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BFH 31.03.2010 - V B 112/09
BFH 31.03.2010 - V B 112/09 - Betriebsveranstaltung als unentgeltliche Arbeitnehmerzuwendung
Normen
§ 3 Abs 1b Nr 2 UStG 1999, § 3 Abs 9a Nr 2 UStG 1999, Abschn 12 Abs 4 Nr 6 UStR 2000, R 72 Abs 4 Nr 5 LStR 2000, § 115 Abs 2 Nr 1 FGO
Vorinstanz
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 7. August 2009, Az: 6 K 2906/08, Urteil
Leitsatz
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NV: Die Rechtsfrage, ob bei einer im Streitjahr 2000 durchgeführten Betriebsveranstaltung mit Kosten von über 200 DM pro Arbeitnehmer (hier: 245 DM) eine steuerbare unentgeltliche Zuwendung an den Arbeitnehmer nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 UStG 1999 vorliegt oder ob diese noch im überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt, ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung .
Tatbestand
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I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) --eines Steuerberaters-- auf Minderung der Umsatzsteuerfestsetzung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) im Streitjahr 2000 um 171,84 € abgewiesen. Der Kläger begehrte die Nichterfassung von unentgeltlichen Zuwendungen an seine Arbeitnehmer im Rahmen eines zweitägigen Betriebsausflugs nach X zum Besuch eines Musicals mit Kosten von 249 DM pro Teilnehmer sowie von zwei Geschenkgutscheinen im Wert von je 100 DM. Zur Begründung hat das FG ausgeführt, die unentgeltlich an die Arbeitnehmer erbrachten Leistungen unterlägen nach § 3 Abs. 1b Nr. 2 bzw. Abs. 9a Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) der Umsatzsteuer. Es handele sich bei Betriebsausflügen weder der Art noch der Höhe nach um "Aufmerksamkeiten" (Grenze nach Abschn. 12 Abs. 3 der Umsatzsteuer-Richtlinien --UStR-- 2000: 60 DM) noch handele es sich um eine Leistung des Arbeitgebers "aus überwiegendem betrieblichem Interesse" im Sinne der Rechtsprechung des Gerichthofes der Europäischen Union --EuGH-- (Urteil vom 16. Oktober 1997 C-258/95, Fillibek, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 1997, 430) sowie des Bundesfinanzhofs --BFH-- (Urteil vom 9. Juli 1998 V R 105/92, BStBl II 1998, 635), weil nach der zulässigen Typisierung in Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 6 UStR 2000 Betriebsausflüge mit Kosten von über 200 DM pro Teilnehmer (im Streitfall 249 DM) als Leistung für den privaten Bedarf des Arbeitnehmers anzusehen seien.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit der auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) sowie auf Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) gestützten Nichtzulassungsbeschwerde.
Entscheidungsgründe
- § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO
- V B 36/05
- BFH/NV 2007, 69
- V B 136/05
- BFH/NV 2007, 1719
- V B 14/08
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a) Mit Urteil in BStBl II 1998, 635 hat der BFH entschieden, dass eine Arbeitnehmersammelbeförderung grundsätzlich steuerbar ist, soweit nicht ausnahmsweise überwiegend unternehmensbezogene Gründe die Sammelbeförderung veranlassen. Das FG ist nicht entgegen dieser Rechtsprechung von einem Rechtssatz ausgegangen, wonach auch bei Vorliegen eines überwiegend betrieblichen Interesses einer Betriebsveranstaltung die Steuerbarkeit anzunehmen wäre. Vielmehr hat das FG auf Seite 7 seines Urteils ausdrücklich die BFH-Rechtsprechung zugrunde gelegt und hat lediglich wegen Überschreitung der Grenze von 200 DM pro Arbeitnehmer (vgl. Abschn. 72 Abs. 4 Nr. 5 der Lohnsteuer-Richtlinien 2000, sowie die hierauf verweisenden UStR 2000 Abschn. 12 Abs. 4 Nr. 6) die überwiegende betriebliche Veranlassung verneint.
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b) Eine Divergenz zum BFH-Urteil vom 30. April 2009 VI R 55/07 (BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726), wonach Sachzuwendungen an Arbeitnehmer anlässlich einer gemischten Veranstaltung, die sowohl Elemente eines Betriebsausflugs als auch einer (verpflichtenden) Betriebsveranstaltung aufweist, aufzuteilen sind, liegt ebenfalls nicht vor, weil das FG keine dem widersprechende Rechtsansicht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt hat. Nach den mangels zulässigen und begründeten Verfahrensrügen den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) des FG lag keine Verbindung eines Betriebsausflugs mit ausschließlich betrieblichen, abgrenzbaren Programmteilen vor, deren Kosten hätten aufgeteilt werden können.
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2. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, dass die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH erfordert (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) oder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zu klären ist.
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Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) ist erforderlich, wenn über eine bisher ungeklärte Rechtsfrage zu entscheiden ist; insbesondere, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, im allgemeinen Interesse Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen (BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2001 III B 65/01, BFH/NV 2002, 217; Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 41, m.w.N.). Eine schlüssige Darlegung dieses Revisionsgrundes erfordert neben der Angabe der betreffenden abstrakten Rechtsfrage Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit im allgemeinen Interesse und Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage im konkreten Rechtsstreit. Hierzu lassen sich der Beschwerdebegründung indes keine Ausführungen entnehmen.
