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BFH 01.07.2021 - VIII R 4/18
BFH 01.07.2021 - VIII R 4/18 - Rentenzahlungen aus einem vor dem 01.01.2005 abgeschlossenen begünstigten Versicherungsvertrag mit Kapitalwahlrecht als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004
Normen
§ 20 Abs 1 Nr 6 S 1 EStG 2002 vom 29.12.2003, § 20 Abs 1 Nr 6 S 2 EStG 2002 vom 29.12.2003, § 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst bb EStG 2009, § 2 Abs 1 Nr 5 EStG 2009, § 10 Abs 1 Nr 2 Buchst b DBuchst cc EStG 2002 vom 21.07.2004, § 52 Abs 36 S 5 EStG 2002 vom 05.07.2004, EStG VZ 2010
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 17. Oktober 2017, Az: 5 K 1605/16, Urteil
Leitsatz
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Rentenzahlungen, die auf einem begünstigten Versicherungsvertrag i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 beruhen, sind insgesamt den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 zuzuordnen und unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerfrei, soweit die Summe der ausgezahlten Rentenbeträge das in der Ansparzeit angesammelte Kapitalguthaben einschließlich der Überschussanteile nicht übersteigt.
Tenor
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Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 17.10.2017 - 5 K 1605/16 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Streitig ist, ob wiederkehrende Bezüge aus einem privaten Rentenversicherungsvertrag mit Kapitalwahlrecht als Einkünfte aus Kapitalvermögen oder als sonstige Einkünfte zu versteuern sind.
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Der am ...1955 geborene Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) schloss im Jahr 1998 bei der X-Versicherung einen privaten Rentenversicherungsvertrag mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragszahlung mit abgekürzter Beitragszahlungsdauer ab.
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Laut Versicherungsschein waren von dem Kläger im Zeitraum vom 01.08.1998 bis zum 31.07.2003 fünf jährliche Beitragszahlungen in Höhe von jeweils ... DM zu leisten. Als Rentenzahlungsbeginn war der 01.08.2010 mit einer garantierten monatlichen Grundrente in Höhe von ... DM zuzüglich einer nicht garantierten monatlichen Mindestüberschussrente in Höhe von ... DM vereinbart. Statt der Rentenzahlung konnte der Kläger eine einmalige Ablaufleistung in Höhe von ... DM verlangen.
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Die während der Ansparphase von der X-Versicherung erzielten Überschüsse wurden dem Kläger jährlich jeweils am Ende des Versicherungsjahres zugeteilt und verzinslich gutgeschrieben. Sie sollten bei Ausübung des Kapitalwahlrechts zur Erhöhung der Ablaufleistung bzw. bei Bezug von Rentenleistungen zur Finanzierung der Mindestüberschussrente und einer garantierten Bonusrente verwendet werden. Im Falle des Todes des Klägers vor dem Rentenbeginn sollten die bis zum Todestag fällig gewordenen Beiträge an den in gültiger Ehe lebenden Ehegatten zurückgezahlt werden. Bei Versterben des Klägers vor dem 31.07.2030 (Rentengarantiezeit) sollten die Bezugsberechtigten eine einmalige Abfindung erhalten.
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Mit Schreiben vom 09.04.2010 teilte die X-Versicherung dem Kläger mit, dass nach Beendigung der Ansparzeit der Rentenversicherung am 31.07.2010 eine monatliche Rente in Höhe von ... € (Grundrente in Höhe von ... € zuzüglich Überschussanteile in Höhe von ... €) bzw. eine einmalige Ablaufleistung in Höhe von ... € (Kapitalabfindung in Höhe von ... € zuzüglich Überschussanteile in Höhe von ... €) fällig werde.
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Der Kläger machte von seinem Rentenwahlrecht Gebrauch und erhielt im Streitjahr (2010) einen Betrag in Höhe von ... € ausgezahlt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) besteuerte diesen mit dem Ertragsanteil in Höhe von 27 %, d.h. in Höhe von ... €, als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG).
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Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren vom Kläger erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg mit in Entscheidungen der Finanzgerichte 2018, 1025 veröffentlichtem Urteil vom 17.10.2017 - 5 K 1605/16 statt.
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Hiergegen wendet sich das FA mit der Revision, die es auf die Verletzung materiellen Rechts stützt.
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Das FA beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil des FG Baden-Württemberg vom 17.10.2017 - 5 K 1605/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision des FA ist unbegründet und wird daher zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend entschieden, dass die dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Rentenzahlungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes in der am 31.12.2004 geltenden Fassung (EStG 2004) gehören und nicht als sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG der Besteuerung unterliegen.
