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BFH 14.01.2010 - IV R 33/07
BFH 14.01.2010 - IV R 33/07 - (Voraussetzungen der Änderung eines bestandskräftigen Feststellungsbescheids nach § 174 Abs. 3 AO - Einbringung von Grundstücken des Betriebsvermögens in eine vermeintlich gewerblich geprägte GmbH & Co. GbR - Zweifel an der Anwendbarkeit der Änderungsvorschrift des § 174 Abs. 3 AO)
Normen
§ 174 Abs 3 AO, § 176 Abs 1 S 1 Nr 3 AO
Vorinstanz
vorgehend FG Münster, 10. Mai 2007, Az: 6 K 2818/03 F, Urteil
Leitsatz
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1. Unter einem "bestimmten Sachverhalt" i.S. von § 174 Abs. 3 Satz 1 AO ist der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex .
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2. Ging das FA anlässlich der Beendigung der betrieblichen Nutzung eines vom Kommanditisten einer KG überlassenen Grundstücks und dessen Übertragung auf eine GmbH & Co. GbR --nach späterer Erkenntnis rechtsirrig-- davon aus, dass die Besteuerung stiller Reserven zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könne, so scheidet die Änderung eines gegenüber der KG ergangenen bestandskräftigen Feststellungsbescheids nach § 174 Abs. 3 AO aus. Die Umstände, die zu einer späteren Aufdeckung stiller Reserven hätten führen können, sind unbestimmt und gehören nicht zu dem Sachverhalt, der rechtsirrtümlich nicht als Entnahme aus dem Sonderbetriebsvermögen des Kommanditisten gewürdigt worden ist .
Tatbestand
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I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betreibt ein Energieversorgungstechnikunternehmen. Kommanditistin der Klägerin und Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH ist Frau G. G ist zugleich Eigentümerin der Grundstücke an der O-Straße in L. Auf diesen Grundstücken betrieb die Klägerin bis zum Ende des Streitjahres (1995) ihre Geschäfte; ab Mai 1995 zog die Klägerin in ihr neu errichtetes Betriebsgebäude in L, Z-Straße, dessen Eigentümerin sie ist. Bis zum 31. Dezember 1995 behandelte die Klägerin die Grundstücke der G als deren Sonderbetriebsvermögen.
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Zu jener Zeit nahm die steuerliche Beraterin der Klägerin, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (W), in einem Kurzgutachten dazu Stellung, wie bei der Betriebsverlegung der Klägerin die Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden könne. W empfahl, die Grundstücke O-Straße in ein anderes Betriebsvermögen zu übertragen. Hierzu sollte eine gewerblich geprägte Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. GbR (mbH) gegründet werden.
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Mit Schreiben vom 14. September 1994 bat die Klägerin den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --FA--) um eine verbindliche Auskunft u.a. zu der Frage, wie die von W vorgeschlagene Gestaltung steuerlich zu würdigen sei. Mit Verfügung vom 17. November 1995 führte das FA u.a. aus:
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"Die Realisierung stiller Reserven kann nur dann vermieden werden, wenn das Grundstück weiter in einem Betriebsvermögen verbleibt, wobei die Entnahme aus dem einen durch die Einlage in ein anderes Betriebsvermögen möglich ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 Einkommensteuergesetz). Durch die Neugründung der gewerblich geprägten Personengesellschaft GmbH & Co. GbR kann ein anderes Betriebsvermögen begründet werden. Die Einlage des Betriebsgrundstückes ist mit dem Teilwert für den Zeitpunkt der Zuführung anzusetzen; sie ist jedoch höchstens mit dem Entnahmewert anzusetzen, da das zugeführte Wirtschaftsgut innerhalb der letzten drei Jahre vor dem Zeitpunkt der Zuführung aus einem Betriebsvermögen entnommen worden ist."
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Mit notariellem Vertrag vom 20. Dezember 1995 wurde die "G Geschäftsführung GmbH und G Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Haftungsbeschränkung wie eine GmbH & Co. KG" (A) gegründet. Die "G Geschäftsführung GmbH" (B) und G sind Gesellschafterinnen der A, wobei G zu 100 % am Gesellschaftsvermögen der A beteiligt ist. G ist zugleich Geschäftsführerin der B, die allein zur Vertretung der A berechtigt ist. Die Grundstücke O-Straße wurden zum 1. Januar 1996 zu Buchwerten in die A eingebracht.
