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BFH 28.02.2018 - VIII R 53/14
BFH 28.02.2018 - VIII R 53/14 - Schuldzinsenabzug bei steuerpflichtigen Erstattungszinsen
Normen
§ 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO, § 233a AO, § 9 Abs 1 S 1 EStG 2002, § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 EStG 2002, § 12 Nr 3 EStG 2002, § 20 Abs 1 Nr 7 S 3 EStG 2002
Vorinstanz
vorgehend FG München, 15. Oktober 2014, Az: 1 K 1008/14, Urteil
Leitsatz
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Schuldzinsen für ein Darlehen, das zur Finanzierung einer Einkommensteuernachzahlung aufgenommen worden ist, können als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzugsfähig sein, wenn die Einkommensteuer später wieder herabgesetzt und hierfür steuerpflichtige Erstattungszinsen i.S. des § 233a AO i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG gezahlt werden. Insoweit liegt ein Fall erzwungener Kapitalüberlassung vor, bei dem es zur Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Kreditaufnahme und späteren Zinseinnahmen ausreicht, wenn das Darlehen zu dem Zweck aufgenommen und verwendet worden ist, eine (letztlich nicht gerechtfertigte) Forderung zu erfüllen (Anschluss an das Senatsurteil vom 24. Mai 2011 VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254) .
Tenor
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Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Finanzgerichts München vom 15. Oktober 2014 1 K 1008/14 sowie die Bescheide vom 1. Februar 2006 über die Ablehnung des Antrags auf Änderung der Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2008 aufgehoben.
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Die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2002 vom 13. Februar 2006 und für die Jahre 2003 und 2004 vom 18. Dezember 2006, letzterer in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2008, werden dahin geändert, dass ein anteiliger Zinsaufwand in Höhe von 6.508,90 € im Jahr 2002, 10.710,70 € im Jahr 2003 und 9.274,50 € im Jahr 2004 bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen als Werbungskosten berücksichtigt wird.
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Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
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Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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I.
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Die Beteiligten streiten darüber, ob Schuldzinsen für ein Darlehen, das im Zusammenhang mit der Finanzierung einer Einkommensteuernachzahlung aufgenommen worden ist, in den Streitjahren (2002 bis 2004) als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind, da der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die Einkommensteuer später wieder herabgesetzt und dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) steuerpflichtige Erstattungszinsen gezahlt hat.
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Der Kläger ist Gesellschafter zweier Personengesellschaften, für die das FA im Anschluss an Betriebsprüfungen für die Jahre 1994 bis 1998 geänderte Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen erließ. Auf Grundlage dieser Bescheide änderte das FA im Jahr 2002 die Einkommensteuerbescheide des Klägers für die Jahre 1994 bis 1998. Die daraus resultierenden Steuernachzahlungen beglich der Kläger am 7. Juni 2002 (232.021,77 €) und am 5. November 2002 (52.365,23 €).
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Zur Finanzierung der Nachzahlung vom 7. Juni 2002 schloss der Kläger mit seiner Bank einen Vertrag über ein Darlehen in Höhe von 232.000 €, das mit einem effektiven Jahreszinssatz in Höhe von 6,06 % zu verzinsen war. Das hierzu geführte Darlehenskonto weist die Sollbuchung des Darlehensbetrags mit Wertstellung zum 6. Juni 2002 aus. Am 25. Juni 2003 wurde der Darlehensvertrag durch einen neuen Darlehensvertrag mit einem effektiven Jahreszinssatz in Höhe von 5,22 % abgelöst. Die Steuernachzahlung vom 5. November 2002 finanzierte der Kläger ebenfalls durch Aufnahme eines Bankdarlehens. Sämtliche Darlehensverträge wiesen im Verwendungszweck auf die Steuernachzahlungen hin.
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Die gegen die geänderten Feststellungsbescheide eingelegten Einsprüche waren teilweise erfolgreich und führten im Jahr 2004 zu geänderten Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1994 bis 1998 mit Steuererstattungen in Höhe von insgesamt 194.452 € und der Erstattung von Nachzahlungszinsen in Höhe von 37.600 €. Für die Steuererstattungen erhielt der Kläger Erstattungszinsen i.S. des § 233a der Abgabenordnung (AO) in Höhe von 33.128 €.
