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BVerfG 28.07.2016 - 1 BvR 1695/15
BVerfG 28.07.2016 - 1 BvR 1695/15 - Teilweise stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit durch Versagung von PKH unter Vorverlagerung ungeklärter Rechtsfragen in das PKH-Verfahren - hier: beabsichtigte Geltendmachung vom Amtshaftungsansprüchen wegen menschenunwürdiger Haftbedingungen bei Unterbringung in Gemeinschaftshaft - Gegenstandswertfestsetzung
Normen
Art 1 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 839 Abs 3 BGB, Art 3 MRK, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 18 StVollzG, § 114 Abs 1 S 1 ZPO
Vorinstanz
vorgehend OLG München, 13. Mai 2015, Az: 1 W 804/15, Beschluss
vorgehend LG Augsburg, 27. März 2015, Az: 011 O 715/15, Beschluss
Tenor
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1. Dem Beschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in die Verfassungsbeschwerdefrist gewährt.
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2. Der Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 27. März 2015 - 011 O 715/15 - und der Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 13. Mai 2015 - 1 W 804/15 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit aus Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben, soweit sie dem Beschwerdeführer Prozesskostenhilfe für den Zeitraum vom 19. September 2014 bis zum 30. Oktober 2014 versagen.
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3. Die Sache wird in diesem Umfang zur erneuten Entscheidung an das Landgericht Augsburg zurückverwiesen.
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4. Im Übrigen wird die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.
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5. Der Freistaat Bayern hat dem Beschwerdeführer 4/5 seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.
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6. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 25.000 € (in Worten: fünfundzwanzigtausend Euro) festgesetzt.
Gründe
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I.
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Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Zurückweisung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Amtshaftungsklage gegen den Freistaat Bayern wegen menschenunwürdiger Unterbringung in Strafhaft.
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1. Mit Schriftsatz an das Landgericht A. vom 24. Februar 2015 übersandte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nebst Klageentwurf für eine Amtshaftungsklage gegen den Freistaat Bayern. Er machte geltend, 53 Tage lang unter menschenunwürdigen Bedingungen in der Justizvollzugsanstalt L. in Haft gewesen zu sein. Im Zeitraum vom 19. September 2014 bis zum 10. November 2014 sei er neben drei weiteren Mitgefangenen im Haftraum Nr. 041 untergebracht gewesen. Der Haftraum habe inklusive Möblierung und Toilettenbereich eine Gesamtgrundfläche von 17,45 m2 gehabt.
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Der Beschwerdeführer monierte unter anderem den Verlust jeglicher Privatsphäre und unzumutbare Belastungen der Gefangenen, die aus dem erzwungenen engen körperlichen Kontakt rührten.
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2. Mit angegriffenem Beschluss vom 27. März 2015 verweigerte das Landgericht dem Beschwerdeführer die Prozesskostenhilfe. Die Klage habe keine Aussicht auf Erfolg. Unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs führte das Landgericht - soweit hier erheblich - aus, dass sich nicht abstrakt-generell klären lasse, ob der Vollzug einer Strafhaft als menschenunwürdig anzusehen sei; vielmehr bedürfe es jeweils einer Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls. Dabei kämen als Faktoren, die eine aus den räumlichen Haftbedingungen resultierende Verletzung der Menschenwürde indizierten, in erster Linie die Bodenfläche pro Gefangenen und die Situation der sanitären Anlagen in Betracht, namentlich Abtrennung und Belüftung der Toilette. Eine Menschenwürdeverletzung sei danach nicht festzustellen.
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Allein aus der Bodenfläche eines Haftraums könne nicht auf menschenunwürdige Verhältnisse geschlossen werden. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ginge bei der Anwendung von Art. 3 EMRK von einem Regelwert von 4 m2 je Inhaftierten aus, der hier eingehalten sei. Darüber hinaus hätten dem Beschwerdeführer täglich umfangreiche Aufschlusszeiten und Freizeitangebote zur Verfügung gestanden.
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Ein etwaiger Anspruch des Beschwerdeführers sei auch gemäß § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, da der Beschwerdeführer es mit der Konsequenz eines völligen Anspruchsverlusts unterlassen habe, die Beeinträchtigung seiner Menschenwürde durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
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3. Mit Schriftsatz vom 28. April 2015 legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein, die das Oberlandesgericht mit angegriffenem Beschluss vom 13. Mai 2015 zurückwies.
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Die sofortige Beschwerde sei unbegründet, da nach der gebotenen Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls eine menschenunwürdige Unterbringung nicht vorliege. Nach unbestrittenem Vortrag des Freistaats sei der Beschwerdeführer zum einen nur bis zum 30. Oktober 2014 im Gemeinschaftshaftraum Nr. 041 und danach in einem Einzelhaftraum untergebracht gewesen. Der Haftraum Nr. 041 sei zudem - zuletzt unstreitig - nicht dauerhaft mit vier Gefangenen belegt gewesen.
