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BVerfG 27.06.2014 - 1 BvR 1313/14
BVerfG 27.06.2014 - 1 BvR 1313/14 - Nichtannahmebeschluss: Erlöschen des Notaramts mit Vollendung des 70. Lebensjahres (§§ 47 Nr 1, 48a BNotO) verfassungsrechtlich unbedenklich - mangels Verstoßes gegen Unionsrecht (EGRL 78/2000) keine Vorlage an den EuGH geboten - Verfassungsbeschwerde teilweise unsubstantiiert
Normen
Art 19 Abs 4 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 47 Nr 1 BNotO, § 48a BNotO, § 111d S 2 BNotO, EGRL 78/2000, EUGrdRCh, § 124 Abs 2 VwGO
Vorinstanz
vorgehend BGH, 17. März 2014, Az: NotZ (Brfg) 21/13, Beschluss
vorgehend KG Berlin, 16. September 2013, Az: Not 15/13, Urteil
Gründe
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I.
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Der Beschwerdeführer wendet sich mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde gegen seine altersbedingte Versetzung in den Ruhestand.
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1. Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt, wurde im Jahr 1983 zum Notar bestellt. Seinen Antrag auf Feststellung, dass sein Amt als Notar nicht mit Ablauf des Monats, in dem er das 70. Lebensjahr vollendet, erlösche, wurde von der Präsidentin des Kammergerichts abgelehnt.
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Nach Abweisung seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Klage durch Urteil des Kammergerichts ist der Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung durch Beschluss des Bundesgerichtshofs abgelehnt worden.
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2. Mit seiner gegen die gerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 6, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 101 Abs. 1 GG. Daneben macht er eine Verletzung von Art. 15, Art. 16, Art. 17, Art. 20, Art. 21 und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union geltend.
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II.
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Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ihr kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu, noch ist ihre Annahme zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.
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1. Die gesetzliche Regelung, nach der das Notaramt durch Erreichen der Altersgrenze erlischt (§ 47 Nr. 1, § 48a der Bundesnotarordnung - BNotO), ist vom Bundesverfassungsgericht bereits wiederholt insbesondere mit Blick auf die Freiheit der Berufswahl (Art. 12 Abs. 1 GG) geprüft worden, blieb jedoch verfassungsrechtlich stets ohne Beanstandung (vgl. etwa BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29. Oktober 1992 - 1 BvR 1581/91 -, NJW 1993, S. 1575; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. Januar 2011 - 1 BvR 2870/10 -, NJW 2011, S. 1131). Für eine Aufgabe dieser Rechtsprechung gibt auch der vorliegende Fall keinen Anlass, zumal der Beschwerdeführer sich weder mit den bisherigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzt, noch wesentliche neue Argumente gegen diese vorbringt.
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a) So geht die Rüge einer Verletzung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ins Leere; denn aus dieser folgen keine Rechte des Beschwerdeführers, die gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 BVerfGG vor dem Bundesverfassungsgericht geltend gemacht werden können.
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Unter diesem Gesichtspunkt käme allenfalls eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Nichtvorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union in Betracht, was der Beschwerdeführer hier allerdings - auch im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303, S. 16) - ohne Erfolg geltend macht.
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Das Bundesverfassungsgericht beanstandet die Auslegung und Anwendung von Normen, die die gerichtliche Zuständigkeitsverteilung regeln, nur, wenn sie bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheinen und offensichtlich unhaltbar sind oder das Gericht Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG grundlegend verkannt hat (vgl. BVerfGE 82, 286 299>; 87, 282 284 ff.>). Diese Grundsätze gelten auch für die unionsrechtliche Zuständigkeitsvorschrift des Art. 267 Abs. 3 AEUV (vgl. zum Ganzen auch BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 28. Januar 2014 - 2 BvR 1561/12 u.a. -, NVwZ 2014, S. 646 657 f.>). Hierzu hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgetragen. Insbesondere hat er sich mit den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts für eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Nichtbeachtung einer Vorlagepflicht nicht auseinandergesetzt.
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Unabhängig davon ist das Bestehen einer Vorlagepflicht nicht ersichtlich. Sowohl das Kammergericht als auch der Bundesgerichtshof haben sich jeweils mit den europarechtlichen Fragen des Ausgangsrechtsstreits auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auseinandergesetzt. Der Bundesgerichtshof ist in ständiger Rechtsprechung der Auffassung, dass § 47 Nr. 1, § 48a BNotO nicht gegen das Diskriminierungsverbot aus der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 verstoßen (vgl. in neuerer Zeit BGH, Beschluss vom 23. Juli 2012 - NotZ <Brfg> 15/11 -, juris; Beschluss vom 25. November 2013 - NotZ <Brfg> 11/13 -, NJW-RR 2014, S. 631). Gegen diese Rechtsprechung ist von Verfassungs wegen nichts zu erinnern (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 5. Januar 2011 - 1 BvR 2870/10 -, NJW 2011, S. 1131). Das gilt auch vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (Urteil vom 6. November 2012 - C-286/12 -, EuGRZ 2012, S. 752). Danach stellt eine gesetzliche Altersgrenze zwar eine unmittelbar auf dem Kriterium des Alters beruhende Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2000/78/EG dar. Diese ist indes nicht diskriminierend, sofern sie objektiv und angemessen und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist, und außerdem die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Sozialpolitische Ziele, beispielsweise aus den Bereichen der Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung, stellen in ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union solche legitimen Ziele dar (vgl. EuGH, Urteil vom 6. November 2012 - C-286/12 -, a.a.O. m.w.N.). Ein legitimes Ziel der Arbeits- und Beschäftigungspolitik kann insbesondere das Herbeiführen einer ausgewogenen Altersstruktur sein, um die Möglichkeiten für Neueinstellungen und den beruflichen Aufstieg jüngerer Amtsträger zu verbessern; hinzu kommt die Optimierung der Personalplanung, um so etwaigen Rechtsstreitigkeiten über die Fähigkeit eines Beschäftigten vorzubeugen, der seine Tätigkeit über eine bestimmte Altersgrenze hinaus ausüben will (EuGH, Urteil vom 6. November 2012 - C-286/12 -, a.a.O.). Diese Erwägungen tragen auch die hier angegriffene Altersgrenze für das Notaramt.
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b) Schließlich hat der Bundesgerichtshof auch den Rechtsweg des Beschwerdeführers nicht in verfassungswidriger Weise unter Missachtung des Art. 19 Abs. 4 GG verkürzt. Mit der Ablehnung der Zulassung dieses Rechtsmittels ist der Zugang zur Berufung nicht unzumutbar erschwert worden (vgl. dazu BVerfGE 125, 104 137>). Die Auffassung des Bundesgerichtshofs, wonach ein Zulassungsgrund (§ 111d Satz 2 BNotO, § 124 Abs. 2 VwGO) nicht gegeben ist, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. An der hinreichenden Klärung der entscheidungserheblichen Fragen durch die vorliegende Rechtsprechung vermag der Hinweis des Beschwerdeführers auf die in diesem Zusammenhang bislang unerörterte Frage der unterschiedlichen Altersversorgung nichts zu ändern. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers stellen diese Gesichtspunkte weder die Richtigkeit der Entscheidung in Frage, noch werfen sie ernstlich klärungsbedürftige oder schwierige Rechtsfragen auf. Dass aufgrund der gesetzlichen Altersgrenze in § 48a BNotO wesentlich ungleiche Sachverhalte unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gleich behandelt werden, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich.
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2. Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar.
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