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BFH 04.05.2012 - VIII B 174/11
BFH 04.05.2012 - VIII B 174/11 - NZB, grundsätzliche Bedeutung, inkongruente Gewinnausschüttung, Rechtsmissbrauch
Normen
§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 42 AO
Vorinstanz
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 27. September 2011, Az: 3 K 28/10, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Die Frage, "ob eine inkongruente Gewinnausschüttung, die der Nutzung von Verlustvorträgen dient, in einer Familiengesellschaft, deren Gesellschafter nahe Angehörige sind, rechtsmissbräuchlich ist, wenn die Gewinne nach der Ausschüttung dem Mehrheitsgesellschafter überlassen werden", hat keine grundsätzliche Bedeutung.
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2. NV: Es ist höchstrichterlich geklärt, dass eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zu Stande gekommene inkongruente Gewinnausschüttung grundsätzlich steuerlich anzuerkennen ist und zwar auch für den Fall einer anschließenden inkongruenten Wiedereinlage, sofern damit das Verlustausgleichspotenzial eines Gesellschafters ausgenutzt werden soll.
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3. NV: Die Frage, was eine den Gestaltungsmissbrauch kennzeichnende unangemessene rechtliche Gestaltung ist, entzieht sich einer allgemeinen Definition und lässt sich nur im Einzelfall feststellen.
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4. NV: Ob eine Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen einen Missbrauch i.S. des § 42 AO beinhaltet, oder ob es für die Vereinbarung nachvollziehbare wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe gibt, ist letztlich nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.
Gründe
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Die Beschwerde ist unbegründet. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) aus Gründen der Rechtsfortbildung erforderlich.
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1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F., vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; BFH-Beschluss vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln.
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Nach diesen Maßstäben hat die von den Klägern aufgeworfene Frage, "ob eine inkongruente Gewinnausschüttung, die der Nutzung von Verlustvorträgen dient, in einer Familiengesellschaft, deren Gesellschafter nahe Angehörige sind, rechtsmissbräuchlich ist, wenn die Gewinne nach der Ausschüttung dem Mehrheitsgesellschafter überlassen werden", keine grundsätzliche Bedeutung. Das Finanzgericht (FG) hat seiner Entscheidung die ständige Rechtsprechung des BFH zugrunde gelegt, wonach eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente Gewinnausschüttung grundsätzlich steuerlich anzuerkennen ist und zwar auch für den Fall einer anschließenden inkongruenten Wiedereinlage, sofern damit das Verlustausgleichspotenzial eines Gesellschafters ausgenutzt werden soll (vgl. Entscheidungen vom 19. August 1999 I R 77/96, BFHE 189, 342, BStBl II 2001, 43; vom 28. Juni 2006 I R 97/05, BFHE 214, 276, BFH/NV 2006, 2207, und vom 27. Mai 2010 VIII B 146/08, BFH/NV 2010, 1865). Die Vorinstanz hat ferner das Senatsurteil vom 29. September 1981 VIII R 8/77 (BFHE 135, 31, BStBl II 1982, 248) zugrunde gelegt, nach dem ein Rechtsmissbrauch darin liegen kann, dass die Gewinnverteilung in einer Kapitalgesellschaft, an der nahe Angehörige beteiligt sind, entgegen der gesetzlichen Regel in einem deutlichen Missverhältnis zur Höhe der Geschäftsanteile steht.
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Im Streitfall hat das FG keinen einer Verallgemeinerung zugänglichen Rechtssatz aufgestellt, dass in Fällen der vorliegenden Art stets ein Gestaltungsmissbrauch anzunehmen sei. Vielmehr hat es unter Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalls einen Rechtsmissbrauch i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO) bejaht. Es hat seine Würdigung insbesondere darauf gestützt, dass der Kläger zu 2., der im Vorjahr von seinem Sohn eine Beteiligung von 5 % an der GmbH erworben hatte, seinen Anspruch auf Ausschüttung von 95 % des Gewinns kurz nach dessen Entstehung an seinen (zu 95 % an der GmbH beteiligten) Sohn abgetreten hat, der den Betrag sodann der GmbH als unbefristetes Darlehen zur Verfügung gestellt hat, sodass der Erfolg der Ausschüttung nicht beim Kläger zu 2. angekommen war. Die Gestaltung sei nur durch die familiäre Nähe zu erklären. Sie habe ausschließlich darauf abgezielt, durch Ausnutzung des Verlustvortrags des Klägers zu 2. die Gewinnausschüttung dessen Sohn steuerfrei zukommen zu lassen.
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Über den Einzelfall der Kläger hinausgehende Gesichtspunkte sind daraus nicht abzuleiten. Das gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil sich die Frage, was eine den Gestaltungsmissbrauch kennzeichnende unangemessene rechtliche Gestaltung ist, einer allgemeinen Definition entzieht, sondern sich nur im Einzelfall feststellen lässt (vgl. Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, Vor § 42 AO Rz 15, m.w.N.). Im hier zu entscheidenden Streitfall kommt hinzu, dass der unbestimmte Rechtsbegriff "Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten" hinsichtlich von Vorgängen zwischen nahen Angehörigen zu prüfen ist. Wegen des zwischen Angehörigen typischerweise oftmals fehlenden natürlichen Interessengegensatzes ist die Gefahr des Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Personenkreis besonders hoch (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. November 1995 2 BvR 802/90, BStBl II 1996, 34). Ob eine Vereinbarung zwischen nahen Angehörigen einen Missbrauch i.S. des § 42 AO beinhaltet, oder ob es für die Vereinbarung nachvollziehbare wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe gibt, ist letztlich nur aufgrund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Hier hat das FG eine umfassende Gesamtwürdigung vorgenommen und einen Missbrauch i.S. des § 42 AO bejaht. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, weshalb --über die Problematik des Streitfalls hinaus-- hinsichtlich der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfrage weiterer Klärungsbedarf besteht.
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2. Nach alledem ist auch aus Gründen der Rechtsfortbildung eine Entscheidung des BFH zu der von den Klägern aufgeworfenen Rechtsfrage nicht erforderlich.
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