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BFH 15.09.2011 - V R 36/09
BFH 15.09.2011 - V R 36/09 - (Steuerpflicht vereinnahmter Leistungsentgelte auch bei Unterbleiben der Leistung - Unionsrechtskonforme Besteuerung des Entgelts vor Leistungserbringung - Begriffe "Anzahlung", "Vorauszahlung" und "Entgelt" - Abgrenzung zum "Angeld" - Berichtigung nach § 17 UStG - Schadensersatzanspruch - Umfang des Besteuerungsverzichts bei Auslandsflügen - Anwendbarkeit des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO)
Normen
§ 13 Abs 1 Nr 1 Buchst a S 4 UStG 1993, § 13 Abs 1 Nr 1 Buchst a S 4 UStG 1999, § 17 Abs 2 Nr 2 UStG 1993, § 17 Abs 2 Nr 2 UStG 1999, § 26 Abs 3 UStG 1993, § 26 Abs 3 UStG 1999, Art 10 EWGRL 388/77, Art 11 EWGRL 388/77, § 11 Nr 5 AGBG, § 176 Abs 1 S 1 Nr 3 AO, § 812 BGB, §§ 812ff BGB, Abschn 181 Abs 4 UStR 1996, Abschn 181 Abs 4 UStR 2000, § 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 1999, § 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 2003
Vorinstanz
vorgehend FG München, 25. Juni 2009, Az: 14 K 95/06, Urteil
Leitsatz
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Vereinnahmt der Unternehmer das vereinbarte Entgelt, ohne die geschuldete Leistung zu erbringen, setzt die Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Rückzahlung des Entgelts voraus. Dies gilt auch, wenn eine Fluggesellschaft bei nicht in Anspruch genommenen Flügen den Flugpreis nicht erstattet .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Lufttransportunternehmen zur Personenbeförderung. Fluggäste konnten nach den Vertragsbedingungen der Klägerin Flüge zu allgemeinen Konditionen mit Rücktritts- und Umbuchungsmöglichkeit oder zu preislich ermäßigten Sonderkonditionen ohne Rücktritts- und ohne Umbuchungsmöglichkeit sowie ohne Erstattung des Flugpreises buchen. Bei Buchung eines Fluges zu diesen Sonderkonditionen behielt die Flugreservierung bis 30 Minuten vor dem Abflug ihre Gültigkeit. Trat der Fluggast den Flug bis zu diesem Zeitpunkt nicht an, konnte die Klägerin den Sitzplatz anderweitig an einen ggf. vor Ort wartenden Fluggast vergeben.
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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ging im Anschluss an eine zur Umsatzsteuer 1996 bis 2000 durchgeführte Außenprüfung davon aus, dass auch bei den nicht in Anspruch genommenen Flügen ein Leistungsaustausch vorliege. Die von der Klägerin bis dahin als nicht steuerbarer Schadensersatz angesehenen Einnahmen (sog. unflown revenue) behandelte das FA als Entgelt für steuerpflichtige Leistungen und erließ entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 1996 bis 2004. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.
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Nach dem Urteil des Finanzgerichts (FG) erbrachte die Klägerin auch im Fall der nicht in Anspruch genommenen Flüge zu den von ihr angebotenen Sonderkonditionen dadurch eine Leistung, dass sie für den gebuchten Flug einen Sitzplatz bereitgestellt habe. Der Leistungsinhalt sei durch die Sonderkonditionen derart modifiziert worden, dass der Kunde, dem wegen des ermäßigten Preises kein Rücktrittsrecht zugestanden habe, die Zahlung letztlich dafür geleistet habe, dass ihm die Möglichkeit eingeräumt worden sei, am durchgeführten Flug teilzunehmen. Zwischen Inlands- und Auslandsflügen sei nicht zu differenzieren, da in beiden Fällen eine nach § 3a Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) am Unternehmensort der Klägerin steuerbare und steuerpflichtige Bereitstellungsleistung vorliege. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag der Klägerin lehnte das FG ab.
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Das Urteil des FG ist in "Entscheidungen der Finanzgerichte" 2009, 2053 veröffentlicht.
