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BFH 07.11.2013 - X R 21/11
BFH 07.11.2013 - X R 21/11 - Betriebsverpachtung im Ganzen bei Überlassung des für den Betrieb eines Getränkegroßhandels erforderlichen Grundstücks - Wettbewerbsverbot - Wiederbeschaffbarkeit von Betriebsvermögen - Dauer der Fortführung des Betriebs bei Betriebsverpachtung - Kein rückwirkendes Fingieren einer Aufgabeerklärung
Normen
§ 16 Abs 3 EStG 1990, Art 2 Buchst i EWGRL 434/90
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 24. März 2010, Az: 13 K 287/06, Urteil
nachgehend Hessisches Finanzgericht, 18. September 2017, Az: 3 K 311/14, Beschluss
Leitsatz
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1. NV: Bei einem Groß- und Einzelhandelsunternehmen bildet das für den Betrieb des Handelsgeschäfts benötigte Grundstück regelmäßig die wesentliche Betriebsgrundlage. Da das Geschäft ohne entsprechende Räumlichkeiten nicht betrieben werden kann, ist es unerheblich, wenn das Betreiben des Handelsgeschäfts allgemein nur geringe Anforderungen an die Räumlichkeiten stellt .
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2. NV: Ein Wettbewerbsverbot steht einer Betriebsverpachtung im Ganzen nicht unbedingt entgegen, da eine identitätswahrende Fortführung nicht zwingend die Wiedereröffnung des Einzel- bzw. Großhandelsbetriebs mit dem gleichen Sortiment erfordert .
Tatbestand
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I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) wurden im Streitjahr 1994 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Ursprünglich hatte der Kläger einen Getränkegroßhandel in Form eines Einzelunternehmens betrieben. Zum Betriebsvermögen gehörten mehrere Grundstücke, die teils eigenbetrieblich genutzt, teils zu fremdbetrieblichen und zu fremden Wohnzwecken überlassen wurden. Zum leichteren Be- und Entladen der Getränkelieferwagen war an dem für den Getränkegroßhandel genutzten Gebäude eine Rampe errichtet worden. Mit Ausnahme der in seinem Alleineigentum stehenden Grundstücke brachte der Kläger sämtliche Wirtschaftsgüter seines Einzelunternehmens (bewegliches Anlagevermögen und Umlaufvermögen) zum 1. Juli 1979 in die X Getränke-GmbH (GmbH) ein. Das Grundstück A-Straße 5a diente noch im Streitjahr zum Teil dem Geschäftsbetrieb der GmbH und wurde insoweit an diese von dem Kläger verpachtet. Gesellschafter der GmbH waren der Kläger zu 49 %, die Klägerin zu 26 % und der Bruder des Klägers zu 25 %.
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Die Kläger sowie der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) gingen auch im Anschluss an den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 12. März 1985 1 BvR 571/81, 1 BvR 494/82, 1 BvR 47/83 (BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475) sowie die Folgeentscheidungen des Bundesfinanzhofes --BFH-- (Urteile vom 27. November 1985 I R 115/85, BFHE 145, 221, BStBl II 1986, 362; vom 18. Februar 1986 VIII R 125/85, BFHE 146, 266, BStBl II 1986, 611; vom 24. Juli 1986 IV R 98-99/85, BFHE 147, 256, BStBl II 1986, 913) vom Bestehen einer Betriebsaufspaltung zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers als Besitzunternehmen und der GmbH als Betriebsgesellschaft aus.
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Zum 31. Dezember 1994 erklärte der Kläger für die nicht von der GmbH betrieblich genutzten Grundstücke bzw. Grundstücksteile einen --seiner Ansicht nach wegen einer Teilbetriebsaufgabe tarifbegünstigten-- Entnahmegewinn. Das FA führte die Einkommensteuerveranlagung zunächst erklärungsgemäß durch, ging aufgrund einer Außenprüfung aber später vom Vorliegen eines nicht begünstigten laufenden Gewinns in Höhe von unstreitig … DM aus und erließ einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid.