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Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 14. Dezember 2005, den Zinsaufwand und die Gebühren (im Folgenden "Zinsaufwand") für das in Höhe von 232.000 € aufgenommene Darlehen in den Jahren 2002 und 2003 als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen, die er in Gestalt der Erstattungszinsen erzielt habe. Für das Jahr 2004 setzte der Kläger in der Einkommensteuererklärung die Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen an und machte ebenfalls den Zinsaufwand als Werbungskosten geltend.
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Das FA lehnte eine Berücksichtigung des Zinsaufwands als Werbungskosten in den Jahren 2002 bis 2004 ab, behandelte aber die Erstattungszinsen im Jahr 2004 als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen. Die Einsprüche gegen die Ablehnung der Änderungsanträge für die Jahre 2002 und 2003 sowie gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2004 wies das FA mit den Einspruchsentscheidungen vom 27. November 2008 als unbegründet zurück.
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Auch die Klage, mit welcher der Kläger nur noch den anteiligen Abzug von 84 % des Zinsaufwands in den Streitjahren 2002 bis 2004 (entspricht dem Verhältnis der Steuererstattung in Höhe von 194.452 € zur Darlehenssumme in Höhe von 232.000 €) sowie hilfsweise die Nichtberücksichtigung der Erstattungszinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Streitjahr 2004 forderte, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) urteilte, ein Abzug des Zinsaufwands als Werbungskosten komme bereits wegen § 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes in der für das jeweilige Streitjahr geltenden Fassung (EStG) nicht in Betracht. Darüber hinaus fehle der erforderliche wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem streitigen Zinsaufwand und den Erstattungszinsen. Schließlich habe zum Zeitpunkt der Aufnahme des ersten Darlehens keine Einkünfteerzielungsabsicht bestanden.
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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, § 12 Nr. 3 EStG betreffe nur rechtmäßige Steuerfestsetzungen. Der für den Werbungskostenabzug gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG erforderliche Veranlassungszusammenhang des Zinsaufwands mit den Erstattungszinsen sei gegeben. Ohne Darlehensaufnahme seien die Steuerüberzahlung und damit auch die Begründung des steuerrelevanten Quellenverhältnisses nicht möglich gewesen. Außerdem sei der materiell-rechtliche Erstattungsanspruch nicht erst mit Erlass der Änderungsbescheide, sondern bereits mit der Einkommensteuernachzahlung im Jahr 2002 entstanden. Aufgrund des planmäßigen Vorgehens sei bereits zu diesem Zeitpunkt seine, des Klägers, Kenntnis über den Erstattungsanspruch zu unterstellen. Im Übrigen sei das Merkmal der Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen regelmäßig irrelevant.
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Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2004 dahin zu ändern, dass Zinsaufwand in Höhe von 6.508,90 € im Jahr 2002, in Höhe von 10.710,70 € im Jahr 2003 und in Höhe von 9.274,50 € im Jahr 2004 als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen berücksichtigt wird.
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Das FA beantragt, die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.
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Es macht geltend, die Berücksichtigung des Zinsaufwands als Werbungskosten sei bereits wegen § 12 Nr. 3 EStG ausgeschlossen. Die Zahlung der Einkommensteuer sei auch unter Berücksichtigung etwaiger steuerpflichtiger Erstattungszinsen primär auf die Begleichung der Steuerschuld gerichtet gewesen und gehöre damit zu den Kosten der privaten Lebensführung. § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) vom 8. Dezember 2010 (BGBl I 2010, 1768, BStBl I 2010, 1394) sei eine Spezial- und Ausnahmeregelung für die Einnahmenseite, der keine korrespondierende Regelung auf der Ausgabenseite gegenüberstehe.
Entscheidungsgründe
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II.
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Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Bescheide über die Ablehnung des Antrags auf Änderung der Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. November 2008 sowie zur Stattgabe der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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Das FG hat rechtsfehlerhaft den Abzug des anteiligen Zinsaufwands in Höhe von 6.508,90 € im Jahr 2002, in Höhe von 10.710,70 € im Jahr 2003 und in Höhe von 9.274,50 € im Jahr 2004 als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen abgelehnt. Vielmehr liegen in dieser Höhe Werbungskosten für die vom Kläger zu versteuernden Erstattungszinsen vor. Die Einkommensteuerbescheide sind entsprechend zu ändern (§ 100 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO). Dies gilt nicht nur für den noch nicht bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 2004, sondern auch für die Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003. Insofern steht jedenfalls § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO als Änderungsnorm zur Verfügung.
