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BFH 28.11.2013 - IV R 58/10
BFH 28.11.2013 - IV R 58/10 - Abzug vom Grund und Boden abgespaltener Anschaffungskosten eines Milchlieferrechts im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung
Normen
§ 4 Abs 3 EStG 1997, § 7 Abs 1 EStG 1997, § 55 EStG 1997, § 4 Abs 3 EStG 2002, § 7 Abs 1 EStG 2002, § 55 EStG 2002
Vorinstanz
vorgehend FG München, 20. Mai 2009, Az: 10 K 1139/07, Urteil
Leitsatz
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1. Soweit sich von den historischen Anschaffungskosten des Grund und Bodens oder von dem zum 1. Juli 1970 nach § 55 EStG anzusetzenden Wert Anschaffungskosten von Milchlieferrechten abgespalten haben, sind diese im Rahmen der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung im Zeitpunkt der Veräußerung eines Teils der Lieferrechte anteilig als Betriebsausgabe abzuziehen .
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2. Ist der Betriebsausgabenabzug im Wirtschaftsjahr der Veräußerung unterblieben, kommt eine spätere Berücksichtigung der anteiligen Anschaffungskosten als Betriebsausgabe nicht mehr in Betracht .
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erzielte in den Streitjahren 2001 und 2002 u.a. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Den Betrieb hatte er zunächst von seinen Eltern gepachtet. Seit dem Tod des Vaters im Jahr 1989 und der Mutter im Jahr 1997 ist er Eigentümer der Flächen und Inhaber des Betriebs.
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Die bewirtschafteten Flächen stammten überwiegend aus Anschaffungen vor dem 1. Juli 1970 (21,8084 ha). Später war im Tausch eine Fläche von 1,4890 ha erworben (1976) und eine Fläche von 0,0268 ha veräußert (Wirtschaftsjahr 1992/1993) worden. Der Betrieb hatte zum 2. April 1984 über Milchlieferrechte von 102 700 kg verfügt, die sich durch Teilstilllegungen auf 93 948 kg verringert hatten. Der größte Teil davon war im Wirtschaftsjahr 1995/1996 verkauft worden (93 500 kg). Von der verbleibenden Restmenge von 448 kg wurden im Jahr 2001 148 kg eingezogen und 291 kg für 378,30 DM versteigert.
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Den Gewinn für die Wirtschaftsjahre 2001/2002 und 2002/2003 ermittelte der Kläger durch Einnahmen-Überschussrechnung. Dabei zog er im Wirtschaftsjahr 2001/2002 eine Betriebsausgabe in Höhe von 60.593 DM für "Abgang abgespaltener Buchwert Milchquote (102.700 kg a 0,59 DM/kg) aufgrund Veräußerung Versteigerungsverfahren Hauptzollamt" ab. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--), dem die Gewinnermittlung und die Anlage L zur Einkommensteuererklärung 2001 erst im Rahmen eines Einspruchsverfahrens vorgelegt worden waren, berücksichtigte die Betriebsausgabe für den Buchwertabgang im Rahmen der zusammengefassten Entscheidung über den Einspruch betreffend das Jahr 2001 sowie einen auch gegen den Einkommensteuerbescheid 2002 erhobenen Einspruch nicht.
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Hiergegen erhob der Kläger Klage beim Finanzgericht (FG), mit der er u.a. auch den Abzug der Betriebsausgabe von 60.593 DM weiterverfolgte. Während des Klageverfahrens erließ das FA unter dem 4. November 2008 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, in denen der Buchwertabgang für ein Milchlieferrecht von 289 DM als Betriebsausgabe anerkannt wurde. Diesen Betrag hatte das FA anteilig für 448 kg aus einem für eine Referenzmenge von 93 948 kg anzusetzenden Buchwert von 60.593 DM ermittelt. Das FA legte danach für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 einen Verlust von 3.253,41 DM zugrunde und unterstellte dabei, dass die Einnahme aus der Versteigerung des Milchlieferrechts in den vom Kläger erklärten Betriebseinnahmen nicht enthalten war. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Jahres 2001 wurden mit ./. 6.837 DM berücksichtigt, die Einkünfte des Jahres 2002 mit ./. 19.495 €.
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Das FG entschied, der Buchwertabgang sei in der gesamten beanspruchten Höhe von 60.593 DM zu berücksichtigen. Es ermittelte Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Jahres 2001 von ./. 36.984 DM und des Jahres 2002 von ./. 34.114 € und setzte die Einkommensteuer für die Streitjahre entsprechend niedriger fest. Soweit die Klage wegen weiterer Streitpunkte erhoben worden war, hatte sie keinen Erfolg. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1444 abgedruckt.
