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BSG 06.10.2014 - B 9 BL 1/14 B
BSG 06.10.2014 - B 9 BL 1/14 B - (Nichtzulassungsbeschwerde - Schwerbehindertenrecht - bayerisches Landesblindengeld - Revisibilität von Landesrecht - ungleiche Landesgesetze im föderalistischen System - Gleichheitssatz - sozialgerichtliches Verfahren - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Aktivlegitimation eines nachrangigen Miterben nach § 56 SGB 1 - gemeinsame Sonderrechtsnachfolge - Kostenfreiheit)
Normen
Art 1 Abs 2 S 1 BlindG BY, § 56 Abs 1 S 2 SGB 1, § 56 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 1, § 56 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 1, § 1922 BGB, § 2032 BGB, § 162 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 183 S 1 SGG, § 183 S 3 SGG, § 193 Abs 1 SGG, Art 3 Abs 1 GG
Vorinstanz
vorgehend SG München, 26. März 2009, Az: S 17 BL 10/06, Urteil
vorgehend Bayerisches Landessozialgericht, 8. Oktober 2013, Az: L 15 BL 2/09, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 8. Oktober 2013 wird als unzulässig verworfen.
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Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
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I. In der Hauptsache erstreben die Kläger als Rechtsnachfolger ihres am 27.11.2010 verstorbenen Ehemanns bzw Vaters gemeinsam die Gewährung von Blindengeld nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz (BayBlindG). Mit Urteil vom 8.10.2013 hat das Bayerische LSG einen Anspruch der Kläger auf Blindengeld verneint, weil ein solcher Anspruch mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen überhaupt nicht entstanden sei. Der Kläger zu 2. sei zudem als Sohn des verstorbenen Antragstellers schon nicht aktiv legitimiert. Seine Mutter, die Klägerin zu 1., gehe ihm nach § 56 Abs 1 S 1 SGB I als Sonderrechtsnachfolgerin vor und schließe damit seinen Anspruch aus.
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Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung haben die Kläger Beschwerde zum BSG eingelegt. Sie machen geltend, das LSG habe die Vorschriften der §§ 56 ff SGB I und deshalb zu Unrecht die Aktivlegitimation des Klägers zu 2. verkannt. Beide Kläger seien als Rechtsnachfolger mit gleichem Rang mit einer jeweils zu gleichen Teilen vorliegenden Berechtigung zu bewerten. Das LSG habe zudem die im Verfahren eingeholten Gutachten und weiteren Beweise unzutreffend gewürdigt. Schließlich habe die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, weil das BayBlindG Blindheit gleichheitswidrig enger definiere als die Blindengesetze anderer Bundesländer sowie anderer Staaten der Europäischen Union.
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II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).
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Soweit die Kläger einen Verfahrensfehler (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) rügen und diesen ausführlich damit zu begründen versuchen, das Berufungsgericht habe die vorliegenden Beweise fehlerhaft und zu Lasten ihres verstorbenen Ehemanns bzw Vaters gewürdigt, vermag dies der Beschwerde von vornherein nicht zum Erfolg zu verhelfen. Die Kläger übersehen, dass nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG der geltend gemachte Verfahrensmangel generell nicht auf eine Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung aus § 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann.
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Auch die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die als grundsätzlich bezeichnete Rechtsfrage muss eine der Entscheidung des Revisionsgerichts zugängliche Vorschrift betreffen. Denn nach § 162 SGG kann die Revision nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt (vgl BSGE 95, 76 = SozR 4-5921 Art 1 Nr 2).
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Diese Voraussetzungen hat die Beschwerde mit ihrer Rüge, das BayBlindG benachteilige hochgradig sehbehinderte Menschen im Vergleich zu den Landesblindengesetzen anderer Bundesländer ohne rechtfertigenden Grund, nicht substantiiert dargelegt. Im Gegenteil argumentieren die Kläger gerade damit, die von ihnen als gleichheitswidrig gerügte landesrechtliche Vorschrift des Art 1 Abs 2 S 1 BayBlindG unterscheide sich maßgeblich von den Vorschriften anderer Bundesländer. Damit ist die grundsätzliche Bedeutung einer Frage des revisiblen Rechts nicht dargetan.
