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Welche Fragen Arbeitgeber auch zum Thema Sozialversicherungsrecht bewegen: Die Rechtsdatenbank der AOK liefert die Antworten – einfach, fundiert und topaktuell.
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BFH 09.12.2010 - VI R 57/08
BFH 09.12.2010 - VI R 57/08 - (Beiträge des Arbeitgebers i.S. des § 3 Nr. 63 EStG)
Normen
§ 3 Nr 63 EStG 2002, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 100 Abs 1 S 4 FGO
Vorinstanz
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, 5. November 2008, Az: 2 K 5/07, Urteil
Leitsatz
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1. Finanzierungsanteile der Arbeitnehmer, die in dem Gesamtversicherungsbeitrag des Arbeitgebers an eine Pensionskasse enthalten sind, sind als Arbeitgeberbeiträge nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.
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2. Für die Qualifizierung einer Zahlung als Beitrag des Arbeitgebers i.S. des § 3 Nr. 63 EStG ist die versicherungsvertragliche Außenverpflichtung maßgeblich. Es kommt dagegen nicht darauf an, wer die Versicherungsbeiträge finanziert, d.h. wer durch sie wirtschaftlich belastet wird.
Tatbestand
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I. Streitig ist, ob Finanzierungsanteile von Arbeitnehmern, die in dem Gesamtversicherungsbeitrag des Arbeitgebers an eine Pensionskasse enthalten sind, als Arbeitgeberbeiträge nach § 3 Nr. 63 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Arbeitnehmerin der Beigeladenen, der ... Eine Zusatzvereinbarung zum Personalüberleitungstarifvertrag enthält die Regelung, dass mit Wirkung ab 1. Januar 2005 die zusätzliche Altersversorgung über die Zusatzversorgungskasse ... (ZVK) sichergestellt wird. Die Beigeladene hat in Umsetzung dieser Regelung mit der ZVK am 23. Dezember 2004 einen Gruppenversicherungsvertrag abgeschlossen. Versicherungsnehmer ist nach dem Vertrag die Beigeladene. Die Versicherungen der Arbeitnehmer werden im Kapitaldeckungsverfahren durchgeführt. Nach § 4 des Gruppenversicherungsvertrages tragen die Arbeitnehmer vom Beitrag der Arbeitgeber vorbehaltlich einer entsprechenden tarifvertraglichen Regelung 1,41 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts, die Zusatzvereinbarung zum Personalüberleitungstarifvertrag setzt den Beitrag der Arbeitnehmer ab 1. Januar 2006 auf 0,9 % des Bruttoeinkommens fest. Nach den Vorschriften der Satzung der ZVK haben die Versorgungsberechtigten bei Eintritt des Versicherungsfalls einen Anspruch auf die Leistungen, wenn ein Leistungsantrag gestellt wurde und die von der Kasse geforderten Unterlagen beigefügt waren.
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Mit der am 26. Oktober 2006 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt --FA--) eingegangenen Lohnsteuer-Anmeldung für Oktober 2006 meldete die Beigeladene auch die Lohnsteuer der Klägerin an. Als Bemessungsgrundlage diente der Bruttoarbeitslohn einschließlich der Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer am Beitrag zur ZVK.
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Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, dass der Finanzierungsanteil der Arbeitnehmer nicht lohnsteuerpflichtig sei, sondern dem Anwendungsbereich des § 3 Nr. 63 EStG unterfalle. Nach erfolglosem Vorverfahren erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG). Das FG wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 269 veröffentlichten Gründen ab, da es sich bei den Arbeitnehmereigenbeiträgen zur Zusatzversorgung wirtschaftlich betrachtet um eigene Beiträge der Arbeitnehmer und damit nicht um Beiträge des Arbeitgebers i.S. von § 3 Nr. 63 EStG handele.
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Mit der Revision rügt die Klägerin die unzutreffende Anwendung von § 3 Nr. 63 EStG.
