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BVerfG 15.01.2020 - 2 BvR 849/15
BVerfG 15.01.2020 - 2 BvR 849/15 - Nichtannahmebeschluss: Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde bei Erledigung des ursprünglichen Begehrs und fehlenden Voraussetzungen für ein Fortbestehen des Rechtsschutzinteresses
Normen
§ 34a Abs 3 BVerfGG, § 90 Abs 1 BVerfGG
Vorinstanz
vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 15. Dezember 2014, Az: 1 Ws 149/14, Beschluss
vorgehend LG Potsdam, 7. April 2014, Az: 25 KLs 13/11, Beschluss
Tenor
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.
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Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Auslagenerstattung wird abgelehnt.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Nichtzulassung der Zwangsvollstreckung in Gelder, die im Rahmen eines Strafverfahrens zum Zwecke der sogenannten Rückgewinnungshilfe arrestiert worden waren.
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1. Nachdem 2006 gegen den Gründungsgesellschafter und ehemaligen Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Dr. G…, ein Ermittlungsverfahren unter anderem wegen der Begehung von Betrugstaten zu Lasten von Kleinanlegern eingeleitet worden war, hatte zunächst das Amtsgericht Potsdam zur Rückgewinnungshilfe zugunsten der geschädigten Kleinanleger dingliche Arreste in das Vermögen des Dr. G… und in das Vermögen von zwei von Dr. G… gegründeten Gesellschaften angeordnet. Der Beschwerdeführerin, die einen rechtskräftigen Vollstreckungstitel gegen Dr. G… erwirkt hatte, versagten das Landgericht Potsdam mit Beschluss vom 7. April 2014 und das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 15. Dezember 2014 die Zulassung der Zwangsvollstreckung in das arrestierte Vermögen, da sie nicht zu dem privilegierten Personenkreis gehöre, zu deren Gunsten die Rückgewinnungshilfe angeordnet worden sei. Den dinglichen Arrest in das Vermögen des Dr. G… hob das Landgericht Potsdam mit Beschluss vom 29. April 2014 wegen Vermögenslosigkeit desselben auf; mit Beschluss vom 27. Juli 2015 wurde der Arrest in das Vermögen der zwei von Dr. G… gegründeten Gesellschaften wegen unverhältnismäßig langer Fortdauer der Arrestierung ebenfalls aufgehoben.
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2. Mit ihrer am 13. Februar 2015 eingegangenen Verfassungsbeschwerde wehrt sich die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin gegen die Versagung der Zulassung der Zwangsvollstreckung in die arrestierten Gelder und rügt eine Verletzung der Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 103 Abs. 1 GG. Nach Aufhebung der dinglichen Arreste erklärte die Beschwerdeführerin, dass sich ihr Begehren zwar teilweise erledigt habe, ihr jedoch insoweit ein Anspruch auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Hoheitsakte zustehe. Im Übrigen beantragt sie, ihr ihre notwendigen Auslagen zu erstatten.
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II.
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1. Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an, da die Verfassungsbeschwerde mit Aufhebung der dinglichen Arreste, in Bezug auf welche die Beschwerdeführerin die Zulassung der Zwangsvollstreckung begehrt hatte, wegen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden ist.
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a) Das Rechtsschutzziel der Beschwerdeführerin war auf Zulassung der Zwangsvollstreckung in die ursprünglich arrestierten Gelder gerichtet. Dieses Ziel kann sie nach Aufhebung der dinglichen Arreste nicht mehr erreichen. Da sich somit das von der Beschwerdeführerin verfolgte Begehren der Aufhebung der Beschlüsse erledigt hat, ist auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Verfassungsbeschwerde entfallen.
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b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin besteht nach den Umständen des Falles auch kein Bedürfnis für eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Entscheidungen fort.
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aa) Nach einer Erledigung des verfolgten Begehrens besteht im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ein Rechtsschutzbedürfnis dann fort, wenn entweder die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage von grundsätzlicher Bedeutung anderenfalls unterbliebe und der gerügte Grundrechtseingriff besonders belastend erscheint oder eine Wiederholung der angegriffenen Maßnahme zu besorgen ist oder die aufgehobene Maßnahme den Beschwerdeführer noch weiterhin beeinträchtigt (vgl. BVerfGE 81, 138 140>).
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bb) Es ist nicht substantiiert vorgetragen oder ersichtlich, dass die angegriffenen Hoheitsakte die Beschwerdeführerin noch weiterhin beeinträchtigen. Durch die Annahme der Erledigung unterbleibt vorliegend auch nicht die Klärung einer grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Frage. Eine solche stellt sich nicht und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht aufgezeigt. Es steht lediglich die Anwendung des einfachen Rechts im Einzelfall in Streit. Dass der Beschwerdeführerin unter im Wesentlichen unveränderten Umständen eine identische Entscheidung droht (Wiederholungsgefahr), ist nicht zu erkennen. Eine fortdauernde Beeinträchtigung stellt auch nicht die Beschwer mit den Kosten des Gerichtsverfahrens dar (vgl. BVerfGE 33, 247 256 ff.>; 50, 244 248>; 75, 318 325>; 85, 109 113>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 12. März 2019 - 1 BvR 2535/16 -, Rn. 14).
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2. Der Antrag auf Anordnung der Erstattung notwendiger Auslagen für die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
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Nach § 34a Abs. 3 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht die volle oder teilweise Erstattung von Auslagen auch dann anordnen, wenn die Verfassungsbeschwerde erfolglos geblieben ist. Dies gilt auch, wenn sie, wie hier, nicht zur Entscheidung angenommen wurde (vgl. BVerfGE 36, 89 92>; BVerfGK 7, 283 302 f.>). Die Anordnung der Auslagenerstattung steht im Ermessen des Gerichts und setzt voraus, dass besondere Billigkeitsgründe vorgetragen oder ersichtlich sind (stRspr; vgl. BVerfGE 7, 75 77>; 20, 119 133 f.>; 85, 109 114 ff.>; 87, 394 397 f.>; 89, 91 97>; 133, 37 38 f. Rn. 2>). Eine Erstattung von Auslagen kommt etwa dann in Betracht, wenn die Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde unterstellt werden kann oder wenn die verfassungsrechtliche Lage - etwa durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in einem gleich gelagerten Fall - bereits geklärt ist (vgl. BVerfGE 85, 109 114 ff.>; 133, 37 38 f. Rn. 2>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16. Oktober 2013 - 2 BvR 1446/12 -, juris, Rn. 5 m.w.N.).
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Nach der hiernach vorzunehmenden Gesamtwürdigung aller bekannten Umstände entspricht es nicht der Billigkeit, die Erstattung der der Beschwerdeführerin entstandenen notwendigen Auslagen für die Verfassungsbeschwerde, die sich mit der Nichtannahmeentscheidung erledigt hat, anzuordnen. Besondere Billigkeitsgesichtspunkte, die für eine Auslagenerstattung sprechen könnten, werden von der Beschwerdeführerin nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht erkennbar. Insbesondere hatte die Verfassungsbeschwerde bis zum Eintritt der Erledigung nicht offensichtlich Aussicht auf Erfolg.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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