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Nachdem die Klägerin am 9. Dezember 1996 eine Feststellungserklärung für das Jahr 1995 eingereicht hatte, stellte das FA mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 1995 vom 11. Februar 1997 die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 661.595 DM fest. Der nach einer Außenprüfung ergangene Änderungsbescheid vom 27. April 1999 stellte unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 714.594 DM fest.
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Die A wurde vom FA ab 1. Januar 1996 als gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) behandelt. Feststellungsbeteiligte waren G und B. Für die Jahre 1996 bis 1999 reichte die A jeweils eine Feststellungs-, eine Gewerbesteuer- und eine Umsatzsteuererklärung ein. Das FA führte erklärungsgemäß entsprechende Feststellungen und Steuerfestsetzungen durch.
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Mit Schreiben vom 18. Juli 2000 IV C 2 -S 2241- 56/00 (BStBl I 2000, 1198) nahm das Bundesministerium der Finanzen (BMF) Stellung zu den ertragssteuerlichen Auswirkungen des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 27. September 1999 II ZR 371/98 (BGHZ 142, 315), nach dem für die im Namen einer GbR begründeten Verpflichtungen die Gesellschafter kraft Gesetzes auch persönlich haften und diese Haftung nicht durch einen Namenszusatz oder einen anderen, den Willen, nur beschränkt für diese Verpflichtungen einzustehen, verdeutlichenden Hinweis beschränkt werden, sondern nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden kann. Das BMF führte u.a. aus, in Fällen, in denen in der Vergangenheit --beispielsweise bei einer GmbH & Co. GbR-- auf Grund der bisherigen BGH-Rechtsprechung auch ohne ausdrückliche Abrede der Parteien eine Haftungsbeschränkung angenommen worden sei, also steuerlich vom Vorliegen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG ausgegangen worden sei, erweise sich diese Annahme rückwirkend als unrichtig. Die betreffende GbR habe von Anfang an kein Betriebsvermögen gehabt, sondern es habe von Anfang an Privatvermögen vorgelegen. Werde die GbR gemäß den Regelungen des Handelsrechtsreformgesetzes 1999 (BGBl I 1998, 1474) bis zum 31. Dezember 2000 in eine GmbH & Co. KG umgewandelt, so könne die Gesellschaft aus Vertrauensschutzgründen bis zum 31. Dezember 2000 beantragen, das Vermögen der Personengesellschaft weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln. In seinem Schreiben vom 28. August 2001 IV A 6 -S 2240- 49/01 (BStBl I 2001, 614) nahm das BMF zur Behandlung der Fälle Stellung, in denen ein solcher Antrag nicht gestellt worden war. Unter Ziff. 1. dieses Schreibens führte das BMF aus:
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"Stille Reserven, die auf eine GbR übergegangen sind, die bisher irrigerweise als gewerblich angesehen worden ist, sind auch in den Fällen noch zu besteuern, in denen die entsprechenden Bescheide bereits bestandskräftig sind. Eine Änderung dieser Bescheide ist auf § 174 Abs. 3 AO zu stützen. Diese Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (negativer Widerstreit).
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Vor dem Ergehen des BGH-Urteils vom 27. September 1999 ... haben die Finanzämter aufgrund der bisherigen Rechtsauffassung (H 138 Abs. 6 EStH 1999) auf die Besteuerung von Entnahme- und Veräußerungsgewinnen sowie auf die gewinnerhöhende Auflösung von Rücklagen nach §§ 6b, 6c EStG erkennbar in der Annahme verzichtet, die stillen Reserven seien in späteren Veranlagungszeiträumen steuerwirksam zu erfassen. Diese Annahme hat sich nachträglich als unzutreffend erwiesen. Wird die Vertrauensschutzregelung ... nicht in Anspruch genommen, sind bestandskräftige Bescheide insoweit nach § 174 Abs. 3 AO zu ändern. Die Festsetzungsfrist ist aufgrund der Sonderregelung in § 174 Abs. 3 Satz 2 AO noch nicht abgelaufen."