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Ohnehin hat das LSG hinsichtlich des vermeintlichen Gleichheitsverstoßes (Art 3 Abs 1 GG) zudem zutreffend auf die entgegenstehende Rechtsprechung des BVerfG hingewiesen. Danach kann aufgrund der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik Deutschland und der eigenständigen Gesetzgebungskompetenzen der Länder die Verfassungsmäßigkeit eines Landesgesetzes nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil es von verwandten Regelungen in anderen Bundesländern oder im Bund abweicht (BVerfGE 51, 43, 58 f). Auf diese Argumentation des LSG geht die Beschwerde nicht näher ein.
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Noch weniger substantiiert dargelegt ist die behauptete Verletzung europäischen Rechts. Die Beschwerde benennt keine Vorschrift des europäischen Rechts, der das BayBlindG widersprechen könnte. Ein möglicherweise anderer Rechtszustand in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union kann von vornherein keinen Gleichheitsverstoß durch den bayerischen Landesgesetzgeber nach deutschem Verfassungsrecht begründen.
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Soweit der Kläger und Beschwerdeführer zu 2. sich schließlich gegen die Zurückweisung der Berufung bereits aufgrund seiner fehlenden Aktivlegitimation wenden will und zu diesem Zweck die Anwendung von § 56 SGB I durch das LSG rügt, hat er keine fallübergreifende Frage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt. Der Vorwurf einer unrichtigen Rechtsanwendung im Einzelfall kann der Rüge der grundsätzlichen Bedeutung grundsätzlich nicht zum Erfolg verhelfen (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
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Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG).
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Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG. Das Beschwerdeverfahren ist insgesamt gerichtskostenfrei, obwohl nach den bindenden Feststellungen des LSG nur die Klägerin zu 1. Sonderrechtsnachfolgerin des verstorbenen Antragstellers iS von § 56 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB I geworden ist. Indes erstreckt sich die Kostenfreiheit, die sich aufgrund dieses Umstands für die Klägerin zu 1. auch im Beschwerdeverfahren aus § 183 S 1 SGG ergibt, auf den Kläger zu 2. Denn das Verfahren hat nur einen und einheitlichen Streitgegenstand. Beide Kläger haben nach ihrem Eintritt ins Berufungsverfahren den Anspruch auf Blindengeld nach ihrem verstorbenen Ehemann bzw Vater stets nur zusammen als vermeintliche Sonderrechtsnachfolger des Anspruchs zu gleichen Teilen iS von § 56 Abs 1 S 2 SGB I und nicht als Miterben (§ 1922 BGB) geltend gemacht. Sie sind von einem Anspruch auf Blindengeld ausgegangen, der ihnen nach ihrer Vorstellung als Sonderrechtsnachfolger gemeinsam zustand und den sie deshalb auch als Sonderrechtsnachfolgegemeinschaft nach Bruchteilen und nicht als Miterbengesamthandsge-meinschaft eingeklagt haben (vgl Lebich in Hauck/Noftz, SGB I, K § 56 RdNr 20; Fock in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl 2014, § 74 RdNr 3; Mrozynski, SGB I, 5. Aufl 2014, § 56 RdNr 12). Dies schließt es aus, hier zwei separate Streitgegenstände anzunehmen, dh einen hinsichtlich eines Anspruchs aus Sonderrechtsnachfolge nach § 56 SGB I nur der Klägerin zu 1. und einen weiteren, kostenrechtlich nicht privilegierten Anspruch etwa nach den Vorschriften der §§ 1922 ff, 2032 BGB (vgl zu dieser Konstellation vgl BSGE 97, 112 = SozR 4-2500 § 31 Nr 5). Im Rahmen des einheitlichen Streitgegenstands erstreckt sich die zu Gunsten der Klägerin zu 1. bestehende Kostenfreiheit auch auf den nicht privilegierten Kläger zu 2. (vgl BSG SozR 4-1500 § 193 Nr 3).
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Dasselbe Ergebnis folgt im Übrigen hier aus § 183 S 3 SGG. Danach steht im Rahmen der Kostenentscheidung den kostenprivilegierten Beteiligten nach § 183 S 1 und 2 SGG gleich, wer im Fall des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Die trifft auf den Kläger zu 2. zu. Denn er berühmt sich, wie gezeigt, der gleichrangigen Sonderrechtsnachfolge neben der Klägerin zu 1.; hätte er mit dieser Behauptung obsiegt, so wäre das Verfahren für ihn nach § 183 S 1 SGG kostenfrei gewesen.
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