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BFH 03.05.2023 - IX R 6/21
BFH 03.05.2023 - IX R 6/21 - Verlustrücktrag: Auswirkungen auf den Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr
Normen
§ 2 Abs 3 EStG 2009, § 10d Abs 1 EStG 2009, § 10 Abs 4b S 3 EStG 2009, EStG VZ 2014, EStG VZ 2015
Vorinstanz
vorgehend FG München, 22. September 2020, Az: 12 K 1937/19, Urteil
Leitsatz
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1. Negative Einkünfte sind, soweit sie nach § 10d Abs. 1 EStG zurückgetragen worden sind, zeitlich nicht mehr dem Entstehungsjahr zuzuordnen und bilden demzufolge auch nicht (mehr) die Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Entstehungsjahr.
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2. Der negative Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr (§ 2 Abs. 3 EStG) ist nach Durchführung des Verlustrücktrags um den Betrag der zurückgetragenen Einkünfte zu erhöhen. Der durch den Verlustabzug modifizierte Gesamtbetrag der Einkünfte bildet die Ausgangsgröße für die weitere Ermittlung des Einkommens gemäß § 2 Abs. 4 EStG.
Tenor
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Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts München vom 22.09.2020 - 12 K 1937/19 aufgehoben.
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Die Klage wird abgewiesen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte im Streitjahr einen Kirchensteuererstattungsüberhang ausgleicht, obwohl die im Streitjahr nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte im unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum in voller Höhe vom dortigen Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden sind (Verlustrücktrag).
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Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) erzielte im Streitjahr negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus Vermietung und Verpachtung sowie positive Einkünfte aus Kapitalvermögen und sonstige Einkünfte (Rente). Der Gesamtbetrag der Einkünfte belief sich auf ./. 48.322 €. Aus der Erstattung von Kirchensteuer in Höhe von 61.262 € sowie gezahlter Kirchensteuer von 153 € ergab sich ein Kirchensteuer-Erstattungsüberhang von 61.109 €.
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Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) zog die nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte des Streitjahrs in voller Höhe im Rücktragsjahr 2014 ab. Im geänderten Bescheid für 2015 über Einkommensteuer vom 08.01.2019 rechnete er den Betrag der zurückgetragenen negativen Einkünfte dem Einkommen wieder hinzu. Im Berechnungsteil des Bescheids finden sich deshalb unmittelbar nacheinander folgende Zeilen:
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Gesamtbetrag der Einkünfte
./. 48.322 €
Berücksichtigung als Verlustrücktrag
48.322 €
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Unter Berücksichtigung weiterer unstreitiger Sonderausgaben sowie des Erstattungsüberhangs von 61.109 € ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen von 42.355 €. Darauf entfiel nach Abzug der Ermäßigungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen tarifliche Einkommensteuer von 9.486 €. Die Einkommensteuer für die nach § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu besteuernden Kapitaleinkünfte der Klägerin belief sich unstreitig auf 26.603 €. Die insgesamt festzusetzende Einkommensteuer betrug danach 36.089 €. Den dagegen erhobenen Einspruch wies das FA als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung vom 16.07.2019).
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Das Finanzgericht (FG) hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben und die Einkommensteuer für 2015 auf 26.603 € herabgesetzt. Der Erstattungsüberhang sei nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzuzurechnen. Dieser sei negativ gewesen. § 10d Abs. 1 EStG treffe keine Aussage, welche Auswirkungen ein Verlustrücktrag auf das Entstehungsjahr habe. Vor diesem Hintergrund habe die vom FA vorgenommene Neutralisierung des negativen Gesamtbetrags der Einkünfte im Entstehungsjahr keine Rechtsgrundlage. Im Übrigen habe der Bundesfinanzhof (BFH) selbst ausgeführt, dass ein Erstattungsüberhang keine Einkommensteuer auslöse, wenn ein hoher negativer Gesamtbetrag der Einkünfte vorliege. Dieser Fall könne aber nicht vorkommen, wenn ein zurückgetragener negativer Gesamtbetrag im Entstehungsjahr neutralisiert werden müsste.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 10d Abs. 1 und § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG. Im Entstehungsjahr nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nach § 10d Abs. 1 EStG in den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum zurückgetragen werden, könnten sich im Entstehungsjahr nicht mehr auswirken und auch einen Erstattungsüberhang bei den Sonderausgaben nicht ausgleichen. Sonst würden sie sich doppelt auswirken, was der Systematik des Verlustausgleichs zuwiderliefe. Dementsprechend habe der BFH stets entschieden, dass über die Höhe des Verlustrücktrags im Rücktragsjahr entschieden werde, wo sich die negativen Einkünfte auswirkten.