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Auch bei voller Belegung könne eine menschenrechtswürdige Unterbringung nicht angenommen werden. Der Bundesgerichtshof habe die Rechtsprechung zur Frage einer menschenunwürdigen Unterbringung zusammengefasst und dabei auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in zu Art. 3 EMRK in seine Erwägungen einbezogen. Die Haftraumgröße habe stets mehr als den Regelwert des EGMR von 4 m2 pro Person betragen.
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4. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer unter anderem eine Verletzung seines Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.
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5. Dem Justizministerium des Freistaats Bayern sowie der Präsidentin des Bundesgerichtshofs wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Sie halten die Verfassungsbeschwerde jeweils für unbegründet. Die Akten des Ausgangsverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Entscheidung anzunehmen, da dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist.
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1. Unzulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit sie den Zeitraum seit dem 31. Oktober 2014 betrifft. Laut den Feststellungen der Fachgerichte hatte der Beschwerdeführer seither einen Einzelhaftraum inne. Eine Verletzung von Verfassungsrecht ist insofern weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde zulässig. Zwar ist die Beschwerdeschrift gegen den am 21. Mai 2015 zugestellten Beschluss des Oberlandesgerichts erst am 24. Juni 2015 beim Bundesverfassungsgericht eingegangen. Dem Beschwerdeführer ist jedoch hinsichtlich der damit gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 und 2 BVerfGG versäumten Beschwerdefrist antragsgemäß Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Er hat die Verfassungsbeschwerde ausweislich des Poststempels am 18. Juni 2015 zur Post gegeben; bei gewöhnlicher Postlaufzeit wäre die Beschwerdeschrift rechtzeitig beim Bundesverfassungsgericht eingegangen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 18. März 2005 - 1 BvR 113/01 -, juris).
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2. Die Verfassungsbeschwerde ist hinsichtlich des Zeitraums vom 19. September 2014 bis zum 30. Oktober 2014 im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG offensichtlich begründet, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Rechtsschutzgleichheit rügt. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen Fragen zu Inhalt und Reichweite des aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Anspruchs auf Rechtsschutzgleichheit bereits geklärt (vgl. BVerfGE 81, 347 356 ff.>; 92, 122 124>). Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit, soweit sie ihm Prozesskostenhilfe für den Zeitraum versagen, in dem er sich in Gemeinschaftshaft befand.
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a) Die Gewährleistung der Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gebietet eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes (vgl. BVerfGE 9, 124 130 f.>; stRspr). Zwar ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, die Gewährung von Prozesskostenhilfe davon abhängig zu machen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nämlich nicht selbst bieten, sondern ihn erst zugänglich machen (vgl. BVerfGE 81, 347 357>).
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Danach dürfen bislang ungeklärte Rechts- und Tatfragen nicht im Prozesskostenhilfeverfahren entschieden werden, sondern müssen auch von Unbemittelten einer prozessualen Klärung zugeführt werden können. Dabei muss Prozesskostenhilfe nicht immer schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist. Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe kann ungeachtet des Fehlens einschlägiger höchstrichterlicher Rechtsprechung gerechtfertigt sein, wenn die Rechtsfrage angesichts der gesetzlichen Regelung oder im Hinblick auf Auslegungshilfen, die von bereits vorliegender Rechtsprechung bereitgestellt werden, ohne Schwierigkeiten beantwortet werden kann. Ist dies jedoch nicht der Fall und steht eine höchstrichterliche Klärung noch aus, so ist es mit dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit nicht zu vereinbaren, der unbemittelten Partei wegen fehlender Erfolgsaussichten ihres Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten (vgl. BVerfGE 81, 347 359>). Ansonsten würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 u.a. -, NVwZ 2006, S. 1156 1157>; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Februar 2008 - 1 BvR 1807/07 -, NJW 2008, S. 1060 1061>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 7. November 2011 - 1 BvR 1403/09 -, juris).
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b) Gemessen an diesen Grundsätzen halten die Prozesskostenhilfe versagenden Beschlüsse des Landgerichts und Oberlandesgerichts einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand, soweit sie die 42 Tage währende Gemeinschaftsunterbringung des Beschwerdeführers im Haftraum Nr. 041 betreffen. Sowohl Landgericht als auch Oberlandesgericht haben insofern ihre Einschätzung fehlender Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung auf ein Verständnis der Menschenwürdegarantie in der gemeinschaftlichen Haftunterbringung gestützt, das in der bisherigen Rechtsprechung der Fachgerichte noch keine hinreichende Klärung gefunden hat. Die damit verbundenen Fragestellungen durften demnach nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren vorverlagert werden.