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Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage begründeten die Kläger nunmehr damit, die Besteuerung des Entnahmegewinns beruhe auf der rechtsirrtümlichen Annahme, dass es sich bei den "entnommenen" Grundstücken um Betriebsvermögen des Klägers gehandelt habe. Tatsächlich hätten sich die zu fremdbetrieblichen und zu fremden Wohnzwecken überlassenen Grundstücke im Streitjahr längst in seinem Privatvermögen befunden. Eine Betriebsaufspaltung habe mangels personeller Verflechtung zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Die Grundstücke seien im Streitjahr auch nicht aus anderen Gründen Betriebsvermögen.
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Das Finanzgericht (FG) gab der allein auf Aufhebung des Änderungsbescheids, aber nicht auf weitere Herabsetzung der Einkommensteuer gerichteten Klage statt. Eine Betriebsaufspaltung habe mangels personeller Verflechtung nicht bestanden. Es liege auch kein ruhender Gewerbebetrieb vor, aus dem die Grundstücke hätten entnommen werden können. Insbesondere sei keine Betriebsverpachtung im Ganzen gegeben, weil einerseits das Grundvermögen nicht die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage dargestellt habe und andererseits der Kläger sämtliche Wirtschaftsgüter bis auf die Betriebsgrundstücke nicht an den Pächter (die GmbH) veräußert, sondern in die GmbH eingebracht habe. Diese Wirtschaftsgüter seien nicht jederzeit leicht und kurzfristig wiederzubeschaffen, da hierzu ein Beschluss der Gesellschafterversammlung notwendig sei, den der Kläger mit seiner Beteiligungsquote von 49 % nicht ohne weiteres habe herbeiführen können.
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Zur Begründung seiner Revision bringt das FA vor, die Verneinung einer Betriebsverpachtung im Ganzen durch das FG stehe im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung.
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Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie sind der Auffassung, das FG habe das Vorliegen eines ruhenden Gewerbebetriebs im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung zutreffend verneint.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Streitsache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Entgegen der Auffassung des FG gehörten die streitigen Grundstücke auch im Streitjahr 1994 noch zum Betriebsvermögen des Klägers, weil dieser seinen Betrieb ab Juli 1979 im Ganzen verpachtet hatte.
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1. Zutreffend gehen nunmehr die Beteiligten übereinstimmend davon aus, dass die Verpachtung des dem Getränkehandel dienenden Grundbesitzes an die GmbH ab Juli 1979 mangels personeller Verflechtung nicht zum Vorliegen einer Betriebsaufspaltung geführt hat. Besondere Umstände, die es rechtfertigen könnten, die Anteile der Klägerin an der GmbH dem Kläger zuzurechnen, sind nicht erkennbar (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss in BVerfGE 69, 188, BStBl II 1985, 475; BFH-Urteile in BFHE 145, 221, BStBl II 1986, 362; in BFHE 146, 266, BStBl II 1986, 611, und in BFHE 147, 256, BStBl II 1986, 913).
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2. Entgegen der Auffassung des FG lagen jedoch die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen vor.
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a) Stellt ein Unternehmer seine werbende gewerbliche Tätigkeit ein, so liegt darin nicht notwendigerweise eine Betriebsaufgabe. Die Einstellung kann auch nur als Betriebsunterbrechung zu beurteilen sein, die den Fortbestand des Betriebs unberührt lässt. Die Betriebsunterbrechung kann darin bestehen, dass der Betriebsinhaber die wesentlichen Betriebsgrundlagen --in der Regel einheitlich an einen anderen Unternehmer-- verpachtet oder darin, dass er die gewerbliche Tätigkeit ruhen lässt. Wird keine Aufgabeerklärung abgegeben, so geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Absicht besteht, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter dies ermöglichen (BFH-Urteil vom 28. August 2003 IV R 20/02, BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, unter II.1.a).
