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BFH 12.01.2012 - IV R 3/11
BFH 12.01.2012 - IV R 3/11 - Rechtskraftdurchbrechung aufgrund widerstreitender rechtskräftiger Urteile
Normen
§ 174 Abs 4 AO, § 110 FGO
Vorinstanz
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 23. Juni 2009, Az: 3 K 2633/07, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Zwei rechtskräftige Urteile, die zu demselben Sachverhalt, aber zu verschiedenen Veranlagungszeiträumen ergangen sind, erzeugen unabhängig voneinander jeweils Bindungswirkung dahin, wie der Sachverhalt in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum steuerlich zu behandeln ist. Dies schließt eine Kollision im Umfang der Bindungswirkung beider Urteile (§ 110 Abs. 1 FGO) aus.
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2. NV: Ein Widerspruch zwischen der rechtlichen Begründung oder den rechtlichen Schlussfolgerungen zweier rechtskräftiger Urteile, die zu demselben Sachverhalt, aber zu verschiedenen Veranlagungszeiträumen ergangen sind, legimitiert nicht die Durchbrechung der Rechtskraft eines der beiden Urteile zugunsten der Änderungsvorschriften der AO.
Tatbestand
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I. Es ist streitig, ob der Gewinnfeststellungsbescheid für das Streitjahr 1984 gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 der Abgabenordnung (AO) geändert werden durfte.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 1. (Klägerin zu 1.) ist eine KG. Die Klägerin und Revisionsklägerin zu 2. (Klägerin zu 2.) ist die Witwe des verstorbenen Kommanditisten X. Dieser hatte von der Klägerin zu 1. für die von ihm entwickelten Erzeugnisse jährlich umsatzabhängige "Lizenzgebühren" bezogen. Sämtliche Forderungen des X sind in Erfüllung eines Vermächtnisses auf die Klägerin zu 2. übergegangen. Nachdem zwischen den Klägerinnen Streit darüber entstanden war, ob die Klägerin zu 1. die "Lizenzgebühren" nach dem Tod des X an die Klägerin zu 2. weiterzahlen müsse, einigten sie sich im Jahr 1985 vor dem Oberlandesgericht vergleichsweise auf eine Einmalzahlung in Höhe von 2.000.000 DM. Die Klägerin zu 1. hatte wegen des Prozessrisikos ab dem Jahr 1982 eine Rückstellung gebildet, die sie im Jahr 1984 von 465.000 DM um 1.535.000 DM auf 2.000.000 DM erhöhte.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete der Klägerin zu 2. im Gewinnfeststellungsbescheid für 1984 die Erhöhung der Rückstellung in Höhe von 1.535.000 DM als Sonderbetriebseinnahmen zu. Die Klägerin zu 1. erhob daraufhin Klage gegen die Gewinnfeststellungsbescheide für 1983 bis 1985. Das Finanzgericht (FG), das die Klägerin zu 2. zum Verfahren beigeladen hatte, gab mit Urteil vom 28. August 1998 der Klage hinsichtlich des Bescheids für 1984 überwiegend statt. Es entschied, dass der Gewinn aus Gewerbebetrieb und dessen Verteilung auf die Gesellschafter für das Jahr 1984 so festgestellt werden müssten, dass die Abfindungszahlung an die Klägerin zu 2. nur in Höhe von 165.000 DM als Sondervergütung behandelt werde. Im Übrigen führte das FG aus, dass die Vergleichszahlung nicht im Jahr des Zuflusses, sondern in den Jahren, auf die sie entfalle, als Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. zu versteuern sei, wobei auf die Jahre 1981 und 1982 jeweils ein Betrag von 150.000 DM sowie auf die Jahre 1983 und 1984 jeweils ein Betrag von 165.000 DM entfalle. Der Restbetrag in Höhe von 1.370.000 DM entfalle auf die Ansprüche für das Jahr 1985 sowie auf die zukünftigen Ansprüche. Auf die Höhe der Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. für das Jahr 1985 ging das FG in seinem Urteil wegen des Verbots einer verbösernden Entscheidung nicht näher ein. Das Urteil wurde rechtskräftig.