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Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung formellen und materiellen Rechts. Der Reservierungsbestätigung komme ebenso wie der Leistungsbereitschaft entgegen der Auffassung des FG keine eigenständige Bedeutung zu. Das FG habe gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen, da es die Grundsätze zur einheitlichen Leistung unzutreffend angewendet habe. Zumindest handele es sich um bloße Nebenleistungen. Gegenstand der Vereinbarung sei die Beförderung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu einem bestimmten Ort gewesen; diese Leistung habe sie nicht erbracht. Die spätere Nichtinanspruchnahme des Fluges sei für die Frage, was Gegenstand des vereinbarten Leistungsinhalts sei, nicht von Bedeutung. Die Zahlung sei für den Fall, dass der Kunde den Flug nicht in Anspruch nehme, ein im Voraus vereinbarter pauschaler Schadensersatz, der nicht der Umsatzsteuer unterliege. Der Sachverhalt unterscheide sich entgegen der Auffassung des FG nicht von dem Fall, in dem der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 18. Juli 2007 C-277/05, Société thermale d'Eugénie-les-Bains (Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424) ein Angeld als Schadensersatz beurteilt habe. Für die Vergleichbarkeit mit einem Angeld spreche, dass es sich um wirtschaftlich identische Vorgänge handele. Auf die nationalrechtlichen Besonderheiten der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen komme es umsatzsteuerrechtlich nicht an.
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Ein gesonderter Steuerausweis liege nicht vor. Unabhängig davon sei jedenfalls zwischen dem "unflown revenue" bei Inlands- und Auslandsflügen zu differenzieren. Im Übrigen komme eine Steuerpflicht von Anzahlungen nur bis zum Zeitpunkt der vorgesehenen Leistungserbringung in Betracht. Die Zahlungen der Kunden seien aber z.B. bei kurzfristigen Buchungen teilweise erst im Anschluss an den nicht angetretenen Flug erfolgt. Das FG hätte dies aufklären müssen. Das Unionsrecht enthalte für Anzahlungen nur einen Steueranspruch, nicht aber auch einen Steuertatbestand, so dass insoweit nur eine Fälligkeitsregelung vorliege. Ein Ersatztatbestand für die Entstehung der Steuer sei nicht geschaffen worden. Auf die Berichtigung nach § 17 UStG komme es nicht an. § 17 Abs. 2 UStG sei darüber hinaus restriktiv auszulegen. Ein Umsatz, der nie vorgelegen habe, könne bei tatsächlicher Nichtausführung des Leistungsaustausches weder rückgängig gemacht noch berichtigt werden. Auch die geänderte Rechtsprechung, die für die Berichtigung nach Entgeltentrichtung auf eine Entgeltrückzahlung abstelle, könne nach § 176 der Abgabenordnung (AO) nicht zu ihren Lasten berücksichtigt werden. Sie könne auch mit zivilrechtlich nichtigen Ansprüchen aufrechnen. Die verfallenen Flugtickets seien nicht nochmals verkauft worden. In Frankreich werde der bei Nichtantritt einer Eisenbahnfahrt von der Eisenbahngesellschaft einbehaltene Geldbetrag als nicht steuerbarer pauschaler Schadensersatz behandelt. Sie habe keine Reservierungsleistung, sondern eine einheitliche Transportleistung erbracht.
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Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung Beweis über die Frage erhoben, ob der Prozessbevollmächtigte am 24. März 2011 gegen den Gerichtsbescheid, den der Senat im Streitfall gemäß §§ 90a Abs. 1, 121 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erlassen hat, fristgerecht mündliche Verhandlung beantragt hat.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des FG aufzuheben und die Änderung der angefochtenen Bescheide.
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Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
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Das FG habe zutreffend einen Leistungsaustausch bei den Billigflügen zu Sonderkonditionen auch hinsichtlich der nicht in Anspruch genommenen Flüge bejaht. Aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers sei zu berücksichtigen, dass Fluggesellschaften in der Regel bei Stornierungen den Flugpreis einbehalten. Es liege auch kein Angeld vor. Ein Leistungsaustausch liege vor, wie sich auch daraus ergebe, dass die Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hätten.