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aa) Für die Annahme einer gewerblichen Betriebsverpachtung ist es nicht erforderlich, dass der Betrieb im Ganzen als geschlossener Organismus verpachtet wird. Es reicht vielmehr aus, wenn die wesentlichen, dem Betrieb das Gepräge gebenden Betriebsgegenstände verpachtet werden (ständige Rechtsprechung; vgl. Senatsurteile vom 11. Oktober 2007 X R 39/04, BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220, unter II.3.a, und vom 18. August 2009 X R 20/06, BFHE 226, 224, BStBl II 2010, 222, unter II.2.c, jeweils m.w.N.). Dem Verpächter muss objektiv die Möglichkeit verbleiben, den "vorübergehend" eingestellten Betrieb als solchen wieder aufzunehmen und fortzuführen (BFH-Urteil in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, unter II.1.d).
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bb) Welche Betriebsgegenstände in diesem Sinne als wesentliche Betriebsgrundlagen in Betracht kommen, bestimmt sich nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der spezifischen Verhältnisse des betreffenden Betriebs. Maßgebend ist dabei auf die sachlichen Erfordernisse des Betriebs abzustellen (sog. funktionale Betrachtungsweise), und zwar auf die Verhältnisse des verpachtenden, nicht hingegen des pachtenden Unternehmens (Senatsurteil in BFHE 219, 144, BStBl II 2008, 220, unter II.3.b, m.w.N.).
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cc) Wird lediglich das Betriebsgrundstück, ggf. in Verbindung mit Betriebsvorrichtungen, verpachtet, so liegt nur dann eine Betriebsverpachtung vor, wenn das Grundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage darstellt (BFH-Urteil in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Die ältere Rechtsprechung hat dies als Ausnahme angesehen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 17. April 1997 VIII R 2/95, BFHE 183, 385, BStBl II 1998, 388). Demgegenüber geht die neuere Rechtsprechung davon aus, dass u.a. bei Groß- und Einzelhandelsunternehmen die gewerblich genutzten Räume, die dem Handelsgeschäft das Gepräge geben, regelmäßig den wesentlichen Betriebsgegenstand bilden (vgl. BFH-Urteile vom 11. Februar 1999 III R 112/96, BFH/NV 1999, 1198; in BFHE 203, 143, BStBl II 2004, 10; in BFHE 226, 224, BStBl II 2010, 222, unter II.2.f, m.w.N.).
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b) Ausgehend von diesen Grundsätzen lagen auch im Streitfall zum 1. Juli 1979 die Voraussetzungen einer Betriebsverpachtung im Ganzen vor.
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aa) Unstreitig hat der Kläger ab Juli 1979 der GmbH den für den von ihr betriebenen Getränkehandel erforderlichen Grundbesitz verpachtet. Nach den vorstehenden Ausführungen stellt dieser regelmäßig die wesentliche Betriebsgrundlage dar. Auch für ein als Großhandel betriebenes Unternehmen ist die Lage der Geschäftsräume und der durch diese Lage bestimmte Kundenkreis im Verhältnis zu Wirtschaftsgütern wie Inventar und Warenbestand von entscheidender Bedeutung (so BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 1198). Gründe, im Streitfall hiervon abzuweichen, sind nicht ersichtlich.
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(1) Nach den nicht angegriffenen und den Senat deshalb bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) war das Lagergebäude mit einer Rampe versehen, um das leichtere Be- und Entladen der Getränkelieferwagen zu ermöglichen. Damit war das Grundstück spezifisch auf die Bedürfnisse des Getränkehandels zugeschnitten. Unerheblich ist, dass das Betreiben eines Getränkegroßhandels allgemein nur geringe Anforderungen an die Räumlichkeiten stellt. Benötigt werden neben einem Büro im Wesentlichen Lagerräume. Gehört zu dem Großhandel noch ein Abholmarkt --wie es nach den Ausführungen der Kläger auch vorliegend der Fall war-- ist zusätzlich ein Verkaufsraum für die Laufkundschaft erforderlich. Bereits der Umstand, dass das Geschäft ohne diese Räumlichkeiten nicht betrieben werden kann, macht das genutzte Grundstück zur wesentlichen Betriebsgrundlage (vgl. für einen Getränkeeinzelhandel BFH-Urteil vom 12. Februar 1992 XI R 18/90, BFHE 167, 499, BStBl II 1992, 723).