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Am 4. Januar 1999 erließ das FA einen nach § 174 Abs. 3 und Abs. 4 AO geänderten Feststellungsbescheid für 1985, in dem es die Restsumme der Vergleichszahlung in Höhe von 1.370.000 DM als Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. berücksichtigte. Dagegen erhoben die Klägerinnen nach erfolglosem Vorverfahren Klage, die das FG zunächst mit Urteil vom 15. Oktober 2003 als unbegründet abwies. Aufgrund der daraufhin eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerinnen hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil des FG auf und verwies die Sache an das FG zurück (BFH-Beschluss vom 24. August 2005 VIII B 36/04, BFH/NV 2006, 86). Das FG habe es zu Unrecht unter Hinweis auf die Rechtskraft der ersten Entscheidung abgelehnt, sich mit den materiellen Einwendungen der Klägerinnen gegen die Richtigkeit des geänderten Feststellungsbescheids für 1985 zu befassen. In seinem Urteil vom 28. August 1998 habe das FG nicht darüber entschieden, ob und in welcher Höhe ein Teilbetrag auf das Jahr 1985 entfalle. Das FA sei mangels entgegenstehender Rechtskraft daher befugt gewesen, in einem Folgebescheid gemäß § 174 Abs. 4 AO erneut darüber zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Teilbetrag der Vergleichssumme im Jahr 1985 zu berücksichtigen sei. Hierbei könnten allerdings nur die materiell richtigen Folgerungen gezogen werden.
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Im zweiten Rechtsgang gab das FG durch Urteil vom 29. November 2006 der Klage statt und hob den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1985 auf. Die gewinnwirksame Erfassung des streitigen Betrags in Höhe von 1.370.000 DM als Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. im Jahr 1985 sei nicht die materiell richtige steuerliche Folgerung i.S. des § 174 Abs. 4 AO, da die Klägerin zu 1. diesen Betrag bereits in ihrer Handelsbilanz zum 31. Dezember 1984 gewinnmindernd der Rückstellung für Prozessrisiken zugeführt habe und nach dem Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung dieser Betrag im gleichen Jahr durch einen gleich hohen Aktivposten in der Sonderbilanz der Klägerin zu 2. ausgeglichen werden müsse. Das Urteil wurde rechtskräftig.
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Am 15. August 2007 erließ das FA einen auf § 174 Abs. 4 AO gestützten Änderungsbescheid über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für 1984, worin der Betrag von 1.370.000 DM als Sondervergütung gewinnerhöhend berücksichtigt war. In der Bescheidbegründung verwies das FA auf ein zuvor ergangenes Schreiben, worin der Klägerin zu 1. mitgeteilt worden war, dass von der Vergleichszahlung bislang ein Teilbetrag in Höhe von 1.370.000 DM unversteuert geblieben sei und die Voraussetzungen für eine Änderung des Feststellungsbescheids für 1984 nach § 174 Abs. 4 AO gegeben seien. Die Rechtskraft des FG-Urteils vom 28. August 1998 stehe dem nicht entgegen, da nach der Rechtsprechung des BFH der in § 110 der Finanzgerichtsordnung (FGO) normierte Vorrang der Rechtskraft dann nicht bestehe, wenn sich zwei rechtskräftige Urteile in unvereinbarer Weise gegenüberstünden.
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Den Einspruch der Klägerin zu 1. hiergegen wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2007 als unbegründet zurück, worauf die Klägerinnen gemeinsam Klage erhoben, die das FG mit Urteil vom 23. Juni 2009 unter Hinweis auf das BFH-Urteil des vom 18. März 2004 V R 23/02 (BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763) abwies. Es liege im Streitfall ein vergleichbarer Sachverhalt vor, in dem eine Rechtskraftdurchbrechung wegen zweier sich in unvereinbarer Weise gegenüberstehender rechtskräftiger Urteile zugelassen worden war. Nach dem FG-Urteil vom 28. August 1998 sei der streitige Betrag in Höhe von 1.370.000 DM nicht im Jahr 1984 zu erfassen, während nach dem FG-Urteil vom 29. November 2006 der streitige Betrag in Höhe von 1.370.000 DM im Jahr 1984 zu erfassen sei. Damit stünden sich zwei rechtskräftige Urteile in unvereinbarer Weise gegenüber. Das FA könne diesen Widerstreit durch eine Änderung des Feststellungsbescheids für das Jahr 1984 nach § 174 Abs. 4 AO und die zutreffende Erfassung des verbleibenden Betrags im Jahr 1984 beseitigen.
