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BFH 22.04.2010 - V B 86/09
BFH 22.04.2010 - V B 86/09 - Rechtsfortbildung; Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung
Normen
§ 76 Abs 1 FGO, § 96 Abs 1 FGO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO
Vorinstanz
vorgehend FG Nürnberg, 23. Juni 2009, Az: 2 K 793/2008, Urteil
Leitsatz
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1. NV: Hat der BFH bereits früher über die streitige Rechtsfrage entschieden, muss der Beschwerdeführer unter Berücksichtung dieser Rechtsprechung darlegen, worin er eine noch ungeklärte Frage sieht.
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2. NV: Zu den Voraussetzungen für eine tatsächliche Verständigung und deren Bindung liegen eine Vielzahl von höchstrichterlichen Entscheidungen vor, die auch die Frage der Bedeutung eines Einigungsmangels oder Irrtums betreffen.
Gründe
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Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil ihre Begründung entweder nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht oder weil Zulassungsgründe nicht vorliegen.
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1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) rügt die Verletzung von Verfahrensrecht.
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a) Soweit dem Vortrag des Klägers, das Finanzgericht (FG) hätte den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nachgehen müssen, sinngemäß die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO zu entnehmen sein könnte, genügt die Beschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Für eine ordnungsgemäße Rüge hätte insoweit u.a. dargelegt werden müssen, weshalb in der mündlichen Verhandlung keine entsprechenden Anträge gestellt wurden, da ein Verfahrensmangel nach § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden kann, wenn er eine Verfahrensvorschrift betrifft, auf deren Einhaltung die Prozessbeteiligten verzichten können und auch verzichtet haben, indem sie ihre Verletzung ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung nicht gerügt haben (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. Oktober 2004 XI B 213/02, BFH/NV 2005, 566, m.w.N.).
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b) Soweit der Kläger einen Verfahrensmangel in Gestalt einer Rüge der Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO geltend macht (vgl. dazu auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 80), insbesonders mit der Begründung, das FG habe die genannten eidesstattlichen Versicherungen weder im Tatbestand erwähnt, noch sich damit auseinandergesetzt, hätte er unter genauer Angabe der jeweiligen Schriftstücke und Seitenzahlen aus den Akten darlegen müssen, wann und mit welchem Schriftsatz er diese dem Gericht vorgelegt haben will (zu den Darlegungserfordernissen z.B. BFH-Beschluss vom 7. April 2005 V B 39/04, BFH/NV 2005, 1585, m.w.N.). Im Übrigen hat sich das FG mit der Behauptung des Klägers, weder er noch seine ebenfalls im Cafe tätigen Schwiegereltern hätten Speisen und Getränke zum eigenen Verzehr entnommen, auseinandergesetzt und dazu ausgeführt, konkrete Anhaltspunkte für die gegen jede Lebenswahrscheinlichkeit sprechende Behauptung seien nicht ersichtlich und der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) habe in allen Streitjahren nur Entnahmebeträge zugrunde gelegt, die sogar noch unter den Werten der Richtsatzsammlung für nur eine Person lägen.
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Soweit das FG darüber hinaus den vom Kläger für entscheidungserheblich gehaltenen Vortrag nicht im Einzelnen beschieden hat, ist zu berücksichtigen, dass es § 96 FGO nicht gebietet, alle im Einzelfall gegebenen Umstände im Urteil zu erörtern. Es ist vielmehr im Allgemeinen davon auszugehen, dass ein Gericht auch denjenigen Akteninhalt in Erwägung gezogen hat, mit dem es sich in den schriftlichen Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat (z.B. BFH-Beschlüsse vom 27. September 1999 I B 83/98, BFH/NV 2000, 673, und vom 19. Dezember 2007 X B 89/07, BFH/NV 2008, 599).
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Im Kern erschöpfen sich die Ausführungen des Klägers in kritischen Äußerungen darüber, dass und warum das FG den Streitfall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht unzutreffend gewürdigt habe. Die Rüge solcher Fehler führt nicht zur Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Dezember 2009 X B 107/09, BFH/NV 2010, 662, Zeitschrift für Steuerrecht 2010, R 274; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 55, m.w.N.).
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2. Der Kläger begehrt weiter die Zulassung zur Rechtsfortbildung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 erste Alternative FGO. Die Rechtsfrage, "ob die Bindungswirkung einer tatsächlichen Verständigung entfällt, wenn aufgrund einer unrichtigen Rechtsauffassung der Finanzbehörde der Steuerpflichtige zum Abschluss einer tatsächlichen Verständigung bewogen wird", sei vom BFH noch nicht entschieden.
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a) Zulassungsgründe sind vom Beschwerdeführer "darzulegen". Die bloße Behauptung, eine Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung oder deren Klärung sei zur Rechtsfortbildung erforderlich, reicht nicht aus. Vielmehr muss der Beschwerdeführer auf ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 11. August 2006 V B 23/04, BFH/NV 2007, 60; vom 26. Oktober 1999 X B 40/99, BFH/NV 2000, 563; Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rdnr. 33, m.w.N. aus der Rechtsprechung). Hat der BFH bereits früher über die streitige Rechtsfrage entschieden, ist vom Beschwerdeführer darzulegen, weshalb er gleichwohl eine erneute höchstrichterliche Entscheidung im Interesse der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung für erforderlich hält. In einem solchen Fall sind für die schlüssige Darlegung eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Problem und Ausführungen dazu erforderlich, worin der Beschwerdeführer eine noch ungeklärte Frage sieht (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2007, 60; vom 23. Januar 1995 X B 155/94, BFH/NV 1995, 708; vom 15. Februar 1995 II B 118/94, BFH/NV 1995, 810). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
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b) Zu den Voraussetzungen für eine tatsächliche Verständigung und deren Bindung liegen eine Vielzahl höchstrichterlicher Entscheidungen vor (z.B. zuletzt BFH-Urteile vom 1. September 2009 VIII R 78/06, BFH/NV 2010, 593; vom 31. Juli 1996 XI R 78/95, BFHE 181, 103, BStBl II 1996, 625; vom 28. Juni 2001 IV R 40/00, BFHE 196, 87, 91, BStBl II 2001, 714, 716, jeweils m.w.N.), die auch die Frage der Bedeutung eines Einigungsmangels oder Irrtums betreffen (z.B. BFH-Urteil vom 12. August 1999 XI R 27/98, BFH/NV 2000, 537). Der Kläger setzt sich mit der vorhandenen Rechtsprechung nicht auseinander, sondern begnügt sich mit der Behauptung, der BFH habe die Rechtsfrage noch nicht entschieden. Das genügt nicht.
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