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BFH 25.11.2014 - VII B 65/14
BFH 25.11.2014 - VII B 65/14 - Kein vorläufiger Rechtsschutz gegen Kernbrennstoffsteuer
Normen
§ 32 Abs 1 BVerfGG, § 69 Abs 2 FGO, § 5 Abs 1 KernbrStG, Art 267 AEUV, § 69 Abs 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Hamburg, 11. April 2014, Az: 4 V 154/13, Beschluss
Leitsatz
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1. Ruft ein FG das BVerfG an oder richtet es an den EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen, entfalten diese Vorlagen im Hinblick auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Verwaltungsentscheidung für den BFH keine Bindungswirkung.
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2. Ein Antrag auf AdV, der mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit oder Unionsrechtskonformität des der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Gesetzes begründet wird, ist abzulehnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalls dem erforderlichen besonderen Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes kein Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt. Einer Prüfung der Verfassungsmäßigkeit oder Unionsrechtskonformität bedarf es in diesen Fällen grundsätzlich nicht. Dem Aufhebungsinteresse des Antragstellers ist nicht allein aufgrund der Befassung des BVerfG oder des EuGH der Vorrang einzuräumen.
Tatbestand
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I. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) betreibt ein Kernkraftwerk. Nachdem sie in den Kernreaktor Brennelemente eingesetzt und anschließend eine selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst hatte, was zur Steuerentstehung nach § 5 Abs. 1 des Kernbrennstoffsteuergesetzes (KernbrStG) führte, gab sie für den Monat, in dem die Steuer entstanden war, eine Steueranmeldung ab. Die in der Steueranmeldung berechnete Steuer ist zunächst bezahlt worden. Der Einspruch hatte keinen Erfolg, worauf die Antragstellerin Klage erhob. Außerdem stellte sie einen Antrag auf Aufhebung der Vollziehung (AdV).
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Das Finanzgericht (FG) hat durch Beschluss die Vollziehung der Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung mit der Begründung aufgehoben, es sei ernstlich zweifelhaft, ob die Kernbrennstoffsteuer dem verfassungsrechtlichen Typus einer Verbrauchsteuer entspreche und ob dem Bund für die Einführung einer solchen Steuer die Gesetzgebungskompetenz zustehe. Auf die vom Antragsgegner und Beschwerdeführer (Hauptzollamt --HZA--) erhobene Beschwerde hat der beschließende Senat mit Beschluss vom 9. März 2012 VII B 171/11 (BFHE 236, 206, BStBl II 2012, 418) den Beschluss des FG aufgehoben und den Antrag auf AdV abgelehnt. Zur Begründung verwies der Senat unter Beachtung der Verwerfungskompetenz des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) nach § 32 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) auf die Notwendigkeit eines besonderen berechtigten Interesses des Antragstellers, welches im Streitfall nach der gebotenen Interessenabwägung nicht vorliege, weil die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einem einstweiligen Außerkraftsetzen des KernbrStG gleichkäme und mit Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe verbunden sei. Dass der Antragstellerin durch die sofortige Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung irreparable Nachteile oder eine unzumutbare Härte drohe, habe sie nicht schlüssig dargelegt.
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Mit Beschluss vom 29. Januar 2013 4 K 270/11 (Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft --EnWZ-- 2013, 422) hat das FG das Klageverfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob das KernbrStG mit dem Grundgesetz (GG) unvereinbar und deshalb ungültig sei. Dabei ist das FG zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei der Kernbrennstoffsteuer um eine formell verfassungswidrige Steuer handele, weil sie keine Verbrauchsteuer sei und infolgedessen dem Bund zum Erlass des KernbrStG die Gesetzgebungskompetenz gefehlt habe. Eine Entscheidung des BVerfG in der Sache 2 BvL 6/13 steht noch aus.
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Ein Parallelverfahren hat das FG mit Beschluss vom 19. November 2013 4 K 122/13 (EnWZ 2014, 233) ebenfalls ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Vereinbarkeit des KernbrStG mit unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere mit der Richtlinie 2003/96/EG (EnergieStRL) des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 283/51) und mit Art. 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gestellt. Dabei hat das FG seine Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts damit begründet, dass die EnergieStRL der Einführung einer nationalen Steuer auf zur gewerblichen Stromerzeugung verwendete Kernbrennstoffe entgegenstehe und es sich bei der Kernbrennstoffsteuer um eine Abgabe handeln könnte, die gegen das Beihilfeverbot (Art. 107 Abs. 1 AEUV) und gegen die Regelungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft verstoße. Über das Vorabentscheidungsersuchen (C-5/14) hat der EuGH noch nicht entschieden.