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1. Werbungskosten sind gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Hierzu gehören gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG auch Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.
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Nach ständiger Senatsrechtsprechung (Urteile vom 24. Mai 2011 VIII R 46/09, BFHE 234, 49, BStBl II 2011, 920, Rz 12, und vom 16. März 2010 VIII R 20/08, BFHE 229, 151, BStBl II 2010, 787, unter II.3.a aa, jeweils m.w.N.) kommt es für die Qualifizierung als Werbungskosten darauf an, ob die Aufwendungen durch die Erzielung steuerpflichtiger Überschusseinkünfte veranlasst sind, d.h. zu einer dieser Einkunftsarten in einem steuerrechtlich anzuerkennenden Zurechnungszusammenhang stehen. Maßgebend ist hierfür zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen "auslösenden Moments" und zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerrechtlich relevanten Erwerbssphäre (Großer Senat des Bundesfinanzhofs --BFH--, Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672, unter C.III.1.a).
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Ob Schuldzinsen mit Einkünften in einem gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG erforderlichen wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, richtet sich nach der tatsächlichen Verwendung des Darlehens (Großer Senat des BFH, Beschluss vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193, unter B.I.2.; Schmidt/Krüger, 37. Aufl., § 9 Rz 140). Ein bloßer rechtlicher Zusammenhang reicht nicht aus (Senatsurteil vom 2. September 2008 VIII R 2/07, BFHE 223, 15, BStBl II 2010, 25, unter II.1.b bb, m.w.N.). Auch kann der wirtschaftliche Zusammenhang nicht allein durch einen bloßen Willensakt des Steuerpflichtigen hergestellt oder geändert werden (Senatsurteil in BFHE 223, 15, BStBl II 2010, 25, unter II.1.b bb; Senatsbeschluss vom 30. Juni 2009 VIII B 8/09, BFH/NV 2009, 1977, unter II.1.a, jeweils m.w.N.).
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Bei erzwungenen Kapitalüberlassungen reicht es zur Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Kreditaufnahme und späteren Zinseinnahmen aus, wenn das Darlehen zu dem Zweck aufgenommen und verwendet worden ist, eine (letztlich nicht gerechtfertigte) Forderung zu erfüllen (vgl. Senatsurteil vom 24. Mai 2011 VIII R 3/09, BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254, Rz 18 zu einer fremdfinanzierten Bürgschaftsinanspruchnahme "auf erstes Anfordern", sowie Senatsbeschluss in BFH/NV 2009, 1977, unter II.1.b). Denn bei erzwungenen Kapitalüberlassungen liegt darin kein willkürlicher Wechsel des Finanzierungszwecks, sondern der wirtschaftliche Zusammenhang ergibt sich aus den objektiven Umständen (Senatsurteil in BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254, Rz 20).
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2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat das FG zu Unrecht den erforderlichen Veranlassungszusammenhang des für die Streitjahre 2002 bis 2004 geltend gemachten Zinsaufwands mit den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen verneint. Der Zinsaufwand ist vielmehr bei den vom Kläger erzielten Erstattungszinsen (§ 233a AO), die gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010 zu den steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen gehören (vgl. auch Senatsurteile vom 12. November 2013 VIII R 36/10, BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168, und VIII R 1/11, BFH/NV 2014, 830, Verfassungsbeschwerde anhängig unter 2 BvR 482/14; vom 24. Juni 2014 VIII R 29/12, BFHE 246, 306, BStBl II 2014, 998, Verfassungsbeschwerde anhängig unter 2 BvR 2674/14, und vom 15. April 2015 VIII R 30/13, Verfassungsbeschwerde anhängig unter 2 BvR 1711/15, wonach die Ablehnung der Steuerpflicht von Erstattungszinsen im Senatsurteil vom 15. Juni 2010 VIII R 33/07, BFHE 230, 109, BStBl II 2011, 503 mit der Einführung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG durch das JStG 2010 überholt ist und dessen rückwirkende Anwendung gemäß § 52a Abs. 8 Satz 2 EStG nicht gegen die Verfassung verstößt; zustimmend BFH-Beschluss vom 9. Oktober 2014 I R 34/13, BFH/NV 2015, 167, Rz 21; BFH-Urteil vom 10. April 2014 III R 20/13, BFHE 244, 530, BStBl II 2016, 583, Rz 31), als Werbungskosten i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 3 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen.