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1. Nach § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG sind sonstige Einkünfte Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu den in § 2 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 EStG bezeichneten Einkunftsarten gehören. Sie sind damit insbesondere auch gegenüber Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004, die zu den Einkünften nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 EStG zählen, subsidiär. Aus der Regelung in § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG, wonach zu den in Satz 1 bezeichneten Einkünften auch Leibrenten und andere Leistungen gehören, ergibt sich nichts anderes. Die Vorschrift stellt keine Rückausnahme von der in Satz 1 angeordneten Subsidiarität dar. Es handelt sich vielmehr um eine Konkretisierung der in Satz 1 genannten wiederkehrenden Bezüge (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 09.06.2015 - VIII R 18/12, BFHE 250, 105, BStBl II 2016, 523; vgl. auch Killat in Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Rz 53; Blümich/Nacke, § 22 EStG, Rz 29).
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2. Danach hat das FG die vom Kläger bezogene Rente zu Recht in voller Höhe als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 qualifiziert. Aus der in § 22 Nr. 1 EStG angeordneten Subsidiarität folgt, dass Kapitalerträge, die unter § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 fallen, nicht als Leibrenten oder andere Leistungen i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG steuerpflichtig sein können.
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a) § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 findet, wie das FG zu Recht angenommen hat, gemäß § 52 Abs. 36 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Alterseinkünftegesetzes vom 05.07.2004 (BGBl I 2004, 1427) --jetzt: § 52 Abs. 28 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes n.F.-- auf Kapitalerträge aus Versicherungsverträgen, die wie im Streitfall vor dem 01.01.2005 abgeschlossen worden sind, weiterhin Anwendung.
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b) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Sätze 1 und 2 EStG 2004 liegen im Streitfall, wie das FG ebenfalls zutreffend erkannt hat, vor.
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aa) Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, sind nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004 steuerpflichtig; dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift jedoch nicht, wenn es sich um Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 handelt, die mit Beiträgen verrechnet oder im Versicherungsfall oder im Fall des Rückkaufs des Vertrags nach Ablauf von zwölf Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 4 EStG 2004 gilt die Steuerbefreiung nach Satz 2 in den Fällen des § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG 2004 wiederum u.a. nur, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Versicherungsbeiträge erfüllt sind.
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bb) Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
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aaa) Bei dem vom Kläger abgeschlossenen Rentenversicherungsvertrag handelt es sich um eine Versicherung "auf den Erlebensfall" i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004.
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Eine Versicherung "auf den Erlebensfall" i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004 liegt vor, wenn sie für den Bezugsberechtigten eine Versicherungsleistung unter der Voraussetzung vorsieht, dass der Versicherungsnehmer einen bestimmten Zeitpunkt erlebt (vgl. BFH-Urteil vom 15.06.2005 - X R 64/01, BFHE 210, 281, BStBl II 2006, 245). Das ist bei der vom Kläger abgeschlossenen Rentenversicherung der Fall. Die Versicherungsleistung besteht im Streitfall in der Zahlung einer lebenslangen Rente unter der Bedingung, dass der Kläger den vereinbarten Rentenzahlungsbeginn erreicht. Auch die dem Kläger mit dem Kapitalwahlrecht eingeräumte Option, die lebenslange Rentenzahlung gegen Zahlung einer einmaligen Ablaufleistung zu beenden, war von dem Erreichen des Zeitpunkts des Rentenbeginns abhängig.
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bbb) Der von dem Kläger abgeschlossene Rentenversicherungsvertrag ist auch begünstigt nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004. Zu den nach dieser Vorschrift begünstigten Verträgen gehören gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2004 auch Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht gegen laufende Beitragsleistung, wenn das Kapitalwahlrecht nicht vor Ablauf von zwölf Jahren seit Vertragsschluss ausgeübt werden kann. Eine solche Rentenversicherung liegt im Streitfall vor.
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(1) Nach den Feststellungen des FG konnte der Kläger das ihm vertraglich eingeräumte Kapitalwahlrecht erst nach Abschluss der zwölfjährigen Ansparphase ausüben.
