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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BFH 30.06.2011 - VI R 80/10
BFH 30.06.2011 - VI R 80/10 - Arbeitslohn im Zusammenhang mit der Veräußerung von GmbH-Anteilen
Normen
§ 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 1997, § 17 EStG 1997, § 8 Abs 1 EStG 1997, § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 21. April 2010, Az: 11 K 262/08 E, F, Urteil
nachgehend FG Münster, 7. März 2014, Az: 11 K 3273/11 E, Urteil
Leitsatz
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1. Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind.
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2. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist; nicht aber wenn der Vorteil Entgelt für die Veräußerung eines Wirtschaftsgutes ist.
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3. Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist nach dem wirtschaftlichen Gehalt des zu beurteilenden Lebenssachverhaltes und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu würdigen.
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob die Ausübung von Optionen auf den Erwerb von Aktien, die im Zusammenhang mit der Veräußerung von GmbH-Anteilen in einem Geschäftsführervertrag eingeräumt worden sind, zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt.
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Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war im Streitjahr (1998) verheiratet und wurde mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 1997 verkauften die Eheleute ihre Beteiligungen an der X-GmbH und der Q-GmbH für insgesamt 7.752.756 US-Dollar an die P-GmbH (heute: A-GmbH), eine Tochtergesellschaft der C-Corporation mit Sitz in den USA. Der Kläger war am Stammkapital der X-GmbH von 100.000 DM zu 98 % und am Stammkapital der Q-GmbH von 100.000 DM zu 90 % beteiligt. Die übrigen Anteile hielt seine Ehefrau. Zugleich schlossen der Kläger und die P-GmbH und die C-Corporation einen Geschäftsführervertrag. § 3 dieses Vertrages lautet:
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(1) Herr X erhält als Vergütung für seine Tätigkeit ein monatliches Gehalt von DM 19.000 brutto ...
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(2) Zusätzlich nimmt Herr X an dem Y management incentive program teil und zwar in dem Umfang, in dem die anderen Mitglieder der zweithöchsten Führungsebene der C-Corporation an diesem Bonus-Programm teilnehmen ...
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(3) Darüber hinaus wird Herrn X von der C-Corporation ... hiermit die Option eingeräumt, 15.000 Aktien an dieser zu dem Preis zu erwerben, welcher der letzten Börsennotierung dieser Aktien an der NASDAQ-Börse vor Unterzeichnung dieses Vertrages entspricht. Herr X hat diese Option binnen fünf Jahren nach Abschluss dieses Vertrages durch einfache Anzeige per Post oder per Fax geltend zu machen.
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(4) Mit vorstehender Vergütung ist die gesamte Tätigkeit des Geschäftsführers abgegolten ...
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Der Börsenkurs der Aktien notierte am 23. Dezember 1997 bei 22,50 US-Dollar je Aktie, d.h. 15 000 Stück x 22,50 US-Dollar = 337.500 US-Dollar.
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Der Geschäftsführervertrag wurde mit Vereinbarung vom 30. Januar 1998 in gegenseitigem Einvernehmen aus betriebsbedingten Gründen mit Wirkung zum 1. April 1998 aufgehoben. Der Kläger erhielt zum Ausgleich für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung. Außerdem war vereinbart, dass die Aktienoption unberührt bleibt. Der Kläger machte von seinem Optionsrecht nach § 3 Abs. 3 des Geschäftsführervertrages vom 23. Dezember 1997 am 12. Juli 1998 schriftlich Gebrauch. Die Aktien sind am 26. November 1998 in ein Bankdepot des Klägers --gegen Zahlung von 337.500 US-Dollar-- eingebucht worden. Ihr Börsenwert betrug an diesem Tag 933.750 US-Dollar. Bei Einbuchung der Aktien in das Depot fielen Bankgebühren in Höhe von 268 US-Dollar an.
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Der Kläger und seine Ehefrau wurden im Streitjahr 1998 zunächst erklärungsgemäß, aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt. Aufgrund einer Außenprüfung beim Kläger änderte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung 1998 und erhöhte den Arbeitslohn des Klägers wegen des geldwerten Vorteils aus der Ausübung des Aktienoptionsrechts um 1.007.664 DM. Der hiergegen eingelegte Einspruch des Klägers ist mit Teileinspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2007 als unbegründet zurückgewiesen worden. Der Kläger brachte insoweit erfolglos vor, dass die in § 3 Abs. 3 des Geschäftsführervertrages vereinbarte Aktienoption nur zum Schein in diesen Vertrag aufgenommen worden sei. In Wirklichkeit handele es sich hierbei um einen Zuschlag zum Kaufpreis. Dieser sei nur deshalb in den Arbeitsvertrag aufgenommen worden, weil der Erwerber wegen des bereits vollzogenen Genehmigungsprozesses im amerikanischen Mutterkonzern und der verbindlichen Information der NASDAQ-Börsenaufsicht einer Erhöhung des Veräußerungspreises im Kaufvertrag nicht mehr habe zustimmen können. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Die Aktienoptionen seien dem Kläger im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis überlassen worden. Der geldwerte Vorteil aus der Ausübung des Optionsrechts sei deshalb vom FA zu Recht als Arbeitslohn angesetzt worden (Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 49).