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Weiter vertrat das BMF u.a. die Ansicht, dass unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 oder Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) einer Bescheidänderung nicht entgegen stehe. Aufgrund der Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO würden jedoch aus Vertrauensschutzgründen die im BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 1198 eingeräumten Fristen, das Vermögen der Personengesellschaft auf Antrag der Gesellschaft weiterhin als Betriebsvermögen zu behandeln sowie die betreffende GbR nach den Regelungen des Handelsrechtsreformgesetzes in eine GmbH & Co. KG umzuwandeln, bis zum 31. Dezember 2001 verlängert.
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Dem folgend stellte das FA nach Anhörung mit nach § 174 AO geändertem Feststellungsbescheid 1995 vom 20. Dezember 2002 Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 1.638.398,69 DM fest, wobei G zusätzlich Sonderbetriebseinnahmen in Höhe von 923.804,69 DM zugerechnet wurden. In den Erläuterungen zum Bescheid führte das FA aus:
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"Die Berichtigung war erforderlich, da das bisher im Sonderbetriebsvermögen der Frau G stehende Grundvermögen nach den Erlassen des BMF vom 18. Juli 2000 und vom 28. August 2001 nicht in eine GbR mit beschränkter Haftung eingebracht werden kann, um die Eigenschaft als Betriebsvermögen zu erhalten. Der Teilwert wurde mangels eingereichter Gutachten mit 1 000 000,00 DM geschätzt. Dieser Teilwert wurde (gemindert) um die Buchwerte zum 31. Dezember 1995 als laufender Gewinn der Besteuerung unterworfen."
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Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin hatte keinen Erfolg.
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Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 1478 veröffentlichten Gründen statt.
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Es führte im Wesentlichen aus, das FA habe aufgrund einer fehlerhaften rechtlichen Würdigung angenommen, dass die streitbefangenen Grundstücke noch steuerverstrickt und deshalb bei deren Entnahme aus der KG und Einlage in die A die stillen Reserven nicht aufzulösen seien. Die jeder Verstrickung immanente Annahme, dass stille Reserven früher oder später realisiert werden, reiche für die nach § 174 Abs. 3 AO erforderliche Annahme einer Berücksichtigung in einem anderen Steuerbescheid nicht aus. Der andere Steuerbescheid sei in diesem Fall nicht hinreichend bestimmbar, weil die Entstrickung und ihr Anlass völlig offen seien.
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Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
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Es beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision des FA ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass das FA den --bestandskräftigen-- Feststellungsbescheid 1995 vom 27. April 1999 nicht mehr durch den angefochtenen Änderungsbescheid vom 20. Dezember 2002 zuungunsten der Klägerin ändern durfte.
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1. Die Voraussetzungen einer Änderung nach § 174 Abs. 3 AO liegen nicht vor.
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a) Ist ein bestimmter Sachverhalt in einem Steuerbescheid erkennbar in der Annahme nicht berücksichtigt worden, dass er in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, und stellt sich diese Annahme als unrichtig heraus, so kann gemäß § 174 Abs. 3 Satz 1 AO die Steuerfestsetzung, bei der die Berücksichtigung des Sachverhalts unterblieben ist, insoweit nachgeholt, aufgehoben oder geändert werden. Die für Feststellungsbescheide gemäß § 181 Abs. 1 Satz 1 AO sinngemäß geltende Vorschrift soll verhindern, dass ein steuererhöhender oder steuermindernder Vorgang bei der Besteuerung überhaupt nicht berücksichtigt wird (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 15. Januar 2009 III R 81/07, BFH/NV 2009, 1073; Senatsurteil vom 27. Mai 1993 IV R 65/91, BFHE 172, 5, BStBl II 1994, 76), und erfordert deshalb einen "negativen Widerstreit". Dieser liegt vor, wenn ein bestimmter Sachverhalt in keinem von mehreren in Betracht zu ziehenden Steuerbescheiden (Feststellungsbescheiden) berücksichtigt worden ist, obwohl er in einem dieser Bescheide hätte berücksichtigt werden müssen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 29. Mai 2001 VIII R 19/00, BFHE 195, 23, BStBl II 2001, 743, und VIII R 20/00, BFH/NV 2001, 1372, jeweils m.w.N.).