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Sie beantragt,
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das Urteil des Schleswig-Holsteinischen FG vom 5. November 2008 2 K 5/07 aufzuheben und festzustellen, dass die Lohnsteuer-Anmeldung der Beigeladenen vom 26. Oktober 2006 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2006 insoweit rechtswidrig sind, als nach ihnen "Lohnsteuer von der der Klägerin getragenen Arbeitnehmereigenbeteiligung an den Arbeitgeberbeiträgen in der kapitalgedeckten Zusatzversorgung enthalten ist".
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Das FA beantragt,
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die Revision zurückzuweisen.
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Das Bundesministerium der Finanzen hat mit Schriftsatz vom 2. Juni 2009 den Beitritt zum Verfahren erklärt.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und zur Stattgabe der Klage. Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Das FG hat die Zulässigkeit der Klage zu Recht bejaht.
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Die Klägerin konnte die Lohnsteuer-Anmeldung der Beigeladenen aus eigenem Recht anfechten (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Juli 2005 VI R 165/01, BFHE 209, 571, BStBl II 2005, 890; zustimmend Heuermann, Die steuerliche Betriebsprüfung 2005, 307). Zutreffend ist das FG auch von einer Erledigung der Hauptsache mit Ergehen des Einkommensteuerbescheides der Klägerin für das Jahr 2006 ausgegangen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 209, 571, BStBl II 2005, 890). Die Klägerin hat allerdings ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Lohnsteuer-Anmeldung gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO. Denn die zu entscheidende Rechtsfrage ist für die folgenden Lohnsteuer-Anmeldungen bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses der Klägerin von Bedeutung.
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2. Das FG hat jedoch zu Unrecht festgestellt, dass die Lohnsteuer-Anmeldung der Beigeladenen für Oktober 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. Dezember 2006 rechtmäßig ist. Der Finanzierungsanteil der Klägerin am Gesamtbeitrag der Beigeladenen zur ZVK ist nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei, die Beigeladene war daher nicht verpflichtet, auf den Finanzierungsanteil der Klägerin in Höhe von 0,9 % des Bruttoeinkommens Lohnsteuer bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG) und an das FA abzuführen (§ 41a Abs. 1 Satz 1 EStG).
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a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden. Arbeitslohn ist jeder gewährte Vorteil, der durch das individuelle Arbeitsverhältnis veranlasst ist.
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aa) Zum Arbeitslohn können auch Ausgaben gehören, die ein Arbeitgeber leistet, um einen Arbeitnehmer oder diesem nahestehende Personen für den Fall der Krankheit, des Unfalls, der Invalidität, des Alters oder des Todes abzusichern (Zukunftssicherung). Die Arbeitslohnqualität von Zukunftssicherungsleistungen, bei denen die Leistung des Arbeitgebers an einen Dritten (Versicherer) erfolgt, hängt davon ab, ob sich der Vorgang --wirtschaftlich betrachtet-- so darstellt, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Mittel zur Verfügung gestellt und der Arbeitnehmer sie zum Zweck seiner Zukunftssicherung verwendet hat. Davon ist auszugehen, wenn dem Arbeitnehmer gegen die Versorgungseinrichtung, an die der Arbeitgeber die Beiträge geleistet hat, ein unentziehbarer Rechtsanspruch auf die Leistung zusteht (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 30. Mai 2001 VI R 159/99, BFHE 195, 364, BStBl II 2001, 815; vom 14. September 2005 VI R 148/98, BFHE 210, 443, BStBl II 2006, 532; vom 12. April 2007 VI R 55/05, BFHE 217, 558, BStBl II 2007, 619; vom 5. Juli 2007 VI R 47/02, BFH/NV 2007, 1876; vom 15. November 2007 VI R 30/04, BFH/NV 2008, 550; vom 11. Dezember 2008 VI R 9/05, BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385; vom 7. Mai 2009 VI R 8/07, BFHE 225, 68, BStBl II 2010, 194; jeweils m.w.N.). Erlangt der Arbeitnehmer einen eigenen Rechtsanspruch gegen den Versicherer, so fließt im Zeitpunkt der Beitragszahlung des Arbeitgebers Arbeitslohn zu. Der Lohnzufluss liegt dabei in den gegenwärtigen Beiträgen des Arbeitgebers, mit denen dieser den Versicherungsschutz des Arbeitnehmers finanziert (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 1876, und in BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385). Beiträge zur Zukunftssicherung der Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber nur abgeführt, aber aus bereits individuell versteuertem Nettoeinkommen des Arbeitnehmers geleistet werden, haben dagegen keine Arbeitslohnqualität (BFH-Urteil in BFHE 217, 558, BStBl II 2007, 619).
