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5, RdNr 69). Eine solche Weisungsbefugnis wird im Übrigen, wie sich aus der Formulierung "insbesondere" ergibt, nicht für alle in § 6 Abs 2 AAÜG aufgeführten Beschäftigungen oder Tätigkeiten vorausgesetzt.
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III. Dass der Tatbestand des § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG typisierend die Funktion als Stellvertreter des Ministers genügen lässt, entspricht dem erklärten Ziel der Begrenzung von Entgelten. Deshalb besteht auch kein Anlass für eine teleologische Reduktion der Vorschrift dahingehend, dass nur im Staats- oder Ministerrat stimmberechtigte Personen erfasst sind. Eine teleologische Reduktion ist nämlich nur dann vorzunehmen, wenn die auszulegende Vorschrift auf einen Teil der von ihrem Wortlaut erfassten Fälle nicht angewandt werden soll, weil Sinn und Zweck der Norm, ihre Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (BVerfG <Kammer> Beschluss vom 19.8.2011 - 1 BvR 2473/10 ua - Juris RdNr 21; s auch BSG Urteil vom 18.8.2011 - B 10 EG 7/10 R - BSGE 109, 42 = SozR 4-7837 § 2 Nr 10, RdNr 27; BSG Urteil vom 4.12.2014 - B 2 U 18/13 R - BSGE 118, 18 = SozR 4-2700 § 101 Nr 2, RdNr 27). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
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Die Höchstwerte nach Anl 5 des AAÜG sollten bereits nach den früheren Fassungen des § 6 Abs 2 AAÜG verhindern, dass Personen, die durch ihre Tätigkeit einen erheblichen Beitrag zur Stärkung oder Aufrechterhaltung des politischen Systems der ehemaligen DDR geleistet haben, für die Zeit dieser Tätigkeit eine höhere Rente erhalten als Personen mit durchschnittlichen Verdiensten (vgl bereits den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU, der SPD und der FDP zum Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz, BT-Drucks 12/4810, S 20). Der Gedanke war schon bei Einführung des AAÜG nicht neu. Bereits im Staatsvertrag zwischen der DDR und der Bundesrepublik Deutschland vom 18.5.1990 (BGBl II 537) war vorgesehen, Leistungen aufgrund von Sonderregelungen mit dem Ziel zu überprüfen, ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen (Art 20 Abs 2 Satz 2 Staatsvertrag). In der Folge erließ die Volkskammer der DDR das Gesetz zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland mit der Begrenzung von Rentenansprüchen und -anwartschaften aus der zusätzlichen Versorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates ab 1.7.1990 auf einen Betrag von 1500 Deutsche Mark (vgl § 23 Abs 2 und § 25 Abs 1 Nr 4 RAnglG-DDR vom 28.6.1990, GBl DDR I 1990, 495). Dem folgend war es auch Sinn und Zweck des späteren § 6 Abs 2 AAÜG idF vom 21.6.2005 (BGBl I 1672), die Zeiten in Funktionen auf den höchsten Ebenen des so genannten Kadernomenklatursystems der DDR von der Entgeltbegrenzung zu erfassen. Die Betreffenden seien - wie auch die MfS/AfNS-Mitarbeiter - einkommens- und versorgungsseitig Teil eines Gesamtkonzepts der Selbstprivilegierung innerhalb des Staates gewesen. Es sollte ein Wertungswiderspruch zu der vom BVerfG bestätigten und weiterhin geltenden Begrenzungsregelung für Personen, die dem Versorgungssystem des MfS/AfNS angehört haben (vgl BVerfG Beschluss vom 22.6.2004 - 1 BvR 1070/02 - SozR 4-8570 § 7 Nr 2), vermieden werden (vgl Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drucks 15/5314, S 1). Das Regelungskonzept des § 6 Abs 2 AAÜG ist dementsprechend begrenzt auf Personen, die im Partei- und Staatsapparat der DDR an wichtigen Schaltstellen tätig waren. § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG erfasst Personen in höchsten staatlichen Leitungsfunktionen, bei denen der Gesetzgeber davon ausgehen konnte, dass jedenfalls sie einkommens- und versorgungsseitig von einem System der Selbstprivilegierung profitierten (vgl BVerfG Beschluss vom 6.7.2010 - 1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08 - BVerfGE 126, 233 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5, RdNr 71).
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Im staatlichen System der DDR waren alle wichtigen und verantwortlichen Positionen mit Angehörigen der so genannten Kadernomenklatur besetzt. Das betraf den Sicherheitsbereich, den Verwaltungsapparat, die Wirtschaft, die Wissenschaft, die Bildung, die Kultur, die Medien sowie die Massenorganisationen. Die Nomenklaturkader bildeten das Rückgrat des SED-Staates. Sie waren als langfristig über Kaderprogramme aufgebaute Führungskräfte verantwortlich für die Umsetzung der Beschlüsse des Nationalen Verteidigungsrates, des Zentralkomitees (ZK) der SED, des Politbüros und des Ministerrates. Die Karriere der Nomenklaturkader stand unter ständiger Kontrolle der SED und war systematisch geplant. Jeder Aufstieg in höhere, leitende und verantwortliche Positionen in der DDR war an politisch-ideologische, fachliche und sicherheitspolitische Anforderungen gebunden. In deren Mittelpunkt standen die unbedingte Treue zur "Partei der Arbeiterklasse", der Stolz auf die Errungenschaften des Sozialismus, die Förderung der sozialistischen Bewusstseinsbildung der Massen sowie politische und fachliche Kenntnisse (vgl Schlussbericht der Enquete-Kommission "Überwindung der Folgen der SED-Diktatur im Prozeß der deutschen Einheit", BT-Drucks 13/11000, S 38 f).