Entscheidungsgründe
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II. Die zulässige Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des FG war aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
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A) Der Senat entscheidet über die zulässige Revision der Klägerin durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung gemäß §§ 90a Abs. 4, 121 Satz 1 FGO. Zwar ist im Streitfall bereits ein Gerichtsbescheid gemäß §§ 90a Abs. 1, 121 Satz 1 FGO ergangen. Dieser gilt jedoch gemäß §§ 90a Abs. 3, 121 Satz 1 FGO als nicht ergangen. Aufgrund der vor dem Senat durchgeführten Beweiserhebung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid rechtzeitig den Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hat. Hierfür spricht insbesondere, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am vorletzten Tag vor dem Fristablauf zwei Schriftstücke in den Nachtbriefkasten des Bundesfinanzhofs (BFH) eingeworfen hat, von denen eines den Antrag auf mündliche Verhandlung enthielt. Über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher mangels Fristversäumnis nicht zu entscheiden.
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B) Die Revision der Klägerin ist aus anderen als den geltend gemachten Gründen begründet und führt zur Zurückverweisung an das FG. Die Klägerin hat steuerpflichtige Leistungsentgelte für Inlandsflüge vereinnahmt, die mangels Rückzahlung der Besteuerung unterliegen. Ob der Auffassung der Klägerin zu folgen wäre, sie, die Klägerin, habe gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistungen erbracht, war daher nicht zu entscheiden. Hinsichtlich der Auslandsflüge sind demgegenüber im zweiten Rechtsgang noch weitere Feststellungen zu treffen.
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1. Bei den Inlandsflügen hat die Klägerin die von ihr vereinnahmten Leistungsentgelte auch insoweit zu versteuern, als Fluggäste die von ihnen gebuchten Flüge nicht angetreten haben.
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a) Vereinnahmt der Unternehmer ein Entgelt, bevor er die Leistung ausgeführt hat, entsteht die Steuer gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG 1993/1999 mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem er das Entgelt vereinnahmt. Diese Vorschrift beruht unionsrechtlich auf Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG). Werden Anzahlungen geleistet, bevor die Lieferung von Gegenständen oder die Dienstleistung bewirkt ist, so entsteht der Steueranspruch nach dieser Bestimmung zum Zeitpunkt der Vereinnahmung entsprechend dem vereinnahmten Betrag. Bei der Anzahlung i.S. von Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG handelt es sich um den "Wert der Gegenleistung" i.S. des Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG und damit um das "Entgelt" i.S. von § 10 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Anzahlung und Entgelt entsprechen sich somit, so dass zwischen dem nationalem und dem Unionsrecht kein Unterschied besteht.
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b) Die Besteuerung des Entgelts vor Leistungserbringung setzt voraus, dass "alle maßgeblichen Elemente des Steuertatbestands, d.h. der künftigen Lieferung oder der künftigen Dienstleistung, bereits bekannt sind, ... insbesondere die Gegenstände oder die Dienstleistungen zum Zeitpunkt der Anzahlung genau bestimmt sind" (EuGH-Urteil vom 21. Februar 2006 C-419/02, Bupa, Slg. 2006, I-1685 Rdnr. 48 zu Art. 10 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 77/388/EWG). Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor, denn die Klägerin hat in den Streitjahren Entgelte für konkret bezeichnete Flugreisen vereinnahmt.
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c) Entgegen ihrer Auffassung hat die Klägerin die Entgelte vor der Leistungserbringung vereinnahmt. Unerheblich ist deshalb, ob sie das für das ausgegebene Flugticket vereinbarte Entgelt in Einzelfällen erst nach Durchführung des Fluges erhalten hat.
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Wäre mit der Klägerin davon auszugehen, sie habe gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistungen erbracht, unterlagen die vereinnahmten Entgelte in den Streitjahren jedenfalls als Anzahlung der Umsatzsteuer. Auch wenn ein Entgelt ohne Leistungserbringung vereinnahmt wird, erfolgt die Vereinnahmung notwendigerweise vor der Ausführung (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 4 UStG) oder vor der Bewirkung (Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG) der --unterbliebenen-- Leistung. Eine zeitliche Grenze, bis zu der die Vereinnahmung des Entgelts zu erfolgen hat, um eine Steuerpflicht zu begründen, besteht nicht. Zwar ist die Regelung über "Anzahlungen" eng auszulegen (EuGH-Urteil Bupa in Slg. 2006, I-1685 Rdnr. 45). Dies erfordert jedoch keine den Gesetzeswortlaut einschränkende Auslegung.