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(2) Es handelt sich auch um einen Rentenversicherungsvertrag gegen laufende Beitragsleistung. Das Merkmal der laufenden Beitragsleistung dient der Abgrenzung von Versicherungsverträgen gegen Einmalleistung, bei denen sich das Ansparen eines Deckungskapitals und damit die Einzahlung von in den Versicherungsprämien enthaltenen Sparanteilen erübrigt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 281, BStBl II 2006, 245). Eine laufende Beitragsleistung i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2004 liegt deshalb nicht nur dann vor, wenn die Beitragszahlungsdauer der Laufzeit des Versicherungsvertrages entspricht. Der Senat schließt sich insoweit der Auffassung der Finanzverwaltung an, wonach es nicht zu beanstanden ist, wenn die Dauer der Beitragsleistung kürzer als die Vertragsdauer ist und eine laufende Beitragsleistung von mindestens fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses vereinbart wurde (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 22.08.2002 - IV A 4 -S 2221-211/02, BStBl I 2002, 827, Rz 12). Der Sinn und Zweck der Steuerbegünstigung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 liegt nach dem Willen des Gesetzgebers darin, die eigenverantwortliche Vorsorge zu fördern und gleichzeitig dem Umstand Rechnung zu tragen, dass diese in der Regel sehr langfristigen Geldanlagen mit dem Risiko der Geldwertänderung behaftet sind. Demgegenüber hielt der Gesetzgeber die steuerliche Nichterfassung von Zinsen nur bei solchen Versicherungsverträgen nicht für gerechtfertigt, bei denen der Vorsorgezweck nicht im Vordergrund steht und sich ohne wesentliches Risiko ein beachtlicher Vermögenszuwachs erzielen lässt (BTDrucks 7/1470, S. 273). Bei einer laufenden Beitragsleistung von mindestens fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, wie sie auch im Streitfall vereinbart wurde, liegt eine solche ausreichende Ansparphase vor und wird damit dem Vorsorgeaspekt hinreichend Rechnung getragen (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, 23. Aufl., § 20 Rz 154).
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ccc) Die Steuerbefreiung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 ist entgegen der Auffassung des FA auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger von seinem Kapitalwahlrecht keinen Gebrauch gemacht hat und damit die Versicherungsleistung nicht in Gestalt eines Einmalbetrags, sondern in Gestalt wiederkehrender Bezüge erbracht worden ist.
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Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Versicherungsleistung je nachdem, ob von dem Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht wird oder nicht, sieht der Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 nicht vor. Durch den Verweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 macht die Vorschrift vielmehr deutlich, dass die Steuerbefreiung allein davon abhängt, dass der Versicherungsvertrag generell zu den nach dieser Vorschrift begünstigten Vertragstypen gehört (vgl. BFH-Urteile vom 12.12.2017 - X R 39/15, BFHE 261, 203, BStBl II 2018, 579, und vom 01.03.2005 - VIII R 47/01, BFHE 211, 436, BStBl II 2006, 365). Auch der der Steuerbegünstigung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 zugrundeliegende Zweck der Förderung eigenverantwortlicher Vorsorgeleistungen erfordert es nicht, die Steuerbefreiung von der Auszahlung der angesparten Versicherungssumme als Einmalbetrag abhängig zu machen, weil dem Vorsorgegedanken insbesondere auch bei Auszahlung der Versicherungsleistung in Form von Rentenleistungen entsprochen ist. Aus der Entstehungsgeschichte des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 lässt sich, wie das FG zutreffend ausführt, ebenfalls nichts Gegenteiliges ableiten. Denn während nach § 12 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes 1920 Einmalbezüge aus jeder Art von Kapitalversicherung steuerfrei gestellt waren, wurde mit der Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 im Jahr 1974 die Steuerbefreiung der rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, mit dem Vorsorgegedanken und der Langfristigkeit der Ansparphase begründet (BTDrucks 7/1470, S. 273). Auf die Art und Weise der Auszahlung der Erträge kam es dem Gesetzgeber --anders als nach der früheren Rechtslage-- nicht mehr an.
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c) Das FG hat auch zu Recht entschieden, dass die gesamten dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Rentenbezüge einheitlich unter § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 fallen.
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aa) Zwar erfasst § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 1 EStG 2004 nach seinem Wortlaut nur die rechnungsmäßigen und außerrechnungsmäßigen Zinsen aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen. Von diesen --im Rahmen der Ansparphase erzielten-- Zinsen, die nach den Feststellungen des FG als Bestandteil der Mindestüberschussrente ausgezahlt wurden, sind die in den Rentenzahlungen enthaltenen Zinsanteile der Auszahlungsphase zu unterscheiden, die daraus resultieren, dass der Kapitalwert der zugesagten Rentenleistungen --zeitlich gestreckt-- auf die Lebenszeit des Klägers ausgezahlt wird. Diese in den Rentenbeträgen wirtschaftlich enthaltenen Zinsanteile sind grundsätzlich entsprechend ihrer materiell-rechtlichen Rechtsnatur vom Beginn der Bezüge an einkommensteuerlich zu erfassen, und zwar auch dann, wenn die gleichzeitig zufließenden Tilgungsbeträge nicht einkommensteuerbar sind (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 281, BStBl II 2006, 245).