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Nachdem der erneute Antrag auf AdV der angefochtenen Steueranmeldung vom HZA abgelehnt worden war, hat die Antragstellerin unter Hinweis auf die Vorlagebeschlüsse des FG bei diesem abermals beantragt, die Vollziehung der Steueranmeldung aufzuheben. Daraufhin hat das FG die Vollziehung der Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung mit Wirkung ab Fälligkeit der Steuer aufgehoben und bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist gegen eine das erstinstanzliche Verfahren der Hauptsache abschließende Entscheidung ausgesetzt. In seiner Begründung geht das FG aufgrund der inzwischen gefassten Vorlagebeschlüsse von veränderten Umständen nach § 69 Abs. 6 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) aus. Da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der EuGH in der Einführung der Kernbrennstoffsteuer eine Verletzung von Unionsrecht sehen werde, bestünden ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steueranmeldung. Zudem sei es sogar wahrscheinlich, dass das KernbrStG gegen die EnergieStRL und gegen die Richtlinie 2008/118/EG (VStSystRL) des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABlEU Nr. L 9/12) verstoße. Dabei ergebe sich die Unionsrechtswidrigkeit aufgrund einer analogen Anwendung des einer Input-Besteuerung entgegenstehenden Art. 14 Abs. 1 EnergieStRL und aufgrund des Fehlens einer von Art. 1 Abs. 2 VStSystRL geforderten besonderen Zwecksetzung der als indirekte Steuer auf elektrischen Strom einzustufenden Kernbrennstoffsteuer. Darüber hinaus sei die AdV auch wegen ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des KernbrStG zu gewähren, denn die ursprünglichen Zweifel an dessen Verfassungskonformität hätten sich nunmehr zur Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit des KernbrStG verdichtet, wie die Vorlage an das BVerfG belege. Zumindest in Bezug auf die durch das Unionsrecht begründeten Zweifel bedürfe es keines zusätzlichen besonderen Interesses der Antragstellerin an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Zweifel liege ein solches Interesse aufgrund der Befassung des BVerfG nunmehr vor. Dabei könne es keinen Unterschied machen, ob der Vorlagebeschluss von einem FG oder vom Bundesfinanzhof (BFH) gefasst worden sei. Von der Anforderung einer Sicherheitsleistung sei abzusehen, weil das HZA keine Umstände hinreichend substantiiert vorgebracht habe, die eine Sicherheitsleistung geboten erscheinen ließen. Eine hinreichend konkrete Gefährdungssituation habe das HZA nicht belegt.
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Mit seiner Beschwerde begehrt das HZA die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung und die Ablehnung des Antrags auf AdV der angefochtenen Steueranmeldung, hilfsweise, die AdV nur gegen Sicherheitsleistung anzuordnen. Da aufgrund der Vorlagebeschlüsse des FG keine veränderten Umstände i.S. des § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO vorlägen, sei der Antrag auf AdV unzulässig. Fehl gehe die Annahme des FG, bereits eine Vorlage an das BVerfG begründe ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO, so dass aufgrund der Bindungswirkung in jedem Fall vorläufiger Rechtsschutz gewährt werden müsse. Im Übrigen bestünden hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des KernbrStG --insbesondere am Verbrauchsteuercharakter der Kernbrennstoffsteuer und an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes-- keinerlei ernstliche Zweifel. Einstweiliger Rechtsschutz sei auch aufgrund der Vorlage an den EuGH nicht geboten. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die an ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV zu stellenden Anforderungen wesentlich geringer seien als die Voraussetzungen für die Gewährung einer AdV. Ein Gericht könne bereits bei geringen Zweifeln den EuGH anrufen, während die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ein höheres Maß an Zweifeln erfordere. Nach der Rechtsprechung des BFH gehe von einem Vorabentscheidungsersuchen eines FG keine Bindungswirkung aus. Auch im Hinblick auf die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kernbrennstoffsteuer. In diese Richtung wiesen auch die in der Rechtssache C-5/14 abgegebenen schriftlichen Erklärungen der Bundesrepublik Deutschland, der Europäischen Kommission und der Republik Finnland sowie die schriftlichen Erklärungen der Europäischen Kommission in der Rechtssache C-606/13. Insbesondere sei die Kernbrennstoffsteuer keine indirekte Steuer auf Strom, die in den Anwendungsbereich der EnergieStRL falle, und auch keine selektiv begünstigende staatliche Beihilfe. Auch in Anbetracht der Vorlagebeschlüsse des FG sei eine Entscheidung unter Abwägung des Individualinteresses der Antragstellerin und des öffentlichen Vollzugsinteresses zu treffen. Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes führe zur vorläufigen Nichtanwendung des KernBrStG und damit zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe. Das öffentliche Interesse des Bundes an einer geordneten Haushaltsführung sei höher zu gewichten als das Individualinteresse der Antragstellerin. Schließlich habe die Antragstellerin keine hinreichenden Gründe für die Annahme vorgetragen, durch die Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung drohten nicht wiedergutzumachende wirtschaftliche Nachteile, so dass von einer Gefährdung ihrer Existenz ausgegangen werden müsse. Entgegen der Auffassung des FG bestehe aufgrund der Einkommens- und Vermögenslage der Antragstellerin --insbesondere unter Berücksichtigung des Eigenkapitals und der hohen Rückstellungen-- ein Sicherungserfordernis, so dass einstweiliger Rechtsschutz allenfalls gegen eine entsprechende Sicherheitsleistung gewährt werden könne.