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Mit der Revision rügen die Klägerinnen die Verletzung materiellen Rechts. Das FG-Urteil stehe im Widerspruch zur Rechtskraft des ersten FG-Urteils über die Gewinnfeststellung für 1984. Es bestehe keine Rechtsgrundlage für eine Rechtskraftdurchbrechung bei zwei sich in unvereinbarer Weise gegenüberstehenden Urteilen. Die gegenläufige BFH-Rechtsprechung bedeute, dass dem Bürger günstige, aber falsche Urteile faktisch überhaupt nicht in Rechtskraft erwüchsen und die Finanzverwaltung nicht mehr gehalten sei, gegen falsche Urteile Rechtsmittel einzulegen. Denn sie könne durch die Einleitung eines neuen Besteuerungsverfahrens, das mit einem richtigen Urteil abschließe, erreichen, dass sich zwei voneinander abweichende Urteile gegenüberstünden, um die Rechtskraft des ersten Urteils zugunsten der nachträglichen Änderung eines Steuerbescheids gemäß § 174 Abs. 4 AO zu durchbrechen. Dies widerspreche dem verfassungsrechtlich verankerten Institut der Rechtskraft.
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Die Klägerinnen beantragen, das FG-Urteil und den Änderungsbescheid vom 15. August 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2007 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Die Änderungsvorschriften der AO seien ungeachtet der Rechtskraft einer früheren gerichtlichen Entscheidung anwendbar, wenn die frühere Entscheidung zwar denselben Streitgegenstand betreffe, aber über ihn keine sachliche Entscheidung vorliege. Im Streitfall bestehe zwischen dem Erst- und dem Zweiturteil ein Widerspruch, da der Gewinnanteil von 1.370.000 DM weder in 1984 noch in 1985 erfasst gewesen sei.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des Änderungsbescheids zur Gewinnfeststellung 1984 vom 15. August 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2007 (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).
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Das FG hat in seinem Urteil rechtsfehlerhaft entschieden, dass das FA den Gewinnfeststellungsbescheid für 1984 gemäß § 174 Abs. 4 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 AO durch Bescheid vom 15. August 2007 nochmals ändern durfte. Dem stand die Bindungswirkung des rechtskräftigen Urteils vom 28. August 1998 gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO entgegen.
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1. Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der durch das Gericht zugunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgen gezogen werden (§ 174 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 AO). Dies ist jedoch gemäß § 110 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 FGO ausgeschlossen, soweit zu dem steuerlichen Sachverhalt, dessen steuerliche Folgen durch den Änderungsbescheid gezogen werden sollen, bereits ein rechtskräftiges Urteil mit Bindungswirkung für die Beteiligten besteht.
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a) Gemäß § 110 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 FGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Nach der Regelung des § 110 Abs. 2 FGO bleiben die Vorschriften der AO über die Änderung von Verwaltungsakten unberührt, soweit sich aus § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO nichts anderes ergibt. § 110 Abs. 2 FGO ist nach der Rechtsprechung des BFH im Sinne eines Vorrangs der Rechtskraft gegenüber den Änderungsvorschriften der AO auszulegen. Dem Erlass eines späteren Steuerbescheids steht die Rechtskraftwirkung eines früheren Urteils entgegen, wenn dieses denselben Streitgegenstand betrifft. Für den Umfang der Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils ist der Begriff Streitgegenstand in § 110 Abs. 1 Satz 1 FGO im Sinne von "Entscheidungsgegenstand" zu verstehen. Dies ist die Teilmenge aller mit dem angefochtenen Verwaltungsakt erfassten Besteuerungsgrundlagen, zu denen das Gericht selbstentscheidend Feststellungen getroffen hat. Es kommt auf den vom Gericht in seiner Entscheidung tatsächlich zugrunde gelegten Sachverhalt und die hierzu angestellten rechtlichen Erwägungen an. Der sachliche Umfang der Bindungswirkung eines rechtskräftigen Urteils ergibt sich in erster Linie aus der Urteilsformel. Zu deren Auslegung sind erforderlichenfalls Tatbestand und Entscheidungsgründe heranzuziehen, ohne dass die Begründung eines Urteils als solche bzw. die Urteilselemente rechtskraftfähig wären (BFH-Urteile vom 7. Februar 1990 I R 145/87, BFHE 161, 387, BStBl II 1990, 1032, unter II.1.a der Gründe; vom 26. November 1998 IV R 66/97, BFH/NV 1999, 788, unter II.1.b der Gründe, und vom 19. Dezember 2006 VI R 63/02, BFH/NV 2007, 924, unter II.2.a der Gründe).