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Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Das FG sei zu Unrecht von einer Abspaltung des Buchwerts in Bezug auf vor dem 1. Januar 1970 angeschaffte Flächen ausgegangen. Außerdem habe es den Begriff des einheitlichen Wirtschaftsguts verkannt, indem es auch den Buchwert für bereits vor den Streitjahren veräußerte Milchlieferrechte berücksichtigt habe.
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Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Er trägt vor, der land- und forstwirtschaftliche Betrieb sei infolge parzellenweiser Verpachtung bereits im Januar 1984 aufgegeben worden. Bei Zuteilung der Milchlieferrechte hätten sich diese deshalb auf im Privatvermögen befindliche Grundstücke bezogen. Er, der Kläger, habe ab 1995 eine geringe Fläche von weniger als 3 ha selbst bewirtschaftet und im Übrigen unterverpachtet bzw. nach Eigentumsübergang die Verpachtung fortgesetzt. Die Abspaltung eines Buchwerts für Milchreferenzmengen sei auch bei im Privatvermögen befindlichen Grundstücken vorzunehmen. Aufgrund der wechselhaften Rechtslage in Bezug auf Milchlieferrechte müsse sich der Wert des am 2. April 1984 zugeteilten Lieferrechts auf die jeweilige Milchreferenzmenge beziehen. Über später erworbene Lieferrechte habe der Betrieb nicht verfügt. Erst mit Aufgabe des Lieferrechts gehe der Buchwert des ursprünglich erteilten Lieferrechts unter. Hier sei das originäre Lieferrecht mit dem letzten Verkaufsvorgang im Wirtschaftsjahr 2001/2002 aufgegeben worden.
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Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Das Urteil des FG war aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Der Kläger kann keine höheren Betriebsausgaben für den Abgang von Milchlieferrechten im Wirtschaftsjahr 2001/2002 geltend machen als vom FA in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre zugrunde gelegt worden sind.
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a) Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), sind die Anschaffungs- und Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erst im Zeitpunkt der Veräußerung oder Entnahme als Betriebsausgabe abzuziehen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung). Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sind die Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung (AfA) zu befolgen (§ 4 Abs. 3 Satz 3 EStG) mit der Konsequenz, dass die AfA als Betriebsausgabe abgezogen wird.
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Erwirbt ein Landwirt ein Milchlieferrecht, ist das Recht als abnutzbares Anlagevermögen seines Betriebs zu beurteilen. Die Anschaffungskosten werden über zehn Jahre abgeschrieben (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. April 2009 IX R 33/08, BFHE 225, 361, BStBl II 2010, 958; vgl. auch BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 3/08, BFHE 229, 159, zur Abschreibung von Lieferrechten für Zuckerrüben). Soweit ein Milchlieferrecht nicht eigenständig erworben worden ist, sondern sich nach der Rechtsprechung des BFH vom Grund und Boden abgespalten hat, unterliegt der abgespaltene Buchwert allerdings ebenso wenig wie der Buchwert des Grund und Bodens vor der Abspaltung einer AfA (BFH-Urteil vom 9. September 2010 IV R 2/10, BFHE 230, 453, BStBl II 2011, 171, Rz 44).
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Die von dem Kläger bzw. dessen Rechtsvorgänger genutzten landwirtschaftlichen Flächen stammen überwiegend aus Anschaffungen vor dem 1. Juli 1970 (21,8084 ha). Die insoweit dem Betrieb zugeteilten Lieferrechte sind danach als nicht abzuschreibende Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu beurteilen. Soweit sich von den historischen Anschaffungskosten des Grund und Bodens oder von dem zum 1. Juli 1970 nach § 55 EStG anzusetzenden Wert Anschaffungskosten von Lieferrechten abgespalten haben, sind diese im Rahmen der vom Kläger durchgeführten Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung im Zeitpunkt der Veräußerung ungekürzt als Betriebsausgabe abzuziehen. Dies gilt im Ergebnis ebenso für die Milchlieferrechte, die sich von der durch Tausch in 1976 erworbenen Fläche von 1,4980 ha abgespalten haben. Der Senat kann insoweit dahinstehen lassen, ob der abgespaltene Buchwert dieser Lieferrechte ebenfalls nicht abgeschrieben werden kann, weil die darauf entfallenden Anschaffungskosten noch vor der Erstzuteilung der Milchlieferrechte am 2. April 1984 angefallen sind. Denn jedenfalls wären die anteiligen Anschaffungskosten ebenfalls spätestens im Zeitpunkt der Veräußerung als Betriebsausgabe abzuziehen.