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Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Sie schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an. Allein das Vorabentscheidungsersuchen des FG an den EuGH begründe ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Steueranmeldung, zumal eine inhaltliche Auseinandersetzung des BFH mit den gegen das KernbrStG erhobenen unionsrechtlichen Bedenken noch nicht stattgefunden habe. Die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes sei auch unter dem Gesichtspunkt des effet-utile-Grundsatzes geboten. Da unionsrechtliche Zweifel bestünden, bedürfe es ihrerseits keines besonderen Interesses, weshalb auch eine Abwägung mit öffentlichen Interessen an einer geordneten Haushaltsführung nicht statthaft sei. Auch komme es auf eine detaillierte Auseinandersetzung mit den für das Hauptsacheverfahren bedeutsamen unions- und verfassungsrechtlichen Erwägungen nicht an. Für eine Gefährdung des Steueranspruchs habe das HZA keine konkreten Anhaltspunkte dargelegt, so dass die AdV ohne Sicherheitsleistung zu gewähren sei. Allein die voraussichtliche Dauer des Verfahrens und die Höhe der Steuernachforderungen könnten die Anforderung einer Sicherheitsleistung nicht rechtfertigen. Im Übrigen bestünden ausweislich des Geschäftsberichts für das Jahr 2013 auch keine konkreten Anhaltspunkte für das Anfallen weiterer Verluste, die zu einer Zahlungsunfähigkeit führen könnten. Ihre aktuelle wirtschaftliche Situation sei gut, sie verfüge zudem über ein kurzfristiges liquides Vermögen und ein Anlagevermögen. In Hinblick auf die streitgegenständlichen Steuerbeträge und etwa anfallende Zinsen habe sie durch liquide Konzernforderungen gesicherte Rückstellungen gebildet, die selbst unter Berücksichtigung der Sicherheitsanforderungen an die Endlagerung von Kernbrennstoffen bis Ende 2016 und des Standortauswahlgesetzes nicht korrigiert werden müssten. Im Übrigen seien die Stellung einer Bankbürgschaft, die Hinterlegung von Anleihen oder Barhinterlegungen unzumutbar.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf AdV.
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1. Entgegen der Auffassung des HZA ist der erneute Antrag auf AdV zulässig. Da die Entscheidung des Gerichts über einen Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO nicht in materielle Rechtskraft erwächst, steht es der Antragstellerin frei, unter den in § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO festgelegten Voraussetzungen jederzeit einen neuen Antrag zu stellen. Jedoch kann sie eine erneute Entscheidung in der Sache nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände herbeiführen. Hinsichtlich der unionsrechtlichen Fragestellungen liegen die Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des FG vor. Denn dieses ist an den EuGH erst nach der Entscheidung über den Antrag auf AdV und dem Senatsbeschluss in BFHE 236, 206, BStBl II 2012, 418 gerichtet worden (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Oktober 2013 V B 68/13, BFH/NV 2014, 173, und Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, FGO, § 69 FGO Rz 166, unter Hinweis auf ein unveröffentlichtes Urteil des Hessischen FG vom 22. Oktober 2008 7 V 2514/08). Wegen somit veränderter Umstände ist es unerheblich, ob die im Unionsrecht begründeten Zweifel bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätten vorgebracht werden können. Auch ist es unerheblich, dass nicht der BFH, sondern ein erstinstanzliches Gericht den EuGH angerufen hat. Ob die Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO auch im Hinblick auf den Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG vorliegen, bedarf aufgrund der Zulässigkeit des Antrags keiner Entscheidung.
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2. Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts oder hätte seine Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge, hat das FG im Regelfall dessen Vollziehung auszusetzen oder im Fall eines bereits vollzogenen Verwaltungsakts die Vollziehung wieder aufzuheben (§ 69 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 FGO). Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann trotz Vorliegens solcher Zweifel die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt werden.
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a) Ein solcher atypischer Fall kommt in Betracht, wenn die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit einer dem Verwaltungsakt zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift beruhen (BFH-Beschluss vom 10. Februar 1984 III B 40/83, BFHE 140, 396, BStBl II 1984, 454). Ist dies der Fall, setzt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wegen des Geltungsanspruchs jedes formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes (d.h. im Sinne eines ordnungsgemäßen Gesetzgebungsvorgangs) zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus (BFH-Beschlüsse vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558; vom 27. August 2002 XI B 94/02, BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18; vom 6. November 2001 II B 85/01, BFH/NV 2002, 508; vom 30. Januar 2001 VII B 291/00, BFH/NV 2001, 1031, und vom 17. März 1994 VI B 154/93, BFHE 173, 554, BStBl II 1994, 567).