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Hieran ändert auch der Einwand der Kläger nichts, das Grundstück habe sich in einem gemischten Wohn- und Gewerbegebiet befunden, so dass die Lage eher nachteilig gewesen sei. In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass der Getränkehandel zumindest während der 20 Jahre vor dem Streitjahr tatsächlich an dem angegebenen Standort --zunächst vom Kläger und später von der GmbH-- betrieben worden ist.
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(2) Das in die GmbH eingebrachte bewegliche Anlagevermögen sowie das Umlaufvermögen waren demgegenüber im Gegensatz zu dem zurückbehaltenen Grundbesitz jederzeit kurzfristig wiederbeschaffbar und damit von untergeordneter Bedeutung. Entgegen der Auffassung des FG bedeutet das Erfordernis der Wiederbeschaffbarkeit nicht, dass der Verpächter im Falle der Veräußerung --oder wie im Streitfall der Einbringung-- von nicht wesentlichen Betriebsgrundlagen die identischen Gegenstände zurückerlangen muss, um den während der Verpachtung in eigener Regie "ruhenden" Betrieb später "in gleichartiger oder ähnlicher Weise" wieder aufnehmen zu können. Ein solches Erfordernis wäre bei Umlaufvermögen offenkundig nicht möglich, aber auch bei abnutzbarem, dem Verschleiß und technischem Fortschritt unterliegenden Anlagevermögen regelmäßig nicht erfüllbar.
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(3) Der Rechtsprechung, wonach im Fall eines Groß- und Einzelhandels eine Betriebsverpachtung im Ganzen bereits dann vorliegen kann, wenn nur das Betriebsgrundstück überlassen wird, steht auch nicht ein --nach Ansicht der Kläger-- im Hinblick auf europarechtliche Bestimmungen verändertes Verständnis einer wesentlichen Betriebsgrundlage entgegen. Wie schon der Titel der von den Klägern insoweit herangezogenen "Richtlinie 90/434 EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, Einbringung von Unternehmensteilen und Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten betreffen" (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 225/1) zeigt, sind von dieser Regelung (Art. 2 Buchst. i der Fusionsrichtlinie --FRL--) nur zwischenstaatliche Vorgänge erfasst, die in Deutschland nach dem Umwandlungssteuergesetz zu beurteilen sind (Senatsurteil vom 16. November 2005 X R 17/03, BFH/NV 2006, 532, unter II.5.). Sie ist deshalb für § 16 des Einkommensteuergesetzes regelmäßig ohne Bedeutung (Schmidt/Wacker, EStG, 32. Aufl., § 16 Rz 141). Darüber hinaus hat der BFH festgestellt, dass eine Teilbetriebsübertragung nach der FRL ebenfalls grundsätzlich die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen --also nicht die Übertragung aller Betriebsgrundlagen-- voraussetzt, der FRL mithin kein abweichendes Begriffsverständnis zugrunde liegt (vgl. BFH-Urteil vom 7. April 2010 I R 96/08, BFHE 229, 179, BStBl II 2011, 467, unter II.4.c dd).
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(4) Mit dem Zurückbehalt des für den Betrieb eines Getränkehandels erforderlichen Grundbesitzes verfügte der Kläger nach alledem über die wesentliche Grundlage, um den durch die Verpachtung vorübergehend in anderer Form fortgeführten Betrieb (vgl. BFH-Urteile vom 13. November 1963 GrS 1/63 S, BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124; vom 19. März 2009 IV R 45/06, BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902, unter II.1.e bb) nach einer Beendigung des Pachtverhältnisses wieder aufzunehmen.
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bb) Unerheblich ist die von den Klägern geltend gemachte fehlende Wiederaufnahmeabsicht. Nach ständiger Rechtsprechung ist im Anschluss an die Entscheidung des Großen Senats in BFHE 78, 315, BStBl III 1964, 124 aus Beweisgründen davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige bei Einstellung der werbenden Tätigkeit und Verpachtung des Betriebs die Fortführung des Betriebs in anderer Form wählt, um eine Aufdeckung der stillen Reserven zu vermeiden, sofern er nicht unmissverständlich und eindeutig die Aufgabe des Betriebs erklärt (BFH-Urteil in BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902, unter II.1.f aa). Auf innere Vorbehalte, Motive oder Absichten kommt es nicht an (vgl. BFH-Urteil in BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902, unter II.1.f bb; Dötsch, Finanz-Rundschau --FR-- 2007, 589, 594; Kulosa in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 16 EStG Rz 655, 667; Wendt, FR 2006, 828).