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bb) Daraus folgt jedoch nicht, dass die dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Gesamtbezüge mit steuerrechtlicher Wirkung in einen der Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG unterliegenden Leibrentenanteil aus der Auszahlungsphase und einen nach Maßgabe des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 steuerlich zu erfassenden Zinsanteil aus der Ansparphase aufzuteilen sind. Für eine einheitliche steuerrechtliche Zuordnung der gesamten Rentenbezüge zu einer der beiden Einkunftsarten spricht vielmehr die Einheitlichkeit des den Rentenzahlungen zugrundeliegenden vertraglichen Anspruchs. Der Umstand, dass die Rentenbezüge aus verschiedenen Bestandteilen (Garantierente, Überschussbeteiligung aus der Ansparphase) bestehen, ändert nämlich nichts daran, dass der gesamte Rentenanspruch auf einem einheitlichen Versicherungsvertrag beruht und durch die laufenden Beitragsleistungen des Klägers erworben wurde. Die Überschussbeteiligungen sind im Verhältnis zu der Garantierente auch kein "aliud", was eine unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung rechtfertigen könnte, sondern rechtlich und wirtschaftlich untrennbare Bestandteile des hier verwendeten Vertragstypus (vgl. BFH-Urteile vom 19.05.2021 - X R 20/19, zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen, Rz 106, und vom 17.04.2013 - X R 18/11, BFHE 241, 27, BStBl II 2014, 15, Rz 55). Praktikabilitätserwägungen sprechen ebenfalls für eine einheitliche steuerrechtliche Behandlung der Rentenzahlungen. Insbesondere wäre eine Zuordnung des einheitlichen Zahlbetrags zu zwei verschiedenen Einkunftsarten, erst recht aber eine gesonderte Einkünfteermittlung für Teilbeträge des einheitlichen Zahlbetrags, mit dem Gedanken der Steuervereinfachung nicht in Übereinstimmung zu bringen (BFH-Urteil in BFHE 241, 27, BStBl II 2014, 15, Rz 57).
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cc) Das FG hat danach zu Recht angenommen, dass die dem Kläger im Streitjahr zugeflossenen Rentenbezüge insgesamt den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen sind und als solche grundsätzlich nicht der Besteuerung unterliegen.
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aaa) Zwar führt die einheitliche Zuordnung der Rentenbezüge zu den Einkünften aus Kapitalvermögen im Ergebnis dazu, dass gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 auch die in den Gesamtbezügen enthaltenen Zinsanteile der Auszahlungsphase steuerfrei gestellt werden, bei denen es sich materiell-rechtlich um der Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG unterliegende Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen im Sinne der Vorschrift handelt (vgl. BFH-Urteil vom 18.05.2010 - X R 32-33/01, BFHE 230, 305, BStBl II 2011, 675). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass bei einer Ausübung des Kapitalwahlrechts durch den Kläger die gesamte Versicherungsleistung nicht der Besteuerung unterlegen hätte, da die in der Ansparphase erwirtschafteten Zinsen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 steuerbefreit und der in der Versicherungsleistung enthaltene Kapitalabfindungsbetrag als nicht steuerbare Umschichtung zwischen den Beitragszahlungen und der Ablaufleistung zu behandeln gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil in BFHE 210, 281, BStBl II 2006, 245, unter II.3.). Aus Gründen der Gleichbehandlung mit ebenfalls nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG 2004 begünstigten Verträgen, bei denen der Steuerpflichtige von seinem Kapitalwahlrecht Gebrauch macht, sind deshalb auch die bei Ausübung des Rentenwahlrechts zufließenden Gesamtbezüge nicht der Besteuerung zu unterwerfen, soweit die Summe der ausgezahlten Rentenbeträge das in der Ansparzeit angesammelte Kapitalguthaben einschließlich der Überschussanteile nicht übersteigt. Das ist vorliegend der Fall. Denn nach den Feststellungen des FG war der dem Kläger im Streitjahr (dem ersten Jahr der Rentenzahlung) zugeflossene Rentenbetrag in Höhe von ... € noch vollumfänglich in dem von der X-Versicherung mitgeteilten Kapitalabfindungsbetrag in Höhe von ... € enthalten.