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aa) Im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung sind Landgericht wie Oberlandesgericht im Ansatz davon ausgegangen, dass die Frage nach der Menschenwürdigkeit der Unterbringung von Strafgefangenen von einer Gesamtschau der tatsächlichen, die Haftsituation bestimmenden Umstände abhängt, wobei als Faktoren in räumlicher Hinsicht in erster Linie die Bodenfläche pro Gefangenen und die Situation der sanitären Anlagen, namentlich die Abtrennung und Belüftung der Toilette, zu beachten sind (vgl. nur BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2015 - 1 BvR 1332/14 -, juris; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 22. März 2016 - 2 BvR 566/15 -, juris) und als die Haftsituation mildernde oder verschärfende Merkmale der Umfang der täglichen Einschlusszeiten und die Belegdichte des Haftraums Berücksichtigung finden. Die Frage, wie diese Faktoren zu bewerten sind und insbesondere, ob oder unter welchen Bedingungen - wie es die angegriffenen Entscheidungen für ausreichend halten - auch eine anteilige Grundfläche von unterhalb von 6 m2 pro Strafgefangenen den Anforderungen der Menschenwürdegarantie genügen kann, ist in der Rechtsprechung nicht geklärt.
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Allerdings lässt sich die Frage, wann die räumlichen Verhältnisse in einer Strafanstalt derart beengt sind, dass die Unterbringung eines Gefangenen dessen Menschenwürde verletzt, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht abstrakt-generell klären, sondern muss der tatrichterlichen Beurteilung überlassen bleiben (beispielsweise BGH, Urteil vom 4. Juli 2013 - III ZR 342/12 -, BGHZ 198, 1). Danach kann es die Klärung eines verfassungsmäßigen Raummindestsolls im Sinne schematisch festgelegter allgemeiner Maßzahlen nicht geben (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09 -, NJW-RR 2010, S. 1465). Dies stellt jedoch nicht in Frage, dass es für die Anforderungen an menschenwürdige Haftbedingungen der Herausbildung auch übergreifender Grundsätze und Unterscheidungsmerkmale bedarf, die sowohl den Betroffenen als auch den Behörden Kriterien an die Hand geben, die die Beurteilung der Menschenwürdigkeit der Unterbringung hinreichend vorhersehbar machen.
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bb) Diese Anforderungen sind zurzeit nicht geklärt und werden von den Gerichten verschieden beurteilt.
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(1) So setzt die obergerichtliche Rechtsprechung bei mehrfach belegten Hafträumen zum Teil Regelwerte von 6, zum Teil auch von 7 m2 Bodenfläche pro Gefangenen an. Deren Unterschreitung wird zum Teil als Menschenwürdeverletzung beurteilt, wenn zugleich die Toilette nicht abgetrennt oder nicht gesondert entlüftet ist (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 18. Juli 2003 - 3 Ws 578/03 -, NJW 2003, S. 2843 2845>; OLG Hamburg, Urteil vom 14. Januar 2005 - 1 U 43/04 -, juris, Rn. 42; OLG Koblenz, Urteil vom 15. März 2006 - 1 U 1286/05 -, juris, Rn. 11 ff.). In anderen Fällen haben Fachgerichte eine Verletzung der Menschenwürde unabhängig hiervon allein wegen der Unterschreitung eines gewissen Bodenflächenmaßes bejaht, da die räumliche Enge eine Bewegung und Entfaltung der Gefangenen nicht erlaube (so OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 21. Februar 2005 - 3 Ws 1342 - 1343/04 [StVollz] u.a. -, NStZ-RR 2005, S. 155 156>: Menschenwürdeverletzung bei 3,84 m2 pro Gefangenen in Mehrfachbelegung bei abgetrennter Toilette; Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 19. Juni 2008 - 11 U 24/07 -, juris, Rn. 26: 3,75 m2 pro Gefangenen bei hinzukommender Erschwernis der nicht abgetrennten Toilette). Die Oberlandesgerichte Hamm und Düsseldorf setzen einen fixen Schwellenwert von 5 m2 Grundfläche pro Gefangenen an, dessen Unterschreitung ungeachtet anderer Parameter eine Menschenwürdeverletzung bedinge (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. November 2011 - I-18 W 31/11, 18 W 31/11 -, juris; OLG Hamm, Urteil vom 29. September 2010 - 11 U 88/08, I-11 U 88/08 -, juris; Urteil vom 18. März 2009 - 11 U 88/08 -, juris; Beschluss vom 25. März 2009 - 11 W 106/08 -, NStZ-RR 2009, S. 326). Bezüglich der Unterbringung in einem Einzelhaftraum hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin eine längere Unterbringung in einem 5,25 m2 messenden Einzelhaftraum ohne abgetrennte Toilette für menschenwürdewidrig befunden und das Hauptaugenmerk auf die beengte Haftsituation gelegt (vgl. BerlVerfGH, Beschluss vom 3. November 2009 - VerfGH 184/07 -, LKV 2010, S. 26). Angesichts der Rechtsprechung (weitere Nachweise in BVerfGK 12, 417 420 f.> sowie BGHZ 198, 1 4 f.>) kann nicht als geklärt gelten, dass und unter welchen Umständen eine Haftraumfläche wie hier von weniger als 6 m2 den Erfordernissen der Menschenwürdegarantie des gemeinschaftlich untergebrachten Strafgefangenen entspricht.