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bb) Nach § 3 Nr. 63 Satz 1 EStG sind eigentlich als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu erfassende Beiträge des Arbeitgebers aus dem ersten Dienstverhältnis an einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder für eine Direktversicherung zum Aufbau einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung, bei der eine Auszahlung der zugesagten Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgungsleistungen in Form einer Rente oder eines Auszahlungsplans vorgesehen ist, soweit die Beiträge im Kalenderjahr 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nicht übersteigen, steuerfrei.
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Unter den Begriff "Beiträge des Arbeitgebers" fallen dabei alle Beiträge, die vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer selbst geschuldet und an die Versorgungseinrichtung geleistet werden. Dies ergibt sich bereits aus der allgemeinen Wortbedeutung des Begriffs des "Beitrags", dem aufgrund der Bezugnahme des Gesetzes auf die genannten Versorgungseinrichtungen eine spezifisch zivilrechtliche/versicherungsrechtliche Bedeutung zukommt. Im Versicherungswesen ist danach der Beitrag als die Summe anzusehen, die der Versicherungsnehmer entrichtet, um Versicherungsleistungen zu erhalten (vgl. hierzu auch § 1 des Versicherungsvertragsgesetzes). Eigene Beiträge des Arbeitnehmers sind dagegen jedenfalls dann anzunehmen, wenn aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit der Versorgungseinrichtung eine originäre Beitragspflicht des Arbeitnehmers besteht.
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b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall hat das FG zunächst rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Klägerin der strittige Bestandteil des tariflich geschuldeten Arbeitslohns, der auf ihre Eigenbeteiligung an der Zusatzaltersversorgung entfiel, als Arbeitslohn zugeflossen ist. Entgegen der Ansicht des FG liegen jedoch die Voraussetzungen des § 3 Nr. 63 EStG für eine Steuerfreiheit vor.
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aa) Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin nach der Satzung der ZVK als Versorgungsberechtigte bei Eintritt des Versicherungsfalls einen Anspruch auf die Leistungen. Weiter ist gegenüber der Versicherungsgesellschaft ausschließlich die Beigeladene und nicht die Klägerin verpflichtet. Der Finanzierungsanteil der Klägerin wird zwar im Gruppenversicherungsvertrag als "Eigenanteil des Pflichtversicherten" und in der Zusatzvereinbarung zum Personalüberleitungstarifvertrag als Beitrag "für den Arbeitnehmer" bezeichnet. Dies dient allerdings lediglich der Berechnung des Gesamtbeitrags. Denn als Versicherungsnehmer und als Beitragsschuldner für den Gesamtbeitrag ist ausschließlich die Beigeladene als Arbeitgeberin bestimmt. Eine andere Auslegung lässt bereits der eindeutige Wortlaut der vertraglichen Vereinbarungen nicht zu. Die vertraglichen Pflichten, insbesondere die Zahlungsverpflichtungen, treffen ausschließlich die Beigeladene und qualifizieren die an den Versicherer geleisteten Zahlungen als ihre --auch aus dem Finanzierungsanteil der Klägerin bestehenden-- Versicherungsbeiträge.
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bb) Entgegen der Auffassung des FG steht dieser Auslegung nicht die Entscheidung des Senats in BFHE 217, 558, BStBl II 2007, 619 entgegen. Der BFH ging in dieser Entscheidung davon aus, dass die Beiträge zur Zukunftssicherung der Arbeitnehmer zwar vom Arbeitgeber abgeführt wurden, aber aus bereits individuell versteuertem Nettoeinkommen stammten. Dann kann die Beitragszahlung nicht nochmals Arbeitslohn darstellen.
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c) Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war das vorinstanzliche Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif und der Klage stattzugeben.
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