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2. Der sich aus der Vereinnahmung der Vorauszahlungen ergebende Steueranspruch ist nicht entfallen. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 UStG liegen nicht vor.
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a) Ändert sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz, hat der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Diese Vorschrift gilt gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG sinngemäß, wenn für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung aber nicht ausgeführt wird.
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b) Eine Berichtigung nach § 17 UStG setzt für den Fall, dass der Leistungsempfänger das Entgelt bereits ganz oder teilweise entrichtet hat, voraus, dass das vereinnahmte Entgelt zurückbezahlt wird.
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aa) Vereinbaren der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger die vollständige oder teilweise Rückzahlung des bereits entrichteten Entgelts, mindert sich die Bemessungsgrundlage i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur, soweit das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird, und zwar in dem Besteuerungszeitraum, in dem die Rückgewähr erfolgt (BFH-Urteil vom 18. September 2008 V R 56/06, BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250, Leitsatz).
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bb) Dies gilt auch, soweit gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG die sinngemäße Anwendung des § 17 Abs. 1 UStG angeordnet ist. Vereinnahmt der leistende Unternehmer ein Entgelt, ohne die hierfür geschuldete Leistung zu erbringen, berechtigt daher erst die Rückgewähr des Entgelts zur Minderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG (BFH-Urteil vom 2. September 2010 V R 34/09, BFH/NV 2011, 383, Leitsatz).
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c) Selbst wenn danach --entgegen dem FG-Urteil-- zugunsten der Klägerin davon auszugehen wäre, dass sie gegenüber den nicht erschienenen Fluggästen keine Leistung erbracht hat, ist sie im Streitfall aufgrund der Entgeltvereinnahmung Steuerschuldner nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG bis zur Rückzahlung des Entgelts.
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aa) Im Streitfall hat die Klägerin die von ihr vereinnahmten Entgelte für die von ihr zu erbringenden Leistungen nicht an die Fluggäste zurückgezahlt. Eine derartige Rückzahlung war nach den Beförderungsbedingungen der Klägerin sogar ausdrücklich ausgeschlossen.
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bb) Im Hinblick auf diese Beförderungsbedingungen scheidet auch die Annahme einer Rückzahlung durch Aufrechnung mit einem --wie die Klägerin meint-- pauschal vereinbarten Schadensersatzanspruch gegen den Kunden wegen Nichtinanspruchnahme der angebotenen Leistung aus. Nach den vom FG in Bezug genommenen Vertragsbedingungen "verlieren die Fluggäste ihre Flugberechtigung und haben keinerlei Anspruch auf Rückvergütung oder kostenlose Umbuchung". Danach bestehen für die Vereinbarung eines Schadensersatzanspruchs zugunsten der Klägerin keine Anhaltspunkte. Ob die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzanspruchs in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zivilrechtlich wirksam gewesen wäre (vgl. z.B. § 11 Nr. 5 des in den Streitjahren geltenden Gesetzes zur Regelung allgemeiner Geschäftsbedingungen; Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Oktober 1984 VII ZR 11/84, Neue Juristische Wochenschrift 1985, 633) und ob im Hinblick auf die unionsrechtliche Harmonisierung überhaupt die zivilrechtliche Wirksamkeit maßgebend sein kann, war daher nicht zu entscheiden.
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d) Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Besteuerung der vereinnahmten Entgelte bis zu ihrer Rückzahlung nicht gegen die Systematik der Richtlinie 77/388/EWG, die in Art. 10 Abs. 1 zwischen Steuertatbestand und Steueranspruch unterscheidet und in Art. 10 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG für sog. "Anzahlungen" nur eine Regelung zur Entstehung des Steueranspruchs, nicht aber auch zur Entstehung des Steuertatbestands enthält.
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Die Unterscheidung zwischen Steueranspruch und Steuertatbestand beruht darauf, dass die Leistungserbringung, nicht aber die Entgeltentrichtung der Besteuerung unterliegt (vgl. EuGH-Urteil Bupa in Slg. 2006, 1685 Rdnr. 50). Deshalb ist --wie die Klägerin unter Hinweis auf die Systematik insoweit zu Recht ausführt-- die Besteuerung rückgängig zu machen, wenn das Entgelt zwar vereinnahmt, die Leistung aber nicht erbracht wird.