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aa) § 174 Abs. 3 AO setzt eine alternative Berücksichtigung eines bestimmten Sachverhalts in dem einen oder dem anderen Steuerbescheid (Feststellungsbescheid) voraus (Senatsurteile vom 15. Februar 2001 IV R 9/00, BFH/NV 2001, 1007, und vom 8. März 2007 IV R 41/05, BFH/NV 2007, 1813; vgl. auch Senatsbeschluss vom 18. August 2005 IV B 167/04, BFHE 210, 210, BStBl II 2006, 158). Der Sachverhalt muss identisch sein (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1813; Senatsbeschluss vom 3. September 1997 IV B 166/96, BFH/NV 1998, 148). Das Tatbestandsmerkmal des bestimmten Sachverhalts ist in § 174 AO einheitlich auszulegen (vgl. z.B. von Groll in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 174 AO Rz 171; Klein/Rüsken, AO, 10. Aufl., § 174 Rz 18 und 40a; Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Rz 5, 29 und 39); deshalb können für § 174 Abs. 3 Satz 1 AO auch die für § 174 Abs. 4 Satz 1 AO in ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entwickelten Auslegungsgrundsätze herangezogen werden. Danach ist unter einem bestimmten Sachverhalt der einzelne Lebensvorgang zu verstehen, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft; darunter fällt nicht nur die einzelne steuererhebliche Tatsache oder das einzelne Merkmal, sondern auch der einheitliche, für die Besteuerung maßgebliche Sachverhaltskomplex (z.B. Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1813; BFH-Urteil vom 14. März 2006 I R 8/05, BFHE 212, 517, BStBl II 2007, 602; Klein/Rüsken, a.a.O., § 174 Rz 18, jeweils m.w.N.). Es muss sich um denselben Lebensvorgang handeln, an den das Gesetz steuerliche Folgen knüpft (Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1813). Für die Anwendung des § 174 Abs. 3 AO ist entscheidend, dass aus demselben --unveränderten und nicht durch weitere Tatsachen ergänzten-- Sachverhalt steuerliche Folgerungen in einem anderen Steuerbescheid hätten gezogen werden sollen.
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bb) Die (erkennbare) Annahme, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, muss --in sinnvoller Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 174 Abs. 3 AO-- für dessen Nichtberücksichtigung kausal geworden sein (z.B. BFH-Urteile in BFHE 195, 23, BStBl II 2001, 743, und in BFH/NV 2001, 1372, jeweils m.w.N.; Klein/Rüsken, a.a.O., § 174 Rz 40a). Dabei ist jedoch unerheblich, ob diese Annahme auf einer sachlichen oder auf einer rechtlichen Fehlbeurteilung beruht (z.B. Senatsurteile in BFHE 172, 5, BStBl II 1994, 76, und vom 23. Mai 1996 IV R 49/95, BFH/NV 1997, 89). An der erforderlichen Ursächlichkeit der Annahme für die Nichtberücksichtigung fehlt es nur, wenn die Behörde von diesem Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder rechtsirrtümlich annahm, dieser Sachverhalt sei --jetzt und auch später-- ohne steuerrechtliche Bedeutung (z.B. BFH-Urteile in BFHE 195, 23, BStBl II 2001, 743, und in BFH/NV 2001, 1372; BFH-Beschluss vom 9. August 2007 I B 15/07, juris).
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b) Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen sind im Streitfall die Voraussetzungen des § 174 Abs. 3 AO nicht gegeben.
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aa) Die Anwendung des § 174 Abs. 3 AO kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei dem Geschehen im Zusammenhang mit der Aufgabe der betrieblichen Nutzung der im Eigentum der G befindlichen, bis einschließlich des Streitjahrs als Sonderbetriebsvermögen der G behandelten Grundstücke und deren Einbringung in das Betriebsvermögen der zu jener Zeit vermeintlich gewerblich geprägten A einerseits und andererseits der späteren Aufdeckung der in den streitbefangenen Grundstücken ruhenden stillen Reserven aus zeitlich und seiner Art nach unbestimmtem Anlass nicht um einen identischen Sachverhalt handelt.