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(2) Ungeklärt ist auch die Frage des Verhältnisses der Anforderungen aus Art. 1 Abs. 1 GG zu denen aus Art. 3 EMRK. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist, bezogen auf das Verbot der Folter, der unmenschlichen oder erniedrigenden Bestrafungen oder Behandlung nach Art. 3 EMRK, von einem Richtwert von 4 m² Grundfläche pro Gefangenen ausgegangen (EGMR, Urteil vom 12. Juli 2007, Beschwerde-Nr. 20877/04, Testa ./. Kroatien, EuGRZ 2008, S. 21 Rn. 57 f.). Für erniedrigende Haftbedingungen spricht eine starke Vermutung, wenn ein Häftling nicht über 3 m2 Grundfläche verfügt (vgl. EGMR, Urteil vom 10. Januar 2012, Beschwerde-Nr. 42525/07 u. 60800/08 - Ananyev u. a. ./. Russland [Piloturteil] -, NVwZ-RR 2013, S. 284 288>). Der Bundesgerichtshof hat betont, dass die Anforderungen des Grundgesetzes höher sind (vgl. BGHZ 198, 1 6 f.>). Damit ist die hier zu entscheidende Rechtsfrage aber auch im Verhältnis zwischen Grundgesetz und EMRK fachgerichtlich ungeklärt.
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(3) In der Rechtsprechung der Fachgerichte weitgehend offen ist auch die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage nach der Beurteilung einer Haftsituation durch die gemeinschaftliche Unterbringung auf engem Raum. Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass in der bloßen Tatsache einer - auch rechtswidrigen - Gemeinschaftsunterbringung nicht ohne Weiteres ein Verstoß gegen die Menschenwürde liegt (BGH, Beschluss vom 28. September 2006 - III ZB 89/05 -, NJW 2006, S. 3572; vgl. zur Gemeinschaftshaft auch EGMR, Urteil vom 15. Juli 2002, Beschwerde-Nr. 47095/99 - Kalashnikov ./. Russland -, NVwZ 2005, S. 303 304 f.>). Damit ist jedoch nicht geklärt, ob und unter welchen Umständen die Eigenheiten der Zwangsgemeinschaft im Einzelfall besondere Nachteile darstellen können. Offen ist bislang, wie sich die bei höherer Belegzahl auf geringem Raum auftretenden Stress- und Konfliktsituationen und die Anforderungen an eine unabdingbare Privatsphäre auf den Raumbedarf auswirken und welches Gewicht - auch ausgleichend - weitere Faktoren, wie etwa Einschlusszeiten, haben.
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cc) Indem Landgericht und Oberlandesgericht der beabsichtigten Amtshaftungsklage ungeachtet dieser ungeklärten Rechtsfragen die Erfolgsaussicht von vornherein abgesprochen und in vollem Umfang Prozesskostenhilfe verweigert haben, haben sie den Anspruch des Beschwerdeführers auf Rechtsschutzgleichheit verletzt. Die für die Beurteilung des Begehrens des Beschwerdeführers maßgeblichen Rechtsfragen durften nicht in das Prozesskostenhilfeverfahren vorverlagert werden, sondern bedürfen einer Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren, die es dem Beschwerdeführer auch ermöglicht, diese gegebenenfalls einer höchstrichterlichen Klärung zuzuführen.
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3. Die angegriffenen Beschlüsse beruhen im tenorierten Umfang auf den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Fehlern. Soweit das Landgericht ergänzend auf einen Anspruchsausschluss wegen Rechtsmittelsäumnis gemäß § 839 Abs. 3 BGB abstellt, trägt diese Erwägung die angegriffene Entscheidung nicht. Der entscheidenden Frage, ob der Beschwerdeführer nach der tatsächlichen Rechtspraxis im maßgeblichen Zeitpunkt effektiven Rechtsschutz hätte erlangen können und damit das Ergreifen der Rechtsschutzmöglichkeiten möglich, zumutbar und erfolgversprechend gewesen wäre, ist das Landgericht nicht nachgegangen (vgl. BGH, Urteil vom 11. März 2010 - III ZR 124/09 -, NJW-RR 2010, S. 1465 1465 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 409/09 -, NJW-RR 2011, S. 1043 1046 f.>).
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4. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung folgt aus § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandwerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 366 ff.>).
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