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Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des FG Münster vom 21. April 2010 11 K 262/08 E, F insoweit aufzuheben, als darin die Versteuerung der Aktienoption vom 23. Dezember 1997 im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit im Jahr 1998 bestätigt wird, und das FA zu verpflichten, die Einkommensteuer 1998 unter Berücksichtigung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit von 251.999 DM festzusetzen.
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Das FA beantragt,
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die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG ist zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass der geldwerte Vorteil aus der Ausübung der am 23. Dezember 1997 gewährten Aktienoption zu Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit führt. Denn die getroffenen Feststellungen tragen diese Würdigung nicht.
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1. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen.
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a) Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Mai 2010 VI R 12/08, BFHE 230, 136, BStBl II 2010, 1069, m.w.N.).
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b) Kein Arbeitslohn liegt allerdings u.a. vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH-Urteile vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 17. Juni 2009 VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69; vom 1. Februar 2007 VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898; in BFHE 230, 136, BStBl II 2010, 1069; jeweils m.w.N.; Schneider, Der Betrieb 2006, Beilage Nr. 6, 51 ff.). Als derartige Zuwendungen auf Grund von Sonderrechtsbeziehungen kommen insbesondere die Veräußerung und die entgeltliche (zeitlich befristete) Nutzungsüberlassung von Sachen oder Rechten in Betracht (BFH-Urteil in BFHE 230, 136, BStBl II 2010, 1069).
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2. Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung zu entscheiden (BFH-Urteile vom 20. November 2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382; in BFH/NV 2007, 898). Zwar ist die finanzrichterliche Überzeugungsbildung revisionsrechtlich nur eingeschränkt auf Verstöße gegen Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze überprüfbar. Das FG hat jedoch im Einzelnen darzulegen, wie und dass es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat (BFH-Beschluss vom 13. März 1997 I B 78/96, BFH/NV 1997, 772). Die subjektive Gewissheit des Tatrichters vom Vorliegen eines entscheidungserheblichen Sachverhalts ist nur dann ausreichend und für das Revisionsgericht bindend, wenn sie auf einer logischen, verstandesmäßig einsichtigen Beweiswürdigung beruht, deren nachvollziehbare Folgerungen den Denkgesetzen entsprechen und von den festgestellten Tatsachen getragen werden. Fehlt es an einer tragfähigen Tatsachengrundlage für die Folgerungen in der tatrichterlichen Entscheidung oder fehlt die nachvollziehbare Ableitung dieser Folgerungen aus den festgestellten Tatsachen und Umständen, so liegt ein Verstoß gegen Denkgesetze vor (BFH-Urteil vom 11. November 2010 VI R 16/09, BFHE 232, 34, m.w.N.).
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3. Ein solcher Rechtsanwendungsfehler ist vorliegend zu bejahen. Denn der Schluss des FG, dass dem Kläger die streitigen Aktienoptionen im Zusammenhang mit seinem Arbeitsverhältnis überlassen worden sind, wird nicht von entsprechenden Feststellungen getragen. Die Vorinstanz ist vielmehr dem klägerischen Vortrag gefolgt und davon ausgegangen, dass der Kläger seine Unternehmensanteile nur an die C-Corporation veräußerte, weil diese mit den Aktienoptionen noch "etwas auf den Kaufpreis draufgelegt" habe. Auch hat sich das FG den Vortrag des Klägers, dass "die zusätzliche Geldleistung in Gestalt der Optionen auf die Aktien nur deswegen nicht als Entgelt für die Veräußerung der Gesellschaftsanteile bezeichnet worden sei, weil die Erwerberin den bereits durch die Aufsichtsgremien in den USA genehmigten Barverkaufspreis nicht habe erhöhen können", zu eigen gemacht. In einem solchen Fall liegt es nahe, dass der streitige Vorteil nicht als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft, sondern als zusätzlicher Veräußerungspreis gewährt worden ist. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Aktienoptionen dem Kläger in einem Anstellungsvertrag eingeräumt und in diesem als Tätigkeitsvergütung bezeichnet worden sind. Denn im Einkommensteuerrecht ist der verwirklichte Lebenssachverhalt nach seinem wirtschaftlichen Gehalt und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu beurteilen. Ausschlaggebend ist nicht das formal Erklärte oder formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte. Belastbare Feststellungen hierzu hat das FG jedoch nicht getroffen.
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4. Im zweiten Rechtsgang wird das FG Gelegenheit haben, entsprechende Feststellungen nachzuholen und auf deren Grundlage erneut und umfassend zu würdigen, ob die Aktienoptionen und damit letztlich der Vorteil aus der Ausübung dieses Rechts durch das Arbeitsverhältnis des Klägers veranlasst war oder als zusätzliche, gegebenenfalls nach § 17 EStG i.V.m. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung steuerbare Gegenleistung für die veräußerten Unternehmensanteile zu beurteilen ist. Dabei hat es auch die subjektiven Vorstellungen des Arbeitnehmers und insbesondere des Arbeitgebers in den Blick zu nehmen (Schmidt/Drenseck, EStG, 30. Aufl., § 19 Rz 25).
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5. Angesichts dessen braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob dem FG die von der Revision gerügten Verfahrensfehler unterlaufen sind (Senatsurteil vom 11. Februar 2010 VI R 65/08, BFHE 228, 421, BStBl II 2010, 628, m.w.N.).
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