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Der Sachverhalt, den das FA unberücksichtigt gelassen hat, war die Überführung der Grundstücke der G aus deren Sonderbetriebsvermögen in das Betriebsvermögen der neu gegründeten A. Dieser Vorgang wäre, wenn das FA die A nicht entgegen seiner später gewonnenen Rechtsauffassung als gewerblich geprägte Personengesellschaft angesehen hätte, als Entnahme zu erfassen gewesen. Denn mit der Nutzungsänderung der Grundstücke wurde deren betriebliche Beziehung zur Klägerin gelöst, so dass die Grundstücke ohne die Einbringung in ein anderes Betriebsvermögen Privatvermögen der G wurden (vgl. z.B. Senatsurteile vom 5. April 1979 IV R 48/77, BFHE 128, 49, BStBl II 1979, 554, und vom 8. März 1990 IV R 60/89, BFHE 160, 443, BStBl II 1994, 559; Schmidt/Wacker, EStG, 28. Aufl., § 15 Rz 538). Indessen hat das FA die Besteuerung anlässlich der Nutzungsänderung und Übertragung der Grundstücke auf die A nicht etwa deshalb unterlassen, weil es annahm, diese Entnahme sei in einem späteren Bescheid zu erfassen. Zwar hat es von der Besteuerung eines Entnahmegewinns abgesehen, weil es --nach späterer Erkenntnis rechtsirrig-- der Auffassung war, die in den Grundstücken ruhenden stillen Reserven blieben nicht unversteuert. Die in einem späteren Zeitpunkt zu erwartende Versteuerung der stillen Reserven konnte jedoch aus der damaligen Sicht des FA auf unterschiedlichen Sachverhalten beruhen (vgl. zu einer vergleichbaren Sachverhaltsabgrenzung auch Senatsbeschluss in BFHE 210, 210, BStBl II 2006, 158). Denn zu einer Aufdeckung von stillen Reserven können ganz unterschiedliche Umstände (z.B. die Entnahme oder die Veräußerung eines oder mehrerer Grundstücke) führen, die selbst in ihren wesentlichen Merkmalen auch nicht teilidentisch mit dem im Streitfall vom FA beurteilten Sachverhalt der Nutzungsänderung und Grundstücksübertragung sind. Insbesondere handelte es sich bei späteren Entnahmehandlungen nicht um denselben Sachverhalt wie bei der Entnahme in Folge einer von der Klägerin veranlassten Nutzungsänderung der Grundstücke. Denn der Begriff der "Entnahme" bildet nur den Tatbestand für die rechtliche Beurteilung; den maßgeblichen Sachverhalt bilden demgegenüber die Tatsachen, die unter den Tatbestand der Entnahme zu subsumieren sind (vgl. auch Senatsurteil in BFH/NV 2007, 1813). Die Tatsachen, die einer möglichen späteren Entnahme zugrunde lägen, sind jedoch in jedem Fall andere als die im Streitfall vorliegende Nutzungsänderung und Grundstücksübertragung. Das FA hat also die Besteuerung nicht deshalb unterlassen, weil es annahm, der bei der Klägerin verwirklichte Sachverhalt sei in einem späteren Bescheid zu erfassen. Zudem war auch der Zeitpunkt einer Aufdeckung stiller Reserven völlig unbestimmt. Ein "bestimmter" (identischer) Sachverhalt i.S. des § 174 Abs. 3 Satz 1 AO setzt hingegen auch voraus, dass die tatsächlichen Umstände, die das FA seiner Beurteilung zugrunde legt, diesem in ihren wesentlichen Ausprägungen hinreichend bekannt sind. Allein die Erwartung des FA, die stillen Reserven seien irgendwann aufgrund irgendeines Sachverhalts zu erfassen, rechtfertigt die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO nicht.
