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BFH 12.05.2021 - IX B 75/20
BFH 12.05.2021 - IX B 75/20 - (Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Beschluss vom 12.05.2021 IX B 72/20 - Verfahrensmangel: Verstoß gegen den gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan)
Normen
§ 21e Abs 1 GVG, § 21e Abs 9 GVG, § 21e Abs 3 GVG, § 4 FGO, Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 119 Nr 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 5. November 2020, Az: 8 K 954/18, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Für die Geschäftsverteilung ist der vom Präsidium beschlossene und in der vom Präsidenten bestimmten Geschäftsstelle des FG zur Einsichtnahme aufgelegte Geschäftsverteilungsplan (§ 21e Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 GVG) maßgebend, nicht auf der Website des Gerichts veröffentlichte Pläne oder Übersichten.
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2. NV: Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Geschäftsverteilungsplans bestehen nicht, wenn die nachträgliche ("unterjährige") Änderung des gerichtlichen Geschäftsverteilungsplans durch die Einrichtung eines weiteren Senats und die damit naturgemäß einhergehende "ungenügende Auslastung des Spruchkörpers" i.S. des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG veranlasst ist.
Tenor
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Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 05.11.2020 - 8 K 954/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
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Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zuzulassen.
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1. Das Finanzgericht (FG) hat den Anspruch des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
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a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), § 96 Abs. 2 und § 119 Nr. 3 FGO verpflichtet das Gericht u.a., die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen. Dabei ist das Gericht naturgemäß nicht verpflichtet, der tatsächlichen Würdigung oder der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.06.2008 - 2 BvR 2062/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2008, 1056; Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 11.05.2011 - V B 113/10, BFH/NV 2011, 1523). Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO sind erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 10.09.2014 - IX S 10/14, BFH/NV 2015, 47, Rz 2; vom 23.03.2016 - IX B 22/16, BFH/NV 2016, 1013, Rz 7; vom 30.09.2020 - IX B 23/20, BFH/NV 2021, 335, Rz 14).
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b) Im Streitfall ist eine derartige Gehörsverletzung nicht festzustellen.
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aa) Der Kläger macht im Kern geltend, das FG habe sein Vorbringen zu Art und Zeitpunkt der geplanten Bebauung nicht zur Kenntnis genommen. Dies betreffe insbesondere den klägerischen Schriftsatz vom 04.11.2020 im Verfahren 7 K 1572/19 sowie das Telefaxkonglomerat des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) vom 17.01.2017 im Verfahren 7 K 475/14, aber auch die beigezogene Akte zum Verfahren 7 K 1572/19 sowie die in den Verfahren 7 K 1750/13 und 7 K 475/14 zur Akte gereichten Lichtbilder. Hingegen sei das FG davon ausgegangen, dass er, der Kläger, keine konkreten Angaben gemacht habe, wie und wann das Grundstück bebaut werden solle. Ebenso wenig habe das FG berücksichtigt, dass auf dem Objekt keine erheblichen Restschulden mehr gelastet hätten, es habe sich vielmehr auf die Erkenntnisse des FA verlassen.
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bb) Dem kann der Senat nicht folgen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass das FG einzelnen Aspekten des klägerischen Vorbringens keine Beachtung geschenkt haben könnte. Aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ergeben sich vielmehr die vom Kläger durchgeführten Maßnahmen. Zudem hat die Vorinstanz das Vorbringen des Klägers, auch im Verfahren 7 K 1572/19, in seinen wesentlichen Zügen wiedergegeben und bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigt. Dies betrifft auch den Vortrag zur Finanzierungssituation. Dementsprechend ist das FG in Übereinstimmung mit dem Kläger davon ausgegangen, dass die Finanzierung des Neubaus (frühestens) ab 2022 bewerkstelligt werden könnte. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt sich ferner, dass das FG den Inhalt der beigezogenen Akten --dazu gehört ausweislich der Sitzungsniederschrift auch die Akte zum Verfahren 7 K 475/14-- zur Kenntnis genommen hat.
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Letztlich hat das FG bei der Beurteilung der Vermietungs- und Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers im Kern darauf abgestellt, dass mit der Bebauung des Grundstücks noch nicht begonnen und das Stadium bloßer Absichtserklärungen noch nicht überschritten worden sei. Soweit sich der Kläger dieser tatrichterlichen Würdigung entgegenstellt, kann er damit die Zulassung der Revision nicht erreichen.
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2. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat den vom Kläger zugleich gerügten Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten (§ 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO) ebenfalls nicht zu erkennen. Soweit der Kläger behauptet, das FG habe Lichtbilder, aus denen sich Erdarbeiten und Hangsicherungsmaßnahmen ergäben, nicht berücksichtigt, bestehen dafür keine Anhaltspunkte.