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a) Zwar hat der Kläger das zugrunde liegende Darlehen im Jahr 2002 zur Zahlung festgesetzter Einkommensteuernachzahlungen für die Jahre 1994 bis 1998 verwendet, wobei Einkommensteuerschulden sowie die hierauf entfallenden Nebenleistungen i.S. des § 3 Abs. 4 AO der steuerlich unbeachtlichen privaten Einkommensverwendung zuzuordnen sind (vgl. § 12 Nr. 3 EStG). Dies spricht grundsätzlich für eine private Veranlassung des Zinsaufwands (zur fehlenden Abzugsfähigkeit der Zinsen bei fremdfinanzierten Einkommensteuerzahlungen vgl. auch BFH-Urteil vom 21. Februar 1991 IV R 46/86, BFHE 163, 551, BStBl II 1991, 514, unter II.1.; Senatsurteil vom 10. Juli 1991 VIII R 241/80, BFH/NV 1992, 171, Rz 14; BFH-Urteil vom 6. Oktober 2009 I R 39/09, BFH/NV 2010, 470, unter II.2.f aa; Senatsurteile in BFHE 243, 506, BStBl II 2014, 168, Rz 24; in BFH/NV 2014, 830, Rz 26; vom 15. April 2015 VIII R 30/13, Rz 28; Arndt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 12 Rz D 12; Fissenewert in Herrmann/Heuer/Raupach --HHR--, § 12 EStG Rz 136).
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b) Soweit die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1998 im Jahr 2004 zu Gunsten des Klägers geändert worden sind und der Kläger eine entsprechende Erstattung erhielt, stellen sich die Zahlungen des Klägers im Jahr 2002 aber im Ergebnis als eine erzwungene Kapitalüberlassung an das FA dar. Der Kläger war trotz Rechtswidrigkeit der im Jahr 2002 erlassenen Nachzahlungsbescheide zunächst zur Zahlung der Steuerschulden verpflichtet. Dass er (bewusst) keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 361 AO bzw. § 69 FGO gestellt hat, ändert nichts an dem Charakter einer erzwungenen Kapitalüberlassung.
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Unter Anwendung der im Senatsurteil in BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254, Rz 17 entwickelten Grundsätze reicht es deshalb zur Begründung des wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Kreditaufnahme und späteren Erstattungszinsen aus, dass das Darlehen zu dem Zweck aufgenommen und verwendet worden ist, eine (letztlich nicht gerechtfertigte) Forderung zu erfüllen. Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist in den Darlehensverträgen als Verwendungszweck auf die Steuernachzahlungen Bezug genommen worden. Diese Steuernachzahlungen haben sich unter Berücksichtigung der Änderungsbescheide des Jahres 2004 auch als teilweise nicht gerechtfertigt herausgestellt. Ob der daraus resultierende Erstattungsanspruch bereits mit Erlass der materiell rechtswidrigen Bescheide im Jahr 2002 oder erst mit deren formeller Korrektur im Jahr 2004 entstand (vgl. zum Streitstand Klein/Ratschow, AO, 13. Aufl., § 37 Rz 25 ff.), ist für die wertende Betrachtung des Veranlassungszusammenhangs letztlich ebenso unerheblich wie die formelle Bescheidlage zum Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung des Darlehens. Maßgebend sind allein die objektiven Umstände, wie sie sich nach Korrektur der Einkommensteuerbescheide 1994 bis 1998 und Zahlung der Erstattungszinsen im Jahr 2004 darstellen.
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3. Soweit das FG die Versagung des Werbungskostenabzugs unmittelbar auf § 12 Nr. 3 EStG gestützt hat, ist seine Entscheidung ebenfalls rechtsfehlerhaft.