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Der erkennende Senat folgt mit seiner Rechtsauffassung im Ergebnis auch den bereits vom X. Senat des BFH (Beschluss vom 27. Januar 2004 X B 116/03, BFH/NV 2004, 913) und in der Fachliteratur (z.B. von Gronau/Konold, Deutsches Steuerrecht 2001, 1926 f.; Ellesser/Lahme, Der Betrieb 2001, 2419, 2420 ff.; Paus, Deutsche Steuer-Zeitung 2002, 66, 67 f.; Tiedtke/ Szczesny, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3733, 3735 f.; von Wedelstädt in Beermann/Gosch, AO, § 174 Rz 71) geäußerten Bedenken hinsichtlich der vom BMF in BStBl I 2000, 1198, und in BStBl I 2001, 614 vertretenen Anwendung des § 174 Abs. 3 AO auf Fälle, in denen eine Entnahmebesteuerung aufgrund rechtsfehlerhafter Würdigung einer GbR als gewerblich geprägte Personengesellschaft unterblieben ist. Auch sieht sich der erkennende Senat in seiner Ansicht durch Zweifel bestärkt, ob § 174 Abs. 3 AO die Rechtsgrundlage dafür bietet, bestandskräftige Steuerbescheide in der Weise zu ändern, dass ein Entnahmegewinn steuerlich berücksichtigt wird, den das FA seinerzeit wegen Nichtanwendung der BFH-Rechtsprechung zur Bedeutung von Einstimmigkeitsabreden bei der Betriebsaufspaltung nicht erfasst hat (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 210, 210, BStBl II 2006, 158, m.w.N.; Kempermann, Neue Wirtschafts-Briefe Fach 3, 12501, 12509; Schmidt/Wacker, a.a.O., § 15 Rz 825). Auch für jene Fallkonstellation rechtfertigte die Finanzverwaltung die Anwendbarkeit des § 174 Abs. 3 AO im Ergebnis mit der Erwartung, dass die stillen Reserven irgendwann aufgrund irgendeines Sachverhalts zu erfassen seien.
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bb) Hindert schon das Vorliegen verschiedener Sachverhalte an der Anwendung des § 174 Abs. 3 AO, so kann offenbleiben, ob die Annahme des FA, dass ein bestimmter Sachverhalt in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen sei, im Streitfall kausal für dessen Nichtberücksichtigung gewesen ist. Auch dies begegnete allerdings Zweifeln, soweit man von der rechtsirrtümlichen Annahme des FA ausgeht, der Sachverhalt der Nutzungsänderung und Grundstücksübertragung sei --jetzt und auch später-- ohne steuerrechtliche Bedeutung, weil die streitbefangenen Grundstücke weiterhin "steuerlich verstrickt" blieben und erst aufgrund neu hinzutretender Umstände eine Versteuerung der in den Grundstücken ruhenden stillen Reserven erfolgen könne (in diesem Sinne die Kausalität verneinend wohl auch Loose in Tipke/Kruse, a.a.O., § 174 AO Rz 29).
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2. Weiterhin kann im Streitfall offenbleiben, ob --worüber zwischen den Beteiligten im Übrigen kein Streit besteht-- die Feststellungen des FG den Schluss zulassen, dass bei richtiger Sachbehandlung der Zeitpunkt der Entnahme der streitbefangenen Grundstücke bereits im Streitjahr und nicht erst im Folgejahr anzusetzen gewesen wäre. Gleichfalls bedarf keiner Entscheidung, ob die Verfügung des FA vom 17. November 1995 als verbindliche Auskunft anzusehen ist, wegen der das FA auch nach Treu und Glauben am Erlass des angefochtenen Feststellungsbescheids gehindert gewesen wäre (vgl. z.B. Senatsurteil vom 17. September 1992 IV R 39/90, BFHE 169, 290, BStBl II 1993, 218; BFH-Urteil vom 16. November 2005 X R 3/04, BFHE 211, 30, BStBl II 2006, 155). Auch braucht nicht entschieden zu werden, ob dem angegriffenen Änderungsbescheid auch § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO entgegenstünde, weil das FA seine ursprüngliche Rechtsauffassung, die A sei eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, erst aufgrund einer neuen Rechtsprechung des BGH (Urteil in BGHZ 142, 315) geändert hat, oder ob insoweit zu berücksichtigen wäre, dass das BMF mit seinen Schreiben in BStBl I 2000, 1198, und in BStBl I 2001, 614 auch Vertrauensschutzregelungen getroffen hat.
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