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Das FA beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
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§ 10d Abs. 1 EStG treffe keine Aussage über das Entstehungsjahr. Eine Doppelbegünstigung liege nicht vor. Im Rücktragsjahr mindere der Verlustrücktrag den Gesamtbetrag der Einkünfte unter Umständen bis auf null Euro mit der Folge, dass sich Sonderausgaben nicht mehr auswirkten. Derartige systembedingte Nachteile müssten hingenommen werden. Dann müsse aber auch der umgekehrte Fall hingenommen werden. Das habe der BFH beiläufig bekräftigt (BFH-Urteil vom 12.03.2019 - IX R 34/17, BFHE 264, 201, BStBl II 2019, 658). Der vom BFH in diesem Zusammenhang erwähnte Fall, dass ein Erstattungsüberhang mit einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte zusammentreffe, könne aber nur vorkommen, wenn sich der Verlustrücktrag auf den negativen Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr nicht auswirke. Die vom FA vorgenommene "Neutralisierung" des negativen Gesamtbetrags sei dagegen gesetzlich nicht vorgesehen.
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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Rechtsstreit beigetreten. Vorrangig gehe es um die grundlegende Frage, ob die Summe der Einkünfte im Entstehungsjahr nach durchgeführtem Verlustrücktrag stets null betrage. Das ergebe sich aus dem Zusammenspiel von § 2 Abs. 3 und § 10d Abs. 1 EStG. Der Verlustrücktrag setze voraus, dass sich der Verlust im Entstehungsjahr nicht auswirke. Negative Einkünfte könnten sich aber nur entweder im Entstehungsjahr oder in einem anderen Jahr (Verlustrücktrag/-vortrag) auswirken. Komme es zum Verlustrücktrag, müsse die Summe der Einkünfte des Entstehungsjahrs nach dem Verlustrücktrag entsprechend höher sein. Aus demselben Grund werde nach ständiger Rechtsprechung über Grund und Höhe des Verlustrücktrags nicht im Entstehungsjahr, sondern im Rücktragsjahr entschieden. Die abweichende Ansicht der Klägerin vermische das objektive und das subjektive Nettoprinzip.
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Das BMF hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat rechtsfehlerhaft erkannt, dass die nach § 10d Abs. 1 EStG zurückgetragenen negativen Einkünfte im Entstehungsjahr einen Hinzurechnungsbetrag gemäß § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG (Erstattungsüberhang) ausgleichen.
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1. a) Der Einkommensteuer unterliegen nach § 2 Abs. 1 EStG die Einkünfte. § 2 Abs. 2 EStG verweist auf die Vorschriften über die Einkünfteermittlung. § 2 Abs. 7 EStG legt das Prinzip der Abschnittsbesteuerung fest. Durch das Zusammenspiel dieser und der in Bezug genommenen Vorschriften, die Gesetzmäßigkeit der Besteuerung (Tatbestandsverwirklichung) sowie die Grundsätze über die persönliche Zurechnung von Handlungen werden alle verwirklichten (d.h. Tatsache gewordenen), besteuerungsrelevanten Sachverhalte im Grundsatz einer Person und einer bestimmten Periode (Gewinnermittlungs- und Besteuerungszeitraum) eindeutig zugeordnet. Eine Folge der eindeutigen zeitlichen Zuordnung ist, dass ein besteuerungsrelevanter Sachverhalt grundsätzlich nur in dieser und nicht in einer anderen Periode berücksichtigt wird. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein besteuerungsrelevanter Sachverhalt bei leistungsgerechter Besteuerung nur einmal berücksichtigt werden darf.
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b) Nach § 2 Abs. 3 EStG werden die positiven und negativen Einkünfte einer Periode innerhalb der jeweiligen Einkunftsart (horizontal) und danach auch Einkunftsart übergreifend (vertikal) miteinander ausgeglichen (verrechnet). Die "Summe der Einkünfte" im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG ist der Saldo der Einkünfte.