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Die Rückgängigmachung erfolgt aber nur unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG. Diese Vorschrift beruht auf Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG. Danach wird im "Falle der Annullierung, der Rückgängigmachung, der Auflösung, der vollständigen oder teilweisen Nichtbezahlung oder des Preisnachlasses nach der Bewirkung des Umsatzes ... die Besteuerungsgrundlage unter von den Mitgliedstaaten festgelegten Bedingungen entsprechend vermindert". Im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten danach eingeräumte Befugnis zur Festlegung von Bedingungen ist --wie die Rechtsprechung des EuGH belegt-- (EuGH-Urteil vom 29. Mai 2001 C-86/99, Freemans, Slg. 2001, I-4167) es unionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Rückgängigmachung der Besteuerung von der Rückgewähr des Entgelts abhängt (BFH-Urteil in BFHE 222, 162, BStBl II 2009, 250). Für die von der Klägerin vertretene "restriktive" Auslegung des § 17 Abs. 2 UStG besteht keine Veranlassung. Ebenso kommt es im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten eingeräumten Befugnisse nicht darauf an, wie "in Frankreich" der "Nichtantritt einer Eisenbahnfahrt von der Eisenbahngesellschaft" behandelt wird.
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e) Dass die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 17 UStG nicht vorliegen, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht das Entstehen eines Rückforderungsanspruchs nach §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs, da diese Vorschriften aufgrund der abschließenden Spezialregelung durch das UStG im Streitfall nicht anwendbar sind.
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f) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin schließlich auf Vertrauensschutz nach § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO. Danach ist bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheides nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichts des Bundes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist. Die Rechtsprechungsänderung muss für den Erlass des Änderungsbescheides kausal gewesen sein. Insoweit wird widerlegbar vermutet, dass bei einer Übereinstimmung des Erstbescheides mit der seinerzeit geltenden höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zweifel auch von deren Anwendung auszugehen ist (BFH-Urteil vom 10. Juni 2008 VIII R 79/05, BFHE 222, 320, BStBl II 2008, 863, unter II.3.c aa). Im Streitfall beruhten demgegenüber weder die ursprüngliche Nichtbesteuerung der für nicht in Anspruch genommene Flüge vereinnahmten Entgelte bis zur Außenprüfung noch die aufgrund der Außenprüfung ergangenen Steuerbescheide auf der früheren, zwischenzeitlich aufgegebenen Senatsrechtsprechung zu § 17 UStG, weil das FA bei der Steuerfestsetzung vom Vorliegen einer Leistung der Klägerin an die nicht erschienenen Fluggäste ausgegangen ist.
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3. Die Klägerin kann sich für die beanspruchte Nichtbesteuerung der von ihr vereinnahmten Vorauszahlungen nicht auf die Rechtsprechung des EuGH zum sog. "Angeld" berufen.
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Das sog. Angeld wird im Rahmen von Verträgen geleistet, die der Mehrwertsteuer unterliegende Beherbergungsdienstleistungen zum Gegenstand haben. In Fällen, in denen der Gast von der ihm eröffneten Möglichkeit des Rücktritts Gebrauch macht und der Hotelbetreiber das Angeld einbehält, ist nach der Rechtsprechung des EuGH (Urteil Société thermale d'Eugénie-les-Bains in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424) das Angeld eine pauschalierte Entschädigung zum Ausgleich des infolge des Vertragsrücktritts des Gastes entstandenen Schadens. Es ist mangels eines direkten Bezugs zu einer entgeltlichen Dienstleistung kein Entgelt für diese.