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Mit welchem Inhalt und zu welchen Bedingungen eine der in § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG aufgeführten Tätigkeiten konkret ausgeübt wurde, ist im Rahmen dieser "pauschalierenden Regelung" unbeachtlich. Es erfolgt keine weitere Prüfung des Einzelfalls. Auf die konkrete Höhe des Einkommens kommt es ebenso wenig an wie auf den vom Kläger vorgenommenen Vergleich mit früheren und anderen Einkommen. Auch ist unbeachtlich, ob und in welchem Umfang der Kläger und seine Familie im Einzelnen auf andere Weise bevorzugt behandelt und begünstigt wurden. Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger als Stellvertreter des Ministers für Kohle und Energie durch Beschluss des Sekretariats des ZK der SED vom 5.10.1979 bestätigt wurde. Das Sekretariat des ZK war das Vollzugsorgan der SED und für die Auswahl der Kader zuständig. Nach den dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten bezog der Kläger bereits als Generaldirektor der VVB E. "entsprechend der Nomenklatur" ein Sondergehalt (Schreiben des Ministeriums für Kohle und Energie, Abteilung Planung und Ökonomie vom 28.1.1976 - Band I Verwaltungsakte aE).
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Der Kläger hatte die Stellung als "stellvertretender Minister". Deshalb kann er nicht erfolgreich geltend machen, dass er "faktisch" nur ein dem Staatssekretär nachgeordneter (Bereichs-)Stellvertreter gewesen sei und deshalb nicht von § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG erfasst sein könne, weil die Vorschrift den ihm übergeordneten Staatssekretär nicht erwähne. Es kann dahingestellt bleiben, ob nicht auch ein Staatssekretär unter den Anwendungsbereich der Vorschrift fällt, ohne dass er - wie vom Kläger geltend gemacht - eigens im Gesetzestext erwähnt werden müsste. Auch unter welches Tatbestandsmerkmal des § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG Staatssekretäre ggf zu subsumieren sind, kann hier offenbleiben.
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IV. § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG ist auch verfassungsgemäß. Wie bereits das BVerfG entschieden hat, ist die Vorschrift mit Art 14 Abs 1 GG vereinbar und verletzt auch nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (BVerfG Beschluss vom 6.7.2010 - 1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08 - BVerfGE 126, 233 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5). Das BVerfG sah in § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG eine zulässige Ausgestaltung des Renteneigentums der betroffenen Personen. Die Vorschrift erfasst Funktionen auf höchster Staatsebene, bei denen in typisierender Betrachtungsweise der Schluss gerechtfertigt ist, dass die Position entscheidend durch Parteilichkeit und Systemtreue erlangt wurde und die gewährte Besoldung und Versorgung eben diese honorierte (vgl BVerfG Beschluss vom 6.7.2010 - 1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08 - BVerfGE 126, 233 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5, RdNr 75 ff). Eine Benachteiligung der von § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG erfassten Personen gegenüber Rentnern, die einem der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR angehörten, jedoch keine der in § 6 Abs 2 AAÜG genannten Funktionen innehatten und damit nicht in den Kürzungsmechanismus dieser Bestimmung einbezogen werden, ist durch hinreichende sachliche Gründe gerechtfertigt. Das mit der Regelung verfolgte Ziel der Begrenzung von Arbeitsentgelten oder Arbeitseinkommen der im Gesetz aufgeführten Funktionsträger ist einsichtig und legitim. Die Regelung typisiert auch nicht in unzulässiger Weise (vgl BVerfG Beschluss vom 6.7.2010 - 1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08 - BVerfGE 126, 233 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5, RdNr 84 ff). Der EGMR hat die Ausführungen des BVerfG ausdrücklich bestätigt und die Rügen der Beschwerdeführer für offensichtlich unbegründet erachtet (EGMR Entscheidung vom 16.10.2012 - 49646/10 und 3365/11). Spätere Verfassungsbeschwerden, die ebenfalls die Entgeltbegrenzung nach § 6 Abs 2 Nr 4 AAÜG und deren Auslegung durch die Fachgerichte rügten, waren unzulässig und wurden nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG Kammerbeschlüsse vom 9.11.2017 - 1 BvR 1069/14 und 1 BvR 2369/14).
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C. Die Verfahrensrüge, das LSG habe den Sachverhalt nicht ausreichend aufgeklärt und ihn in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt, ist bereits unzulässig, weil der Kläger nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Verfahrensmangel ergeben sollen (zu den Voraussetzungen vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 164 RdNr 12a und 12c). Im Übrigen ist sie auch unbegründet, weil sich das LSG aus den oben genannten Gründen von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus nicht zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen musste und das Urteil auf dem behaupteten Mangel nicht beruhen kann.
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D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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