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c) Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, sind in bestimmten Grenzen vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Zeitraums abzuziehen (§ 10d Abs. 1 EStG in der auf den Streitfall anwendbaren Fassung; Verlustrücktrag). Die Vorschrift durchbricht im Interesse einer leistungsgerechten Besteuerung das strenge Abschnittsprinzip (§ 2 Abs. 7 EStG), indem sie ermöglicht, dass negative Einkünfte (Verluste), die im Entstehungsjahr (mangels positiver ausgleichsfähiger Einkünfte) nicht ausgeglichen werden, in einem anderen Besteuerungsabschnitt abgezogen werden. Das Gesetz überschreibt damit die ursprüngliche zeitliche Zuordnung der betreffenden Einkünfte. Sie werden, soweit sie dort abgezogen werden, mit steuerlicher Wirkung in das Abzugsjahr "zurückgetragen" (Verlustrücktrag; vgl. BeckOK EStG/Ratschow, 15. Ed. [01.03.2023], EStG § 10d Rz 200; Hallerbach in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 10d EStG Rz 67; Brandis/Heuermann/Vogel, § 10d EStG Rz 150; Kaminski in Korn, § 10d EStG Rz 2).
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d) § 10d Abs. 1 EStG regelt nicht ausdrücklich, welche Auswirkungen der Verlustrücktrag im Entstehungsjahr hat. Die Frage ist weder gerichtlich entschieden noch wird sie, soweit ersichtlich, im Schrifttum erörtert. Ist der Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr vor dem Verlustrücktrag negativ, wirkt es sich auf die Ermittlung des Einkommens und die Höhe der festzusetzenden Steuer nicht aus, ob er nach dem Verlustrücktrag um den zurückgetragenen Betrag und gegebenenfalls bis auf null Euro erhöht wird. Anders ist dies, wenn, wie im Streitfall, ein Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG das Einkommen erhöht. Dann stellt sich die Frage, ob der negative Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr ungeachtet des Verlustrücktrags weiterhin die Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Entstehungsjahr bildet und den Hinzurechnungsbetrag, der sich steuererhöhend auswirkt, mindert.
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2. Die Frage ist zu verneinen. Negative Einkünfte sind, soweit sie nach § 10d Abs. 1 EStG zurückgetragen worden sind, zeitlich nicht mehr dem Entstehungsjahr zuzuordnen und bilden demzufolge auch nicht (mehr) die Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Entstehungsjahr. Für den Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr bedeutet dies, dass er nach Durchführung des Verlustrücktrags um den Betrag der zurückgetragenen Einkünfte zu erhöhen ist. Sind die im Entstehungsjahr nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte in voller Höhe zurückgetragen worden, beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr nach der Durchführung des Verlustrücktrags null Euro.
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a) Das ist die Folge der materiell-rechtlichen Konzeption des § 10d Abs. 1 EStG und der Grundregeln der periodengerechten Einkommensermittlung. Die in zeitlicher Hinsicht ursprünglich dem Entstehungsjahr zuzuordnenden Einkünfte werden unter den Voraussetzungen des § 10d Abs. 1 EStG dem Rücktragsjahr zugeordnet und dort berücksichtigt. Das bedeutet, dass sie im Rücktragsjahr eine Ausgangsgröße (Besteuerungsgrundlage) für die Ermittlung des im Rücktragsjahr wirksam werdenden Verlustabzugs bilden (Heuermann in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff --KSM--, EStG, § 10d Rz A 343). Dadurch wird eine vom Grundfall abweichende, eindeutige zeitliche Zuordnung bewirkt, die es wie die ursprüngliche zeitliche Zuordnung ausschließt, dass die betroffenen Besteuerungsgrundlagen zugleich in einem anderen Besteuerungsabschnitt berücksichtigt werden. Denn die zugrunde liegende Annahme, dass ein besteuerungsrelevanter Sachverhalt bei der Ermittlung des Einkommens nur einmal, das heißt in einer bestimmten Periode, und nicht zugleich in einer anderen Periode berücksichtigt werden kann, wird durch die von § 10d Abs. 1 EStG materiell-rechtlich geänderte zeitliche Zuordnung nicht infrage gestellt, sondern bestätigt. Die eindeutige zeitliche Zuordnung aller Besteuerungsgrundlagen ermöglicht es nicht nur, das Einkommen periodengerecht zu ermitteln; sie bezweckt zugleich, Doppel- und Mehrfachberücksichtigungen auszuschließen. Dies ist notwendig, um den relevanten Zuwachs an finanzieller Leistungsfähigkeit gleichmäßig und sachgerecht ermitteln zu können.