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a) § 12 Nr. 3 EStG ordnet an, dass Steuern vom Einkommen sowie die auf diese Steuern entfallenden Nebenleistungen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden dürfen. Zu den steuerlichen Nebenleistungen gehören gemäß § 3 Abs. 4 AO auch Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO.
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Die damit geregelte Zuordnung der Einkommensteuer einschließlich der auf diese Steuer entfallenden Nebenleistungen zur steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre hat grundsätzlich nur klarstellende Bedeutung (BFH-Beschluss vom 21. Oktober 2010 IV R 6/08, BFH/NV 2011, 430, Rz 14; BFH-Urteil in BFH/NV 2010, 470, unter II.2.f aa; BFH-Beschluss vom 15. Februar 2012 I B 97/11, BFHE 236, 458, BStBl II 2012, 697, Rz 7). Denn Personensteuern wie die Einkommensteuer wären wegen ihrer Anknüpfung an persönliche Verhältnisse auch ohne die Regelung des § 12 Nr. 3 EStG nicht der durch die einzelnen Einkunftsarten definierten Erwerbssphäre, sondern der Sphäre der privaten Einkommensverwendung zuzuordnen (HHR/Fissenewert, § 12 EStG Rz 122; Blümich/Thürmer, § 12 EStG, Rz 195).
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b) Im Streitfall sind die Voraussetzungen des § 12 Nr. 3 EStG nach dessen Wortlaut nicht erfüllt. Denn es geht weder um den Abzug der (nachgeforderten) Einkommensteuer noch um den Abzug der darauf entfallenden Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO, sondern allein um den Abzug des Zinsaufwands für ein Darlehen, das der Kläger zur Refinanzierung der Zahlung der nachgeforderten Einkommensteuer und der darauf entfallenden Nachzahlungszinsen aufgenommen hatte.
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Ob ein solcher Zinsaufwand durch weite Auslegung der Vorschrift vom unmittelbaren Anwendungsbereich des § 12 Nr. 3 EStG erfasst wird (so HHR/Bergkemper, § 9 EStG Rz 385; a.A. Arndt in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 12 Rz D 12; HHR/ Fissenewert, § 12 EStG Rz 136; Schmieszek in Bordewin/Brandt, § 12 EStG Rz 239; vgl. auch BFH-Beschluss vom 1. August 2008 IV B 45/04, BFH/NV 2005, 2186 zur Einbeziehung von Rechtsverfolgungskosten, sowie BFH-Urteil in BFHE 163, 551, BStBl II 1991, 514, unter II., in dem zwar ausdrücklich auf § 12 Nr. 3 EStG verwiesen wird, aber wohl nur im Rahmen der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs der Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG), braucht im Streitfall letztlich nicht abschließend entschieden zu werden. Denn soweit das FA im Jahr 2004 die Einkommensteuerbescheide wieder geändert und für die ursprünglichen Nachforderungen Steuererstattungen festgesetzt hat, liegen bereits keine nachträglichen Einkommensteuerzahlungen oder Nachzahlungszinsen gemäß § 233a AO (mehr) vor. Auch insoweit sind im Fall der erzwungenen Kapitalüberlassung allein die objektiven Umstände maßgeblich, wie sie sich nach Änderung der Einkommensteuerbescheide im Jahr 2004 darstellen.
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4. Darüber hinaus hat das FG den beantragten Werbungskostenabzug zu Unrecht wegen fehlender Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers abgelehnt.
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In den Fällen erzwungener Kapitalüberlassungen kommt es letztlich nicht auf die Feststellung der subjektiven Einkünfteerzielungsabsicht an. Maßgebend ist allein die objektive Steigerung der finanziellen Leistungsfähigkeit (Senatsurteile vom 8. November 2005 VIII R 105/03, BFH/NV 2006, 527, unter II.3.; in BFHE 230, 109, BStBl II 2011, 503, Rz 17; in BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254, Rz 18; Senatsbeschluss in BFH/NV 2009, 1977, unter II.2.), d.h. die Frage, ob die Erstattungszinsen nach Abzug des als Werbungskosten zu berücksichtigenden Zinsaufwands bei objektiver (nachträglicher) Betrachtung zu einem Totalüberschuss führen.