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aa) Bei der Prüfung, ob ein solches berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen besteht, ist dieses mit den gegen die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden öffentlichen Belangen abzuwägen. Dabei kommt es maßgeblich einerseits auf die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen und andererseits auf die Auswirkungen einer Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung hinsichtlich des Gesetzesvollzugs und des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung an (BFH-Beschlüsse vom 21. November 2013 II B 46/13, BFHE 243, 162, BStBl II 2014, 263; in BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18; vom 20. Juli 1990 III B 144/89, BFHE 162, 542, BStBl II 1991, 104, und vom 20. Mai 1992 III B 100/91, BFHE 168, 174, BStBl II 1992, 729). Dem bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des BVerfG bestehenden Geltungsanspruch jedes formell verfassungsmäßig zustande gekommenen Gesetzes ist der Vorrang einzuräumen, wenn die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung eines Steuerbescheids im Ergebnis zur vorläufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes führen würde, die Bedeutung und die Schwere des durch die Vollziehung des angefochtenen Bescheids im Einzelfall eintretenden Eingriffs beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen sind und der Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat (BFH-Beschluss in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558).
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Im Streitfall ist zu berücksichtigen, dass die AdV einer Steueranmeldung wegen der vom FG angenommenen Verfassungswidrigkeit des KernbrStG nicht nur die konkrete Steueranmeldung der Antragstellerin im Streitfall betrifft. Sie wäre vielmehr in gleicher Weise sämtlichen Adressaten des KernbrStG für jeden Fall einer Steueranmeldung zu gewähren und bedeutete deshalb im Ergebnis die vorläufige Außervollzugsetzung des gesamten ordnungsgemäß zustande gekommenen Steuergesetzes bis zur Entscheidung des BVerfG, d.h. für einen nicht absehbaren Zeitraum.
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Die Befugnis, eine solche Rechtsfolge herbeizuführen, steht jedoch nur dem BVerfG zu, dem allein die Feststellung der Nichtigkeit eines Gesetzes sowie der sich aus der Nichtigkeit ergebenden Konsequenzen vorbehalten ist und das nach § 32 BVerfGG einen streitigen Zustand bis zu seiner Entscheidung vorläufig regeln, also auch ein Gesetz, über dessen Verfassungsmäßigkeit zu entscheiden ist, vorläufig außer Vollzug setzen kann. Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Ohne Rücksicht auf die für die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme sprechenden Gründe sind die Nachteile des Ausbleibens einer vorläufigen Maßnahme gegen die Nachteile abzuwägen, die einträten, wenn die Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes erginge, die Verfassungsbeschwerde aber schließlich ohne Erfolg bliebe (BVerfG-Beschluss vom 27. Juni 2013 1 BvR 1501/13, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht --NVwZ-- 2013, 1145, m.w.N.). Von dieser Möglichkeit ist nach Auffassung des BVerfG nur mit größter Zurückhaltung Gebrauch zu machen, denn der Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen ein Gesetz stellt stets einen erheblichen Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers dar, so dass die Gründe, die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechen, ein besonderes Gewicht haben müssen (BVerfG-Beschlüsse in NVwZ 2013, 1145, und vom 22. Mai 2001 2 BvQ 48/00, BVerfGE 104, 23, 27 f.).
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Auch wenn die Antragstellerin im konkreten Normenkontrollverfahren nicht nach § 32 BVerfGG, sondern allein beim FG gemäß § 69 FGO vorläufigen Rechtsschutz beantragen kann, ist jedenfalls für den Fall, dass --wie vorliegend-- die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch ein Fachgericht gleichbedeutend ist mit der Außervollzugsetzung eines kompletten Gesetzes, kein Grund ersichtlich, weshalb das Fachgericht insoweit weniger strengen Anforderungen unterliegen sollte als das BVerfG.
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bb) Wie das BVerfG entschieden hat, verstößt eine solche Interessenabwägung --die auch das öffentliche Interesse an einer geordneten öffentlichen Haushaltsführung berücksichtigt-- nicht grundsätzlich gegen den aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Anspruch auf umfassenden und effektiven gerichtlichen Schutz, zumindest so lange, wie der sofortige Vollzug des Verwaltungsakts die Ausnahme bleibt; in Ausnahmefällen können deshalb überwiegende öffentliche Belange es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen (BVerfG-Beschluss vom 6. April 1988 1 BvR 146/88, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Finanzgerichtsordnung, § 69, Rz 283; im Ergebnis ebenso BVerfG-Beschlüsse vom 6. Mai 2013 1 BvR 821/13, NVwZ 2013, 935, und vom 24. Oktober 2011 1 BvR 1848/11, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2012, 89).