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b) Im Streitfall stand der Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids für 1984 gemäß § 174 Abs. 4 AO die Rechtskraft des FG-Urteils vom 28. August 1998 entgegen. In diesem Urteil war für die Beteiligten bindend entschieden worden, dass im Jahr 1984 von der Vergleichszahlung lediglich 165.000 DM als Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. zu versteuern sind.
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aa) Entscheidungsgegenstand des FG-Urteils vom 28. August 1998 war, in welcher Höhe bei der Klägerin zu 2. wegen der Vergleichszahlung von der Klägerin zu 1. Sonderbetriebseinnahmen im Jahr 1984 zu berücksichtigen sind. Hierzu hat das FG rechtskräftig entschieden, dass die Klägerin zu 2. im Jahr 1984 lediglich Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 165.000 DM erzielt hat. Dies ergibt sich bereits aus dem Tenor des FG-Urteils, wonach der Gewinnfeststellungsbescheid für 1984 so zu ändern ist, dass die Abfindungszahlung in Höhe eines Betrags von 165.000 DM als Sondervergütung behandelt wird. Auch den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass das FG allein über die steuerliche Behandlung der Vergleichszahlung im Jahr 1984 geurteilt hat. An einer Entscheidung für das Jahr 1985 sah sich das FG durch das Verböserungsverbot gehindert. Die Erwägungen in den Entscheidungsgründen, wie die Vergleichssumme auf die Jahre 1981 bis 1985 zu verteilen ist, sind nicht der Rechtskraft fähig und nehmen nicht an der Bindungswirkung des Urteils teil (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 86, unter II.2.a der Gründe).
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bb) Für die Bindungswirkung des FG-Urteils vom 28. August 1998 ist seine materielle Fehlerhaftigkeit unerheblich.
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Richtigerweise hätte im Jahr 1984 in der Sonderbilanz der Klägerin zu 2. ein Aktivposten in Höhe von 1.535.000 DM gewinnerhöhend berücksichtigt werden müssen. Die Klägerin zu 1. hatte bereits im Jahr 1984 in ihrer Handelsbilanz wegen der Vergleichsverhandlung ihre Rückstellung gewinnmindernd um 1.535.000 DM erhöht. Die Vergleichszahlung hat auch tatsächlich zu einer Sondervergütung der Klägerin zu 2. geführt. Nach dem Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung wird bei Sondervergütungen der Personengesellschaft an einen ihrer Gesellschafter der Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft in der Weise ermittelt, dass die in der Steuerbilanz der Gesellschaft passivierte Verbindlichkeit zur Zahlung der Sondervergütung durch einen gleich hohen Aktivposten in der Sonderbilanz des begünstigten Gesellschafters ausgeglichen wird (BFH-Urteil vom 28. März 2000 VIII R 13/99, BFHE 191, 517, BStBl II 2000, 612, unter 2. der Gründe, m.w.N.).
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Die in einem rechtskräftigen Urteil getroffene Entscheidung bindet, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten unabhängig davon, ob sie richtig ist (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 9. Juli 2003 VIII B 40/03, BFH/NV 2003, 1422, unter 1. der Gründe). Auch ein rechtskräftiges, aber materiell falsches Urteil steht daher gemäß § 110 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 FGO der nachträglichen Änderung eines Steuerbescheids nach § 174 Abs. 4 AO entgegen, soweit es denselben Streitgegenstand betrifft.
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c) Die Wirkung der Rechtskraft des FG-Urteils vom 28. August 1998 ist auch nicht deshalb aufgehoben, weil es in unvereinbarer Weise dem FG-Urteil vom 29. November 2006 gegenübersteht.