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cc) In diesem Zusammenhang können sich die Kläger auch nicht auf ein etwaiges Wettbewerbsverbot zugunsten der GmbH berufen. Das FG hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Selbst wenn dieses mit dem geltend gemachten Inhalt bestanden haben sollte, würde dies nichts an der Betriebsverpachtung ändern. Eine identitätswahrende Fortführung des Unternehmens erfordert nicht zwingend die Wiedereröffnung eines Einzel- bzw. Großhandelbetriebs mit Getränken. Vielmehr reicht es aus, dass die Möglichkeit zur Aufnahme eines Betriebs in gleichartiger oder ähnlicher Weise besteht (Senatsurteil vom 15. März 2005 X R 2/02, BFH/NV 2005, 1292, betreffend den Übergang eines Händlervertrags bei einer Kfz-Werkstätte; BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 XI R 26/00, BFH/NV 2001, 1106, betreffend den Wechsel von einem als gutbürgerlich bezeichneten Gasthaus zu einer Nachtbar mit bordellartigem Charakter). Dementsprechend stünde im Streitfall ein mit der Wettbewerbsklausel nicht in Kollision geratender Sortimentswechsel einer identitätswahrenden Fortführung des Handelsunternehmens nicht entgegen.
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil vom 26. Februar 1997 X R 31/95 (BFHE 183, 65, BStBl II 1997, 561). In dem diesem Urteil zugrundeliegenden Sachverhalt einer Betriebsunterbrechung im engeren Sinn war letztlich entscheidend, dass dort --anders als im Streitfall-- keine wesentlichen Betriebsgrundlagen vorhanden waren, mit denen der Steuerpflichtige seinen Betrieb nach Auslaufen des Wettbewerbsverbots hätte fortführen können.
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dd) Im Falle der Betriebsverpachtung (Betriebsunterbrechung im weiteren Sinn) ist grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung so lange von einer Fortführung des Betriebs auszugehen, wie eine Betriebsaufgabe nicht erklärt worden ist und die Möglichkeit besteht, den Betrieb fortzuführen (BFH-Urteil in BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902 zu einer Mietdauer von 43 Jahren).
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Eine Aufgabe des Betriebs hat der Kläger unstreitig nicht erklärt. Ob er aufgrund der mit dem FA ursprünglich geteilten Auffassung, die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung seien gegeben, bei Verpachtungsbeginn davon ausging, kein Wahlrecht zu haben, ist unerheblich. Der Irrtum des Klägers über die rechtlichen Folgen der Umstrukturierung seines Einzelunternehmens kann nicht dazu führen, dass bei Erkennen des Irrtums zu seinen Gunsten rückwirkend eine Aufgabeerklärung fingiert wird.
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3. Dem Senat ist es nicht möglich zu beurteilen, ob die Besteuerung des Entnahmegewinns im Änderungsbescheid zutreffend ist.
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Das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- die ursprünglich streitige Frage, ob die zu fremdbetrieblichen sowie fremden Wohnzwecken überlassenen Grundstücke einen Teilbetrieb darstellten, nicht mehr geprüft. Entsprechend hat es hierzu keinerlei Feststellungen getroffen.
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Da die Kläger im Einspruchsverfahren --allerdings ohne eine nähere Darstellung-- u.a. geltend gemacht hatten, die Verwaltung der überwiegend an Studenten vermieteten Grundstücke A-Straße 5 und 7 habe einen über das übliche Maß hinausgehenden Aufwand erfordert und zudem seien über eine reine Vermietungstätigkeit hinausgehende Leistungen erbracht worden, ist grundsätzlich auch denkbar, dass zumindest diese Grundstücke gar nicht entnommen werden konnten, weil die Grenze zur Vermögensverwaltung überschritten und die Vermietung bereits dem Grunde nach gewerblich war.
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