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cc) Entgegen der Auffassung der Antragstellerin gelten diese Grundsätze auch dann, wenn ein Instanzgericht im Rahmen eines Vorlagebeschlusses das BVerfG zur Klärung der Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsnorm oder eines Steuergesetzes angerufen hat.
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Die Anrufung des BVerfG entfaltet im Hinblick auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung für den BFH keine Bindungswirkung. Wie das BVerfG entschieden hat, begründet das aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgende Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes für den BFH keine Bindung an instanzgerichtliche Überzeugungen von der Verfassungswidrigkeit einer Norm, selbst wenn diese durch einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG geäußert worden sind (BVerfG-Beschluss in NVwZ 2013, 935). Ebensowenig wird durch einen solchen Vorlagebeschluss der Weg für eine Interessenabwägung versperrt. Mit unterschiedlichen Ergebnissen hat der BFH eine Interessenabwägung zwischen der einer Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes entgegenstehenden konkreten Gefährdung der öffentlichen Haushaltsführung und den für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sprechenden individuellen Interessen des Steuerpflichtigen selbst in den Fällen vorgenommen, in denen er selbst eine Entscheidung des BVerfG eingeholt hat (BFH-Beschlüsse vom 17. Juli 2003 II B 20/03, BFHE 202, 380, BStBl II 2003, 807, und vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663). Entgegen der Auffassung des FG ist auch dem Beschluss des BFH in BFHE 243, 162, BStBl II 2014, 263 nicht zu entnehmen, das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers habe stets Vorrang, wenn der BFH in der Sache einen Vorlagebeschluss nach Art. 100 Abs. 1 GG gefasst hat. Vielmehr hat der BFH in der Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, im Rahmen der Interessenabwägung sei der Umstand zu berücksichtigen, dass die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes praktisch zu einer einstweiligen Nichterhebung der gesamten Steuer führen könne und dass in Ausnahmefällen überwiegende öffentliche Belange eine Zurückstellung des Rechtsschutzanspruchs des Grundrechtsträgers rechtfertigen könnten. Im Ergebnis hat er dem Rechtsschutzanspruch des Erbschaftsteuerpflichtigen nur deshalb den Vorrang eingeräumt, weil dieser zur Entrichtung der Erbschaftsteuer eigenes Vermögen hätte einsetzen oder die im Wege der Erbschaft erworbenen Gegenstände veräußern oder belasten müssen.
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Daraus folgt, dass --selbst wenn der Senat den im Vorlagebeschluss des FG und den in der Literatur geäußerten Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit des KernbrStG folgen könnte (Gärditz, Die Richtervorlage des Finanzgerichts Hamburg zum Kernbrennstoffsteuergesetz, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 2014, 18; Lüdicke, Es gibt Grenzen der Besteuerung!, Der Betrieb 2013, Heft 28 M 1; Fischer, Kernbrennstoffsteuergesetz mangels Gesetzgebungskompetenz verfassungswidrig, ZfZ 2013, 192; Hartmann, Ein neuer Blick auf die Steuergesetzgebungskompetenzen des Grundgesetzes, Deutsche Steuerzeitung 2012, 205; Drüen, Der Steuertypus der Verbrauchsteuer – dargestellt am Negativbeispiel der Kernbrennstoffsteuer, ZfZ 2012, 309; Seer, Vorläufiger Rechtsschutz bei ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit eines Steuergesetzes, Deutsches Steuerrecht 2012, 325; Waldhoff, Die Kernbrennstoffsteuer als Verbrauchsteuer und die steuerrechtliche Typenlehre, ZfZ 2012, 57; Bruch/Greve, Die Kernbrennstoffsteuer im Fokus der Finanzgerichtsbarkeit, Betriebs-Berater 2012, 234)-- eine Abwägung des für eine AdV sprechenden individuellen Interesses der Antragstellerin und des einer solchen Maßnahme entgegenstehenden öffentlichen Interesses geboten ist.
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b) Auch in Bezug auf ernstliche Zweifel an der Unionsrechtskonformität des KernbrStG ist der BFH nicht an die Rechtsauffassung des FG gebunden. Darüber hinaus ist dem Aufhebungsinteresse der Antragstellerin nicht allein aufgrund des Vorabentscheidungsersuchens des FG der Vorrang einzuräumen. Ist ein komplettes Gesetz betroffen, erfordert die AdV eines darauf gestützten Verwaltungsakts ebenfalls ein besonderes Aussetzungsinteresse.