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aa) Durch FG-Urteil vom 29. November 2006 ist zwischen den Beteiligten des Streitfalls rechtskräftig entschieden, dass im Jahr 1985 bei der Klägerin zu 2. wegen der Vergleichszahlung keine Sonderbetriebseinnahmen zu erfassen sind. Entscheidungsgegenstand dieses Urteils war die Berücksichtigung der Vergleichszahlung als Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. im geänderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1985. In dem streitgegenständlichen Änderungsbescheid für 1985 waren Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. in Höhe von 1.370.000 DM erfasst. Nach dem Tenor des FG-Urteils vom 29. November 2006 waren dieser Bescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben. Das FG hat somit rechtskräftig und mit Bindungswirkung für die Beteiligten des Streitfalls entschieden, dass sich die Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. im Jahr 1985 nicht wegen der Vergleichszahlung um 1.370.000 DM erhöhen.
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Abweichend von der Vorentscheidung ist im FG-Urteil vom 29. November 2006 keine der Rechtskraft fähige Feststellung enthalten, dass die Vergleichszahlung bei der Klägerin zu 2. im Veranlagungszeitraum 1984 als Sonderbetriebseinnahmen zu berücksichtigen ist. Das FG hat entsprechend dem Streitgegenstand dieses finanzgerichtlichen Verfahrens tatsächlich nur über die Auswirkungen der Vergleichszahlung im Jahr 1985 entschieden. Zwar ergibt sich aus der Aufhebung des Gewinnfeststellungsbescheids für 1985 und den Urteilsgründen, dass die Restsumme der Vergleichszahlung richtigerweise im Jahr 1984 als Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. zu berücksichtigen ist. Dabei handelte es sich aber lediglich um eine materiell-rechtliche Schlussfolgerung, die nicht der Rechtskraft fähig ist und somit nicht von der Bindungswirkung des Urteils (§ 110 Abs. 1 Satz 1 FGO) umfasst wird.
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bb) Eine Kollision zwischen dem FG-Urteil vom 28. August 1998 und dem FG-Urteil vom 29. November 2006 liegt weder deshalb vor, weil beide Urteile zu den Auswirkungen der Vergleichszahlung auf die Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. und damit zu demselben tatsächlichen Sachverhalt ergangen sind, noch führt die gegebene Widersprüchlichkeit in den Entscheidungsgründen beider Urteile dazu, dass die Rechtskraft des FG-Urteils vom 28. August 1998 aufgehoben wird. Der Anwendungsbereich des § 174 Abs. 4 AO bleibt deshalb unberührt.
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aaa) Im Streitfall sind die beiden FG-Urteile mit unterschiedlichen Streitgegenständen in Rechtskraft erwachsen. Beide betreffen zwar die steuerliche Behandlung der Vergleichszahlung als Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. und damit denselben Sachverhalt. In zeitlicher Hinsicht sind die Urteile aber zu den Auswirkungen dieses Sachverhalts in verschiedenen Veranlagungszeiträumen ergangen. Der Entscheidungsgegenstand eines rechtskräftigen Urteils, das zu einem bestimmten Sachverhalt in einem Veranlagungszeitraum ergangen ist, ist in zeitlicher Hinsicht auf den jeweiligen Veranlagungszeitraum begrenzt. Zwei rechtskräftige Urteile, die zu demselben Sachverhalt, aber zu verschiedenen Veranlagungszeiträumen ergangen sind, erzeugen daher unabhängig voneinander jeweils Rechtssicherheit dahin, wie der Sachverhalt in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum steuerlich zu behandeln ist. Dies schließt eine Kollision im Umfang der Bindungswirkung beider Urteile (§ 110 Abs. 1 FGO) und damit eine Durchbrechung der Rechtskraft eines der beiden Urteile aus.