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b) Im Wirtschaftsjahr 2001/2002 hat der Kläger Lieferrechte von 291 kg veräußert. Die zugehörigen abgespaltenen Anschaffungskosten hat das FA mit 289 DM ermittelt und als Betriebsausgabe berücksichtigt. Keinesfalls war ein höherer Betrag als Anschaffungskosten abzuziehen.
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aa) Der Kläger hat die Berechnung des Betrags von 289 DM als anteilige Anschaffungskosten für die veräußerten Lieferrechte nicht beanstandet. Der Senat hält die Berechnung ebenfalls für zutreffend.
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bb) Ein darüber hinausgehender Abzug von Betriebsausgaben ist nicht vorzunehmen. Dem Kläger ist nicht darin zu folgen, dass die abgespaltenen Anschaffungskosten für die gesamten Lieferrechte bei Veräußerung des letzten Teils der Rechte abzuziehen wären, weil es sich um ein einheitliches Wirtschaftsgut "Lieferrecht" handelt. Vielmehr kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Lieferrechte als ein zusammengesetztes Wirtschaftsgut aus der mengenmäßig bestimmten Summe der Rechte anzusehen sind. Im Fall von Milchlieferrechten sind diese der in kg bestimmten Liefermenge zugeordnet. Demgemäß sind auch die Anschaffungskosten der Lieferrechte den Liefermengen zuzuordnen. Wird ein Lieferrecht in Höhe einer bestimmten Menge veräußert, sind mithin die anteilig auf diese Menge entfallenden Anschaffungskosten bei der Einnahmen-Überschussrechnung als Betriebsausgabe abzuziehen.
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Ist der Betriebsausgabenabzug unterblieben, wie hier vom Kläger in Bezug auf Veräußerungen im Wirtschaftsjahr 1995/1996 geltend gemacht, kommt eine spätere Berücksichtigung der anteiligen Anschaffungskosten als Betriebsausgabe nicht in Betracht. Insoweit unterscheidet sich die Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung von der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, weil bei Letzterer im Wege einer Bilanzberichtigung ein fehlerhaft nicht ausgebuchter Wert für ein veräußertes Anlagegut auch später noch ggf. gewinnwirksam ausgebucht werden kann. Für den Buchwert von abgespaltenen Milchlieferrechten aus dem Pauschalwert nach § 55 Abs. 1 EStG hat der Senat allerdings eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung abgelehnt (BFH-Urteil vom 10. Juni 2010 IV R 32/08, BFHE 230, 332, BStBl II 2012, 551, Rz 17).
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Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, in welchem Umfang sich im Betrieb der Eltern des Klägers Buchwerte aus Pauschalwerten oder Anschaffungskosten von Grundstücken ab dem 1. Juli 1970 abgespalten haben. In den Streitjahren können jedenfalls keine höheren Buchwerte als Betriebsausgaben abgezogen werden, als in den angefochtenen Bescheiden bereits berücksichtigt sind.
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2. Angesichts dieses Ergebnisses kommt es nicht mehr darauf an, dass der im Jahr 2002 erfasste Verlust zugunsten des Klägers fehlerhaft ermittelt worden ist. Dem FA ist bei der Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft des Wirtschaftsjahres 2001/2002 insoweit ein Fehler unterlaufen, als der Zahlenwert als Euro-Betrag berücksichtigt worden ist, obwohl es sich um einen DM-Betrag handelte. Wegen des Verbots der Verböserung kann dieser Fehler im Rahmen der vom Senat zu treffenden Entscheidung nicht mehr korrigiert werden.
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3. Die Sache ist entscheidungsreif. Der Kläger kann keine niedrigere Festsetzung der Einkommensteuer für die Streitjahre verlangen. Die Klage ist unter Aufhebung des anders lautenden Urteils des FG abzuweisen.
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4. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen (§ 135 Abs. 1 FGO). Soweit dem Begehren des Klägers erstinstanzlich durch Berücksichtigung eines Verlusts aus Land- und Forstwirtschaft des Wirtschaftsjahres 2001/2002 und den Erlass entsprechender Änderungsbescheide entsprochen worden ist, hat der Kläger die Kosten deshalb zu tragen, weil er die diesbezüglichen Tatsachen nicht bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat (§ 137 Satz 1 FGO).
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