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3. Schließlich hat das FG nicht gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (§ 119 Nr. 1 FGO, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen.
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a) Ein Verstoß gegen den gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan führt nur dann zu einem Verfahrensfehler i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO und § 119 Nr. 1 FGO, wenn er sich zugleich als Verletzung des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) darstellt (BFH-Beschluss vom 23.11.2011 - IV B 30/10, BFH/NV 2012, 431). Dies ist allein bei willkürlichen Verstößen gegen diese Verfahrensvorschriften der Fall. Von Willkür kann nur dann die Rede sein, wenn die Entscheidung sich so weit von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt hat, dass sie nicht mehr zu rechtfertigen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 19.02.2014 - I B 14/13, BFH/NV 2014, 880, Rz 4; vom 13.01.2016 - IX B 94/15, BFH/NV 2016, 581, Rz 5; Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 4 Rz 27, m.w.N.).
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b) "Erkennendes Gericht" i.S. des § 119 Nr. 1 FGO ist das Gericht in der Besetzung bei der abschließenden Entscheidung. Maßgebend für die Ordnungsmäßigkeit der Besetzung des Spruchkörpers ist der für diesen Zeitpunkt geltende Geschäftsverteilungsplan des Gerichts; er regelt konstitutiv auch die Zuständigkeit des Spruchkörpers für bereits anhängige Sachen. Denn der Geschäftsverteilungsplan einschließlich etwaiger Änderungen wirkt nur für die Dauer eines Geschäftsjahres (Jährlichkeitsprinzip) und tritt an dessen Ende ohne weiteres Zutun außer Kraft (vgl. BFH-Beschlüsse vom 11.07.2006 - IX B 179/05, BFH/NV 2006, 1873, unter II.1.a., Rz 5; in BFH/NV 2012, 431, Rz 5; jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung).
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§ 21e Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) i.V.m. § 4 FGO verbietet es nicht, durch den jährlichen Geschäftsverteilungsplan bereits anhängige Sachen einem anderen Spruchkörper zuzuweisen als dem, bei dem sie im Zeitpunkt ihres Einganges anhängig geworden sind. Hierbei ist jedoch --wie bei der Verteilung der Geschäfte allgemein-- das Abstraktionsprinzip zu beachten. Der jeweilige Geschäftsverteilungsplan muss die Aufgaben nach allgemeinen, abstrakten und objektiven Merkmalen (d.h. nicht speziell, sondern generell) verteilen. Dies schließt zwar nicht aus, bereits anhängige, neu zu verteilende Sachen --soweit notwendig-- in gewissem Umfang zu konkretisieren. Keinesfalls dürfen aber einzelne ausgesuchte Sachen einem anderen Spruchkörper zugewiesen werden. Geschieht dies dennoch --wenn auch in dem anerkennenswerten Bemühen, bestimmte Verfahren zu beschleunigen--, wird Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2006, 1873, unter II.1.b, Rz 6; in BFH/NV 2012, 431, Rz 6; jeweils m.w.N. aus der Rechtsprechung).
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c) Im Streitfall liegt kein Verfahrensfehler in Gestalt eines Verstoßes gegen den gerichtlichen Geschäftsverteilungsplan vor. Der erkennende Senat des FG war nach dem vom Kläger vorgelegten --im Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung geltenden-- Geschäftsverteilungsplan u.a. für das Verfahren 8 K 954/18 zuständig. Denn danach bestand für bis 31.12.2018 eingegangene Klagen gegen das Finanzamt … eine Zuständigkeit des 8. Senats. Maßgebend ist der vom Präsidium beschlossene und in der vom Präsidenten bestimmten Geschäftsstelle des FG zur Einsichtnahme aufgelegte Geschäftsverteilungsplan (§ 21e Abs. 1 Satz 1, Abs. 9 GVG), nicht auf der Website des Gerichts veröffentlichte Pläne oder Übersichten.
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Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Geschäftsverteilungsplans bestehen nicht. Dies gilt nach den zuvor dargestellten Grundsätzen auch im Hinblick darauf, dass durch den (jährlichen) Geschäftsverteilungsplan bereits anhängige Sachen einem anderen Spruchkörper zugewiesen werden als dem, bei dem sie im Zeitpunkt ihres Einganges anhängig geworden sind (Abgabe vom 7. Senat an den 6. Senat und später an den 8. Senat). Die nachträgliche ("unterjährige") Änderung war --worauf das FA zu Recht hinweist-- durch die Einrichtung des 8. Senats und die damit naturgemäß einhergehende "ungenügende Auslastung des Spruchkörpers" i.S. des § 21e Abs. 3 Satz 1 GVG veranlasst. Verstöße gegen das Abstraktionsprinzip sind nicht ersichtlich.
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4. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
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5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
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