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bbb) Im Streitfall widersprechen sich die beiden Urteile allein in ihren materiell-rechtlichen Schlussfolgerungen. Aus den Entscheidungsgründen des FG-Urteils vom 28. August 1998 folgt, dass von der Vergleichszahlung die Restsumme in Höhe von 1.370.000 DM auf das Jahr 1985 und die Folgejahre entfällt. Aus den Entscheidungsgründen des FG-Urteils vom 29. November 2006 ist dagegen zu schlussfolgern, dass dieser Betrag schon im Jahr 1984 als Sonderbetriebseinnahmen der Klägerin zu 2. zu berücksichtigen ist. Dieser Widerspruch berührt jedoch nicht die jeweilige Bindungswirkung beider Urteile. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BFH nehmen die materiell-rechtlichen Begründungen oder Schlussfolgerungen eines Urteils nicht an der Rechtskraft eines Urteils teil. Sie geben lediglich Aufschluss darüber, wie weit der Streitgegenstand und damit der sachliche Umfang der materiellen Rechtskraft reicht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 27. Februar 1997 IV R 38/96, BFH/NV 1997, 388, unter 2.b der Gründe, und in BFH/NV 2007, 924, unter II.2.a der Gründe). Ein Widerspruch zwischen den rechtlichen Begründungen oder Schlussfolgerungen zweier Urteile legitimiert folglich auch nicht die Durchbrechung der Rechtskraft eines der beiden Urteile zugunsten der Änderungsvorschriften der AO.
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cc) Entgegen der Vorinstanz führt die Rechtsprechung des V. Senats des BFH (Urteil in BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763) im Streitfall nicht zu einer Rechtskraftdurchbrechung, die eine nachträgliche Änderung eines Steuerbescheids gemäß § 174 Abs. 4 AO ermöglicht.
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In seinem Urteil in BFHE 205, 402, BStBl II 2004, 763 hat der V. Senat des BFH eine Rechtskraftdurchbrechung zugunsten der Änderung eines Steuerbescheids nach § 174 Abs. 4 AO bejaht, wenn sich zwei rechtskräftige Urteile in unvereinbarer Weise gegenüberstehen. Der mit der Rechtskraft bezweckte Rechtsfrieden sei dann nicht eingetreten, so dass die nachträgliche Änderung eines Steuerbescheids gemäß § 174 Abs. 4 AO zulässig sei.
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Diese Rechtsprechung ist auf den vorliegenden Streitfall nicht anwendbar. Wie unter II.1.c bb aaa ausgeführt, liegen im Streitfall nicht zwei rechtskräftige Urteile vor, die im Umfang ihrer jeweiligen Bindungswirkung kollidieren. Es fehlt damit schon an den Voraussetzungen, die nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH für eine Rechtskraftdurchbrechung vorliegen müssen. Darüber hinaus bestand in dem vom V. Senat des BFH entschiedenen Fall die Besonderheit, dass in dem ersten finanzgerichtlichen Verfahren eine tatsächliche Verständigung zwischen den Beteiligten stattgefunden hatte, wodurch der Umfang der Bindungswirkung des ersten finanzgerichtlichen Urteils zweifelhaft war (Martin, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2004, 841 f.).
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d) Die Bindungswirkung des FG-Urteils vom 28. August 1998 hat Vorrang vor der nochmaligen Änderung des Gewinnfeststellungsbescheids für 1984, auch wenn nur mit einer nochmaligen Änderung gemäß § 174 Abs. 4 AO die richtigen steuerlichen Folgen aus der Vergleichszahlung bei der Klägerin zu 2. für die Gewinnfeststellung im Jahr 1984 gezogen werden können. Eine Rechtskraftdurchbrechung ist auch dann unzulässig, wenn erst durch die nochmalige Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgen aus einem bestimmten Sachverhalt gezogen werden könnten.
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Durch die Bindungswirkung eines materiell falschen rechtskräftigen Urteils (s. oben II.1.b bb der Gründe) tritt auch für den unrichtig entschiedenen Sachverhalt Rechtsfrieden ein. Dies steht einer nochmaligen Änderung eines Steuerbescheids entgegen, soweit die Änderung den rechtskräftig entschiedenen Sachverhalt betrifft. § 110 Abs. 2 FGO i.V.m. § 174 AO stellt keine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage dar, um die Rechtskraft eines materiell falschen Urteils zu durchbrechen, damit durch nachträglichen Änderungsbescheid die materiell richtigen Folgerungen aus einem Sachverhalt gezogen werden können.
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Es ist daher im Streitfall hinzunehmen, dass von der Vergleichszahlung die Restsumme in Höhe von 1.370.000 DM endgültig unversteuert bleibt.
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2. Das Urteil der Vorinstanz beruht auf anderen Rechtsgrundsätzen. Es war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Änderungsbescheid vom 15. August 2007 über die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung für 1984 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2007 ist aufzuheben.
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