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aa) Wenn der BFH selbst im Fall eines Vorlagebeschlusses nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht an die instanzgerichtliche Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit einer Norm gebunden ist (BVerfG-Beschluss in HFR 2013, 639), kann schwerlich angenommen werden, dass eine solche Bindungswirkung hinsichtlich der unionsrechtlichen Beurteilung des FG besteht (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2009 VII B 186/08, BFH/NV 2009, 942), zumal eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 AEUV keine Überzeugung des Gerichts von der Unionsrechtswidrigkeit erfordert. Sofern die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt, ist es dem nationalen Gericht unbenommen, den EuGH anzurufen, wenn es dies für angebracht hält (EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 C-283/81 --CILFIT--, Slg. 1982, 3415). Im Rahmen eines Verfahrens über die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes kann es somit einem Gericht nicht verwehrt werden, hinsichtlich der Beurteilung unionsrechtlicher Fragestellungen zu einer anderen Auffassung als das Gericht zu gelangen, das in einer identischen Rechtsfrage bereits den EuGH angerufen hat (Entscheidungen des FG Münster vom 18. Januar 2013 5 V 3800/12 U, Entscheidungen der Finanzgerichte 2013, 556, und des Hessischen FG vom 17. Mai 2013 1 V 337/13, nicht veröffentlicht). Nach der Rechtsprechung des EuGH richtet sich der einstweilige Rechtsschutz gegen den Vollzug nationaler Gesetze, deren Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht in Frage gestellt wird, allein nach den durch das vom zuständigen Gericht anzuwendende nationale Recht festgelegten Kriterien, sofern diese Kriterien weder weniger günstig ausgestaltet sind als die für entsprechende innerstaatliche Klagen noch die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (EuGH-Urteile vom 22. Dezember 2010 C-279/09 --DEB Deutsche Energiehandels- und Beratungsgesellschaft mbH--, Slg. 2010, I-13849, und vom 13. März 2007 C-432/05 --Unibet (London) Ltd und Unibet (International) Ltd--, Slg. 2007, I-2271). Diesen Grundsätzen steht es nicht entgegen, wenn erstinstanzlichen Vorabentscheidungsersuchen keine Bindungswirkung hinsichtlich der unionsrechtlichen Beurteilung durch andere Gerichte zuerkannt wird.
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bb) Im Streitfall kann jedoch dahingestellt bleiben, ob die Ausführungen des FG ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 FGO begründen, wobei der ergänzende Hinweis geboten erscheint, dass die Europäische Kommission in ihrer schriftlichen Stellungnahme in der Rechtssache C-5/14 die Rechtsauffassung des FG nicht geteilt und die Kernbrennstoffsteuer als mit den unionsrechtlichen Vorgaben vereinbar angesehen hat. Denn selbst wenn aufgrund des an den EuGH gerichteten Vorabentscheidungsersuchens ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit des KernbrStG mit unionsrechtlichen Vorgaben bestehen sollten (zu den verschiedenen Rechtsauffassungen hinsichtlich der sekundärrechtlichen und beihilfenrechtlichen Problemstellungen vgl. Kube, Kernbrennstoffsteuer und EU-Sekundärrecht, Internationales Steuerrecht 2012, 553; Englisch, Steuerliche Sonderbelastung als verbotene Beihilfe – eine unionsrechtliche Achillesverse der Kernbrennstoffsteuer, Steuer und Wirtschaft 2012, 318; Kühling, Die beihilfenrechtliche Bewertung der Kernbrennstoffsteuer – Zeit für eine Ausdehnung der steuerlichen Kontrolle durch das Europarecht?, Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht 2013, 113; Jatzke, Grenzen des mitgliedschaftlichen Steuerfindungsrechts am Beispiel der Kernbrennstoffsteuer, ZfZ 2012, 150, und Schröer-Schallenberg, Anmerkung zum Vorlagebeschluss des FG Hamburg vom 19. November 2013 4 K 122/13 zur Vereinbarkeit der Kernbrennstoffsteuer mit Unionsrecht, EnWZ 2014, 239), wäre die beantragte AdV unter den besonderen Umständen des Streitfalls nur dann zu gewähren, wenn zusätzlich ein (besonderes) berechtigtes Interesse der Antragstellerin an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bestünde.
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cc) Soweit andere Senate des BFH bei Zweifeln an der Vereinbarkeit steuerrechtlicher Vorschriften mit Unionsrecht die Voraussetzungen für die AdV auf diese Vorschriften gestützter Steuerbescheide bejaht haben, weicht der beschließende Senat im Streitfall nicht von den insoweit vertretenen Rechtsauffassungen ab. Fälle der Außervollzugsetzung eines kompletten Steuergesetzes lagen den Entscheidungen anderer Senate bisher nicht zugrunde. Es ging stets allein um die vorläufige Nichtanwendung einzelner Steuernormen.