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b) Diese Wirkungsweise des Verlustabzugs zeigt sich auch darin, dass nach § 10d Abs. 1 EStG nur die "nicht ausgeglichenen" negativen Einkünfte zurückgetragen werden können. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass negative Einkünfte, soweit sie im Entstehungsjahr ausgeglichen worden sind, für den Rücktrag nicht zur Verfügung stehen. Sie sind im Entstehungsjahr wirksam geworden und durch den Ausgleich "verbraucht" (vgl. BeckOK EStG/Ratschow, 15. Ed. [01.03.2023], EStG § 10d Rz 165). Insofern verbleibt es bei der ursprünglichen zeitlichen Zuordnung. Entsprechendes muss gelten, soweit es zum Rücktrag, das heißt zu einer abweichenden zeitlichen Zuordnung der betreffenden Besteuerungsgrundlagen, kommt: Sie wirken sich dann (nur noch) im Rücktragsjahr aus und sind danach für eine weitere Berücksichtigung im Entstehungsjahr wie auch für den Verlustvortrag "verbraucht".
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c) Verfahrensrechtliche Folge davon ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des BFH über Grund und Höhe des Verlustrücktrags im Rücktragsjahr zu entscheiden ist, wo sich der Verlustrücktrag auswirkt (vgl. nur Senatsurteil vom 10.03.2020 - IX R 24/19, BFH/NV 2020, 873). Diese Rechtsprechung wäre inkonsistent, wenn sich die zurückgetragenen Einkünfte auch im Entstehungsjahr auswirken würden.
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d) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass die vorliegend streitige Hinzurechnung nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG nicht bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte beziehungsweise des Gesamtbetrags der Einkünfte, sondern bei der Ermittlung des Einkommens ansetzt. Zwar bildet nach § 2 Abs. 4 EStG der Gesamtbetrag der Einkünfte den Ausgangspunkt für die weitere Ermittlung des Einkommens. Die Vorschrift knüpft damit begrifflich an § 2 Abs. 3 EStG an. Die durch den Verlustrücktrag nach § 10d Abs. 1 EStG bewirkte Veränderung dieser Größe ist jedoch nicht etwa systemfremd, sondern dem Umstand geschuldet, dass der Verlustabzug nach § 10d EStG in dem durch § 2 EStG vorgegebenen Schema der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens zwischen § 2 Abs. 3 und Abs. 4 EStG zu verorten ist (vgl. HHR/Hallerbach, § 10d EStG Rz 7; Heuermann in KSM, EStG, § 10d Rz B 66; BeckOK EStG/Ratschow, 15. Ed. [01.03.2023], EStG § 10d Rz 48; Brandis/Heuermann/Vogel, § 10d EStG Rz 105). Zwar bezieht sich die Formulierung "vorrangig vor Sonderausgaben" in § 10d Abs. 1 EStG auf das Rücktragsjahr. Für den Verlustvortrag gilt aber Entsprechendes. Auch er wird "vorrangig vor Sonderausgaben" abgezogen (§ 10d Abs. 2 Satz 1 EStG). In der Zusammenschau kommt verallgemeinerbar zum Ausdruck, an welcher Stelle im Schema des § 2 EStG der Verlustabzug durchzuführen ist. Für das Entstehungsjahr kann insofern nichts anderes gelten. Allerdings ist der Wortlaut des § 2 EStG insofern unscharf, als begrifflich zwischen dem Gesamtbetrag der Einkünfte vor der Durchführung des Verlustabzugs (§ 2 Abs. 3 EStG) und danach (§ 2 Abs. 4 EStG) unterschieden werden muss.
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3. Das FG ist von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Sein Urteil kann keinen Bestand haben.
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a) Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist unbegründet. Da die im Streitjahr nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte in voller Höhe zurückgetragen worden sind, beträgt der Gesamtbetrag der Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 4 EStG (nach Durchführung des Verlustabzugs) null Euro. Dem entspricht der angefochtene Einkommensteuerbescheid. Indem dort dem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte (vor Durchführung des Verlustabzugs) der Betrag der zurückgetragenen Einkünfte wieder hinzugerechnet wird, ergibt sich die Ausgangsgröße für die weitere Ermittlung des zu versteuernden Einkommens (Gesamtbetrag der Einkünfte nach Durchführung des Verlustabzugs) zutreffend mit null Euro.
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b) Davon ausgehend, erhöht der Hinzurechnungsbetrag nach § 10 Abs. 4b Satz 3 EStG nach Maßgabe des Senatsurteils vom 12.03.2019 - IX R 34/17 (BFHE 264, 201, BStBl II 2019, 658) das zu versteuernde Einkommen. Auf die Frage, ob die Hinzurechnung auch dann gerechtfertigt ist, wenn sich die erstattete Kirchensteuer im Jahr der Zahlung als Sonderausgabe steuerlich nicht ausgewirkt hat, kommt es nicht an. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass dies vorliegend der Fall war.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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