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BSG 28.09.2012 - B 14 AS 34/11 BH
BSG 28.09.2012 - B 14 AS 34/11 BH - Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes - unberechtigte Annahmeverweigerung
Normen
Vorinstanz
vorgehend SG Konstanz, 11. März 2010, Az: S 11 AS 268/09, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Baden-Württemberg, 6. Juni 2011, Az: L 3 AS 1606/10, Beschluss
Tenor
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Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 6. Juni 2011 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.
Gründe
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I. Der Kläger, der von dem Beklagten laufend Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bezieht, hat keinen festen Wohnsitz und erhält seine Korrespondenz mit Behörden "postlagernd" über das Postamt Konstanz. Im vorliegenden Verfahren wendet er sich gegen einen Verwaltungsakt des Beklagten, mit dem dieser eine Eingliederungsvereinbarung ersetzt hat (Bescheid vom 6.11.2008, am 7.11.2008 zur Post aufgegeben). Seinen am 30.12.2008 eingelegten Widerspruch wies der Beklagte als unzulässig zurück (Widerspruchsbescheid vom 14.1.2009). Die Klage zum Sozialgericht (SG) Konstanz hat das SG abgewiesen (Urteil vom 11.3.2010). Die hiergegen gerichtete Berufung hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg zurückgewiesen (Beschluss vom 6.6.2011). Die Klage sei unbegründet, denn der Widerspruch sei unzulässig gewesen. Der Bescheid vom 6.11.2008 sei nach § 37 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) am 15.11.2008 bekanntgegeben worden. An diesem Tag sei dem Kläger der Bescheid in der Postfiliale ausgehändigt worden. Er habe zwar die Annahme verweigert und den Umschlag ungeöffnet zurückgegeben. Die Annahmeverweigerung sei aber unberechtigt gewesen, entsprechend § 130 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) reiche die Möglichkeit, Kenntnis zu nehmen deshalb aus. Mithin sei am 30.12.2008 die Frist zur Einlegung des Widerspruchs abgelaufen gewesen.
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Mit seinem Antrag zum Bundessozialgericht (BSG) begehrt der Kläger nunmehr die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des LSG.
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II. Dem Prozesskostenhilfeantrag kann nicht stattgegeben werden.
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Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter (§ 73 Abs 4 SGG) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers erfolgreich zu begründen.
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Gemäß § 160 Abs 2 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), der Beschluss des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist weder nach dem Vorbringen des Klägers, noch nach summarischer Prüfung des Streitstoffs aufgrund des Inhalts der beigezogenen Verfahrensakte ersichtlich.
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Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) ist nicht erkennbar. Sie ist nur dann anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
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Die vorliegende Entscheidung des LSG, der Kläger habe die Annahme der Postsendung unberechtigt verweigert, deshalb sei von einer Bekanntgabe des Ausgangsbescheides am Tag der Annahmeverweigerung (dem 15.11.2008) auszugehen, wirft über den Einzelfall hinaus keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung auf. Zwar treten die Rechtsfolgen der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts nicht ein, wenn dieser nicht ordnungsgemäß in den Machtbereich seines Adressaten gelangt ist. Es entspricht aber allgemeiner Meinung, dass bei einer Bekanntgabe eines Verwaltungsakts mittels Aufgabe zur Post nach § 37 Abs 2 SGB X § 130 BGB entsprechend anzuwenden ist (vgl nur BSG SozR 3-1300 § 44 Nr 19 S 36; ebenso zu § 41 Abs 2 Verwaltungsverfahrensgesetz <VwVfG> bereits Bundesverwaltungsgericht <BVerwG> BVerwGE 10, 293; BVerwG Buchholz 316 § 41 VwVfG Nr 2). Die unberechtigte Annahmeverweigerung zieht damit den Zugang im Zeitpunkt des Angebots zur Aushändigung nach sich (vgl BGH NJW 1983, 929, 930 für die privatrechtliche Willenserklärung; Krasney in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand 73. Ergänzungslieferung 2012, § 37 SGB X RdNr 3; Engelmann in von Wulffen, SGB X, 7. Aufl 2010, § 37 RdNr 4; Recht in Hauck/Noftz, SGB X, Stand 2009, K § 37 RdNr 5; Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl 2008, § 41 RdNr 103). Dies entspricht auch der Wertung des § 63 Abs 2 SGG iVm § 179 ZPO. Die gegenteilige Auffassung wird in Rechtsprechung und Literatur zu § 37 Abs 2 SGB X und zu § 41 Abs 2 VwVfG nicht vertreten. Diese Rechtsfrage allein rechtfertigt die Zulassung der Revision damit nicht. Die Frage, ob das LSG die Grundsätze des § 130 BGB im Einzelfall zutreffend angewandt hat, kann die Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht eröffnen.
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Die Entscheidung des LSG weicht auch nicht von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG ab, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).
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Schließlich ist nicht ersichtlich, dass der Kläger einen Verfahrensmangel geltend machen könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG).
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