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Zwar hat der BFH entschieden, seine Rechtsprechung, nach der bei der Aussetzung der Vollziehung von Steuerbescheiden wegen der Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Vorschrift die Geltendmachung eines berechtigten Interesses an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes verlangt wird, könne auf die Geltendmachung von Verletzungen des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) nicht übertragen werden, weil die Grundfreiheiten in den Mitgliedstaaten unmittelbares Recht darstellten, das von jedem Gericht unbeschadet der Möglichkeit der Einleitung eines Vorabentscheidungsersuchens zu beachten sei (Entscheidungen des BFH vom 14. Februar 2006 VIII B 107/04, BFHE 212, 285, BStBl II 2006, 523, und vom 24. März 1998 I B 100/97, BFHE 185, 467, entgegen dem Beschluss vom 22. Januar 1992 I B 77/91, BFHE 166, 350, BStBl II 1992, 618, in dem eine Interessenabwägung unter Beachtung des öffentlichen Interesses der Bundesrepublik an einer geordneten Haushaltsführung trotz Vorlagebeschlusses eines FG vorgenommen worden ist). Im Streitfall geht es aber nicht um die Verletzung unionsrechtlich garantierter Grundrechte, deren unmittelbare Geltung der BFH zu beachten hätte. Ungeachtet dessen betrifft der Streitfall jedenfalls nicht die unionsrechtliche Begutachtung einer Steuerrechtsnorm im Einzelfall, welche die Geltung des Gesetzes grundsätzlich nicht in Frage stellt, sondern die Frage der Vereinbarkeit eines Steuergesetzes insgesamt mit den unionsrechtlichen Vorgaben.
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Ausweislich des Vorlagebeschlusses ist das FG selbst nicht zu der Überzeugung gelangt, dass das KernbrStG gegen geltendes Unionsrecht verstößt, vielmehr hat es die Unionsrechtswidrigkeit ausdrücklich nur für möglich bzw. wahrscheinlich gehalten. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden hat, erforderlichenfalls befugt, jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet zu lassen, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein verfassungsrechtliches Verfahren abwarten müsste (EuGH-Urteile vom 18. Juli 2013 C-136/12, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 2013, 782, Rz 33, und vom 5. Oktober 2010 C-173/09, Slg. 2010, I-8889, Rz 31). Von seiner demnach eingeräumten Befugnis, § 5 Abs. 1 KernbrStG bzw. das KernbrStG insgesamt unangewendet zu lassen, hat das FG jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern seine Zweifel zum Anlass genommen, dem EuGH die abschließende Beurteilung der unionsrechtlichen Fragestellungen zu überlassen. Würde in einem solchen Fall kein berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gefordert, so dass sowohl das vorlegende Gericht als auch der BFH an einer Interessenabwägung unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung gehindert wären, müsste ein ordnungsgemäß zustande gekommenes Gesetz im Vorgriff auf die noch ausstehende Beurteilung der Rechtslage durch den EuGH bereits dann zumindest vorläufig außer Kraft gesetzt werden, wenn vernünftige Zweifel an der Unionsrechtskonformität bestünden, welche die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht offenkundig erscheinen ließen. Ein solch schwerwiegender Eingriff in die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei ungewissem Ausgang des Verfahrens vor dem EuGH ginge jedoch über das hinaus, was zur Durchsetzung des Unionsrechts erforderlich wäre.
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Soweit im Vorlagebeschluss des FG die Frage aufgeworfen wird, ob die Erhebung der Kernbrennstoffsteuer gegen das unionsrechtlich kodifizierte Beihilferecht verstößt, ist darauf hinzuweisen, dass es dem mitgliedstaatlichen Gericht nicht obliegt, darüber zu entscheiden, ob eine staatliche Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist ausschließlich die Kommission für die Beurteilung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen oder einer Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt zuständig (EuGH-Urteile vom 18. Juli 2007 C-119/05, Slg. 2007, I-6199, und vom 22. März 1977 Rs. 78/76, Slg. 1977, 595, Rz 9). Innerstaatlich ist das Beihilfeverbot des Art. 107 Abs. 1 AEUV, das weder absolut noch unbedingt ist, nicht unmittelbar anwendbar (BFH-Urteil vom 31. Juli 2013 I R 82/12, BFHE 243, 180, m.w.N.). Daher lassen sich die BFH-Entscheidungen in BFHE 212, 285, BStBl II 2006, 523 und in BFHE 185, 467 nicht auf den Streitfall übertragen.
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Zudem lässt sich den Entscheidungen des BFH vom 19. Dezember 2012 V S 30/12 (BFH/NV 2013, 779) und vom 5. Mai 1994 V S 11/93 (BFH/NV 1995, 368), die sich mit der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung bestimmter Leistungen (Durchführung ästhetisch-chirurgischer Maßnahmen bzw. entgeltliche Überlassung eines Wohnmobils) und der Auslegung von Bestimmungen der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) --Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 145/1-- befassen, kein Rechtssatz entnehmen, nach dem eine Abwägung der öffentlichen Interessen und der Individualinteressen des Antragstellers bei der Anhängigkeit eines Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH in jedem Fall zu unterbleiben hat. Vielmehr hat der V. Senat des BFH aufgrund der von ihm selbst und von einem Gericht eines anderen Mitgliedstaats an den EuGH gerichteten Vorabentscheidungsersuchen --ohne die Vereinbarkeit der streitentscheidenden Vorschriften des nationalen Umsatzsteuerrechts mit den Bestimmungen der Richtlinie 77/388/EWG in Frage zu stellen-- ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide angenommen und einstweiligen Rechtsschutz gewährt, wobei er auf die Frage eines berechtigten Interesses des Antragstellers nicht eingegangen ist. Da sich diese Entscheidungen lediglich auf die steuerrechtliche Beurteilung einzelner Sachverhalte unter Beachtung der sekundärrechtlichen Vorgaben und auf eine entsprechende Auslegung einzelner nationaler Bestimmungen und nicht auf den Geltungsanspruch eines verfassungsmäßig zustande gekommenen Steuergesetzes und dessen Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht beziehen, stehen sie der im Streitfall gebotenen Interessenabwägung nicht entgegen.
