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BSG 01.02.2017 - B 1 KR 90/16 B
BSG 01.02.2017 - B 1 KR 90/16 B - Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Verfahrensfehler - Anspruch auf rechtliches Gehör - keine allgemeine richterliche Aufklärungs- und Hinweispflicht
Normen
§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 MRK
Vorinstanz
vorgehend SG Cottbus, 11. Juli 2014, Az: S 12 KR 222/12, Urteil
vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 9. September 2016, Az: L 1 KR 355/14, Urteil
Tenor
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Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. September 2016 wird als unzulässig verworfen.
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Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
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I. Die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren auf Versorgung mit einer Mammareduktionsplastik (MRP) als Sachleistung bei der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe im SG-Urteil ua ausgeführt, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass allein die Größe der Brüste eine Funktionsstörung zur Folge habe. Die Klägerin leide aufgrund der Mammahypertrophie auch nicht an einer psychischen Erkrankung. Ambulante Möglichkeiten zur Behandlung orthopädischer Beschwerden seien nicht ausgeschöpft (Urteil vom 9.9.2016).
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Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
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II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 SGG iVm § 169 S 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 S 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
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1. Die Klägerin bezeichnet einen Verfahrensmangel nicht hinreichend. Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Die Klägerin richtet ihren Vortrag nicht danach aus.
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Die Klägerin behauptet, von der Auffassung des LSG überrascht worden zu sein, Behandlungsalternativen seien nicht ausgeschöpft. Es sei ein entsprechender rechtlicher Hinweis zu erwarten gewesen, damit sie ihren prozessualen Vortrag und die Entscheidung über etwaige Beweisanträge danach hätte ausrichten können. Damit bezeichnet die Klägerin eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht hinreichend. Wer die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG, Art 47 Abs 2 Charta der Grundrechte der EU, Art 6 Abs 1 EMRK) rügt, muss hierzu ausführen, welchen erheblichen Vortrag das Gericht bei seiner Entscheidung nicht zur Kenntnis genommen hat, welches Vorbringen des Rechtsuchenden dadurch verhindert worden ist und inwiefern das Urteil auf diesem Sachverhalt beruht (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 36; BSG Beschluss vom 10.3.2011 - B 1 KR 134/10 B - RdNr 6 mwN).
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Ein Urteil darf nicht auf tatsächliche oder rechtliche Gesichtspunkte gestützt werden, die bisher nicht erörtert worden sind, wenn dadurch der Rechtsstreit eine unerwartete Wendung nimmt (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 12.6.2003 - 1 BvR 2285/02 - BVerfGK 1, 211, 213 mwN; BSG Beschluss vom 3.2.2010 - B 6 KA 45/09 B - Juris RdNr 7 mwN). Der Grundsatz soll indes lediglich verhindern, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Auffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten. Die Klägerin legt indes nicht dar, wieso dies der Fall gewesen sein sollte, obwohl bereits das SG, auf dessen Entscheidung das LSG Bezug nimmt, die Problematik "Behandlungsalternativen" aufgeworfen und im Rahmen der Sachverständigengutachten aufgeklärt hat. Das SG hat ausgeführt, dass orthopädische Beschwerden mit regelmäßigen krankengymnastischen Übungen kompensiert werden könnten. Der Vortrag, von der Auffassung des LSG überrascht worden zu sein, ist danach nicht nachvollziehbar.
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Es besteht auch - anders als die Klägerin meint - kein allgemeiner Verfahrensgrundsatz, der das Gericht verpflichtet, die Beteiligten vor einem Urteil auf eine in Aussicht genommene Beweiswürdigung hinzuweisen oder die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gründe zuvor mit den Beteiligten zu erörtern (vgl zB BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1; BSG Beschluss vom 17.10.2006 - B 1 KR 104/06 B). Das Gericht muss deshalb nicht darauf hinweisen, ob und ggf welchem Sachverständigengutachten es folgen will. Ebenso wenig muss das Gericht die Beteiligten auf alle nur möglichen Gesichtspunkte hinweisen und vorab seine Rechtsauffassung zur Rechtssache bzw zu den Erfolgsaussichten zu erkennen geben (vgl zB BSG Beschluss vom 10.8.2007 - B 1 KR 58/07 B - Juris RdNr 7 mwN).
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2. Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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