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a) Nach § 3 Abs. 1b Nr. 2 UStG und § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG werden einer entgeltlichen Leistung gleichgestellt unentgeltliche Leistungen durch einen Unternehmer für sein Personal für dessen privaten Bedarf, soweit keine Aufmerksamkeiten vorliegen. Nach ständiger Rechtsprechung liegt eine nach den genannten Vorschriften steuerbare unentgeltliche Leistung (auch) vor, wenn Leistungen des Arbeitgebers zwar aus betrieblichem Anlass erfolgen, die Leistung jedoch den privaten Bedarf der Arbeitnehmer --wie z.B. die Beförderung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder die Abgabe von Mahlzeiten-- befriedigt. Anders ist es, wenn besondere Umstände vorliegen und die Leistung deshalb durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist (EuGH-Urteile vom 16. Oktober 1997 C-258/95, Fillibeck, Slg. 1997, I-5577, Umsatzsteuer-Rundschau 1998, 61 Rdnrn. 26 ff.; vom 11. Dezember 2008 C-371/07, Danfoss A/S und AstraZeneca A/S, BFH/NV 2009, 336 zur Abgabe von Mahlzeiten; BFH-Urteile vom 10. Juni 1999 V R 104/98, BFHE 188, 466, BStBl II 1999, 582; vom 27. Februar 2008 XI R 50/07, BFHE 221, 410, BStBl II 2009, 426; vom 29. Mai 2008 V R 17/07, BFH/NV 2008, 1893; vom 29. Mai 2008 V R 12/07, BFHE 221, 525, BStBl II 2009, 428). Der Zweck dieser Bestimmungen zur Entnahmebesteuerung besteht darin, sicherzustellen, dass der Steuerpflichtige, der für seinen privaten Bedarf oder den seines Personals einen Gegenstand entnimmt oder eine Dienstleistung erbringt, und der Endverbraucher, der einen Gegenstand oder eine Dienstleistung gleicher Art erwirbt, gleichbehandelt werden (z.B. EuGH-Urteile "Fillibeck" und "Danfoss A/S und AstraZeneca A/S").
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b) Zu der grundsätzlichen vergleichbaren Fragestellung bei Leistungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer hat der BFH entschieden, (nur) solche Vorteile seien kein Arbeitslohn, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erwiesen. Ein Vorteil werde dann im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse gewährt, wenn im Rahmen einer Gesamtwürdigung aus den Begleitumständen zu schließen sei, dass der jeweils verfolgte betriebliche Zweck ganz im Vordergrund stehe. In diesem Fall könne ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726, m.w.N.). Für Betriebsveranstaltungen (Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter, bei denen die Teilnahme grundsätzlich allen Betriebsangehörigen offensteht) hat der BFH konkretisiert, das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Durchführung solcher Veranstaltungen sei in der Förderung des Kontakts der Arbeitnehmer und in der Verbesserung des Betriebsklimas zu sehen; die Aufwendungen könnten auch im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen. Insbesondere zur Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung ist nach der Rechtsprechung des BFH zur Lohnsteuer eine typisierende Quantifizierung (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, 227 ff., 230 ff., und vom 4. Februar 2005 2 BvR 1572/01, BFH/NV Beilage 2005, 112; BFH-Urteil vom 16. November 2005 VI R 151/00, BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442) zulässig, ab wann die den teilnehmenden Arbeitnehmern zugewendeten geldwerten Vorteile von solchem Eigengewicht sind, dass von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers nicht mehr ausgegangen werden kann und deshalb bei Überschreiten einer Freigrenze die Zuwendungen des Arbeitgebers in vollem Umfang als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu qualifizieren sind (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteile vom 21. Januar 2010 VI R 51/08, juris; in BFHE 225, 58, BStBl II 2009, 726; vom 16. November 2005 VI R 68/00, BFHE 212, 51, BStBl II 2006, 440; vom 15. Januar 2009 VI R 22/06, BFHE 224, 136, BStBl II 2009, 476; in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442). Des Weiteren hat sich der BFH im Urteil in BFHE 211, 325, BStBl II 2006, 442 insbesondere auch mit den Fragen zur Erforderlichkeit einer Anpassung sowie der auch vom Kläger vorgetragenen Auffassung, die Freigrenze müsse branchenspezifisch betrachtet werden, auseinandergesetzt.
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c) Der Kläger selbst geht davon aus, dass die grundsätzliche Fragestellung, ob eine Leistung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt, mit derjenigen, ob die Leistung des Unternehmers an sein Personal durch betriebliche Erfordernisse bedingt ist, vergleichbar ist. Warum es ungeachtet der vorhandenen Rechtsprechung gleichwohl eine Entscheidung im Allgemeinen Interesse erfordert, legt der Kläger nicht dar. Mit der nicht näher substantiierten Behauptung eines allgemeinen Interesses ist dem Darlegungserfordernis des § 116 Abs. 3 FGO nicht genügt.
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3. Auch eine Zulassung wegen eines Verfahrensmangels kommt nicht in Betracht. Der Kläger rügt insoweit, das FG habe "den Inhalt der Akten bzw. wesentliche Aktenteile nicht berücksichtigt", weil es sich "auf S. 8 nicht mit dem Inhalt des angegebenen Urteils des erkennenden Gerichts vom 23.02.2006 AZ.: 6 K 2432/04 befasst" und dadurch den Anspruch auf rechtliches Gehör des Klägers verletzt habe. Die Angabe des Aktenzeichens --so der Kläger-- sei nicht ausreichend. Abgesehen davon, dass sich das FG insoweit auf die Begründung seines ebenfalls zwischen den Beteiligten ergangenen Urteils bezieht, und nicht erkennbar ist, inwiefern dadurch das rechtliche Gehör des Klägers verletzt sein könnte, fehlt es schon an der Darlegung, inwiefern das Urteil des FG anders hätte ausfallen können, wenn es sich "mit dem Inhalt" des Urteils auseinandergesetzt hätte, und was der Kläger noch hätte vortragen wollen.
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