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3. Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze hat das FG im Streitfall die AdV der angefochtenen Steueranmeldung zu Unrecht angeordnet. Die gebotene Abwägung des für eine AdV sprechenden individuellen Interesses der Antragstellerin und des einer solchen Maßnahme entgegenstehenden öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung sowie die gebotene Beachtung der Verwerfungskompetenz des BVerfG führen zu dem Ergebnis, dass vorläufiger Rechtsschutz nicht gewährt werden kann.
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a) Die erforderliche Abwägung der beiderseitigen Interessen fällt im Streitfall zu Lasten der Antragstellerin aus. Das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung sowie an dem Vollzug eines ordnungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes auch in der vom Gesetzgeber hierfür bestimmten Zeit überwiegt das Interesse der Antragstellerin, das allein darin besteht, die Kernbrennstoffsteuer nicht entrichten zu müssen. Dass die Antragstellerin bei Entrichtung der angemeldeten Steuer nicht wiedergutzumachende Nachteile von erheblichem Gewicht erlitte oder nicht mehr gewinnbringend gewerblich tätig sein könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Darüber hinaus führte eine faktische Außerkraftsetzung des KernbrStG zu Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der beschließende Senat auf die Ausführungen in seinem Beschluss in BFHE 236, 206, BStBl II 2012, 418. Ausweislich der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Statistik über das Steueraufkommen betrug das Aufkommen der Kernbrennstoffsteuer in 2011 0,92 Mrd. €, in 2012 1,57 Mrd. € und in 2013 1,28 Mrd. €. Letztlich können Unsicherheiten bei der exakten Bestimmung des Steuerausfalls bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen und ausreichenden summarischen Prüfung auf sich beruhen. Entscheidend ist, dass durch eine AdV der angefochtenen Steueranmeldung das gesamte KernbrStG faktisch mit der Folge drohender hoher Einnahmeausfälle außer Kraft gesetzt würde. Keiner entscheidungserheblichen Bedeutung kommen dabei die Gründe zu, die für die Verfassungswidrigkeit oder Unionsrechtswidrigkeit des KernbrStG sprechen (BVerfG-Beschluss in NVwZ 2013, 1145, m.w.N., und BFH-Beschluss in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558). Von entscheidender Bedeutung sind vielmehr die Nachteile der Gewährung der beantragten AdV und die Verwerfungskompetenz des BVerfG. In Anbetracht der zeitlichen Begrenzung der Erhebung der Kernbrennstoffsteuer und ihrer wirtschaftspolitischen Zielsetzung hätte die AdV eine so weitreichende Wirkung, wie sie nur durch eine Entscheidung des BVerfG herbeigeführt werden könnte.
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b) Dem Vorbringen der Antragstellerin ist nicht schlüssig zu entnehmen, dass durch die sofortige Vollziehung der angefochtenen Steueranmeldung irreparable Nachteile oder eine unzumutbare Härte drohen. Nach der Rechtsprechung des BFH setzt eine AdV wegen unbilliger Härte voraus, dass der Betroffene seine wirtschaftliche Lage im Einzelnen vorträgt und glaubhaft macht (BFH-Beschlüsse vom 29. März 2001 III B 80/00, BFH/NV 2001, 1294, und vom 27. August 2002 XI B 94/02, BFHE 199, 566, BStBl II 2003, 18). Nach Einschätzung des Senats ist die (vorläufige) Entrichtung der Steuer der Antragstellerin durchaus zumutbar. Dies wird auch durch den Verzicht des FG auf die Anforderung einer Sicherheitsleistung belegt, den es damit begründet hat, dass Anhaltspunkte für eine Gefährdung des --im Streitfall sehr hohen-- Steueranspruchs nicht ersichtlich seien. Im Übrigen hat die Antragstellerin selbst vorgetragen, die aktuelle wirtschaftliche Situation sei gut und sie verfüge zudem über ein kurzfristig liquides Vermögen und ein Anlagevermögen, das die Steuerforderungen bei Weitem übersteige. Zudem seien die Steuerforderungen durch Rückstellungen gedeckt, denen ausreichend Aktiva gegenüberstehen.
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