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Der Schadensersatzcharakter hat das "Angeld" danach aufgrund des Vorliegens der Vereinbarung einer besonderen Zahlung ("Angeld"), die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Leistung steht, und erfasst daher nicht den Fall, dass der Unternehmer das Entgelt für die vereinbarte Leistung vereinnahmt und dieses Entgelt bei Nichtinanspruchnahme der Leistung in vollem Umfang behält. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Angeld für den Fall der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistung auf das Entgelt für diese Leistung angerechnet wird. Denn diese Anrechnung beruht nicht auf der bloßen Zahlung des Angelds, sondern auf der im Rahmen des späteren Leistungsaustausches erfolgenden Verrechnung von Angeld und Leistungsentgelt. Unerheblich ist auch, ob eine von den Verhältnissen des Streitfalls abweichende Vertragsgestaltung zu einer teilweisen Nichtbesteuerung der von Kunden geleisteten Zahlung geführt hätte. Denn der Besteuerung ist der jeweils verwirklichte Umsatz zugrunde zu legen.
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4. Obwohl das FG die Steuerpflicht hinsichtlich der Inlandsflüge somit im Ergebnis zu Recht bejaht hat, ist die Sache gleichwohl nicht spruchreif. Der Senat kann nach den vom FG getroffenen Feststellungen nicht entscheiden, ob entsprechend dem FG-Urteil auch eine Steuerpflicht hinsichtlich der Auslandsflüge besteht.
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a) Entgegen dem Urteil des FG hat die Klägerin unabhängig von der vereinbarten Beförderungsleistung bei Flugteilnahme keine gesonderte Reservierungsleistung erbracht, die nach § 3a Abs. 1 UStG an ihrem Unternehmensort zu besteuern ist. Die bloße Bereitschaft zur Leistungserbringung ist entgegen der Rechtsauffassung des FG nicht wegen der später unterbliebenen Inanspruchnahme des Fluges eine eigenständige Leistung. Denn die vom FG als steuerbare Leistung beurteilte "Leistungsbereitschaft" ergibt sich bereits aus dem gegenseitigen Beförderungsvertrag zwischen der Klägerin und dem Fluggast, der die Verpflichtung und Bereitschaft zur Beförderung durch die Klägerin beinhaltet (vgl. EuGH-Urteil Sociéte thermale d'Eugénie-les-Bains in Slg. 2007, I-6415, BFH/NV Beilage 2007, 424 Leitsatz 2). Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung des FG auch nicht daraus ableiten, dass wegen der Sonderkonditionen ein ermäßigter Flugpreis vereinbart ist, denn das ändert nichts daran, dass Vertragsinhalt die vereinbarte Beförderung ist und sich die "Leistungsbereitschaft" unmittelbar aus dem Beförderungsvertrag ergibt.
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b) Anhand der vom FG getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht entscheiden, ob im Streitfall zugunsten der Klägerin ein Besteuerungsverzicht auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG besteht. Feststellungen hierzu sind nachzuholen. Insoweit wird auch zu berücksichtigen sein, dass es auf den Besteuerungsverzicht nicht ankommt, wenn die Klägerin für die Auslandsflüge Rechnungen mit Steuerausweis erteilt haben sollte.
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aa) Nach § 26 Abs. 3 UStG kann das "Bundesministerium der Finanzen unbeschadet der Vorschriften der §§ 163 und 227 der Abgabenordnung anordnen, dass die Steuer für grenzüberschreitende Beförderungen von Personen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder ganz oder zum Teil erlassen wird, soweit der Unternehmer keine Rechnungen mit gesondertem Ausweis der Steuer (§ 14 Abs. 1) erteilt hat". Nach Abschn. 281 Nr. 1 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) "kann die Umsatzsteuer für grenzüberschreitende Beförderungen im Luftverkehr niedriger festgesetzt oder erlassen werden".
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bb) Liegt für die von der Klägerin erbrachten grenzüberschreitenden Beförderungsleistungen ein Besteuerungsverzicht auf der Grundlage von § 26 Abs. 3 UStG vor, erstreckt sich dieser auch auf die Steuer, die aufgrund der Entgeltvereinnahmung vor Leistungserbringung entsteht (ebenso zur Anwendung von Steuerbefreiungen auf Anzahlungen Abschn. 181 Abs. 4 UStR 1996/2000/ 2004).
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5. Die Verfahrensrügen waren aufgrund der sich aus der Entgeltvereinnahmung ergebenden Steuerpflicht nicht entscheidungserheblich (§ 126 Abs. 4 FGO), so dass über sie nicht zu entscheiden war.
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