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Im Streitfall kommt es zu einem solchen Totalüberschuss, da die vom Kläger insgesamt geltend gemachten Werbungskosten nicht den Betrag der erzielten Erstattungszinsen erreichen. Hierfür kommt es auf den objektiven periodenübergreifenden Totalüberschuss an (vgl. Senatsurteil in BFHE 235, 197, BStBl II 2012, 254, Rz 12 und 24). Deshalb ist es unerheblich, ob der Zinsaufwand bei isolierter Betrachtung einzelner Darlehen oder Zeitabschnitte über den erzielten Erstattungszinsen liegt.
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5. Schließlich ist die Entscheidung des FG auch nicht aus verfahrensrechtlichen Gründen im Ergebnis richtig (§ 126 Abs. 4 FGO). Zwar hat das FG --ausgehend von seiner Rechtsansicht-- nicht die verfahrensrechtlichen Änderungsmöglichkeiten der angegriffenen Bescheide geprüft. Auf Grundlage der Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) steht hinsichtlich des beantragten Werbungskostenabzugs auch für die bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide 2002 und 2003 jedenfalls die Änderungsnorm des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zur Verfügung. Danach ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis).
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Im Streitfall stand erst durch die zur Steuererstattung führenden Änderungsbescheide und die anschließende Zahlung der Erstattungszinsen im Jahr 2004 fest, dass die Einkommensteuernachzahlung im Jahr 2002 zum Teil als erzwungene Kapitalüberlassung zu qualifizieren ist und der Zinsaufwand für das Refinanzierungsdarlehen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den erzielten Erstattungszinsen steht. Darin liegt ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (vgl. auch BFH-Urteile vom 18. Juli 1990 I R 165/86, BFH/NV 1991, 212, und vom 22. Mai 1991 I R 26/89, BFH/NV 1992, 150 zur Änderung der Stundungszinsen nach Herabsetzung der Einkommensteuerschuld), da die Ereignisse im Jahr 2004 nicht nur den steuerlich erheblichen Sachverhalt geändert haben, sondern dieser veränderte Sachverhalt auch für die Vergangenheit der wertenden Prüfung des Veranlassungszusammenhangs zugrunde zu legen ist, d.h. den Ereignissen im Jahr 2004 nicht nur eine indizielle Bedeutung zukommt (zu dieser Abgrenzung vgl. Senatsurteil vom 6. Juli 1999 VIII R 17/97, BFHE 189, 302, BStBl II 2000, 306).
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6. Die Vorentscheidung beruht auf anderen Grundsätzen und ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Klage ist nach den vorstehenden Ausführungen stattzugeben.
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Die Spruchreife umfasst auch die Höhe des Werbungskostenabzugs. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob hierfür eine periodenübergreifende Verhältnisrechnung vorzunehmen ist, um zum einen denjenigen Zinsaufwand vom Abzug auszuschließen, der auf die Nachzahlungszinsen i.S. des § 233a AO entfällt, da für deren Erstattung keine Erstattungszinsen anfallen (vgl. Senatsbeschluss vom 23. Juni 2014 VIII B 75/13, BFH/NV 2014, 1713), und um zum anderen auch denjenigen Zinsaufwand auszuschließen, der auf Steuernachzahlungen entfällt, die nicht durch die Steuererstattungen im Jahr 2004 rückgängig gemacht worden sind und somit ebenfalls nicht zu Erstattungszinsen geführt haben. Denn der Kläger hat mit seiner Klage von vorneherein nur den anteiligen Zinsaufwand geltend gemacht, der auf die tatsächliche Steuererstattung in Höhe von 194.452 € entfiel. Dabei geht der Senat auf Grundlage der bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) von einer vollständigen Fremdfinanzierung der im Jahr 2002 für die Jahre 1994 bis 1998 gezahlten Beträge aus, so dass es nicht zu beanstanden ist, wenn die Verhältnisrechnung nur hinsichtlich der Darlehenssumme in Höhe von 232.000 € vorgenommen wird.
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7. Dem FA wird gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO die Berechnung der Steuer übertragen.
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8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
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