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bbb) Ein anderes Ergebnis kann auch nicht unter Hinweis darauf gerechtfertigt werden, dass der Kläger mit der Ausübung des Rentenwahlrechts einen neuen Veranlassungszusammenhang dergestalt begründet hat, dass die in der Ansparphase erwirtschafteten Zinsen lediglich zu einer Erhöhung des Rentenstammrechts geführt haben und die in den Rentenleistungen enthaltenen Zinsen als aus der zeitlichen Streckung der Versicherungsleistung resultierende Erträge der Auszahlungsphase der Ertragsanteilsbesteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu unterwerfen sind. Denn im Streitfall wurden die von der X-Versicherung in der Ansparphase erwirtschafteten Zinsen nach den Feststellungen des FG zu einer Erhöhung der versicherten Grundrente verwendet und gelangten daher in Gestalt der Mindestüberschussrente tatsächlich zur Auszahlung. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des BFH im Falle einer Besteuerung von Rentenzahlungen aus nicht begünstigten Rentenversicherungsverträgen nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG die gesamten Rentenbezüge (Garantierente, Überschussbeteiligung aus der Ansparphase, ggf. zusätzliche Überschussbeteiligung aus der Rentenphase) einheitlich mit dem Ertragsanteil anzusetzen sind (BFH-Urteil in BFHE 241, 27, BStBl II 2014, 15, Rz 54). Ordnete man daher die Rentenbezüge eines --wie hier-- nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b Doppelbuchst. cc EStG 2004 begünstigten Rentenversicherungsvertrags einheitlich den sonstigen Einkünften nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu, hätte dies zur Folge, dass auch die in den Gesamtbezügen enthaltenen Erträge aus der Ansparphase --ebenso wie im Fall eines nicht begünstigten Rentenversicherungsvertrags-- der Besteuerung mit dem Ertragsanteil unterlägen, obwohl eine solche Gleichsetzung begünstigter Verträge mit nicht begünstigten Verträgen weder vom Gesetzeswortlaut noch vom Gesetzeszweck des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 gedeckt wäre. Im Ergebnis käme der Steuerbefreiung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 nur für den Fall der Ausübung des Kapitalwahlrechts eine Bedeutung zu, obwohl es sich bei der Art und Weise der Auszahlung der Versicherungsleistung als Einmalbetrag oder als Rentenleistung --wie ausgeführt (vgl. oben unter II.2.b bb ccc)-- lediglich um eine Auszahlungsmodalität handelt, die die Steuerbefreiung des § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG 2004 als solche unberührt lässt (vgl. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 22 Rz 50; Schmidt/Levedag, EStG, 40. Aufl., § 20 Rz 105; Fischer, Neue Wirtschafts-Briefe 2006, 99, 105; anderer Ansicht BMF-Schreiben vom 31.08.1979 - IV B 4 -S 2252- 77/79, BStBl I 1979, 592, Rz 10.1; vgl. auch Risthaus, Der Betrieb 2004, 1329, 1339).
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3. Die angefochtene Entscheidung hält schließlich auch insoweit revisionsrechtlicher Prüfung stand, als das FG den Ertragsanteil des dem Kläger zugeflossenen Rentenbetrags ungeachtet der Steuerfreiheit der zugrundeliegenden Rentenbezüge der Besteuerung mit dem gesonderten Steuertarif des § 32d Abs. 1 EStG unterworfen hat. Denn der Kläger hat sein Klagebegehren im Verfahren vor dem FG auf die Anwendung des § 32d Abs. 1 EStG beschränkt. An diesen Klageantrag, dem das FG vollumfänglich stattgegeben hat, ist der BFH gebunden. Nach § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO darf das Gericht dem Kläger nicht etwas zusprechen, was dieser nicht beantragt hat ("ne ultra petita"), und auch nicht über etwas anderes ("aliud") entscheiden, als der Kläger durch seinen Antrag begehrt und zur Entscheidung gestellt hat (BFH-Urteil vom 14.05.2014 - VIII R 31/11, BFHE 245, 531, BStBl II 2014, 995, m.w.N.). Eine darüber hinausgehende Klageerweiterung im Revisionsverfahren wäre nach § 123 Abs. 1 Satz 1 FGO unzulässig.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.
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5. Die Entscheidung ergeht nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
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